
Perfekter Halt für den Ohrhörer: Der Hörgeräteakustiker macht’s möglich
In-Ear-Kopfhörer bieten oft einen verblüffend guten Klang, doch Jogger wissen ein Lied von herausfallenden Ohrstöpseln zu singen. Locker sitzende Kopfhörer klingen außerdem oft nicht so gut wie sie könnten – weil beispielsweise tiefe Bassfrequenzen ungehört verpuffen. test.de wollte wissen, ob maßgeschneiderte Adapter Sitz und Klang verbessern, und ließ Ohrhörer aus dem letzten In-Ohr-Kopfhörer-Test vom Hörgeräteakustiker individuell bei Testpersonen anpassen.*
Besserer Halt für rund 85 Euro
Der In-Ear-Kopfhörer des Kunden wird in die Otoplastik eingegossen. Einen Weg zurück gibt es nicht: Ein Wechsel des Kopfhörers ist unmöglich, er kann auch nicht mehr entnommen und wieder mit einem Silikon-Ohrpolster betrieben werden.
Zwei große und einen kleinen In-Ohr-Kopfhörer aus dem letzten In-Ohr-Kopfhörer-Test (test 8/2015) ließen wir von einem Hörgeräteakustiker bei zwei Testpersonen einpassen. Kostenpunkt: rund 85 Euro pro Ohrhörer-Paar. Wartezeit bis zur Lieferung: drei Wochen. Die in sogenannte Otoplastiken eingegossenen Kopfhörer sehen zwar etwas nach Sanitätshaus aus, sitzen dafür aber perfekt und ohne Druck im Ohrkanal. Das ist vor allem beim Sport ein Gewinn. Wenn man auf der Seite liegt, drückt es allerdings arg, denn nun ragen die In-Ear-Kopfhörer weiter aus den Ohrmuscheln heraus als mit einem Standard-Ohrpolster.
Tipp: Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Themenseite Kopfhörer und Lautsprecher.
Klangverbesserung nicht garantiert
Was den Klang angeht, bringt der exemplarische Test ein gemischtes Ergebnis. Der Ton verbesserte sich bei einem In-Ohr-Kopfhörer um mehr als eine Notenstufe. Die anderen Kopfhörermodelle klangen geringfügig besser oder sogar etwas schlechter als vorher. Im ungewöhnlich geformten Gehörgang einer Testperson eckte ein großer In-Ear-Kopfhörer in der Hörmuschel an. Deshalb musste die Otoplastik größer ausfallen und ihr Schallkanal wurde entsprechend lang. Darunter litt im Test der Klang.*
Tipp: Lassen Sie den Hörgeräteakustiker vorab prüfen, ob Ohrkanal und Ohrmuschel mit dem gewählten In-Ohr-Kopfhörer harmonieren. Kleine Modelle und eher gerade Gehörgänge verursachen meist weniger Probleme. Kleine Ohren mit winkligem Ohrkanal können aber mit großen Hörer-Kapseln kollidieren. Das Risiko sollte ein guter Hörgeräteakustiker erkennen, bevor es teuer wird.
Ohrabdrücke in 30 Minuten
Der zeitliche Aufwand für die Erstellung eines Ohrabdrucks hält sich in Grenzen. Im Test dauerte dies maximal eine halbe Stunde. In dieser Zeit untersuchte der Hörgeräteakustiker die Ohren unserer Testpersonen und spritzte dann eine schnell aushärtende Formmasse hinein. Dieser Abdruck ging anschließend mitsamt In-Ohr-Kopfhörer ins Labor. Das formte daraus die Otoplastik und vergoss sie unlösbar mit dem Ohrhörer. Achtung: Dieser kann später nicht mehr separat genutzt oder gewechselt werden. Nach drei Wochen holten unsere Testpersonen ihre individuell angepassten Kopfhörer ab. Das dauerte nur ein paar Minuten, weil die Otoplastiken auf Anhieb passten.
Tipp: Ein banaler Kabelbruch macht aus dem Ohrhörer mitsamt der angegossenen Otoplastik teuren Müll. Modelle mit wechselbarem Kabel beugen einem solchen Desaster vor. Im Test hatte nur der Pioneer SE-CX8 ein herstellereigenes, austauschbares Anschlusskabel.
An die Gesundheit denken
Eine perfekt sitzende Otoplastik verleitet zu lang andauerndem Musikgenuss. In-Ohr-Kopfhörer sitzen direkt im Ohr und erzeugen einen womöglich schädlich hohen Schallpegel. Den verkraftet das Ohr nur, wenn es anschließend eine lange „Verschnaufspause“ in ruhiger Umgebung bekommt. Faustregel: Die Stille sollte doppelt so lange dauern wie das Musikhören zuvor. Selbst bei halbwegs leiser Einstellung kann Dauerberieselung das Gehör gefährden – Sie sollten es also nicht übertreiben. Wichtig ist auch die Hygiene. Die Otoplastik sollte regelmäßig mit einem feuchten Tuch und einer leichten Desinfektionslösung gereinigt werden. Das kennen Nutzer von Hörgeräten. Anders als bei diesen verbietet sich für den In-Ear-Kopfhörer aber das Ultraschallbad – denn er ist fest mit der Otoplastik verbunden und würde durch den Ultraschall zerstört.
Fazit: Besserer Klang ist wahrscheinlich, aber nicht garantiert
Hörgeräteakustiker fertigen passend zu In-Ear-Kopfhörern Ohranpassstücke, so genannte Otoplastiken. Besserer Sitz ist garantiert, besserer Klang ist wahrscheinlich, aber nicht garantiert. Zusätzliches Manko: Otoplastiken verschandeln das Aussehen der Kopfhörer und kosten mehr als manch gut klingendes Modell. Deshalb lohnt der Aufwand von knapp 100 Euro (oder darüber, es gibt keine festen Preise für diese Dienstleistung) wohl vor allem für Sportler.
* Passage korrigiert am 4. September 2015.