14.03.2022 Nach dem Finanzgericht Köln (siehe unten unter 11.11.2019 ausführlich) meint auch das in Münster: Soweit Kreditnehmer durch die Pflicht der Bank oder Sparkasse, nach erfolgreichem Kreditwiderruf Nutzungen auf die Kreditraten herauszugeben, einen Vorteil haben, ist das als Kapitalertrag steuerpflichtig. Ärgerlicherweise ist immer noch kein Urteil des Bundesfinanzhofs absehbar, obwohl die Revision gegen das Urteil aus Köln bereits im Jahr 2019 eingelegt wurde.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 13.01.2022
Aktenzeichen: 14 K 719/19 (nicht rechtskräftig, der Kreditnehmer hat Revision eingelegt. Aktenzeichen beim BFH: VIII R 5/22)
Klägervertreter: Rechtsanwalt Kay Hübner, Gladbeck
20.05.2021 Rechtsanwältin Carolin Rogoz berichtet: Das Oberlandesgericht Saarbrücken hielt einen Immobilienkreditvertrag der Vereinigte Volksbank eG Saarlouis-Sulzbach/Saar von 2013 für auch Jahre nach Vertragsschluss noch widerruflich, weil die Bank nicht aufgeführt hat, wie viel Zinsen die Kreditnehmer pro Monat zu zahlen haben. Es handelte sich um einen Kreditvertrag, der später mit dem Guthaben aus einem Bausparvertrag zurückgeführt werden sollte. Die Bank nannte zwar den Bausparbeitrag, nicht aber die Zinsen.
Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 22.04.2021
Aktenzeichen: 4 U 27/20
Klägervertreter: Thum & Strauß Rechtsanwälte, Saarbrücken
01.04.2021 Hoffnung für Kreditnehmer, die mit ihrer Kreditwiderrufsklage am Bundesgerichtshof gescheitert sind: Das Bundesverfassungsgericht hat gerade in einem Steuerrechtsfall entschieden, dass Bundesgerichte die Vorlage von Fällen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg nur verweigern dürfen, wenn es sich um klare Fälle handelt. Die Verfassungsrichter hoben ein Urteil des Bundesfinanzhofs auf. Der war, obwohl Zweifel auf der Hand lagen, davon ausgegangen: Es gibt keinen Zweifel daran, dass der umstrittene Steuerbescheid den EU-Vorgaben entspricht.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04.03.2021
Aktenzeichen: 2 BVR 1161/19
Verbraucherrechtskanzleien hoffen jetzt, dass das Bundesverfassungsgericht auch den Bundesgerichtshof (BGH) stoppt. Der lässt Dutzendweise Kläger abblitzen, die sich auf die EuGH-Entscheidung berufen, wonach die in Deutschland üblichen Informationen zum Widerrufsrecht mit Verweis auf komplizierte gesetzliche Regeln („Kaskadenverweis“) europarechtswidrig sind, soweit die Informationen dem ebenfalls europarechtswidrigen gesetzlichen Muster entsprechen. Argument der Bundesrichter: Die deutsche gesetzliche Regelung, wonach unzureichende Vertragsinformationen gleichwohl als korrekt gelten, wenn sie dem gesetzlichen Muster entsprechend, sei eindeutig (siehe unten, 21.04.2020).
Verbraucheranwälte dagegen glauben: Der BGH hätte die Regeln europarechtskonform auslegen müssen. Wie vom BGH angewandt hebeln die deutschen Vorschriften den EU-Schutz für Kreditnehmer in ganz vielen Fällen aus.
Einzelne Verfassungsbeschwerden hat das Bundesverfassungsgericht aus formalen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen. In Karlsruhe liegen aber noch etliche Fälle, die das Gericht nicht gleich bei der formalen Prüfung ausgemustert hat. Mehrere große Verbraucherkanzleien wollen weitere Verfassungsbeschwerden einlegen, wenn ihre Mandanten in vergleichbaren Fällen am XI. Senat scheitern.
25.03.2021 Nach langem und zähen Ringen haben die Sparda-Banken Berlin und München im Streit um den Widerruf von Kreditverträgen doch noch eingelenkt, nachdem sie zunächst trotz der Empfehlung des eigenen Ombudsmanns hart geblieben waren (siehe unten, 29.04.2020). Die Kreditnehmer der Sparda Bank Berlin konnte dadurch einen neuen sehr viel günstigeren Kredit abschließen. Die Münchener Genossenschaftsbank muss 1 900 Euro mit den Kreditraten erwirtschaftete Nutzungen an ihren Kreditkunden herausgeben.
Sparda Bank München eG, Vertrag von Sommer 2009
Landgericht München, (Vergleichs-)Beschluss vom 24.11.2020
Aktenzeichen: 28 O 8172/20
Verbraucheranwältin: Ausgewählt & finanziert von: Bankkontakt AG
Sparda Bank Berlin eG, Vertrag von Juli 2019
Außergerichtlicher Vergleich
Verbraucheranwälte: Ausgewählt & finanziert von: Bankkontakt AG
16.03.2021 Bankkontakt AG-Vorstand Torsten Rentel meldet weitere Erfolge im Streit um den Widerruf von ING-Diba-Krediten: Trotz klar verbraucherunfreundlicher Ansagen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main schloss die Bank mit Bankkontakt-Kunden mit Kreditverträgen aus 2005 und 2008 günstige Vergleiche. Die vom Prozessfinanzierer eingeschalteten Anwälte hatten keinen Zweifel daran gelassen: Es geht zum Bundesgerichtshof, wenn das Oberlandesgericht jeweils wie angekündigt gegen die Bankkontakt-Kunden entscheidet.
Rechtlicher Hintergrund: Es ging jeweils um Verträge, nach denen die Frist für das Widerrufsrecht mit Zugang der von den Kreditnehmern unterschriebenen Vertragsunterlagen bei der Bank beginnt. Das Oberlandesgericht hält es für unproblematisch, dass Kreditnehmer dadurch in der Regel nicht genau wissen, wann die Widerrufsfrist beginnt und endet. Ausdrückliche Ansagen vom Bundesgerichtshof gibt es dazu noch nicht.
Verbraucheranwälte vermuten aber: Das oberste deutsche Zivilgericht würde verlangen, dass Verbraucher ohne weitere Ermittlungen erkennen können, bis wann der Widerruf des Vertrags möglich ist. Schließlich gibt für die Widerrufserklärung selbst: Es ist ausreichend, wenn Verbraucher sie rechtzeitig abschicken. Wann die bei der Bank ankommt, spielt keine Rolle. Dazu passt es nicht, wenn Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist klären müssen, wann ihr Schreiben mit den Vertragsunterlagen bei der Bank angekommen ist.
16.12.2020 Endlich ein Erfolg in dem Streit um den Widerruf von alten ING-Diba-Verträgen: Der 17. Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main will seine Rechtsprechung aufgeben, wonach die ING-Diba AG sich bei den Belehrungen zu Verträgen aus dem Zeitraum auf die korrekte Verwendung des gesetzlichen Musters berufen kann, so dass die Belehrung mit der anerkannt falschen „frühestens“-Formel gleichwohl als richtig gelten. Das berichtet Bankkontakt AG-Vorstand Torsten Rentel.
Das Gericht äußerte in einem Hinweis-Beschluss: Dazu hätte die Bank nach den jüngsten Ansagen des Bundesgerichtshofs zum Thema nicht nur den Mustertext übernehmen, sondern auch die Bearbeitungshinweise dazu beachten müssen. Die Bank sah aber entgegen der amtlichen Hinweise weder eine Unterschrift der Kreditnehmer direkt unter der Widerrufsbelehrung vor noch fügte sie ein „Ende der Widerrufsbelehrung“ oder „Ihre ING-Diba AG“ ein, um die Widerrufsbelehrung vom Rest des Vertrags abzugrenzen.
Wermutstropfen für den Kläger: Das Gericht meint, dass ihm mit Rücksicht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs entgegen der deutschen gesetzlichen Regeln kein Nutzungsersatz zusteht (siehe unten, 04.06.2020).
ING-DiBa AG, Vertrag vom 19.08.2005
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, (Hinweis-)Beschluss vom 07.12.2020
Aktenzeichen: 17 U 54/20
Klägervertreter: ausgewählt & finanziert von: Bankkontakt AG
18.06.2020 Überraschendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Verlängerung von Immobilienkreditverträgen: Es handelt sich um keine Finanzdienstleistung im Fernabsatz. Die so genannten Prolongationen sind nicht selbstständig widerrufbar. So hatte es bereits der Bundesgerichtshof gesehen. Eleanor Sharpston, eine der Generalanwältinnen am EuGH, hatte allerdings empfohlen, sie als selbstständige Dienstleistung zu werten und Verbrauchern damit ein Widerrufsrecht zu gewähren (siehe unten, 01.04.2020). Trotzdem urteilte der EuGH jetzt verbraucherunfreundlich.
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 8. Juni 2020
Aktenzeichen: C-639/18
04.06.2020 Neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Widerruf eines DSL-Kreditvertrags von 2005: Nach Widerruf von per Post oder übers Internet abgeschlossenen Verträgen müssen Banken und Sparkassen Zahlungen der Kreditnehmer nicht verzinsen. Bei solchen Verträgen lohnt der Widerruf nur, wenn Kreditnehmer noch für längere Zeit höhere als aktuell übliche Zinsen zahlen müssen. Ausnahme: Sie haben der Ausführung des Vertrags vor Ablauf des Widerrufsrechts nicht ausdrücklich zugestimmt. Dann müssen sie überhaupt keine Zinsen zahlen und die Bank oder Sparkasse erhält nur die eigentliche Kreditsumme zurück.
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 4. Juni 2020
Aktenzeichen: C-301/18
29.04.2020 Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken verhalten sich im Streit um den Widerruf von Kreditverträgen oft besonders kundenunfreundlich (siehe unten, 03.07.2015, 08.04.2016, 11.04.2016, 14.04.2016, 19.04.2016, 22.06.2016, 02.12.2016 und 12.12.2016). Torsten Rentel vom Prozessfinanzierer Bankkontakt AG berichtet jetzt: Die Sparda-Banken Berlin und München ignorieren sogar Schlichtungsvorschläge des eigenen Ombudsmanns.
