Was uns übrigbleibt
Anleger wollen ihr Geld vor Entwertung bewahren. Wir zeigen, welchen Inflationsschutz Aktien, Anleihen und Gold bieten – und wo die Grenzen sind.
Gegen Inflation kann man sich nicht versichern. Aber man kann sein Geld so anlegen, dass es weitgehend davor geschützt ist. Das ergibt unser Inflationscheck der vergangenen 40 Jahre.
Wir haben nachgerechnet, wie sich verschiedene Anlageformen seit 1970 entwickelt haben – in Zeiten hoher und niedriger Inflation. Aktien und Anleihen haben wir genommen, weil das die Anlagen sind, die Anleger in ihrem Depot normalerweise zusammenstellen, und Gold, weil es oft als Inflationsschutz verkauft wird.
Wir haben mit den realen Renditen gerechnet. Die reale Rendite entspricht in etwa der nominalen Wertentwicklung abzüglich der Inflationsrate.
Beträgt die nominale Wertentwicklung 5 Prozent pro Jahr und die Inflationsrate 2 Prozent, dann kommen real etwa 3 Prozent heraus. An den realen Renditen erkennt man, welchen Inflationsschutz Anlagen bieten.
Drei Arten von Inflationsschutz
Der Inflationsschutz von Geldanlagen kann auf dreierlei Art funktionieren.
Erstens: Die reale Wertentwicklung ist unabhängig von der Inflation, kann aber schwanken. Anlageformen dieser Art sind sozusagen immun gegen Inflation.
Zweitens: Die reale Wertentwicklung ist möglichst sicher größer null, auch kurzfristig, Verlustphasen dauern nur kurz. Anlagen dieser Kategorie sind besonders für sicherheitsorientierte Anleger geeignet.
Drittens: Die reale Rendite steigt mit der Inflationsrate. Mit solchen Anlagen ließe sich in Zeiten steigender Inflation gut Geld verdienen – vorausgesetzt, man steigt nicht zu spät ein und rechtzeitig wieder aus.
Das Ergebnis unseres Checks in Kürze: Aktien gehören zur ersten Gruppe. Sie entwickelten sich unabhängig von der Inflation und boten zudem die höchsten realen Renditen, ihr Wert schwankte aber auch stark.
Den kurzfristig zuverlässigsten Inflationsschutz boten einjährige Bundesanleihen. Sie fallen in die zweite Kategorie. Mit ihnen lagen Anleger nach Abzug der Inflation so gut wie immer im Plus. Über die gesamten vierzig Jahre betrachtet, waren die Renditen im Vergleich mit den anderen Anlageformen aber die geringsten.
Gold wird oft der dritten Kategorie zugeschrieben. Tatsächlich kam es bei Gold in Zeiten höherer Inflationsraten zu starken Preisausschlägen. Wer einen guten Einstieg erwischte, konnte hohe Renditen mit dem Edelmetall erzielen. Möglich waren aber auch hohe Verluste.
Die Ergebnisse unserer Analyse haben wir in der Tabelle: Das waren Zeiten dargestellt und zur besseren Anschauung außerdem grafisch aufbereitet (siehe Grafiken).
Aktien
Doch der Reihe nach: In unserer Analyse zeigte sich kein erkennbarer Zusammenhang zwischen der Inflation und den realen Renditen von Aktien. Mal liegen die Aktien im Plus, mal im Minus – aber beides unabhängig davon, ob die Inflation gerade steigt oder fällt.
Anfang der 70er Jahre zur Zeit der ersten Ölkrise zum Beispiel, als die Inflationsrate im Schnitt 5,9 Prozent pro Jahr betrug, gab es für deutsche Aktien ein Minus von 3,1 Prozent pro Jahr. In den beiden folgenden Phasen hoher Inflation in Deutschland lagen sie dagegen im Plus.
Über die gesamte Zeit betrachtet, konnte man mit deutschen Aktien am meisten verdienen: im Durchschnitt 7,5 Prozent pro Jahr. Mit internationalen Aktien waren es 7 Prozent. Gemessen haben wir die Wertentwicklung an den Börsenindizes der US-Bank Morgan Stanley (MSCI) – wie gesagt, jeweils nach Abzug der Inflation.
Die hohen Renditen bedeuteten selbstverständlich auch hohe Risiken. Wer Aktien hatte, musste große Kursschwankungen in Kauf nehmen.
Die deutschen Aktien hatten über die vergangenen vierzig Jahre eine Schwankungsbreite, auch Volatilität genannt, von rund 20 Prozent. Je höher die Volatilität, desto stärker weichen die tatsächlichen Ergebnisse vom Mittelwert ab – sowohl nach oben als auch nach unten.
Fazit: Anleger können ihren Aktienanteil lassen, wie er ist. Niemand sollte allerdings aus Angst vor Inflation mehr Aktien kaufen – es sei denn, er kann das höhere Risiko von Kursverlusten tragen.
Anleihen
Anleihen fallen in die zweite Gruppe. Ihre reale Wertentwicklung lag auf Jahressicht am häufigsten über null.
Hat man jedes Jahr Bundesanleihen mit einjähriger Restlaufzeit gekauft, erhielt man durchschnittlich 3 Prozent pro Jahr. Mit einem gemischten Anleihenportfolio, in dem Papiere unterschiedlicher Laufzeiten lagen, gab es immerhin 4 Prozent pro Jahr.
