
Sparkassen-Immobilien: Laut Bundesgerichtshof war eine Widerrufsbelehrung falsch. Die Käufer einer Wohnung in Erlangen bekommen jetzt fast 18 000 Euro zurück. © picture alliance / Bildagentur-online / Schoening
Makler sind teuer. Längst nicht immer müssen Kunden zahlen. Oft können sie den Vertrag widerrufen. test.de erklärt die Rechtslage.
Wer eine Immobilie erwirbt, zahlt meistens eine Maklergebühr, wenn ihm das Objekt vermittelt wurde. Je nach Kaufpreis eines Hauses oder einer Eigentumswohnung kann diese Courtage genannte Gebühr recht heftig zu Buche schlagen – natürlich ein unbeliebter zusätzlicher Kostenposten während des Kaufvorgangs. Käufer einer Eigentumswohnung in Bayern konnten jetzt ihren Maklervertrag nachträglich widerrufen. Sie bekommen knapp 18 000 Euro zurück. Möglicherweise haben Tausende von Menschen, die innerhalb der letzten Monate über eine Sparkasse oder eine Landesbausparkasse eine Immobilie erworben haben, gute Chancen, die Provision gar nicht erst zahlen zu müssen oder sie zurückzubekommen.
Fehlerhafte Belehrung bei Sparkassen-Immobilien
Das Urteil in diesem Fall ist spektakulär: Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat die Widerrufsbelehrung, die bei einem Immobiliendeal der Stadt- und Kreissparkasse Erlangen Höchstadt Herzogenaurach zum Einsatz kam, für unzureichend erklärt. Grund: Nach diesem Vertrag konnte sich der Widerruf der Immobilienkäufer sowohl ans Makler-Unternehmen als auch die Sparkasse richten. Das verschleiere, wer der Vertragspartner ist und wann genau der Maklervertrag geschlossen wurde, urteilten die Richter in Karlsruhe. Die Folge: Die Käufer konnten den Vertrag bis ein Jahr und zwei Wochen nach seinem Abschluss widerrufen. Sie erhalten die bereits gezahlte Courtage in Höhe von 17 778,60 Euro nun zurück.
Die Sparkasse sagte nach dem Urteil: Das ist ein Einzelfall. Wir bezweifeln das und vermuten, dass auch andere Immobilienkäufer, die in jüngerer Zeit ein Objekt über eine Sparkasse erwarben, eine gezahlte Maklercourtage zurückfordern können. „Die Sparkassen-Finanzgruppe ist Deutschlands größter Maklerverbund“, heißt es im Internetangebot der Sparkasse Erlangen. Außerdem hätten auch viele Landesbausparkassen Widerrufsbelehrungen in der vom Bundesgerichtshof beurteilten Art verwendet, berichtet Rechtsanwalt Oliver Mogwitz.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.12.2022
Aktenzeichen: I ZR 28/22
Verbraucheranwalt: Rechtsanwalt Oliver Mogwitz, Koblenz
Sparkassen-Immobilien – so erkennen Sie die falsche Widerrufsbelehrung
In der Widerrufsbelehrung, die der Bundesgerichtshof beurteilt hat, hieß es:
„
D. Ihr gesetzliches Widerrufsrecht
...
Den Widerruf richten Sie bitte an:
Sparkasse (...)
oder an die
Sparkassen-Immobilien-Vermittlungs-GmbH (...)
...“
Wenn Sie diese Klausel im Vertrag haben oder sonst zwei mögliche Adressaten für den Widerruf genannt sind, können Sie den Maklervertrag bis ein Jahr und zwei Wochen nach Vertragsschluss widerrufen und müssen dann die Courtage nicht bezahlen oder können Erstattung fordern.
Widerrufsbelehrung ist Pflicht
Schon vor Jahren hatte der Bundesgerichtshof entschieden: Per E-Mail oder Telefon abgeschlossene Maklerverträge können Verbraucher grundsätzlich zwei Wochen lang widerrufen. Denn hier handelt es sich um ein Fernabsatzgeschäft. Diese Zwei-Wochen-Frist beginnt erst, wenn die Verbraucher korrekt über das Widerrufsrecht informiert wurden. Ansonsten ist für den Widerruf ein Jahr und zwei Wochen lang Zeit.
Bundesgerichtshof, Urteile vom 07.07.2016
Aktenzeichen: I ZR 30/15 und I ZR 68/15
Pressemitteilung des Gerichts zu beiden Urteilen
Wann Kunden nicht zahlen müssen
Das sollten Sie vor Widerruf Ihres Maklervertrags beachten:
- Frist. Das Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschäften gilt bei fehlender oder unzureichender Belehrung nicht ewig. Es erlischt von Gesetzes wegen spätestens ein Jahr und zwei Wochen nach Vertragsschluss. Vertragsschluss ist in der Regel an dem Tag, an dem Ihre Annahme des Vertrags beim Makler eingeht.
- Notarvertrag. Der späte Widerruf des Maklervertrags bringt nichts, wenn der notariell beurkundete Kaufvertrag eine Klausel enthält, wonach der Käufer die Verpflichtung zur Bezahlung noch einmal ausdrücklich übernimmt. Dass Makler und Courtage erwähnt sind, reicht aber noch nicht aus.
