Ihre Mitglieder geben sich Tipps und legen gemeinsam an. Investmentclubs erleichtern Privatanlegern den Einstieg in die Finanzwelt.

Der 1. Düsseldorfer Frauen Investmentclub ist eine kleine, ehrenamtlich geführte Gruppe von 50 Frauen. Zum Vergleich: Der Hanseatische Anlegerclub HAC hat bundesweit mehr als 4 000 Mitglieder und bezahlt einen Geschäftsführer.
Ihre Mitglieder geben sich Tipps und legen gemeinsam an. Investmentclubs erleichtern Privatanlegern den Einstieg in die Finanzwelt.
Und jetzt die Gegenprobe. „Wer ist dagegen, dass wir Unilever-Aktien kaufen?“, fragt Alexandra Schriefers die Mitglieder des 1. Düsseldorfer Frauen Investmentclubs. Die Geschäftsführerin beobachtet, wie vier Frauen zögerlich mit roten Zetteln gegen den Kauf stimmen, dann folgen noch zwei Enthaltungen.
Schriefers hält fest: „18 zu 4 Stimmen für den Kauf. Das ist eindeutig.“ Der Club wird aus dem gemeinsamen Geld Aktien des Konzerns kaufen, der zum Beispiel Lebensmittel und Kosmetik herstellt. Kurz zuvor sind 1 500 Euro durch einen Verkauf freigeworden. Die werden jetzt neu investiert.
Einmal im Monat treffen sich die Mitglieder des Investmentclubs in Düsseldorf im Radisson Blu Hotel. Dort entscheiden sie, wie sie ihr Geld anlegen.
Die Düsseldorfer Frauen bilden einen von rund 6 400 Investmentclubs in Deutschland. Alle Clubs zusammen kommen auf ein Vermögen von rund 1,5 Milliarden Euro.
Es gibt alle denkbaren Varianten – von ehrenamtlich geführten Vereinen, die sich am Stammtisch treffen, bis zu großen Clubs, die ein Finanzdienstleister verwaltet. Auch Vorwissen und Interessen der Mitglieder liegen weit auseinander: Manche wollen ihre Geldgeschäfte in die eigene Hand nehmen und sich unabhängig von Bankberatern über die besten Anlagen austauschen. Andere sind eher passive Anleger, die ihr Geld in ein Gemeinschaftsdepot investieren, weil sie so Kosten sparen und Mindestanlagesummen leichter erreichen können.
Gemeinsam Vermögen vermehren
Ein Ziel verbindet alle Clubs: Sie wollen ihr Vermögen vermehren. Gemeinsam steht den Mitgliedern mehr Geld zur Verfügung, sodass sie auf dem Finanzmarkt in unterschiedliche Arten von Geldanlagen investieren können. Ein breit gestreutes Depot reduziert das Risiko für jeden Einzelnen.
Je größer ein Club ist, desto mehr Auflagen muss er erfüllen: Die Grenze zwischen privaten und professionellen Clubs liegt bei 50 Mitgliedern. Überschreitet eine Gruppe diese Zahl, unterliegt sie der staatlichen Kontrolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und benötigt eine Genehmigung der Behörde.
Kontrolle und Genehmigung sind auch Pflicht, wenn die Geschäftsführung für ihre Arbeit bezahlt wird, die Anleger gemeinsam mehr als 500 000 Euro Kapital pro Jahr einzahlen oder ein Unternehmen den Club gewerblich organisiert.
Die Bafin verlangt von jedem Club unter ihrer Aufsicht einen Prospekt über sein Angebot, in dem auch die Risiken aufgeführt sind. Außerdem muss der Club regelmäßig seine Geschäftszahlen melden.
Gleiches Stimmrecht
Der 1. Düsseldorfer Frauen Investmentclub ist zu klein für die staatliche Kontrolle. Der Club wurde im März 2008 von Sybille Schultebraucks, Corinna Hengsberger und Susanne Ott gegründet. Er besteht ausschließlich aus Frauen. Die Geschäftsführerinnen engagieren sich im Club ehrenamtlich und der Anlageausschuss arbeitet ohne Honorar.
