Obwohl der Gesetzgeber das Inkassowesen 2014 neu geregelt hat, ebben die Beschwerden über Inkassobüros nicht ab. Die Verbraucherzentralen haben mehr als 1 400 Beschwerden zu Inkassodiensten gesammelt und ausgewertet. Das traurige Ergebnis: Danach ist jede zweite Forderung unberechtigt und die Inkassogebühren sind oft viel zu hoch. Für Verbraucher heißt das: Inkassobriefe stets prüfen und niemals vorschnell bezahlen.
Forderungen häufig ohne vertragliche Grundlage
Wer nutzt die Dienste von Inkassobüros? Die Auswertung zeigt, dass fast jede fünfte Forderung von einem Telekommunikationsanbieter stammt. Mahnpost via Inkassodienst kommt aber auch von Gewinnspiel-Anbietern, E-Mail-Dienstleistern, Dating-Portalen, Abo-Diensten und Versandhändlern. Erschreckend: In 56 Prozent der Fälle sind die Forderungen unberechtigt. Da Inkassodienste nicht verpflichtet sind, die Ansprüche vor dem Eintreiben auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, landen unberechtigte Forderungen schnell bei ahnungslosen Verbrauchern.
Tipp: Wie Sie sich am besten verhalten, wenn Sie ein Inkassoschreiben erhalten, lesen Sie in unserem Special „Inkasso“.
Inkassorechnungen nicht verständlich
Nicht jeder darf einfach Geld eintreiben. Inkassofirmen müssen bei Amts- oder Landgerichten zugelassen und registriert sein. Die Aufsicht hat stets das Gericht an ihrem Geschäftssitz. Jedermann kann im Rechtsdienstleistungsregister kostenlos nachsehen, ob ein Inkassounternehmen gelistet ist. Nur dann kann es überhaupt Forderungen eintreiben. Inkassofirmen müssen bereits in ihrem ersten Schreiben an den Empfänger mitteilen, wer was von ihm möchte – und warum. Die Verbraucherzentralen kommen zum Ergebnis, dass die registrierten Inkassounternehmen ihre gesetzlichen Informationspflichten größtenteils einhalten. Die Aufstellungen von Kosten und Gebühren sind allerdings für mehr als zwei Drittel der Verbraucher nicht verständlich.
Inkassobüros lassen sich Dienste gut bezahlen
Inkassounternehmen verdienen über Gebühren, die sie auf die ursprüngliche Forderung aufschlagen. Grundsätzlich gilt: Inkassobüros dürfen für ihre Dienste nur so viel berechnen, wie Anwälte verlangen würden. Die Verbraucherzentralen stellten jedoch fest, dass Inkassogebühren oft unterschiedlich und unverhältnismäßig hoch sind – gerade bei einfachen und standardisierten Zahlungsaufforderungen. Bei Bagatellforderungen werden die Kosten unangemessen in die Höhe getrieben.
Firmen wenden dubiose Methoden an
Die Auswertung zeigt auch, dass Inkassobüros nicht vor unfairen Mitteln zurückschrecken. In einem Drittel der geprüften Inkassoschreiben wurde massiv gedroht – mit Schufa-Einträgen, Strafanzeigen oder Zwangsvollstreckung. Das soll verunsichern und die Betroffenen zur schnellen Zahlung animieren. Darüber hinaus versuchen Inkassobüros, Verbraucher zum Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung zu drängen. In so einem Fall ist äußerste Vorsicht geboten, denn daran ist häufig ein vorformuliertes Schuldanerkenntnis gebunden. Unterschreibt der Empfänger solch ein Anerkenntnis, hat das Inkassounternehmen eine gültige Rechtsgrundlage – auch wenn die Forderung an sich unberechtigt ist.
Behördliche Aufsicht reicht nicht aus
Die Verbraucherzentralen kritisieren auch die Aufsichtsbehörden. So seien nach wie vor nicht registrierte Inkassounternehmen in Deutschland aktiv. Auf stichprobenartige Meldungen über 16 auffällige Inkassofirmen haben die zuständigen Amts- und Landgerichte in keinem einzigen Fall mit eigenen Maßnahmen reagiert. Auch ausländische Unternehmen aus Tschechien oder Mahnfirmen mit Konten in Rumänien stehen unter keiner Kontrolle. Die Verbraucherzentralen sehen politischen Handlungsbedarf. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat nun angekündigt, die gesetzlichen Regelungen zur Aufsicht über Inkassounternehmen im kommenden Jahr zu überprüfen.
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