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- Private Immobilienkäufer müssen seit 23. Dezember 2020 nur noch höchstens die Hälfte der Maklerprovision zahlen – es sei denn, sie haben den Makler selbst beauftragt.
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- Makler sind bequem und praktisch – und sehr teuer. test.de erklärt, wann und wie viel Provision fällig ist und bietet einen Rechner zu Kaufspesen.
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- Wer seine Immobilie selbst, also ohne Makler, verkaufen will und in der Verkaufsanzeige seine Telefonnummer angibt, muss auch mit Anrufen von Maklern rechnen, die sich...
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@Stass: Für alle von Verbrauchern und Verbraucherinnen auf Fernabsatzwegen (Internet, Email, Telefon, Fax) abgeschlossene Verträge gibt es das Widerrufsrecht. Vom Onlinekauf von Kleidung u.a. ist das vielen vertraut.
Dieses Recht gibt es auch beim Anschluss von Dienstleistungsverträgen, selbst wenn die Rechtsfolge des wirksamen Widerrufs (jede Seite gibt zurück, was sie erhalten hat) z.B. beim Onlineabschluss eines Maklervertrages nicht so schön klappt wie beim Kauf von Kleidung.
Über dieses Widerrufsrecht sind Verbraucher und Verbraucherinnen sorgfältig zu informieren. Das ist ein wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Schutzes für Verbraucher und Verbraucherinnen. Die (strengen) Anforderungen des Gesetzes und der Rechtsprechung an die Formulierungen in den Widerrufsbelehrungen sollen die diese davor schützen, dass sie durch falsche oder irreführenden Angaben daran gehindert werden, ihr Widerrufsrecht in Anspruch zu nehmen.
Das einzelne Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Zivilgericht entspricht nicht immer jedermanns Gerechtigkeitsempfinden, das ist wohl wahr, aber die Entscheidung des BGH sorgt (hoffentlich) dazu, dass in Zukunft die Verträge der Makler und Sparkassen deutlich herausstellen, wer die Vertragspartnerin ist und an wen der Widerruf zu richten ist.
Dann widerrufen Sie einen Vertrag mit dem Bäcker oder Metzger, wenn Sie die Brötchen oder Würstchen bereits gegessen haben. Geht nicht, oder?
Warum soll es dann bei Immobilien funktionieren? Denn die gekaufte Immobilie bzw. will der Kläger nicht widerrufen, nur die Provision. Gerecht wäre es dann, wenn er auch die gekaufte Immobilie zurückgeben würde.
Mal wieder ein gutes Beispiel dafür, das richtig und rechtens und legal und legitim zwei vollkommen unterschiedliche Dinge sind. Ich muss Havda hier beipflichten. Der Kläger hat sich in höchstem Maße unmoralisch und hinterfotzig verhalten. Er hat die volle Leistung - die er selbst bestellt hatte - erhalten und drückt sich nun um die Bezahlung. Richter machen kein Recht, sie setzen es durch. Insofern mag dieser Typ juristisch im Recht sein. Das ändert aber nichts an seinem verwerflichen Verhalten. Schuld sind hier aber nicht die Richter sondern die Politiker, die solch lückenhafte Gesetze sich ausdenken. Aber wer erwartet von Politikern ernsthaft etwas anderes? Mit VerbraucherSCHUTZ hat das natürlich alles absolut rein gar nichts zu tun.
Die Verlängerung des Widerrufsrechts bei fehlender oder unzureichender Belehrung soll vor allem dazu dienen, dass Anbieter die Verbraucherschutzregeln einhalten. Wenn Sie es nicht tun, müssen sie mit den Rechtsfolgen leben. Wir halten es für legitim, wenn Verbraucher sich auf zu ihrem Schutz verabschiedete gesetzliche Regeln berufen, auch wenn sie dadurch im Einzelfall besser stehen, als hätte der Anbieter die Regeln eingehalten.
Dann schauen wir uns den genannten Fall doch mal an: Eine Makler inseriert ein Angebot. Ein interessierter Käufer meldet sich freiwillig und aus eigenem Antrieb beim Makler und bittet um Unterlagen. Er sieht sich sie an. Das Objekt sagt ihm zu. Er unterschreibt den Maklervertrag. Über Kosten und Bedingungen wurde er informiert. Man trifft sich, sieht sich das Objekt an, spricht miteinander, wird handelseinig. Notar, Kauf, Abwicklung. Der Makler hat alle Leistungen erbracht, der Kunde alle Leistungen erhalten. Nun möchte der Makler das Geld für seine Dienstleistung. Der Kunde hat keinen Bock zu zahlen und lässt sich verklagen. Vor Gericht fällt ihm ein (ok, dafür sind gute Anwälte nun mal da), dass es da ja noch eine Gesetzeslücke gibt. Der Makler hat nach Beauftragung durch den Kunden eine absolut makellose (kleines Wortspiel) Leistung erbracht und der Kunde drückt sich grinsend um die Bezahlung. Frage: Darf man solche Kunden offiziell als kreisrunden Rektalzugang bezeichnen?