Die Berliner Genossenschaftsbank hatte Bankkontakt-Kunden im Juli 2019 einen Kredit über 100 000 Euro zu einem Zinssatz von fast zwei Prozent gewährt. Sie wies in der Information zum Widerrufsrecht nicht darauf hin, dass auch der Kauf eines Geschäftsanteils für 104 Euro rückabzuwickeln ist, wenn die Kunden den Vertrag widerrufen.
Ihre Kollegen in München vergaben bereits im Sommer 2009 100 000 Euro zur Finanzierung einer Immobilie, Zinssatz: 4,37 Prozent effektiv. In ihrer Widerrufsbelehrung hieß es unter anderem: „Die Frist beginnt (...), nachdem Ihnen (...) eine Vertragsurkunde (...) zur Verfügung gestellt wurde.“
Beide Verträge haben nach Ansicht von Verbraucheranwälten eindeutig Fehler, die zur Fortgeltung des Widerrufsrechts führt. Gleichwohl wiesen die Sparda-Banken den Widerruf jeweils zurück. Die Kreditnehmer wandten sich an die Beschwerdestelle der Genossenschaftsbanken. Ombudsmann Gerhard Götz, seines Zeichens bis zur Pensionierung 2016 Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Bamberg, hielt die Beschwerden für begründet und empfahl den Banken, die Forderungen der Kunden zu erfüllen. Doch die akzeptierten die Schlichtungsvorschläge nicht.
Die Sparda-Bank Berlin nahm auch test.de gegenüber nicht Stellung. Sparda-Berlin-Sprecher Dirk Tiele erklärte aber immerhin: „Grundsätzlich arbeiten wir sehr eng und vertrauensvoll mit dem Ombudsmann zusammen.“ Eine Sprecherin der Sparda-Bank München versicherte, dass die Bank den Empfehlungen des Ombudsmanns oft folgt. Im Einzelfall behalte sie sich vor, bei ihrer Rechtsansicht zu bleiben. Im vorliegenden Einzelfall seien die Juristen der Bank im Gegensatz zum Ombudsmann der Auffassung, dass die Forderungen des Kunden nicht berechtigt sind.
Torsten Rentel argwöhnt: Die Weigerung von Sparda-Banken, kundenfreundliche Ombudsmann-Empfehlungen nicht rechtsschutzversicherten Kunden gegenüber umzusetzen, habe System.
27.04.2020 Rechtsanwalt David Stader berichtet: Das Landgericht Düsseldorf hat nach Verkündung des verbraucherfreundlichen Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, s. u. unter 26.03.2020) darauf hingewiesen, dass jedenfalls Ratenkredite ohne Absicherung über das Grundbuch auf Dauer widerrufen werden können, wenn die Bank oder Sparkasse das gesetzliche Muster inhaltlich oder formal nicht korrekt verwendet hat.
Nur wenn alle gesetzlichen Vorgaben korrekt berücksichtigt wurden, gelten die Vertragsinformationen trotz der vom EuGH beanstandeten Information über das Widerrufsrecht als korrekt. Darauf hat das Gericht in einem Rechtsstreit um den Widerruf eines Bank-11-Kredits (am 09.04.2020, Aktenzeichen: 13 O 198/18) hingewiesen.
Die korrekte Verwendung des Musters ist kompliziert. Es dürfte daher zahlreiche Fälle geben, in denen es Banken und Sparkassen nicht gelang, die Mustertexte korrekt zu verwenden, und die Verträge daher auch Jahre nach Vertragsschluss noch widerrufen werden können.
22.04.2020 Später Erfolg für eine ING Diba-Kundin: Die Bank hat den 2016 erklärten Widerruf eines 316 000 Euro-Kredits von Oktober 2005 anerkannt, obwohl sowohl das Land- als auch das Oberlandesgericht Frankfurt die Widerrufsbelehrung als korrekt beurteilt hatten. Das berichtet Torsten Rentel von der Bankkontakt AG. Das Unternehmen finanzierte den Rechtsstreit.
Nach Erhebung der Beschwerde gegen die Nicht-Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof knickte die Bank ein und erkannte die Rechte der Kundin an. Umstritten war vor allem, ob die Bank das gesetzliche Muster korrekt verwendet hatte, obwohl es dort „Sie“ hieß, wo die Bank „ich/wir“ formuliert hatte.
21.04.2020 Inzwischen ist offensichtlich: Der fürs Bankrecht zuständige XI. Senat am Bundesgerichtshof (BGH) hat das verbraucherfreundliche Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, s. u. 26.03.2020) erwartet und hat ein anhängiges Verfahren genutzt, um sofort nach Verkündung zu erklären, warum es viele deutsche Verträge seiner Meinung nach gar nicht betrifft (s. u., 20.04.2020). Die Richter im Bankensenat setzen sich damit dem Verdacht aus, das EU-Verbraucherrecht bewusst zu hintertreiben.
Rechtsanwalt Torben Schultz aus der Kölner Kanzlei Kraus Ghendler Ruvinskij hatte den Kläger in dem vom Bundesgerichtshof verbraucherunfreundlich entschiedenen Rechtsstreit um einen BMW-Autokreditvertrag vertreten. Er berichtet: Die vom EuGH entschiedenen Fragen waren im BGH-Fall gar nicht Thema. Noch dazu habe der BGH den Beschluss nur drei Werktage nach Verkündung des EuGH-Urteils gefällt.
O-Ton Schultz: „Wir haben in diesem Verfahren die so genannte „Kaskadenverweisung“, die beim EuGH Thema war, gar nicht gerügt. Es handelt sich also bei den Ausführungen des BGH zur Rechtsprechung des EuGH um ein reines „obiter dictum“ (Anm. der Red.: „nebenbei Gesagtes“, Fachausdruck für Passagen in höchstrichterlichen Entscheidungen, die über das Erforderliche hinausgehen und auf denen die Entscheidung nicht beruht).
Der BGH hat sich also zu keiner Zeit qualifiziert mit den Argumenten auseinandergesetzt, die für eine unionsrechtskonforme Auslegung der deutschen Regelungen zum Verbraucherkredit sprechen. Sonst nämlich hätte er erklären müssen, warum es nicht möglich sein soll, das Muster mit Gesetzesrang aus Sicht des Verwenders in einer Art zu lesen, die es dem Verwender im Lichte des Unionsrechts aufgibt, die lediglich beispielhaft vom Gesetzgeber in der Klammer ausgewiesen drei Pflichtangaben bei Übernahme vollständig zu ergänzen.
So hat es etwa das Landgericht Ravensburg mit Urteil vom 19.11.2015, Aktenzeichen: 2 O 223/15 bei Immobiliendarlehen gesehen. Eine erste Anleitung zu eben einer solchen Lesart hat aus unserer Sicht außerdem bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26.09.2011, Aktenzeichen: 2 BvR 2216/06 vorgegeben.“
Der Rechtsanwalt kündigte an, in Rechtsstreitigkeiten der Kanzlei künftig Verfassungsbeschwerde gegen verbraucherunfreundliche BGH-Entscheidungen zum Kaskadenverweis einzulegen. Gegen den aktuellen verbraucherunfreundlichen Beschluss des BGH werde die Kanzlei wegen der Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter ebenfalls das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Beim EuGH laufen bereits Verfahren, in denen es wie im BGH-Fall darum geht, wie die EU-Regelungen zur Pflicht, Kreditkunden zu informieren, genau zu verstehen sind. Der Bundesgerichtshof war deshalb nach Ansicht der Kölner Rechtsanwaltskanzlei verpflichtet, den Fall ebenfalls in Luxemburg vorzulegen. Der EuGH hat sich bereits wiederholt – entgegen der Ansicht des BGH – für zuständig gehalten, zum Beispiel auch im Urteil vom 11.09.2019, Aktenzeichen: C-143/18. Das dürfen die deutschen Richter nach Ansicht des Anwalts nicht übergehen.
20.04.2020 Rechtsanwältin Carolin Rogoz berichtet: Sehr zum Ärger von Verbraucheranwälten hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) inzwischen endgültig festgelegt: Immobilienkredite sind trotz der nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unzureichenden Information über das Widerrufsrecht nicht weiter widerruflich. Maßstab sei allein das nationale Recht in der Auslegung durch die nationalen Gerichte, allen voran der BGH selbst.
Rechtsanwältin Carolin Rogoz sieht darin einen offenen Widerspruch zu den Ansagen des EuGH. In dessen Urteil heißt es wörtlich: „Der Gerichtshof hat wiederholt seine Zuständigkeit für die Entscheidung über Vorabentscheidungsersuchen bejaht, die Unionsvorschriften in Fällen betrafen, in denen (...) Unionsvorschriften aufgrund eines Verweises (...) auf ihren Inhalt galten (...). Dabei hat er namentlich betont, dass (...) ein klares Interesse der Union daran besteht, dass die aus diesem Unionsrechtsakt übernommenen Bestimmungen einheitlich ausgelegt werden.“
Inzwischen ist auch ein Beschluss bekannt, nachdem der fürs Bankrecht zuständige XI. Senat des BGH auch die Informationen zum Widerrufsrecht zu Verbraucherkreditverträgen ohne Grundbuchabsicherung jedenfalls dann als korrekt gelten lässt, wenn die Bank oder Sparkasse das gesetzliche Muster verwendet hat. Dabei sahen die Bundesrichter auch noch großzügig darüber hinweg, dass es für die umstrittenen Darlehensverträge gar keine Hinweise zur Verwendung des Musters gab und an weiteren Punkten Abweichungen nahe lagen.
Dabei hatten sie die gleiche Belehrung schon anders beurteilt hatten, schimpft Rechtsanwalt Sebastian Koch. Zu allem Überfluss habe der Bankensenat des BGH wegen angeblich fehlender grundsätzlicher Bedeutung per Beschluss entschieden und den Parteien nicht einmal die Möglichkeit gegeben, sich nach Verkündung des einschlägigen EuGH-Urteils zu dessen Bedeutung für den Fall zu äußern. Er hofft, dass die betroffenen Verbraucher Verfassungsbeschwerde wegen des Verstoßes gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter und wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs einlegen.
