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Wer den Urin nicht halten kann, braucht zuverlässige Vorlagen, Windeln oder Pants. Von den günstigen Produkten, die viele Kassenpatienten bekommen, halten die meisten nicht dicht und trocken.
Testergebnisse für 19 Inkontinenzprodukte 03/2017
Bloß nicht auffallen – mit diesem alles dominierenden Gefühl bewegen sich Menschen mit Inkontinenz durch den Alltag. Wer seine Blase nicht kontrollieren kann, fürchtet ständig peinliche Momente. „Am schlimmsten wäre, wenn ein Fremder etwas mitbekommt“, so oder ähnlich sagen es viele der knapp 200 Betroffenen, die für uns aufsaugende Hilfsmittel auf Tauglichkeit prüften. Flecken auf der Hose, Knistern beim Laufen, ein strenger Geruch – davor graut es ihnen.
Zeit für Mutmacher
Inkontinenz, so der Fachbegriff für ungewollt abgehenden Urin und Stuhl, ist ein Tabu. Rund jeder Zehnte ist betroffen, Frauen häufiger als Männer. Die Scham ist groß, viele leiden im Stillen. „Die größte Herausforderung besteht darin, die eigene Situation zu akzeptieren und zu verstehen, dass man mit dem Problem nicht allein ist“, sagt Christoph Saloschin. Bis ins Detail kennt sich der 63-Jährige mit Hilfsmitteln aus, war früher Vorstand in einem Selbsthilfeverein. Er geht mit dem Thema an die Öffentlichkeit – ein Schritt, den nur ganz wenige wagen. Ihn und andere Mutmacher porträtieren wir auf diesen Seiten.
19 medizinische Hilfsmittel getestet
Saloschin ist einer der Betroffenen, die für uns 19 Unisex-Produkte im Alltag erprobten: Vorlagen, Windelslips und Einmalhosen, Pants genannt. Alle sind als Hilfsmittel für mittlere Harninkontinenz zugelassen und nehmen die vorgeschriebenen Mindestmengen Urin auf: Vorlagen 600, Slips und Pants 750 Milliliter. Alle können ohne Rezept bestellt werden, etwa in der Apotheke. Sie erfüllen Mindestanforderungen an die Flüssigkeitsaufnahme und -abgabe sowie die Sauggeschwindigkeit. Wer gesetzlich versichert ist und eine Verordnung vom Arzt hat, muss notwendige Hilfsmittel nicht selbst bezahlen. Die Krankenkasse erstattet die Kosten. Welches Produkt er erhält, entscheidet der Versorger, mit dem die Kasse einen Vertrag hat (Was sich Patienten nicht gefallen müssen).
Hartmann und Tena sind Testsieger
Wir wählten elf Produkte von Herstellern mit hoher Marktbedeutung aus sowie acht von Anbietern, die Vertragspartner großer Krankenkassen sind: etwa der Techniker Krankenkasse oder der Barmer.
Das Testergebnis ist eindeutig: Die zuverlässigsten Helfer sind die teuren Markenprodukte von Hartmann sowie die im Vergleich etwas preiswerteren von Tena. Sie bewiesen in allen drei Produktgruppen, dass viele Betroffene mit ihnen trocken und komfortabel durch Tag und Nacht kommen. Günstigstes gutes Mittel ist die Vorlage von Attends. Gut und im mittleren Preisbereich: Vorlage und Pants von Seni.
Acht Windeln und Vorlagen schneiden insgesamt nur ausreichend ab – fünf davon kosten viel weniger als der Durchschnitt, vor allem Nona und Unizell. Diese fünf halten nicht dicht und trocken. Sie laufen häufiger aus, geben Harn wieder an die Haut ab (Testergebnisse und Pants, Windeln und Vorlagen im Vergleich).
Kassen sparen, Patienten zahlen drauf
Für gesetzlich Versicherte bedeutet das: Sie bleiben häufig auf der Strecke. Wie viele Betroffene berichten, bekommen sie meist günstige Aufsaughilfen und nicht etwa die Siegerprodukte. Dabei teilten uns Hartmann und Tena-Hersteller SCA mit, dass ihre Produkte an Versicherte abgegeben werden – an welche Kasse will SCA aus „datenschutzrechtlichen Gründen“ nicht sagen. Hartmann hat Verträge mit rund 100 Kassen, etwa der Techniker Krankenkasse (TK) und der AOK Bayern. Er versorgt aber nur zirka 70 000 Patienten – gerade mal 5 Prozent der Versicherten, die Inkontinenz-Hilfsmittel erhalten. Dreißig Prozent dieser Hartmann-Kunden zahlen aus eigenen Stücken drauf – ein übliches Prozedere, wenn Versicherte Produkte wählen, die mehr kosten, als die Kasse zahlt.
