Der richtige Indexfonds kann eine ideale Geldanlage sein. Doch die gesetzlich vorgeschriebenen Informationsblätter sind oft furchtbar schlecht. Wir sagen, was Anleger wissen müssen.
Alle Testergebnisse für Produktinformationsblätter Fonds 05/2014
Kennen Sie Ogaw? Falls nicht, ist das keine Bildungslücke. Der „Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“ ist eine Wortschöpfung von Finanzbürokraten. Gemeint sind damit Investmentfonds. Der Begriff Ogaw steht, wie sein englisches Pendant Ucits, ohne Erläuterung in den Anlegerinformationen zu Fonds, die eigentlich für Laien gedacht sind.
Gute Idee miserabel umgesetzt
Gesetzliche Vorgaben für die Informationen zu Finanzprodukten sind eine prima Idee. Nach all den Reinfällen, die Anleger in den vergangenen Jahren erlebt haben, ist Transparenz oberstes Gebot. Doch Ideal und Wirklichkeit liegen weit auseinander.
Das Ideal sieht so aus: Anleger erhalten standardisierte Informationsblätter, die sie nebeneinanderlegen, um Eigenschaften, Chancen und Risiken verschiedenartiger Geldanlagen vergleichen zu können.
Und das ist die traurige Wirklichkeit: Die von uns getesteten Informationsblätter zu 18 Indexfonds, die „Wesentlichen Anlegerinformationen“, sind oft zum Davonlaufen formuliert. Sie tragen wenig zum Verständnis und Vergleich von Geldanlagen bei.
Der Gesetzgeber fordert in den Ausführungen zu einer EU-Richtlinie ausdrücklich: „Jargon ist zu vermeiden“. Viele Infoblätter strotzen jedoch vor Fachbegriffen und sind sprachlich wie inhaltlich eine Zumutung für den Leser.
Formulierungen wie diese sind die Regel: „Der Finanzkontrakt (als derivatives Geschäft bekannt), der zur Partizipation an dem Index eingesetzt wird, kann angepasst werden ...“ und so geht es immer weiter. Alles klar? Wahrscheinlich nur beim Fondsanbieter db x-trackers, aus dessen Anlegerinformationen der Passus stammt.
Indexfonds für viele Anleger ideal
Es wäre jammerschade, wenn sich Normalanleger von den verkorksten Informationsblättern abschrecken ließen und den Schluss zögen, Indexfonds seien für sie zu kompliziert. Gerade das stimmt überhaupt nicht. Von allen Geldanlagen, deren Risiko über das von Sparbuch und Tagesgeld hinausgeht, eignen sich breit streuende Indexfonds am ehesten für jeden.
Indexfonds sind kostengünstig und für Anleger einfach zu verstehen, weil sie stur die Wertentwicklung von Aktien- oder Rentenindizes nachzeichnen. Wer zum Beispiel den deutschen Dax regelmäßig verfolgt, weiß auch, wie sich sein Dax-Indexfonds entwickelt. Das Risiko, das ein Anleger eingeht, ist genau so groß wie das des Marktes, in den er investiert.
Fast alle untersuchten Produktinformationen beziehen sich auf sogenannte ETF (Exchange Traded Funds, also börsengehandelte Fonds). ETF sind bei Indexfonds mittlerweile der Normalfall. Anleger kaufen und verkaufen sie über die Börse, indem sie ihrer Bank eine Weisung geben oder den Auftrag als Kunden einer Direktbank selbst eintippen.
Nur der Fonds SSgA World Index Equity ist kein ETF. Er wird wie ein gemanagter Investmentfonds vor allem über die Fondsgesellschaft gehandelt. Der Börsenhandel ist hier zwar möglich, aber unüblich.
Risiken kommen zu kurz
Das für den Anleger vielleicht wichtigste Thema bei Investmentfonds ist das Risiko, auf das er sich gefasst machen muss. Die für die „Wesentlichen Anlegerinformationen“ maßgebliche EU-Richtlinie schreibt eine siebenstufige Risikoskala vor, mit Stufe 7 als höchstem Risiko.