Abzuwarten bleibt, ob die EU wegen des europafeindlichen Kurses des BGH ein Vertragsverletzungsverfahren einleitet. Unabhängig davon hält test.de es für wahrscheinlich, dass ein Instanzgericht erneut einen geeigneten Fall erneut direkt in Luxemburg vorlegt und diesem so die Möglichkeit gibt, die Rechtsprechung des BGH ein weiteres Mal zu korrigieren.
15.04.2020 Rechtsanwältin Carolin Rogoz berichtet: Das Oberlandesgericht Düsseldorf hält Belehrungen mit dem Kaskadenverweis trotz des verbraucherfreundlichen Urteils des Europäischen Gerichtshof, wonach der Text eindeutig unzureichend ist (siehe unten, 26.03.2020), für korrekt und zwar offenbar sogar dann, wenn Bank oder Sparkasse nicht das gesetzliche Muster verwendet haben. Das Gericht argumentiert: Der Gesetzgeber sei eindeutig davon ausgegangen, dass die Information mit Nennung von Beispielen und dem Verweis auf die gesetzlichen Regelungen ausreichend sei. Eine einschränkende Auslegung der deutschen Regelungen mit Rücksicht auf die EU-Verbraucherkreditrichtlinie komme damit nicht in Frage.
Jedenfalls für Widerrufsinformationen, die nicht vollständig dem gesetzlichen Muster entsprechen, haben einzelne Land- und Oberlandesgerichte bereits erkennen lassen, dass sie nach den Ansagen der EU-Richter in Luxemburg anders als bisher ein fortbestehendes Widerrufsrecht sehen. Weitere Einzelheiten auf der Homepage von Stenz & Rogoz Rechtsanwälte.
01.04.2020 Rechtsanwälte Sebastian Koch und Bernd Paschek warnen nach dem verbraucherfreundlichen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (siehe unten, 26.04.2020) vor übertriebenen Erwartungen beim Widerruf von Immobilienkreditverträgen. Sie meinen: Der für Bankrecht zuständige XI. Senat am Bundesgerichtshof wird jedenfalls bei Verträgen, bei denen die Bank oder Sparkasse das gesetzliche Muster für die Information von Verbrauchern über das Widerrufsrecht korrekt verwendet hat, davon ausgehen, dass die Belehrung korrekt war.
Das ist zwar nach den Ansagen des Europäischen Gerichtshofs ein eindeutiger Verstoß gegen die EU-Richtlinien, gilt aber trotzdem, wenn sich die nationale gesetzliche Regelung nicht anders auslegen lässt, sondern die EU-widrige Regelung eindeutig ist. Darüber hinaus meinen die Richter im XI. Senat offenbar mehrheitlich, dass die EU-Richtlinie über Verbraucherkredite gar nicht auf Immobilienkredite anwendbar ist.
Rechtlicher Hintergrund: Pflicht ist für alle nationalen Gerichte in Europa, die Gesetze der Mitgliedsstaaten soweit wie möglich entsprechend der Vorgaben in den EU-Richtlinien auszulegen. Wo das nicht möglich ist, bleibt es bei der nationalen gesetzlichen Regelung.
Wo genau die Grenze zwischen Auslegung und gesetzeswidriger Rechtsfortbildung verläuft, ist schwer zu ermitteln. So sprach sich der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Senat des Bundesgerichtshofs für eine sehr weitgehende Fortbildung des nationalen Rechts anhand von EU-Vorgaben aus. Er urteilte dementsprechend: Die richtlinienwidrige deutsche Beschränkung des Rechts zum Widerspruch gegen Versicherungsverträge auf ein Jahr ist nicht weiter anzuwenden (Urteil vom 07.05.2014, Aktenzeichen: IV ZR 76/11).
Bleibt der XI. Senat des Bundesgerichtshofs bei seiner aktuell verbraucher- und europarechtsunfreundlichen Rechtsprechung, wird sich der Europäische Gerichtshof über kurz oder lang wahrscheinlich erneut mit dem deutschen Verbraucherkreditrecht befassen müssen. Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof unzufriedene Land- und Oberlandesrichter haben Ihre Fälle zuletzt immer häufiger am Bundesgerichtshof vorbei direkt in Luxemburg vorgelegt. Gleichzeitig äußern Verbraucheranwälte wie Dr. Christof Lehnen heftige Kritik an der Rechtsprechung des XI. Senats.
Zusätzlicher Hinweis von Rechtsanwalt Bernd Paschek: Wenn Kreditnehmer den Widerruf ihres Kreditvertrags entgegen der Vorgaben in den EU-Richtlinien nicht durchsetzen können, haben sie unter Umständen Anspruch auf Schadenersatz vom Staat. Der ist ausdrücklich für den Fall vorgesehen, dass Mitgliedsstaaten EU-Richtlinien nicht oder falsch umsetzen.
Für Kreditnehmer, die mit ihrer Bank oder Sparkasse inzwischen nach Ablauf der Zinsbindung einen neuen Zinssatz vereinbart haben, sind die Einschränkungen wahrscheinlich ohnehin bald kein Thema mehr. EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston empfiehlt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bei diesen so genannten „Prolongationen“ – entgegen der ständigen Rechtssprechung des Bankenrechtssenats des Bundesgerichtshofs – ein Widerrufsrecht anzuerkennen, sofern die Vertragsverlängerung nicht ausnahmsweise persönlich in der Bank- oder Sparkassenfiliale vereinbart haben. Experten erwarten: Der Europäische Gerichtshof wird der Empfehlung der Generalanwältin so wie in der Regel folgen.
26.03.2020 Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärt Millionen von Widerrufsinformationen mit dem berüchtigten „Kaskadenverweis“ für unzureichend. Es ging um die Informationen zu einem 2012 geschlossenen Vertrag der Kreissparkasse Saarlouis. Dort hieß es wie in Millionen weiterer Verträge: „Die Frist beginnt nach Vertragsschluss, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, (...) zum Nettodarlehensbetrag, (...) zur Vertragslaufzeit (...) erhalten hat“. Der EuGH urteilt: Das ist nicht wie in der EU-Richtlinie vorgeschrieben klar und prägnant. Die Folge: Alle Verträge mit dieser Formulierung in der Information über das Widerrufsrecht sind zumindest bis zur vollständigen Tilgung des Kredits widerruflich.
Auch die vom Bundesjustizministerium entwickelte Musterwiderrufsinformation ist betroffen. Sie ist wegen des Verstoßes gegen die EU-Richtlinie genau so fehlerhaft und gilt deswegen entgegen der gesetzlichen Regelung in Deutschland auch nicht als richtig. Eine besondere Schlappe ist das EuGH-Urteil für den für Bankrecht zuständigen XI. Senat des Bundesgerichtshofs. Der urteilte in ständiger Rechtsprechung: Die Formulierung ist ausreichend.
Triumph für Rechtsanwalt Dr. Timo Gansel: Er hatte von Anfang die Auffassung vertreten, dass der Kaskadenverweis nicht geeignet ist, Verbraucher korrekt über ihre Rechte zu informieren. Bei Fortbildungsveranstaltungen hatte er vorgeführt, wie viele verschiedene gesetzliche Regelungen Verbraucher lesen und richtig verstehen müssen, um zu wissen, was für ihren Vertrag genau gilt.
Genau so urteilte jetzt der EuGH: Verbraucher müssen aus dem Vertrag selbst erkennen können, dass sie ein Widerrufsrecht haben und bis wann sie es ausüben dürfen. Das ermögliche der Kaskadenverweis nicht.
Landgericht Saarbrücken, Beschluss vom 17.01.2019
Aktenzeichen: 1 O 164/18
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 26.03.2020
Aktenzeichen: C-66/19
Verbrauchervertreter: Gansel Rechtsanwälte, Berlin
11.11.2019 Das Finanzgericht Köln hat entschieden: Im Rahmen eines Kreditwiderrufs angefallener Nutzungsersatz ist auch dann kapitalertragssteuerpflichtig, wenn Kreditnehmer und Bank einen Vergleich abgeschlossen haben. Der und nicht das Recht des Kreditnehmers auf Herausgabe von Nutzungen ist zwar der eigentliche Rechtsgrund für etwaige Zahlungen an den Kreditnehmer. Die gesetzliche Pflicht der Bank, Nutzungen an den Kreditnehmer herauszugeben, ist aber Grundlage des Vergleichs und können deshalb im Rahmen des Vergleich vereinbarte Zahlungen sich ganz oder teilweise als steuerbarer Kapitalertrag darstellen.
Selbst Nutzungsersatz, der mit Forderungen der Bank auf Rückzahlung des Kredits und Zinszahlungen verrechnet wird, erscheint nach Auffassung der Finanzrichter in Köln als Kapitalertrag und sind insbesondere an die Bank zu zahlende Zinsen nicht gegenzurechnen. Soweit ein Vergleich keinen weiteren Anhaltspunkt bietet, ist nach Ansicht der Richter in Köln zu ermitteln, inwieweit Ansprüche der Kläger auf Nutzungsersatz parallel zu den übrigen Forderungen verringert worden sind und ist dieser verringerte Betrag als Kapitalertrag mit 25 Prozent zu besteuern.
Danach haben zahlreiche Kreditnehmer, die ihren Vertrag widerrufen haben, etliche Tausend Euro Kapitalertragssteuer zu zahlen. Der Nutzungsersatz ist oft der entscheidende Grund dafür, dass Kreditkunden nach Widerruf des Kredits sehr viel billiger davonkommen als bei planmäßiger Rückzahlung des Kredits.
Rechtsanwalt Kay Hübner, Fachanwalt sowohl für Bank- als auch für Steuerrecht, hält das Urteil nicht für richtig. Seiner Ansicht nach sind entsprechend eines älteren Urteils des Bundesfinanzhofs die auch nach Widerruf an die Bank zu zahlenden Zinsen mit dem Nutzungsersatz zu verrechnen, so dass in der Regel keine Kapitalertragssteuer zu zahlen ist. Er hat gegen das Urteil die vom Finanzgericht Köln zugelassene Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt. Soweit Kreditnehmer vom Finanzamt zur Zahlung von Kapitalertragssteuer herangezogen werden, empfiehlt er Einspruch einzulegen und ausdrücklich auf das Verfahren beim Bundesfinanzhof (Az. VIII R 30/19) hinzuweisen.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 14.08.2019 (nicht rechtskräftig)
Aktenzeichen: 14 K 719/19
Klägervertreter: Rechtsanwalt Kay Hübner, Gladbeck
Besonderheit: Der Kläger hat Revision eingelegt. Sie ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen: VIII R 30/19 anhängig.