Gesetzlich Versicherte sollten bei ihrer Kasse ein anderes Hilfsmittel einfordern, wenn sie unzufrieden sind (Was sich Patienten nicht gefallen müssen). Bei Privatversicherten hängt es vom gewählten Tarif ab, welche Mittel sie bekommen.
Erstmals nach Jahren neue Standards
Warum ist auf manche Produkte kein Verlass? Viele entsprechen nicht dem Stand der Entwicklung. Für die Zulassung reichte es bisher, wenn sie im Labortest Mindestanforderungen bestanden. Ab 10. März treten erstmals seit 23 Jahren neue Qualitätsstandards für aufsaugende Hilfsmittel in Kraft. Zugelassen werden nur noch Produkte, die einen praxisnäheren Labortest bestehen: Sie sollen schneller Flüssigkeit aufnehmen, weniger davon an die Haut abgeben und Gerüche besser absorbieren. „Alle Produkte, die im Test nur ausreichend sind, erfüllen das neue Kriterium für die Rücknässung nicht“, sagt Konrad Giersdorf, Projektleiter des Tests.
Hinzu kommt: „Kriterien wie Weichheit und Diskretion können nur im Praxistest ermittelt werden“, so Giersdorf. Darum ließ er knapp 200 Betroffene beurteilen, die aktiv im Leben stehen. Lutz H., einer der Teilnehmer, sagt: „Hundert Milliliter Fassungsvermögen mehr oder weniger – für mich macht das in puncto Bewegung, Sicherheit und Lebensgefühl enorm viel aus.“ Wolfram S. erzählt: „Mir ist der Tragekomfort sehr wichtig, sonst gibt es Scheuerstellen und Hautprobleme.“
Slips knistern und reißen
Der Test offenbarte weitere Schwachstellen. Einige Windeln knisterten beim Laufen leicht, außerdem rissen beim Wiederverschließen mitunter ihre Folien. Viele Anbieter schreiben auf die Verpackungen nicht alle wichtigen Infos für Nutzer. Für Medizinprodukte müssen sie gesetzliche Vorschriften einhalten, etwa die Produktart angeben. Bei Unizell suchen Nutzer danach vergebens. Bei sechs Produkten lässt sich nicht ablesen, wie hoch deren Saugleistung ist. Eine einheitliche Kennzeichnung wäre für die Käufer wünschenswert.
Versicherte beschweren sich
Den Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, überraschen die Testergebnisse nicht: „Gerade bei den Inkontinenzmitteln habe ich viele Beschwerden von Versicherten erhalten.“
Uns ging es während der Recherche ähnlich. „Man bekommt einfach nicht die gute Qualität“, sagt etwa die 56-Jährige Marion Jerzsabek. Ihre Vorlagen seien im Laufe der Jahre schlechter geworden. „Mir hat die Kasse vorgeworfen, ich würde zu viel verbrauchen“, erzählt die 73-jährige Ilona Wagener. Viele Versicherte führen lange Verhandlungen mit ihrer Kasse.
Welche Pauschalen Kassen zahlen
Das wird sich vorläufig wohl nicht ändern. Viele Krankenkassen haben ihre Monatspauschalen deutlich gesenkt. Karl-Josef Laumann sagt: „Auf der einen Seite höhere Qualitätsanforderungen, auf der anderen Seite niedrigere Pauschalen: Das passt beim besten Willen nicht zusammen.“
Die TK, Deutschlands größte Kasse, argumentiert, sie könne beides vereinbaren. Sie zahlt pro Monat 18,45 Euro – 8 Euro weniger als früher. „Die Lieferanten verlangen inzwischen für die gleiche Qualität deutlich niedrigere Preise als in früheren Jahren“, sagt Sabine Hilker, Hilfsmittel-Expertin der TK. Aber: „Bestimmte Marken sind per se zu teuer, die kann man sich im Rahmen der Pauschale nicht leisten.“ Andere Krankenkassen wie die AOK Plus zahlen 24 Euro Monatspauschale, die Barmer 16,66 Euro.
Bis zu 50 Prozent der Fälle heilbar
Manche Versicherte wenden sich erst gar nicht an ihre Kasse. Aus Scham gehen sie nicht mal zum Arzt. Dabei kann er nahezu jedem helfen. Es gibt zahlreiche Behandlungen von Beckenbodentraining bis Blasenschrittmacher (Hoffnungslose Fälle sind selten). Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft schätzt, dass Inkontinenz zu 30 bis 50 Prozent heilbar ist und zu 80 Prozent linderbar.