Die 50 Frauen haben gleiches Stimmrecht. Abwechselnd protokollieren sie die Sitzungen, betreuen Gäste oder übernehmen eine Patenschaft für eine Aktie.
Jedes Mitglied beobachtet den Aktienmarkt. Bemerkt eine Frau einen rapiden Kursabfall an der Börse, informiert sie sofort den Kontrollausschuss. So kann der Ausschuss schnell Entscheidungen treffen, die das Risiko eines Verlustes verringern.
Das Risiko im Blick
„Man muss sich immer des Risikos bewusst sein“, mahnt Martin Winter, Geschäftsführer des Trend Wertpapier Clubs (TWC) aus München. Bereits als Schüler interessierte er sich für Geldanlagen und Aktien – damals investierte er sein Geld noch in spekulative Optionsscheine. Nach ein paar Monaten erlitt er damit gleich mehr als 80 Prozent Verlust.
„Langfristig gesehen ist es eine sehr gesunde Erfahrung, wenn man das eigene Geld verliert. Besser, als wenn es später passiert wäre“, resümiert Winter seinen Lernprozess.
Der Verlust ist jetzt über 20 Jahre her. Heute ist Winter vorsichtiger. Seit 2004 leitet er ehrenamtlich den TWC, den er mit Freunden gegründet hat. Der Verein besteht aus 17 Gesellschaftern, überwiegend Winters Bekannte und Freunde.
Einmal im Jahr legen alle Gesellschafter die Strategie für das kommende Jahr fest. Die Entscheidungen für Käufe und Verkäufe trifft Martin Winter zwar selbst, aber immer in Absprache und mit Einverständnis der anderen Mitglieder.
Damit alle seine Entscheidungen nachvollziehen können, verschickt er jede Woche eine Liste über Kosten, Gewinne und Verluste an die anderen Anleger. Zwei andere Gesellschafter überwachen als Kontrollausschuss Winters Transaktionen.
Aus der Vergangenheit hat Martin Winter seine Lehren gezogen: Sinken die Kurse, verkauft er die Aktien im Depot, die besonders spekulativ sind. Dabei orientiert er sich langfristig am 100-Tage-Trend-Indikator mehrerer Aktienindizes. Er versucht, das Depot dem aktuellen Trend vorausschauend anzupassen.
Keine Aktie soll mehr als 10 Prozent des Gesamtaktienanteils ausmachen, hat sich Winter zur Regel gemacht. In wirtschaftlich instabilen Zeiten verlagert er seine Investitionen auf sichere Bundesanleihen – und das mit Erfolg: Durch eine breite Risikostreuung verzeichnete der Club während der Finanzkrise 2008 und 2009 sogar ein leichtes Plus.
„Die letzten Jahre liefen relativ gut“, sagt Martin Winter, „aber das kann auch nur Glück sein.“ Man könne nie wissen, ob man „einen Abwärtstrend zu spät erkennt oder falsch einschätzt. Da gibt es keine Garantie.“ Wichtig sei, dass Anleger nie einen Kredit aufnähmen, um Geld zu investieren.
Goldene Regeln für Anleger

Auch Sybille Schultebraucks, eine der Gründerinnen des 1. Düsseldorfer Frauen Investmentclubs, beherzigt solch klassische Anlegerregeln. Eine davon lautet: „Man sollte niemals alles auf ein Pferd setzen.“ Dann könne man Verluste besser verschmerzen.
Die Frauen in Düsseldorf legen ihr Geld mehrheitlich in Aktien an, zurzeit sind es rund 59 Prozent. Außerdem kaufen sie Anleihen, Fonds und Zertifikate. Zu ihren bevorzugten Investitionen gehören deutsche und amerikanische Aktien sowie Anteile an weltweit anlegenden Aktienfonds.