23.09.2019 „OLG Köln macht den Weg frei“, titelt Wallstreet Online in Anlehnung an die alte Banken-Fernsehwerbung für Kredite. Tatsächlich: Das Urteil der rheinischen Oberlandesrichter hat das Potenzial, zahlreichen Kreditnehmern zur Flucht aus teuren alten DSL-Kreditverträgen zu verhelfen. In offenbar so ziemlich allen zwischen November 2002 und Juni 2010 geschlossenen Verträgen fehlten hervorgehobene und deutliche Informationen zum Kündigungsrecht, wie es bei den bei der DSL-Bank üblichen über Internet, Telefon und Post abgeschlossenen Verträgen Pflicht war. Das wegen der mangelhaften Informationen fortbestehende Fernabsatz-Widerrufsrecht ist anders als das Verbraucherkredits-Widerrufsrecht auch noch nicht erloschen, so dass Kreditnehmer ihren Vertrag auch heute noch widerrufen können.
DSL Bank, Niederlassung der DB Privat- und Firmenkundenbank AG, Vertrag vom 02.10.2007
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 17.09.2019 (nicht rechtskräftig)
Aktenzeichen: I-4 U 109/18
Klägervertreter: Hahn Rechtsanwälte, Bremen/Hamburg/Stuttgart
29.07.2019 Die Interessengemeinschaft Widerruf berichtet: Der Bundesgerichtshof hat eine Widerrufsinformation der Sparda Bank Berlin eG von Anfang 2012 als fehlerhaft beurteilt. In den Unterlagen der Bank hieß es: „Die Frist (...) beginnt (...) erst, nachdem der Darlehensgeber seine Pflichten aus § 312g Absatz 1 Satz 1 BGB (...) erfüllt hat.“ Das gilt jedoch nur für rein elektronisch abgewickelte Geschäfte wie einen Einkauf in einem Online-Shop. So bald wie bei Immobilienkrediten eine Vertragsurkunde zu unterschreiben ist, gilt die Regelung nicht. Dabei hatte das Kammergericht in Berlin nicht einmal die Revision zugelassen.
Das holte der BGH auf die Beschwerde der Kläger hin nach. Das Gericht habe ihr Grundrecht auf ein faires Verfahren verletzt. Das Kammergericht muss den Fall jetzt neu aufrollen. Mehr zum Fall im Bericht auf der Homepage der IG Widerruf. Die vom BGH beanstandete Formulierung findet sich laut IG Widerruf in den Vertragsunterlagen verschiedener Volks-, Raiffeisen-, Sparda- und PSD-Banken. Der 24. Senat des Kammergerichts in Berlin war wiederholt mit zweifelhaft begründeten Klagabweisungen zu Verträgen mit Widerrufsbelehrungen aufgefallen, die viele andere Gerichte als fehlerhaft beurteilt hatten. Nicht mal die Revision ließ der Senat in den test.de bekannten Fällen zu.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.06.2019
Aktenzeichen: XI ZR 331/17
06.06.2019 Heftiger Streit innerhalb des Bundesgerichtshofs (BGH): Der XI. Senat wirft dem III. Senat in aller Öffentlichkeit indirekt Rechtsbeugung vor.
Der III. Senat hatte im November 2018 geurteilt: Wenn ein Geldanlageanbieter über ein tatsächlich nicht bestehendes gesetzliches Widerrufsrecht belehrt, ist das als Angebot zu werten, ein vertragliches Widerrufsrecht zu begründen. Der Verbraucher kann daher den Vertrag auch dann wie in der Belehrung zum Vertrag beschrieben widerrufen, wenn er von Gesetzes wegen gar kein Widerrufsrecht hat.
Der XI. Senat erteilt dem jetzt eine Abfuhr: „Eine Verallgemeinerung dieser Entscheidung kommt nicht in Betracht“, schreiben Senatsvorsitzender Jürgen Ellenberger und vier weitere Richter in die Begründung der Abweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde. Die Rechtsansicht des III. Senats sei „...ersichtlich den besonderen Umständen des Einzelfalls geschuldet“, formuliert der vor allem für das Bankrecht zuständige Senat wörtlich. Die Schadenersatzansprüche des Anlegers wären sonst um einen Tag verjährt gewesen. Mit anderen Worten: Laut XI. Senat haben die Kollegen im III. Senat die gesetzlichen Vorschriften so ausgelegt, dass sie das im Einzelfall gewünschte Ergebnis erhalten. Das ist der Sache nach Rechtsbeugung.
Außerdem hätten die Kollegen zuvor beim XI. Senat nachfragen müssen, monieren die Richter im XI. Senat. Bundesgerichtshof-Senate dürfen von der Rechtsprechung der anderen Senate nicht einfach abweichen. Der XI. Senat habe aber immer schon die Auffassung vertreten, dass eine irrtümliche Belehrung über ein tatsächlich nicht bestehendes gesetzliches Widerrufsrecht nicht zur Begründung eines vertraglichen Widerrufsrechts führt. Allerdings: In der als Beleg genannten Entscheidungen äußert sich der XI. Senat aus Sicht von test.de nicht wirklich eindeutig. Der III. Senat hatte ausdrücklich erklärt : Sein Fall liege anders als der, zu dem der XI. Senat seinerzeit grundsätzlich geurteilt hatte.
Rechtsanwalt Tobias Pielsticker und seine Kollegen im Verein Anlegerschultzanwälte e. V. sehen den XI. Senat auf dem falschen Dampfer: „Die völlig überraschende Rechtsprechung des XI. Zivilsenats ist weder mit den rechtlichen Grundlagen noch mit dem gesunden Menschenverstand in Einklang zu bringen“, schimpfen die Anwälte in einer Presseerklärung. Wenn sich die Rechtsauffassung des XI. Senats durchsetzt, kann kein Verbraucher mehr sicher sein, ob er wirklich ein Widerrufsrecht hat, selbst wenn der Anbieter ihm das in den Vertragsinformationen so ausdrücklich erklärt.
Noch dazu brüskiere der XI. Senat die Kollegen im III. Senat, schreiben die Anwälte. In der aktuellen Entscheidung des XI. Senats komme es auf den Streit um das Widerrufsrecht bei irrtümlich erteilten Widerrufsbelehrungen gar nicht an. Der XI Senat habe offensichtlich nur einen Vorwand gesucht, sich zur missliebigen Entscheidung der Kollegen im III. Senat zu äußern.
test.de gab dem Bundesgerichtshof Gelegenheit zur Stellungnahme zur Kritik der Anwälte und fragte nach, inwieweit die Senate dazu verpflichtet sind, beim jeweils anderen nachzufragen und im Zweifel den großen Senat einzuschalten. „Als Pressesprecherin obliegt es mir nicht, eine rechtliche Bewertung der Entscheidung des XI. Zivilsenats (...) oder eine rechtliche Einschätzung hinsichtlich etwaiger künftiger Entscheidungen des III. Zivilsenats vorzunehmen“, antwortete BGH-Sprecherin Dietlind Weinland.
Die umstrittene Entscheidung des XI. Senat:
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. März 2019
Aktenzeichen: XI ZR 372/18
Die angegriffene Entscheidung des III. Senat:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.11.2018
Aktenzeichen: III ZR 628/16
Das Grundsatzurteil, auf das der XI. Senat sich beruft:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2011
Aktenzeichen: XI ZR 401/10
03.06.2019 Das Hessische Finanzgericht teilt mit: Das Urteil zur Kapitalertragssteuerpflicht der Nutzungen im Rahmen des Kreditwiderrufs (s. u. 11.04.2019) ist inzwischen rechtskräftig.
Finanzgericht Hessen, Urteil vom 06.11.2018
Aktenzeichen: 12 K 1328/17 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Noch unbekannt, bitte melden.
09.05.2019 Rechtsanwalt Andreas Mayer von Mayer & Mayer Rechtsanwälte in Freiburg berichtet: Die BBBank eG hat sich im Streit um zwei Immobilienkredite aus den Jahren 2010 bis 2014 vor den Landgerichten Freiburg und Karlsruhe auf kreditnehmerfreundliche Vergleiche eingelassen, nachdem die Richter jeweils darauf hingewiesen hatten: Bei Immobilienkrediten sind Angaben zu Zusatzleistungen wie Gebäudeversicherungen Pflicht. Die fehlten jeweils. „Die BBBank eG sieht sich jetzt womöglich einer Vielzahl von Rückabwicklungen bei bisher als vermeintlich unangreifbar geglaubten Widerrufsinformationen ausgesetzt“, kommentiert Rechtsanwalt Andreas Mayer die beiden Fälle. Betroffen seien auch vom 11.06.2010 an abgeschlossene Verträge anderer Genossenschaftsbanken. Weitere Einzelheiten auf der Homepage der Kanzlei.Andreas Mayer von Mayer & Mayer Rechtsanwälte in Freiburg berichtet: Die BBBank eG hat sich im Streit um zwei Immobilienkredite aus den Jahren 2010 bis 2014 vor den Landgerichten Freiburg und Karlsruhe auf kreditnehmerfreundliche Vergleiche eingelassen, nachdem die Richter jeweils darauf hingewiesen hatten: Bei Immobilienkrediten sind Angaben zu Zusatzleistungen wie Gebäudeversicherungen Pflicht. Die fehlten jeweils. „Die BBBank eG sieht sich jetzt womöglich einer Vielzahl von Rückabwicklungen bei bisher als vermeintlich unangreifbar geglaubten Widerrufsinformationen ausgesetzt“, kommentiert Rechtsanwalt Andreas Mayer die beiden Fälle. Betroffen seien auch vom 11.06.2010 an abgeschlossene Verträge anderer Genossenschaftsbanken. Weitere Einzelheiten auf der Homepage der Kanzlei.