Aktienfonds stehen aufgrund ihrer Wertschwankungen normalerweise bei Stufe 6 oder 7. Anleger wissen also, dass sie schlimmstenfalls erhebliche Verluste erleiden können. Leider ist die Skala nicht feinteilig genug, um breit anlegende Fonds von hoch- spekulativen Fonds abzugrenzen.
Wie die Risikoklassen in den Anlegerinformationen darzustellen sind, ist in der EU-Richtlinie recht detailliert beschrieben. Die Anbieter beachten diese Vorgaben genau. Selbst der wichtige Hinweis, dass auch die niedrigste Risikoklasse keinen vollständigen Kapitalschutz bietet, fehlt nicht.
Das Problem liegt woanders: In der Richtlinie bleiben viele Details offen und manche Risikofaktoren unberücksichtigt. Entsprechend dürftig sind in dieser Hinsicht auch die Anlegerinformationen.
Die Risiken von Aktienmärkten erleben Anleger vor allem in Gestalt von Kursschwankungen. Sehr hilfreich wäre daher eine Angabe über den maximalen Verlust, den sie in der Vergangenheit mit einem Fonds innerhalb eines Jahres erleiden konnten. In den Informationsblättern suchten wir solche Zahlen leider vergeblich.
Auch das sogenannte Liquiditätsrisiko wird sehr stiefmütterlich behandelt. Es beschreibt die Gefahr, dass Anleger nicht sofort an ihr Geld kommen.
Normalerweise können sie ihre Anteile jederzeit loswerden. Der Börsenhandel bietet dafür beste Voraussetzungen. Doch es gab eben auch schon Extremsituationen an den Finanzmärkten – etwa nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 – als die Börsen tagelang dicht waren. Die Anlegerinformationen befassen sich, wenn überhaupt, nur beiläufig mit diesem Problem.
Auch durch die Wortwahl können Risiken verschleiert werden. So lockt es Anleger auf die falsche Fährte, wenn Wertentwicklungen nur als „positiver oder negativer Ertrag“ etikettiert sind. In mehr als der Hälfte der Informationsblätter ist das der Fall. Ein „negativer Ertrag“ ist nichts anderes als ein Verlust und sollte so genannt werden.
Im Informationsblatt für den SSgA World Index Equity Fund heißt es: „Die obige Risikokategorie ist keine Kennzahl für Kapitalverluste oder -zuwächse, sondern ist ein Maß für die Größenordnung der Renditeschwankungen des Fonds in der Vergangenheit“. Anleger könnten daraus ableiten, dass mit diesem Fonds nur positive Erträge möglich sind.
Tipp: Informieren Sie sich auch aus anderen Quellen über die Risiken von Indexfonds. Am ausführlichsten stehen diese im Verkaufsprospekt für den Fonds, der auf der Internetseite des Anbieters verfügbar ist. Hilfe bei der Auswahl des richtigen ETF bietet unser Produktfinder Fonds.
Währungsrisiko fehlt
Ein grundsätzliches Problem haben die Informationsblätter mit dem Währungsrisiko. Alle Berechnungen in den Produktinformationen sollen sich auf die Fondswährung beziehen. So steht es in der EU-Richtlinie. Anleger finden dadurch oft Wertentwicklungen, die für sie gar nicht gelten.
Bestes Beispiel: Für einen Euro-Anleger ist der Markt, auf den sich der weltweite Aktienindex MSCI World bezieht, überwiegend Fremdwährungsgebiet. Rund drei Viertel der Indexaktien stammen aus den USA, Japan, Großbritannien und aus der Schweiz. Unabhängig von der Kursentwicklung der Unternehmen in ihrer Heimatwährung können deutsche Anleger durch eine Aufwertung des Euro Verluste erleiden.