Eine andere goldene Investmentregel besagt: Man sollte immer nur in Anlagen investieren, die man versteht. Damit die Düsseldorferinnen dafür das nötige Hintergrundwissen bekommen, laden sie zu jedem Treffen einen Experten ein, der über Wirtschafts- und Börsenthemen referiert. Diesmal erläutern zwei Steuerberater, wie Gewinne aus Geldanlagen zu versteuern sind.
Die Frauen profitieren von Profi-Tipps und vom Erfahrungsaustausch untereinander. Auch privat ziehen sie daraus Nutzen, denn viele investieren nicht nur in das gemeinsame Clubkonto, sondern legen Geld auch in einem eigenen Depot an.
Annemarie Hahn ist seit eineinhalb Jahren dabei. Am Club schätzt sie besonders, „dass man viel über wirtschaftliche Zusammenhänge lernt und dass die Gesprächsatmosphäre mit den anderen Damen so angenehm ist“.
Seit einer Weile hat sie die Patenschaft für eine Aktie übernommen. Konzentriert steht die ältere Dame an der langen weißgedeckten Tafel und referiert über den Börsenstand von Caterpillar, einem großen Hersteller von Baumaschinen: „Heute morgen gab es im Kursverlauf einen kleinen Knick, aber abgesehen von diesem kleinen Schönheitsfehler hat sich Caterpillar sehr positiv entwickelt. Alles in allem also sehr positiv. Somit sollten wir nach meiner Einschätzung die Aktie halten“, rät sie.
4 000 Mitglieder und viele Treffpunkte

Die Mehrheit entscheidet: Marianne Kühn stimmt hier gegen einen Kauf. Doch wenn mehr als die Hälfte ihres Fraueninvestmenclubs dafür sind, wird trotzdem gekauft.
Halten, abstoßen oder kaufen? Mit diesen Fragen müssen sich die Mitglieder des Hanseatischen Anlegerclubs (HAC) nicht beschäftigen. Hier trifft der Anlageausschuss die Kauf- und Verkaufentscheidungen.
Die Mitglieder des HAC sind nicht verpflichtet, in eines der vier gemeinsamen Depots zu investieren. Für 12,50 Euro monatlich können sich die privaten Anleger auch einfach nur über Börsen- und Finanzthemen informieren.
Zwei Drittel der Mitglieder legen ihr Geld im Club an – ihre Einzahlung können sie beliebig erhöhen oder senken. Einen Mindestanlagebeitrag gibt es nicht. Jedes Mitglied kann seine Anteile jederzeit verkaufen.
Bevor der Ausschuss von einem Mitglied ein Betreuungsmandat erhält, kann der Anleger in einem Analysegespräch seine Risikobereitschaft, seine Ziele und eine bevorzugte Anlageart festlegen. Um möglichst vielen Wünschen gerecht zu werden, treffen sich die Geschäftsführer regelmäßig mit den Mitgliedern und suchen einen Konsens.
Mit mehreren Sicherungen beugt der Club Gefahren durch Pleite oder Betrug vor: Die Partnerin des Clubs, die HAC Vermögensmanagment AG, ist Mitglied in der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW). Die Konten der Mitglieder laufen auf deren Namen oder sind als Sondervermögen geschützt, sodass der Club keinen Zugriff auf das Geld der Kunden hat.
Da der HAC kein gemeinnütziger Verein ist, mehr als 4 000 Mitglieder hat und die Geschäftsführer ein Honorar erhalten, muss das Unternehmen einmal im Quartal seine Geschäftszahlen an die Aufsichtsbehörde Bafin melden.
Um trotz der Größe eine persönliche Atmosphäre zu schaffen, ist der Club bundesweit in mehrere Gruppen aufgeteilt. In Großstädten finden regelmäßig Treffen und Vorträge statt. Künftig sollen Mitglieder auch im Internet diskutieren können.
Investieren oder nur informieren? Im Hanseatischen Anlegerclub haben Mitglieder die Wahl.