29.04.2019 Rechtsanwältin Carolin Rogoz berichtet: Das Landgericht Amberg hält per Post oder über Internet abgewickelte Vereinbarungen zur Anpassung der Zinsen bei Auslaufen der Zinsbindung für widerruflich, wenn sie mit einer anderen als der ursprünglichen Kreditbank geschlossen wird. Es ging um die Fortführung eines seinerzeit mit der Hypothekenbank in Essen AG abgeschlossenen Immobilienkredit. Sie war ein Tochterunternehmen der Commerzbank AG. Später übernahm die Hypothekenbank Frankfurt AG die Verträge. Schließlich wurde die Commerzbank AG selbst Rechtsnachfolgerin der beiden Unternehmen. In einer solchen Konstellation stelle die Prolongation anders als sonst eine selbstständige Finanzdienstleistung dar. Sofern im Fernabsatz geschehen, ist sie deshalb widerruflich. Wenn sich die Rechtsansicht durchsetzt, sind zahlreiche Prolongationen von Krediten der beiden früheren Commerzbank-Töchter auf Dauer widerruflich. Einzelheiten zum Urteil und zur Rechtslage auf der Homepage der Rechtsanwälte. Auch bei zahlreichen weiteren Kreditverträgen anderer Finanzierer wie etwa der SEB wechselte der Kreditgeber zwischen Kreditvergabe und Auslaufen der Zinsbindung.
Hypothekenbank Frankfurt AG (heute: Commerzbank AG), vermittelt von der Commerzbank, Vereinbarung zur KondKanzlei Kanzlei Stenz & Rogoz, Hersbruckericht Amberg, Urteil vom 18.04.2019
Aktenzeichen: 24 O 1177/16 (nicht rechtkräftig)
Klägervertreter: Kanzlei Kanzlei Stenz & Rogoz, Hersbruck
29.04.2019 Rechtsanwalt Kay Hübner, sowohl Fachanwalt für Bank- als auch Steuerrecht, kommentiert das erste Urteil zur Steuerpflicht des Nutzungsersatz beim Kreditwiderruf (s. u. 11.04.2019): Aus seiner Sicht fehle es an einer Gewinnerzielungsabsicht und scheide die Steuerpflicht deshalb aus. Es komme daher nicht darauf an, ob der Kreditnehmer am Ende noch Geld zurückerhält oder der Anspruch auf Nutzungsersatz mit Forderungen der Bank verrechnet wird. Er hofft, dass der Fall zum Bundesfinanzhof geht und dieser ihn zugunsten der Kreditnehmer entscheidet.
11.04.2019 Hinweis von unserem Leser Highway69: Das Finanzgericht Hessen hat über die Steuerpflicht des nach Kreditwiderruf von Banken und Sparkassen an Kunden zu zahlenden Nutzungsersatzes entschieden. Danach ist auch dann Kapitalertragssteuer fällig, wenn der Kreditnehmer unter dem Strich gar kein Geld erhält, sondern er nur weniger zurückzahlen muss als bei planmäßiger Rückzahlung des Kredits. Urteile des Bundesfinanzhofs, wo die Richter jeweils anerkannten, dass vom Empfänger der Nutzungen seinerseits zu zahlende Zinsen gegenzurechnen sind, hielt das Gericht nicht für einschlägig. Es ließ nicht einmal die Revision zu. Dagegen kann der Kläger noch eine so genannte Nicht-Zulassungsbeschwerde einlegen. Die Frist ist noch nicht abgelaufen. Das Urteil wurde zwar bereits im vergangenen November verkündet. Die Rechtsmittelfrist begann aber erst nach Zustellung der vollständigen Begründung des Urteils vor einigen Tagen.
Finanzgericht Hessen, Urteil vom 06.11.2018
Aktenzeichen: 12 K 1328/17 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Noch unbekannt, bitte melden.
01.04.2019 Rechtsanwalt Christian Rugen von Hahn Rechtsanwälte in Hamburg berichtet: Soweit bekannt erstmals überhaupt hat ein Gericht einen Widerruf auch Jahre nach Vertragsschluss noch für zulässig gehalten, weil der Effektivzinssatz nicht stimmte. Die Sparkasse Leverkusen hatte für einen im Juli 2011 abgeschlossenen Vertrag einen Effektivzins von 3,70 Prozent angegeben. Tatsächlich lag er jedoch bei 3,77 Prozent. Einzelheiten zum Fall auf der Homepage der Rechtsanwälte.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 26.03.2019 (nicht rechtskräftig)
Aktenzeichen: 4 U 102/18
Klägervertreter: Hahn Rechtsanwälte, Hamburg
18.03.2019 Rechtsanwältin Caroline Rogoz aus Hersbruck im Nürnberger Land berichtet: Das Oberlandesgericht Nürnberg sieht auch bei einem nach über zehn Jahren widerrufenen Kredit, bei dem Bank und Verbraucher zuvor mehrfach Anpassungen der Zinsen vereinbart hatten, keine Verwirkung des Widerrufsrechts. Wörtlich schreibt das Gericht an die Parteien: „Die Nachbelehrung war der Beklagten auch nach Abschluss der Anschlusszinsvereinbarungen möglich und zumutbar. (...) Nach Überzeugung des Senats reicht (...) der (...) Zeitraum von über zehn Jahren und die mehrfachen Zinsvereinbarungen nicht aus, um ein schützenswertes Vertrauen der Beklagten zu begründen.“ Das Gericht will die Berufung gegen ein verbraucherfreundliches Kreditwiderrufsurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth zurückweisen.
Oberlandesgericht Nürnberg, (Hinweis-)Beschluss vom 13.03.2019
Aktenzeichen: 14 U 2339/17
Verbrauchervertreter: Rechtsanwälte Stenz & Rogoz, Hersbruck
18.03.2019 Rechtsanwalt Sebastian Koch aus Bad Nauheim weist darauf hin: Die Regelung, wonach eine Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen ist, wenn im Vertrag die Informationen zur Laufzeit, zum Kündigungsrecht des Kunden oder zur Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind, gilt für von 11. Juni 2010 bis und 20. Juni 2016 geschlossene Immobilienkreditverträge nicht. Die Regelung war nur für nicht übers Grundbuch abgesicherte Verbraucherkredite anwendbar. Wir haben unseren Kurzbericht vom 04.03.2019 entsprechend ergänzt.
11.03.2019 Richard Lindner, der als am Bundesgerichtshof (BGH) zugelassener Rechtsanwalt oft Verbraucher vertritt, hält für möglich: Trotz der jüngsten Ansagen des BGH zur Verzinsung der bei Widerruf noch offenen Restschuld (s. u., 06.03.2019) müssen Verbraucher vielleicht doch nicht immer auch nach dem Widerruf noch weiter den ursprünglich vereinbarten Zinssatz zahlen. Bei der vom BGH geforderten Rückabwicklung nach Rücktrittsregeln stehe Kreditnehmern das Recht zu, einen geringeren Gebrauchswert nachzuweisen. Sie könnten dann ab Zugang des Widerrufs bei der Bank oder Sparkasse nur die Zinsen zu zahlen haben, die fällig gewesen wären, wenn sie zum Zeitpunkt des Widerrufs einen neuen Kredit über die noch offene Restschuld abgeschlossen hätten. Wer das Geld hatte, die Restschuld sofort auszugleichen, hat gar keinen Gebrauchsvorteil mehr, den er der Bank oder Sparkasse ausgleichen müsste. Er muss dann allerdings herausgeben, was er selbst an Zinsen für das Geld erhalten hat, das er zum Ausgleich der Restschuld hätte einsetzen müssen. Lindner geht davon aus: Der BGH wird sich in den nächsten Monaten dazu äußern.
06.03.2019 Verbraucherunfreundliche Ansage vom Bundesgerichtshof in einem heute veröffentlichen Beschluss: Kreditnehmer müssen auch über den Zugang der Widerrufserklärung hinaus Nutzungen nach den Regelungen über den Kreditwiderruf und nicht nach Bereicherungsrecht herausgeben. test.de und die Juristen im Finanz-Forum zum Kreditwiderruf denken: Verbraucher müssen danach auf die Restschuld auch über den Widerruf hinaus den ursprünglich vereinbarten Zinssatz zahlen. Die Folge: Bei Krediten mit noch hoher Restschuld ist das Widerrufsrecht viele Tausend Euro weniger wertvoll, als Verbraucherschützer und -anwälte es für richtig halten. Allerdings: Die fortlaufende Verzinsung lässt sich stoppen oder jedenfalls verringern, indem die sofortige Rückzahlung des Kredits korrekt angeboten und alle Möglichkeiten zur Aufrechnung ausgeschöpft werden. Betroffene Kreditnehmer sollten unbedingt sofort einen im Kreditwiderruf erfahrenen Anwalt einschalten, wenn die Bank oder Sparkasse den Widerruf nicht akzeptiert.
04.03.2019 Rechtsanwalt Tilmann Schellhas aus Nürnberg berichtet: Das Amtsgericht Nürnberg hat in einer von ihm für Verbraucher gegen die Sparda Bank Nürnberg eG erhobenen Klage wegen des Widerrufs eines Darlehensvertrages aus März 2014 ein Anerkenntnisurteil erlassen. Die Sparda Bank Nürnberg eG hatte es in ihrer Widerrufsinformation versäumt, darüber zu belehren, wann überhaupt die Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Die Bank verwendete den gesetzlichen Mustertext für die Widerrufsbelehrung. Der Satz „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (…) erhalten hat“, fehlte allerdings gänzlich. Die Bank sah deshalb offenbar keine Möglichkeit, sich mit Aussicht auf Erfolg gegen die Klage zu verteidigen und erkannte sie vollumfänglich an. Sie verwendete ein Formular vom DG-Verlag der Genossenschaftsbanken. Vermutlich haben es bundesweit zahlreiche Genossenschaftsbanken verwendet. Kunden von Genossenschaftsbanken mit einem solchen Vertrag haben jetzt gute Aussichten, ihn zu widerrufen und so von den gesunkenen Zinsen zu profitieren.