Frauen fällt es besonders schwer, professionelle Hilfe zu suchen. Viele leiden unter einer Belastungsinkontinenz: Die Harnröhre dichtet bei Husten, Lachen, Niesen nicht mehr ab. Ursache ist ein schwacher Beckenboden. Blasenentzündungen, Operationen, Schwangerschaft oder Hormonumstellungen in den Wechseljahren machen sie anfällig. Bei Männern können Probleme mit der Prostata Auslöser sein, aber auch Nervenschäden oder neurologische Erkrankungen. Sie leiden eher unter einer Dranginkontinenz, einem plötzlichen, heftigen Harndrang.
Eines sollten Betroffene keinesfalls tun: aufgeben. Die Erfahrung der 63-jährigen Barbara B. macht Mut: „Techniken aus der Krankengymnastik helfen mir, den Harndrang zu kontrollieren.“
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Ich trage super seni plus
Und habe einige Produkte getestet und ich komme mit Seni am besten klar und ich trage noch eine Boxer Shorts drüber und zum erstens verdeckt sie die Windel,
Und nach meiner Meinung knistert es weniger oder gar nicht ich höre zumindest Nix.
Und noch was Pens sind bei mir immer ausgelaufen und bei den mus Mann sich untenrum komplett entkleiden
Und bei Windeln kann man bequem im stehen wechseln.
Und meine Meinung es gibt keine gute Windel jeder mus das passende Produkt für sich finden und jede Windel ist anders geschnitten und passt so mit ein Figur Typ
Oder auch 2 aber der dritte ist halt nicht Zufrieden.
bei ATTENDS werden die kunden leider auf den arm genommen was sicher recht amüsant ist für die berater
ich bin angehörige u wollte gerne die ISO u MDS angabe
von Attends Contours Regular 7 anatomisch geformte Vorlagen
da die angaben auf der webseite fehlen
die beraterin meinte heute am 28.okt.2019 um 14.50h das man
bei allen produkten u bei auch bei der
Attends Contours Regular 7 einfach zwei nullen an die 7 dranhängt dann hat man die MDS so würde es bei den ATTENDS funktionieren
die ISO angabe wüsste aber nur die marketing abteilung
ganz davon abgesehen würde man bei der firma ATTEND generell ungerne den kunden die ISO angabe mitteilen
ich hab gefragt ob sie den bei der marketingabteilung nachfragen könnte woraufhin die beraterin meinte das könnte sie jetzt nicht aber sie würde mich später zurückrufen
u mir die ISO daten mitzuteilen
16.00h immer noch kein rückruf
auf der webseite von ATTENDS steht - rufen sie uns an wir helfen ihnen gerne -
hm... eher nich
Tena Lady bin ich sehr zufrieden sie trägt nicht auf, man wird nicht wund und man ist sicher
vor Überraschungen.Nur 450,00€ im Jahr Zuzahlung ist sehr viel. .
Hallo, es ist manchmal gar nicht so einfach immer nett und höflich gegenüber der KK oder dem Versorger zu bleiben, wenn man bedenkt, wie die dort arbeitenden Angestellten mit einem sprechen. Ich habe mittlerweile den 3. Versorger und nur mein erster Versorger war sehr gut. Ich kann mich belesen, wie ich will, es ist mir einfach nicht möglich, in Erfahrung zu bringen, was mir genau an Inkontnenzvorlagen zusteht. KK und Versorger halten sich bedeckt und das, was ich wirklich bräuchte - bekomme ich nicht. Hinzukommt, dass mein Versorger mal wieder nicht liefert. Das, was für die Infkontinenzpatienten durchgesetzt wurde, reicht bei weitem nicht aus. denn KK und Versorger machen noch immer, was sie wolllen und das nicht immer zum Wohle des Patienten. Und außerdem frage ich mich, wie man einem Versorger, mit dem wir Patienten keinen Vertrag haben, so viel Macht geben kann.
Atmungsaktive Hilfmittel stehen zur Zeit hoch im Kurs. Allerdings gebe ich da einige Bedenken, ein Hilfsmittel dabei abzustufen, wenn es zum Beispiel eine PE-Folie hat.
Stoffähnliche Oberflächen können bei viel Bewegung starke Hautreizungen (mechanisch) verursachen. Bei Diabetikern heilt das dann besonders schlecht, da es ja immer wieder neu gereizt wird. Außerdem geht durch die mechanische Belastung die Unterwäsche viel schneller kaputt.
Und die atmungsaktiven Oberflächen eignen sich nicht immer zur "Teilnahme am gesellschaftlichen Leben". Längeres Sitzen auf einem Stuhl kann leichte Spuren von Feuchtigkeit hinterlassen. Man mag es vielleicht nicht sehen, man spürt es aber und das ist mehr als peinlich!
Je nach Anwender, Hauttyp und Alltag bleibt manchmal gar keine Alternative zur Folie, die dann auf die Situation gesehen eine bessere Lösung ist, als das atmungsaktive System. Manchmal habe ich den Eindruck, dass zu viele Experten leider gar keine Anwender sind.