Finanztest stellt deshalb immer alle Wertentwicklungen von Fonds aus Sicht des Euro-Anlegers dar. Nicht so in den getesteten Anlegerinformationen für Fonds auf den MSCI World: Außer bei den in Euro notierten Amundi- und Lyxor-ETF wird die Index- und Fondsentwicklung in US-Dollar abgebildet, weil die ETF in US-Dollar notieren.
Weiterer unangenehmer Effekt: Legt der Anleger mehrere Informationsblätter nebeneinander, um die Daten zu vergleichen, stößt er bei Fonds mit unterschiedlicher Währung ständig auf Ungereimtheiten. Ein zentraler Anspruch der Produktinformationen geht damit verloren.
Tipp: Achten Sie bei Aktien- und erst recht bei Rentenfonds darauf, in welche Währungen der Fonds investiert. Bei Renten- oder Geldmarktfonds, die zum Beispiel in den USA investieren, haben die Wechselkursschwankungen zwischen Euro und US-Dollar mehr Einfluss auf die Wertentwicklung als die Fondsanlage selbst. Die Risikoklasse in den Anlegerinformationen bezieht sich nur auf die Heimatwährung des Fonds und ist in solchen Fällen viel zu niedrig.
Irreführende Hinweise zum Kauf
Anleger ohne Vorkenntnisse werden kaum etwas über den Kauf von ETF wissen. Für sie muss in den Informationsblättern klar und deutlich erklärt sein, wo sie die Fonds kaufen können und welche Kosten bei Bank und Börse dafür üblich sind.
Doch der Börsenkauf von ETF ist in den Papieren allenfalls ein Randthema. Selbst im Kostenblock fehlen die Informationen teilweise oder sie sind nur schwer erkennbar und versteckt.
Das liegt auch an den Vorgaben der EU-Verordnung, in der vom Börsenhandel der Fonds keine Rede ist. Hier geht es ausschließlich um den Kauf und Verkauf von Anteilen über den Fondsanbieter. Der spielt bei ETF aber kaum eine Rolle. Der Kauf über die Fondsgesellschaft wäre für Privatanleger wegen der höheren Kosten wirtschaftlich meist unsinnig.
Tipp: Fragen Sie bei Ihrer Bank nach den Kosten für den Kauf und Verkauf. Viele Hausbanken verlangen für die Abwicklung des Börsenkaufs rund 1 Prozent der Anlagesumme. Bei Direktbanken sind es oft deutlich unter 0,5 Prozent. Einen großen Vergleich von Order- und Depotkosten finden Sie im Test Depot: Viel sparen mit dem besten Wertpapierdepot, Finanztest 6/2013.
Bankerlatein zur Indexnachbildung
Indexfonds bilden einen Index nach, doch das tun sie auf unterschiedliche Weise. Die naheliegende Methode, nämlich diejenigen Aktien zu kaufen, die im Index enthalten sind, ist nur eine Möglichkeit. Viele Fonds dagegen enthalten andere Aktien als der Index und zeichnen seine Entwicklung künstlich nach.
Die Wertentwicklung wird bei ihnen sichergestellt, indem die Fondsgesellschaft mithilfe von Verträgen (Swaps) die Wertentwicklung der im Fonds enthaltenen Wert- papiere gegen die Wertentwicklung des Indexes tauscht. Die Tauschpartner der Fondsanbieter sind oft ihre Mutterbanken, bei db x-trackers also die Deutsche Bank und bei Lyxor die Société Générale.
Vor allem bei diesen sogenannten Swap-Fonds sollten die Informationsblätter klar und verständlich darlegen, wie sie ihr Ziel verfolgen. Doch die Anbieter halten sich bei diesem Thema oft bedeckt oder liefern schwerverdauliches Bankerlatein.