Amtsgericht Nürnberg, (Anerkenntnis-)Urteil vom 05.02.2019
Aktenzeichen: 23 C 8681/18
Verbrauchervertreter: Schieder und Partner Rechtsanwälte, Nürnberg
04.03.2019 Hinweis von Rechtsanwalt Dr. Albert Krölls aus Hamburg: Bei ab 11. Juni 2010 abgeschlossenen Kreditverträgen können Kreditnehmer sich oft gegen Vorfälligkeitsentschädigungen wehren oder sie zurückfordern ohne den Vertrag zu widerrufen. Möglich macht das eine damals neu ins Verbraucherkreditrecht eingefügte Regelung, wonach eine Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen ist, wenn im Vertrag die Informationen zur Laufzeit, zum Kündigungsrecht des Kunden oder zur Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind. Vorteil für Betroffene: Es kann anders als beim Kreditwiderruf unter normalen Umständen keine Verwirkung vorliegen. Stattdessen verjährt der Anspruch auf Erstattung nach allgemeinen Regeln, also erst drei Jahre nach Ende des Jahres, in dem die Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen war. Für übers Grundbuch abgesicherte Immobilienkredite gilt die Regelung allerdings erst ab 21.03.2016.
28.02.2019 Rechtsanwalt Tilmann Schellhas von Schieder und Partner aus Nürnberg berichtet: Der Bundesgerichtshof (BGH) muss sich mit der Frage befassen, ob ein Kreditvertrag auf Dauer widerruflich ist, wenn er eine Aufrechnungsverbotsklausel enthält. Eine solche Klausel ist rechtswidrig und damit unwirksam, da sie das Widerrufsrecht unzulässig erschwert. Dies hat der BGH bereits entschieden (Urteil vom 20.03.2018, Aktenzeichen: XI ZR 309/16). Hauptgrund: Ohne Aufrechnung müssen Kreditnehmer nach Widerruf sofort die gesamte noch offene Restschuld zurückzahlen. Deshalb dürfen Banken und Sparkassen die Aufrechnung nicht verbieten. Unklar ist noch, ob die in fast allen bis März 2018 abgeschlossenen Kreditverträgen als Geschäftsbedingung enthaltene Aufrechnungsverbotsklausel dazu führt, dass ansonsten korrekte Belehrungen bzw. Informationen zum Widerrufsrecht als undeutlich erscheinen und Verbraucher deshalb auf Dauer berechtigt sind, den Vertrag zu widerrufen. Ein Fall, in dem das Thema ist, liegt jetzt beim BGH. Es geht um die Kreditwiderrufs-Klage einer Verbraucherin gegen die Commerzbank AG. Sie hatte im Jahr 2006 zwei Kreditverträge abgeschlossen, zu dem die Bank nur eine Widerrufsbelehrung erteilt hatte. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht Nürnberg bestätigte das und verweigerte außerdem die Zulassung der Revision. Dagegen hat die Klägerin Beschwerde zum BGH einlegt. Sie ist dort unter dem Aktenzeichen XI ZR 450/18 anhängig. Setzt sich die Klägerin durch, haben so ziemlich alle Kreditnehmer gute Chancen, ihren Vertrag noch zu widerrufen und/oder den Kreditwiderruf durchzusetzen.
11.02.2019 Rechtsanwalt Tilmann Schellhas aus Nürnberg berichtet: Das Oberlandesgericht Köln hat in einer von ihm für Verbraucher gegen die DSL Bank erhobenen Klage auf Widerruf zweier Darlehensverträge wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Der zwölfte Zivilsenat habe zwar die Berufung der Darlehensnehmer zurückgewiesen, halte es aber für überprüfenswert, ob der in der Widerrufsbelehrung bei dem Passus zu den Verbundgeschäften fehlende Hinweis, dass der Verbraucher bei Widerruf des verbundenen Geschäfts auch nicht mehr an den Abschluss des Darlehensvertrages gebunden sei, fehlerhaft ist oder nicht. Zur Überzeugung von Rechtsanwalt Schellhas wird sich der Bundesgerichtshof dann auch mit der Frage beschäftigen müssen, ob die in den Verträgen der DSL Bank befindliche Klausel, der Darlehensnehmer sei einen Monat an seine Willenserklärung gebunden, im Verhältnis zur 14-tägigen-Widerrufsfrist eine Intransparenz darstellt.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 31.01.2019
Aktenzeichen: 12 U 191/16
Verbrauchervertreter: Schieder und Partner Rechtsanwälte, Nürnberg
28.01.2019 Rechtsanwalt Dr. Timo Gansel aus Berlin berichtet: Der berüchtigte „Kaskadenverweis“ kommt jetzt noch vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Das Landgericht Saarbrücken beschloss, beim EuGH nachzufragen, ob die Widerrufsinformation „Die Frist beginnt nach Vertragsschluss, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alls Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, (...) zum Nettodarlehensbetrag, (...) zur Vertragslaufzeit (...) erhalten hat“ klar und prägnant ist. Das ist laut EU-Richtlinie Pflicht. Der Bundesgerichtshof urteilt in ständiger Rechtsprechung: Die Formulierung ist geeignet, um Verbraucher korrekt zu informieren. Verbraucherrechtsanwälte halten das für nicht nachvollziehbar. Auch das Landgericht Saarbrücken zweifelt. „Die für den Fristanlauf erforderlichen Pflichtangaben werden nicht vollständig, sondern nur beispielhaft aufgezählt. Im Übrigen wird auf die Regelung des § 492 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F. verwiesen, der seinerseits auf die Regelungen des Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB verweist, die ihrerseits wiederum auf Regelungen des BGB verweisen. Damit muss der Verbraucher selbst eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen (...) lesen (...).“
Rechtsanwalt Dr. Timo Gansel ergänzt noch: Selbst Gerichte sind an diesem so genannten „Kaskadenverweis“ immer wieder gescheitert. Es gebe etliche Urteile, in den Gerichte Informationen zu Unrecht für Pflichtangaben gehalten haben und umgekehrt.
Jetzt muss der EuGH entscheiden. Kommt er zu dem Ergebnis, dass der Kaskadenverweis nicht geeignet ist, um Verbraucher korrekt über ihr Widerrufsrecht zu informieren, dann dürften so ziemlich alle Widerrufsinformationen ab 11. Juni 2010 falsch sein und die mit ihnen versehenen Verträge auch heute noch widerruflich sein. Auch das gesetzliche Muster wäre falsch. Anders als sonst würde das Banken und Sparkassen allerdings nichts nutzen. Denn die gesetzliche Regelung, wonach eine dem Muster entsprechende Regelung auch dann wirksam ist, wenn sie sich als fehlerhaft erweist, erschiene als EU-richtlinienwidrig und wäre damit ebenfalls unwirksam.
Landgericht Saarbrücken, Beschluss vom 17.01.2019
Aktenzeichen: 1 O 164/18
Verbrauchervertreter: Gansel Rechtsanwälte, Berlin
10.01.2019 Rechtsanwalt Ulrich Poppelbaum aus Berlin berichtet: Das Oberlandesgericht Brandenburg sieht die Deutsche Kreditbank AG bei widerrufenen KfW-Krediten in der Pflicht, die Marge herauszugeben. Sofern die Bank an die KfW-Bank weniger Zinsen zu zahlen hat, als sie vom Kreditnehmer erhält, sind das Nutzungen, die sie ihrem Kunden herauszugeben hat. Genau so hatte es auch bereits das Landgericht Potsdam gesehen.
Landgericht Potsdam, Urteil vom 17.09.2018
Aktenzeichen: 8 O 15/18 (nicht rechtskräftig)
Oberlandesgericht Brandenburg, (Hinweis-)Beschluss vom 07.01.2019
Aktenzeichen: 4 U 86/18 (nicht rechtskräftig)
Verbrauchervertreter: Poppelbaum Geigenmüller Rechtsanwälte, Berlin
17.12.2018 Der Streit um den Kreditwiderruf ist spätestens jetzt auch bei den Finanzämtern und -gerichen angekommen. Das Bundesfinanzministerium hatte bereits im April per Rundschreiben verfügt: Nutzungsersatz im Zuge der Rückabwicklung widerrufener Kreditverträge ist als Kapitalertrag zu behandeln und entsprechend zu versteuern. test.de hält die Rechtsauffassung des Ministeriums für zweifelhaft. Der Nutzungsersatz wird ja im Zuge der Rückabwicklung in der Regel ganz oder teilweise mit Forderungen der Bank verrechnet. Der Kredit wird nicht kostenlos, sondern nur etwas günstiger. Vor diesem Hintergrund können die Ratenzahlungen der Kunden nicht als Geldanlage oder Zahlung gewertet werden, für der von der Bank zu zahlender Nutzungsersatz als Kapitalertrag erscheint.
Rechtsanwalt Kay Hübner aus Gladbeck, Fachanwalt sowohl für Bank- als auch Steuerrecht, berichtet jetzt: Das für eine seiner Mandantinnen zuständige Finanzamt hat ihr von der Kreditbank abgeführte Abgeltungssteuer nach langem Hin und Her erstattet. Bank und Mandantin hatten sich nach dem Widerruf eines Immobilienkredits auf einen Vergleich geeinigt: Die Mandantin erhält 13 000 Euro. Die Bank zahlte jedoch nicht mal 9 750 Euro aus. Die restlichen 3 250 Euro überwies sie als Abgeltungssteuer ans Finanzamt. Den Antrag, das Geld der Mandantin zu erstatten, wies die Behörde ab. Als Rechtsanwalt Kay Hübner Klage zum Finanzgericht Köln (Aktenzeichen: 15 K 2408/18) erhob, lenkte das Finanzamt jedoch ein und erstattete die Steuer.
Rechtsanwalt Hübner bietet gezielt an, sich Kreditwiderrufs-Ärger mit dem Finanzamt zu kümmern, Informationen dazu auf der Homepage der Kanzlei.