Die reale Wertentwicklung von Anleihen hängt unter anderem davon ab, wie sich die Inflationsrate über die Haltedauer entwickelt. Je stärker sie steigt, desto niedriger wird die Rendite.
Ein Teil der Anleihezinsen ist von vornherein als Inflationsausgleich gedacht. Hat der Markt die Inflation richtig vorhergesehen, dann lag nicht nur die nominale, sondern auch die reale Rendite über null. War die Schätzung falsch, gab es vorübergehend ein reales Minus, ehe sich der Markt mit höheren nominalen Zinsen an die höhere Inflation angepasst hat.
Der gute Inflationsschutz kurzlaufender Papiere liegt darin, dass Anleger sich ohne große Kursverluste mit immer neuen Papieren dem Zinsniveau anpassen.
In den vergangenen 40 Jahren lag die Wahrscheinlichkeit, mit den kurzlaufenden Anleihen nach Abzug der Inflation binnen Jahresfrist im Plus zu liegen, bei 91 Prozent. Das heißt, die Marktteilnehmer haben die Inflationsrate auf diese kurze Distanz fast immer richtig vorhergesagt.
Besonders gut funktionierte der Schutz, solange die Preissteigerungsraten bei maximal 5 Prozent pro Jahr lagen. Dann machten Anleger mit einjährigen Bundesanleihen in 99 Prozent der untersuchten Einjahreszeiträume Plus. Weniger gut war der Schutz bei höheren Inflationsraten. Hier wurden die Marktteilnehmer von dem Anstieg offenbar überrascht.
Es gibt aber auch Anleihen, die sowohl in die erste als auch in die zweite Gruppe des Inflationsschutzes fallen: sogenannte inflationsgeschützte Anleihen. Einmal gekauft und bis zum Laufzeitende gehalten, hat man eine bestimmte reale Rendite sicher. Sie schützen auch bei einem überraschenden Anstieg vor Inflation.
Inflationsindexierte Anleihen sind an die Entwicklung der Preise gekoppelt. Der Zinskupon wird jährlich an die Preissteigerungsrate angepasst. Bei einer Inflationsrate von zum Beispiel 3 Prozent pro Jahr gibt es auch 3 Prozent mehr Zinsen. Auch die Rückzahlungssumme wird angepasst.
Fazit: Mit kurzlaufenden Anleihen lagen Anleger nach Abzug der Inflation am häufigsten im Plus, erzielten aber im Vergleich zu anderen Anlageformen langfristig die geringsten Renditen.
Zurzeit scheinen diese Wertpapiere auch kurzfristig – wie inflationsgeschützte Anleihen – allerdings wenig rentabel. Mit Tagesgeldkonten und kurzlaufenden Festgeldern von Banken bekommen Anleger bei vergleichbarer Sicherheit und Flexibilität höhere Renditen (siehe Infodokument: Tagesgeld und Festgeld).
Gold
Wenn es stimmt, dass Anleger eine Inflation am besten mit Gold überstehen, müsste der Goldpreis besonders stark steigen, wenn die Inflationsraten höher werden.
Das haben wir an den drei Phasen hoher Inflationsraten überprüft, die es in Deutschland seit den siebziger Jahren gab.
Als die Inflation Anfang der siebziger Jahre und Anfang der achtziger Jahre stark angestiegen war, fing der Goldpreis an heftig zu schwanken. Das zeigt, dass Gold keineswegs eine sichere Anlage ist.
Anfang der siebziger Jahre stiegen die Goldpreise noch gemeinsam mit den Inflationsraten. Der Anstieg des Goldpreises war eine Reaktion auf den Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems: Die USA hatten die Bindung des Dollar an Gold aufgegeben.
Anfang der achtziger Jahre verteuerte sich das Gold vor allem zu Beginn der Hochinflationsphase. Als die Inflationsraten ihren Höhepunkt erreicht hatten, fiel der Goldpreis schon wieder.
In der dritten Phase hoher Inflationsraten, Anfang der neunziger Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, reagierte der Goldpreis deutlich schwächer. Das wiederum zeigt, dass ein Anstieg der deutschen Inflation auf den Goldpreis keine Wirkung haben muss. Offenbar braucht es größere Krisen, um den Goldpreis zu treiben.
Auch wenn es sonderbar klingt: Wer aus Angst vor Inflation viel Geld in Gold umschichtet, bringt sein Geld damit nicht in Sicherheit, sondern erhöht sein Risiko.
Der Preis von Gold hängt von Angebot und Nachfrage auf dem weltweiten Goldmarkt ab. Es gilt: je knapper das Angebot und je größer die Nachfrage, desto höher der Preis. Das Angebot an Gold ist knapp – das gesamte bisher geförderte Gold passt in einen Würfel mit einer Kantenlänge von 20 Metern. Nachgefragt wird Gold außer von Anlegern hauptsächlich von Hochtechnologieunternehmen und vom Schmuckgewerbe. Gold ist extrem widerstandsfähig, auch Säure kann es nicht zersetzen. Zudem lässt es sich extrem fein verarbeiten.
Fazit: Wer Gold kaufen will, sollte vorsichtshalber nicht mehr als 10 Prozent seines für riskante Anlagen vorgesehenen Vermögens investieren.