Ein Beispiel von db x-trackers: „Zur Erreichung des Anlageziels erwirbt der Fonds Aktien und/oder tätigt Bareinlagen und schließt in Bezug auf die Aktien und den Index Finanzderivategeschäfte mit der Deutschen Bank ab, um die Rendite des Index zu erzielen.“ Durch die Vermischung verschiedener Informationen in einem Satz ist der entscheidende Hinweis auf das Tauschgeschäft kaum noch erkennbar.
Tipp: Überlegen Sie, ob Ihnen die Art der Indexnachbildung wichtig ist. Die meisten ETF setzen vor allem bei sehr umfangreichen Indizes wie dem MSCI World auf künstliche Nachbildung.
Aus Sicht von Finanztest gibt es gegen diese Methode keine grundsätzlichen Bedenken. Die Swap-Fonds sind ebenso sicher wie Fonds mit den Aktien des Indexes. Manche Anleger haben bei der abstrakten Nachbildung ein ungutes Gefühl. Sie sollten einen Fonds mit Originalaktien nehmen.
Kuddelmuddel bei den Vorschriften
Zur Ehrenrettung der Fondsanbieter muss gesagt werden, dass es nicht nur an ihnen liegt, wenn die Informationsblätter mehr Verwirrung als Nutzen stiften.
Schon bei den gesetzlichen Vorgaben gibt es ein Kuddelmuddel, das die löbliche Idee ad absurdum führt. Das deutsche Wertpapierhandelsgesetz macht Vorgaben für die Beschreibung von Aktien, Anleihen und Zertifikaten. Die abweichenden Regelungen für Investmentfonds wurden dagegen auf EU-Ebene getroffen.
Schon im Aufbau und Erscheinungsbild sind die Informationsblätter so unterschiedlich, dass Anleger eine Einzelaktie und einen Aktienfonds nicht miteinander vergleichen können.
Für Vermögensanlagen wie geschlossene Fondsbeteiligungen oder Genussrechte gibt es wieder andere Informationsblätter. Auch sie haben in einer Untersuchung enttäuscht. Mehr Informationen dazu im Test Vermögensanlagen, Finanztest 6/2013.
-
- Viele Anleger meiden aus Angst vor Währungsrisiken Fonds, die in Fremdwährung notiert sind – zum Beispiel ETF auf den Aktienindex MSCI World, deren Anteile auf Dollar...
-
- Das Pantoffel-Portfolio ist einfach, bequem und eignet sich für jeden! Hier erfahren Sie alles, um mit der Anlagestrategie von Finanztest loszulegen.
-
- Kleine Aktienwerte bieten hohe Renditechancen, sind aber auch sehr schwankungsanfällig. Mit Small-Cap-ETF können sich Anleger an ihnen beteiligen, ohne das Risiko zu...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
aber SWAP, KGV, HARTZ IV, MWST und ähnliches erschließt sich auch nicht jedem sofort. Nur ADAC kennt jeder, weil Autos eben sexy sind.
Fast jeder läuft heute mit dem Smartphone vor der Nase durch die Welt und sollte in der Lage sein, einmal nach OGAW zu googeln. Wer dazu nicht bereit ist, bevor er Geld in fremde Hände gibt, sollte es lieber gleich lassen.
Im übrigen ist ein OGAW nicht irgend ein Investmentfonds, sondern ein Investmentfonds, der der einschlägigen EU-Richtlinie entspricht.
Würde in den KIIDs (lässt sich auch gut googeln) "Investmentfonds" statt OGAW stehen, wäre das sicher lesbarer, aber unvollständig und irreführend.
Hinzu kommt, dass die allermeisten OGAW nicht aus Deutschland stammen. Um die 70% sind UCITS und stammen hauptsächlich aus Luxemburg und Irland, laut FAZ-Artikel vom 5.5.2014.
Das bedeutet: Die Fondsunterlagen werden ursprünglich in Englisch verfasst und dann übersetzt. Gute Übersetzer(innen) für Finanztexte sind nicht wie Sand am Meer zu finden.