03.09.2018 Unser Leser „claus47“ weist zur Meldung „Fehlerhafte Kreditverträge: Die Frist läuft“ auf einen unscheinbaren, nur sehr kurz und oberflächlich begründeten Beschluss hin, den der Bundesgerichtshof bereits im Januar verkündet hat. Danach reichte es aus, die Erklärung des Widerruf von bis 10.06.2010 abgeschlossenen Immobilienkreditverträge mit fehlerhafter Widerrufsbelehrung am 21. Juni 2016 abzuschicken.
test.de war der Meinung: Der Widerruf muss der Bank oder Sparkasse noch an diesem Tag zugehen. Einzelne banken- und sparkassennahe Wissenschaftler hatten sogar die Auffassung vertreten: Der Widerruf muss das Kreditinstitut bereits am 20. Juni 2016 erreicht haben. Obwohl sogar einzelne Landgerichte so entschieden hatten, war der Bundesgerichtshof der Meinung: Er muss sich mit der Frage nicht eingehend befassen. Die Revision sei weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.01.2018
Aktenzeichen: XI ZR 477/17
23.07.2018 Rechtsanwalt Dr. Marcus Hoffmann aus Nürnberg berichtet: Es gibt gute Chancen, sogar vor 21.06.2010 geschlossene Kreditverträge der frühere GMAC-RFC Bank GmbH auch heute noch zu widerrufen. Das gelte oft sogar für bereits abgelöste Verträge. Hintergrund: Es handelt sich in der Regel um Fernabsatzverträge, oft zur Finanzierung von so genannten Schrottimmobilien abgeschlossen. Die Bank hätte ihren Kunden von Gesetzes wegen besondere Informationen für Fernabsatzgeschäfte liefern müssen und unterließ dies jedenfalls in den bisher bekannten Fällen. So jedenfalls urteilte jüngst das Landgericht Wiesbaden. „Die Verträge dieser Bank weisen verschiedene Besonderheiten auf, die in vielen Fällen eine fortgesetzte Widerruflichkeit begründen können“, erläutert Hoffmann-Partner Mirko Göpfer. Mit Beschlüssen vom 08.05.2017, 24.05.2017 sowie 21.06.2017 wiesen gleich zwei Kammern des Landgerichts Wiesbaden darauf hin, dass der Widerruf allein aufgrund der Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten wirksam erklärt werden kann.
19.07.2018Rechtsanwalt Marco Manes aus Bonn berichtet: Das Urteil das Bundesgerichtshof zur Unwirksamkeit der über lange Jahre hinweg üblichen Aufrechnungsverbots-Klausel in Banken- und Sparkassen-AGB (Details dazu in unserer Meldung Gericht kippt unfaires Aufrechungsverbot) bringt Kreditnehmern verbesserte Chancen beim Kreditwiderruf. Eine Richterin am Landgericht Hannover bestätigte in der mündlichen Verhandlung Manes Rechtsauffassung, wonach die Klausel „Der Kreditnehmer kann gegen Forderungen der Bank nur aufrechnen, wenn seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind“ stets dazu führe, dass die Widerrufsinformation unwirksam und der Vertrag damit auf Dauer widerrufbar sei. Rund 90 Prozent der geprüften Verträge enthalten die Klausel, ergänzte der Rechtsanwalt aus dem Rheinland.
04.06.2018 Die Interessengemeinschaft (IG) Widerruf sieht verbesserte Chancen für den Widerruf mancher Alt-Kredite: Sofern Kreditverträge ohne persönlichen Kontakt zur Bank oder einem Vertreter abgeschlossen wurden, seien sie weiter als Fernabsatzverträge widerruflich – auch wenn sie bereits vor Juni 2010 abgeschlossen wurden. Weitere Einzelheiten zum Thema auf der Homepage der IG.
15.03.2018 Die Frage, ob womöglich zahlreiche Kreditverträge unabhängig von Fehlern in der Widerrufsbelehrung auf Dauer widerrufbar sind, ist noch immer nicht entschieden. Die Frist für den Widerruf beginnt nämlich nur, wenn Verbraucher die Vertragsurkunde, ihre Vertragserklärung oder eine Abschrift von einem der beiden Dokumente erhalten haben. Die Regel war häufig die, dass dem Verbraucher weder eine Vertragsurkunde noch dessen eigene Vertragserklärung, die einer eigenhändige Unterschrift bedurfte, nicht einmal in Kopie übergeben wurde. Brisanz hatte dies vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 21.02.2017, Aktenzeichen: XI ZR 381/16. Die Bundesrichter stellten darin klar: „Vertragsurkunde“ ist das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags. Der Begriff kann nicht dahin ausgelegt werden könne, er meine in einem bestimmten Kontext den Vertragsantrag des Darlehensgebers.
Zwar hat das Oberlandesgericht München im Urteil vom 22.02.2018, Aktenzeichen: 5 U 3380/17 entschieden: Es kommt für die „Vertragsurkunde“ nicht darauf an, ob auf der vom Darlehensnehmer erhaltenen Abschrift des Dokuments dessen Unterschrift abgebildet ist oder nicht. Rechtsanwalt Tilmann Schellhas von Schieder und Partner Rechtsanwälte hält das für falsch. Der 5. Senat in München verkenne die eindeutige Begriffsdefinition des BGH. Er verweist auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz (vom 16.6.2017, Aktenzeichen: 8 U 930/16, anhängig beim BGH unter dem Aktenzeichen: XI ZR 417/17), wonach die Vertragsurkunde oder der schriftliche Antrag des Verbrauchers durch die Darlehensgeberin zur Verfügung gestellt werden müssen und es eben nicht reiche, dass der Darlehensnehmer ein Exemplar des Schriftstücks „Darlehensvertrag“ zu seinem Verbleib erhalte. Danach gibt es jetzt eine divergierende Rechtsprechung unterschiedlicher OLG -Bezirke, sodass die Revision auch vom OLG München hätte zugelassen werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, wird Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH erhoben. Zu dieser Rechtsfrage ist allerdings auch schon eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH unter dem Aktenzeichen XI ZR 689/17 anhängig.
Das Oberlandesgericht München hat zudem eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 15.12.2017, Aktenzeichen: 10 O 143/17, für nicht anwendbar gehalten, obgleich auch im streitgegenständlichen Darlehensvertrag § 193 BGB abbedungen worden war. Das Landgericht Düsseldorf hatte nach Ansicht von Rechtsanwalt Tilmann Schellhas zu Recht angenommen, die Widerrufsbelehrung sei intransparent und es läge ein Verstoß gegen halbzwingendes Recht vor, wonach lediglich zugunsten des Verbrauchers von verbraucherschützenden Vorschriften abgewichen werden dürfe. Die Abbedingung des § 193 BGB verleitete indes den Verbraucher – so das LG Düsseldorf zutreffend – zu der Fehlvorstellung, die Widerrufsfrist sei bereits abgelaufen, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall ist. Der Bundesgerichtshof wird deshalb auch mit dieser Frage befassen müssen.
01.02.2018Rechtsanwalt Dr. Storch, Berlin berichtet: Das Landgericht Potsdam ist akut überlastet. Der Vorsitzende einer Kammer schrieb ihm in einem Kreditwiderrufsstreit wörtlich: „Infolge der (...) Personalbedarfssituation wird um Verständnis gebeten, dass für einen zeitnahen Fortsetzungstermin oder eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren keine Kapazitäten mehr bestehen.“ Er riet den Parteien: Sie mögen sich auf der Grundlage seiner bisherigen Hinweise vergleichen.
01.02.2018 Die Interessengemeinschaft Widerruf berichtet: Es gibt gute Chancen, das Recht zum Widerruf von Fremdwährungsdarlehen auch dann vor deutschen Gerichten durchzusetzen, wenn im Vertrag mit ausländischen Banken die Anwendung ausländischen Rechts vereinbart ist. Das Oberlandesgericht München jedenfalls hält solche Vereinbarungen vorläufig für unwirksam (informelle Verfügung vom 05.10.2017, Aktenzeichen: 5 U 2292/17). In dem Verfahren ging es um ein Schweizer Franken-Kredit der Erste Bank der österreichischen Sparkassen. Weitere Einzelheiten dazu im Blog der IG Widerruf.
26.10.2017 Gleich noch eine Nachricht zum Widerruf von Zinsanpassungsvereinbarungen: Der 1. Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hält Vereinbarungen zur Anpassung des Zinssatzes bei Ablauf der Zinsbindung für widerruflich, wenn sie wie üblich per Post abgewickelt werden. Es handele sich um Fernabsatzgeschäfte. Das berichtet Rechtsanwalt Christian Rugen von Hahn Rechtsanwälte in Hamburg. Ein Widerrufsrecht nach den Regeln für Verbraucherkredite gibts dagegen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in solchen Fällen nicht. Ein Verbraucherkredit liegt nämlich nur vor, wenn ein Vertrag zu einem neuen Kapitalnutzungsrecht führt. Zinsanpassungsvereinbarungen haben jedoch keinen Einfluss auf das Recht zur Kapitalnutzung. Setzt sich die Rechtsauffassung der Oberlandesrichter in Frankfurt durch, können zahlreiche Kreditnehmer teure Zinsvereinbarungen widerrufen und so Tausende Euro und oft fünfstellige Beträge sparen. Details zum Gerichtsverfahren und zum rechtlichen Hintergrund in der Pressemitteilung der Kanzlei.
26.10.2017Rechtsanwältin Beate Anna Kirchner berichtet: Das Landgericht Wiesbaden hält eine Prolongation auch nach Jahren noch für widerrufbar, wenn sie eine Widerrufsbelehrung enthält und diese nicht korrekt ist. In solchen Fällen sei von einem vertraglich vereinbarten Widerrufsrecht auszugehen, argumentiert das Gericht in der mündlichen Verhandlung des Streits um eine im August 2009 vereinbarte Prolongation; der Ausgangsvertrag stammte aus dem Jahr 1997. Eigentlich sind solche Vereinbarungen über die Anpassung des Zinssatzes nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht widerruflich. Nur bei Vereinbarung eines neuen Kapitalnutzungsrechts gibt es von Gesetzes wegen ein Widerrufsrecht und ist die Widerrufsbelehrung Pflicht. Weitere Einzelheiten nannte die Rechtsanwältin nicht. test.de vermutet: Auf die Hinweise des Gerichts hin schlossen die Parteien einen Vergleich mit Schweigeverpflichtung.
19.10.2017 Rechtsanwalt Achim Tiffe von Juest + Oprecht in Hamburg berichtet: Die Haspa hat Kreditnehmern nach Erstattung von 27 000 Euro Vorfälligkeitsentschädigung noch einmal 16 000 Euro an Nutzungen herausgegeben. Tiffe hatte im Auftrag der Mandanten zunächst nur auf Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung geklagt. Nachdem die Richter am Oberlandesgericht Hamburg der Sparkasse im Berufungsverfahren die Rechtslage erklärt hatten, erkannte sie Klage im März 2017 an. Tiffe forderte daraufhin noch die Herausgabe von Nutzungen der von den Kreditnehmern an die Bank gezahlten Raten. Nach Rechtsprechung des Bundegerichtshof sind das Zinsen in Höhe von 2,5 Punkten über dem Basiszinssatz. Auch diese erstattete die Haspa schließlich noch. „Die Mandanten waren sprachlos und freuten sich riesig“, berichtete Tiffe. Einzelheiten zum Fall auf der Homepage der Kanzlei.
17.10.2017Rechtsanwalt Andreas Schwering aus Hannover berichtet: Das Oberlandesgericht Hamm hält die Nennung der Aufsichtsbehörde im Europäischen Standardisierten Merkblatt eindeutig für nicht ausreichend. Das sagten die Richter dort in einer mündlichen Verhandlung gestern. Es ging um einen im Februar 2011 mit einer Sparkasse geschlossenen Kreditvertrag. Auch die Nennung der Behörde im Preis- und Leistungsverzeichnis reiche nicht, selbst wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertragsunterlagen darauf verweisen. Noch interessant: Kreditnehmer haben nach Ansicht des westfälischen Oberlandesgerichts auch dann Anspruch auf Herausgabe nach Widerruf gezahlter Raten, wenn sie die Zahlung nicht ausdrücklich unter Vorbehalt gestellt haben. Einzelheiten wird Schwering berichten, wenn in etwa einem Monat das Urteil vorliegt.
13.10.2017 Rechtsanwalt Prof. Dr. Albert Krölls aus Hamburg berichtet: Kaum zu glauben, aber wahr: Die Hamburger Sparkasse („Haspa“) bleibt dabei, dass sie Kreditkunden mit einem Hinweis auf den Kreditkontoauszügen 2016 wirksam über die zuständige Aufsichtsbehörde informiert habe. Sie weigert sich, die Entscheidung des Schlichters zu akzeptieren, der das - aus Sicht von test.de: völlig zurecht - anders gesehen hatte (s. u. 07.09.2017).
13.10.2017 Neue Kreditwiderrufs-Entscheidung aus Karlsruhe: Der Bundesgerichtshof bestätigt die Rechtssprechung, wonach Banken und Sparkassen nach Widerruf eines Kredits auch dann Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen in Höhe des vertraglich vereinbarten Zinssatzes haben, wenn der um bis zu einen Prozentpunkt über dem Durchschnittszinssatz laut MFI-Zinsstatistik liegt. test.de hält das für abenteuerlich. Es ging um einen Kredit von Mai 2004. Summe: 136 600 Euro. Beim vereinbarten Zinssatz von 5,43 Prozent (effektiv) liegt die Restschuld nach Ablauf von 10 Jahren Zinsbindung bei einer Monatsrat von 827,57 Euro (entsprechend 2,0 Prozent Anfangstilgung) bei 100 7323,01 Euro. Hätte der Kreditnehmer nur den MFI-Durchschnittszins von Mai 2004 in Höhe von 4,91 Prozent (effektiv) zahlen müssen, läge die Restschuld bei gleicher Rate bei nur 93 100,22 Euro. Differenz also: 7 631,79 Euro. Hätte der Kreditzins um einen ganzen Prozentpunkt über dem üblichen Zinssatzgelegen, geht es sogar um 14 423,10 Euro Unterschied. Das für eine geringfügige Abweichung zu halten, ist absurd. Offen blieb, ob Kreditnehmern die Möglichkeit bleibt, per Sachverständigengutachten nachzuweisen, dass sie bei Vertragsschluss bei anderen Anbietern das Geld zu einem günstigeren Zinssatz hätten aufnehmen können.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2017
Aktenzeichen: XI ZR 365/16
06.10.2017 Rechtsanwalt Marco Manes aus Bonn berichtet: Das Landgericht Hannover hält Kreditwiderrufs-Feststellungsklagen auch nach den aktuellen Entscheidungen des BGH bei laufenden Kreditverträgen weiter für zulässig. Es hat weiter dem Anspruch auf Freigabe der Sicherheiten entsprochen, Zug um Zug gegen Ablösung der verminderten Restdarlehensvaluta. Wegen der nach dem Widerruf geleisteten Zahlungen haben die Kläger ein Anspruch auf Nutzungsersatz nach den Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherungen. Dies haben viele Gerichte bisher anders beurteilt und über den Widerruf hinaus Rücktrittsrecht gelten lassen. Die Durchsetzung des Widerrufs unterstützte die ProAdvo AG aus der Schweiz. Das aktuelle Urteil ist über die Homepage des Rechtsanwalts abrufbar.
05.10.2017 Rechtsanwalt Simon Bender von Ares-Rechtsanwälte berichtet: Der zehnte Senat am Oberlandesgericht Frankfurt am Main sieht keine Verwirkung des Widerrufsrechts, wenn Kreditnehmer mit der Bank oder Sparkasse vor Ablauf der Zinsbindung eine Fortsetzung des Kreditvertrags zu geänderten Zinsen vereinbaren und erst später widerrufen. Weitere Details zum Thema auf der Homepage der Kanzlei.
21.09.2017 Gleich 63 außergerichtliche Vergleiche zu Kreditwiderrufsstreitigkeiten hat die Bankkontakt AG test.de übermittelt. Sie sind der Erfolgsliste über den Vermerk [neu 21.09.2017] zu finden.
07.09.2017 Rechtsanwalt Prof. Dr. Albert Krölls aus Hamburg berichtet: Die Hamburger Sparkasse („Haspa“) ist allen Ernstes der Meinung, sie habe Kreditkunden mit einem Hinweis auf den Kreditkontoauszügen 2016 wirksam über die zuständige Aufsichtsbehörde informiert. Die war nach der Belehrung zu einem im März 2011 geschlossenen Vertrag Voraussetzung dafür, dass die Widerrufsfrist zu laufen beginnt, fehlte aber in den Vertragsunterlagen. Das kann nicht richtig sein, beschied Ombudsmann Gerhard Mützel die Kasse. Die Sparkasse müsse zusätzlich zur Nachinformation ausdrücklich und klar darauf hinweisen, dass jetzt die Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Er legt der Sparkasse nahe, einen Vergleich mit dem Kunden zu schließen.
21.08.2017 Andreas Schwering, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des auf Kreditwiderruf spezialisierten Prozessfinanzierers Maximum Ius, berichtet: Im Streit um Kreditverträge der ING Diba aus den Jahren 2006 bis 2012 seien in mehreren Hundert von Maximum Ius finanzierten Fällen Vergleiche erzielt worden. Eine ähnliche Anzahl von Vergleichen sei mit Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu Stande gekommen. Etliche Fälle liegen vor Gericht, insbesondere wegen nach 10.06.2010 abgeschlossener DSL Bank-, ING Diba- Sparkassen- und Genossenschaftsbank-Kreditverträge. Die Rückabwicklung lasse Maximum Ius abschnittsweise nach marktüblichem Zins anhand der EWU-Statistik durch die Indexrennen GmbH als Gutachter berechnen. Wegen der Nutzungen der Bank bestehe das Unternehmen auf der Zahlung an den jeweiligen Kreditnehmer ohne Abzug von Kapitalertragssteuern.
17.08.2017 Rechtsanwalt Christian Rugen von Hahn Rechtsanwälte in Hamburg berichtet: Das stets für Klagen gegen die Bank zuständige Landgericht Bonn hat eine von der DSL-Bank in der Zeit nach Juni 2010 häufig verwendete Widerrufsbelehrung als unzureichend beurteilt. Betroffene Verträge können Kunden der Bank auch heute noch widerrufen; ihr Widerrufsrecht ist nicht durch die Gesetzesänderung 2016 erloschen. Die betraf nur bis Juni 2010 abgeschlossene Verträge. Weitere Details zum Urteil auf der Homepage der Rechtanwälte.
23.06.2017 Womöglich sind zahlreiche Kreditverträge unabhängig von Fehlern in der Widerrufsbelehrung auf Dauer widerrufbar. Die Frist für den Widerruf beginnt nämlich nur, wenn Verbraucher die Vertragsurkunde, ihre Vertragserklärung oder eine Abschrift von einem der beiden Dokumente erhalten haben. Die Regel war: Der Kreditnehmer erhält mindestens zwei Exemplare des Vertragstextes von der Bank. Eins der Exemplare unterschreibt er und sendet es zurück an die Bank. Meist schickt die Bank ihm nicht erneut eine Kopie entweder des von beiden Parteien unterschriebenen Vertrags oder wenigstens des vom Kläger unterschriebenen Exemplars. Bisher war das soweit bekannt kaum Thema bei Kreditwiderrufsstreitigkeiten, sondern drehte sich der Streit stets darum, ob die Widerrufsbelehrung korrekt war. Tilmann Schellhas von Rechtsanwälte Schieder und Partner in Nürnberg berichtet jetzt: Ein Vorsitzender Richter am Landgericht München I vertrat in der mündlichen Verhandlung um den Widerruf eines Genossenschaftsbankkredits von November 2010 die Meinung: In solchen Fällen hat der Verbraucher weder eine Vertragsurkunde, noch eine Vertragserklärung oder eine Abschrift von einem der beiden Dokumente erhalten und die Widerrufsfrist deshalb nicht begonnen. Zuständig für das Verfahren war die 35. Kammer. Ihr Vorsitzender ist Christian Daimer.
Hintergrund: Im Februar hatte der Bundesgerichtshof geurteilt: „Vertragsurkunde“ ist das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags. Der Begriff kann nicht dahin ausgelegt werden, er meine in einem bestimmten Kontext den schriftlichen Vertragsantrag des Darlehensgebers, heißt es in der Begründung des Urteils vom 21.02.2017, Aktenzeichen: XI ZR 381/16.
Fest steht: Die Unterlagen, die die Bank an Kreditkandidaten schickt, sind zu diesem Zeitpunkt weder eine Vertragsurkunde noch eine Vertragserklärung des Verbrauchers. Sie können auch keine Abschrift sein, weil es ja noch weder eine Vertragserklärung noch erst recht einen Vertrag gibt. Dass eine solche – bei dem Darlehensnehmer verbleibende – Unterlage nachträglich zur Vertragserklärung des Verbrauchers oder einer Abschrift davon wird, bloß weil der Verbraucher das andere Exemplar unterschreibt und an die Bank schickt, ist kaum vorstellbar. Aus Sicht der Juristen der Stiftung Warentest hängt die Widerrufsfrist bei einem Kreditvertrag nicht nur davon ab, dass Verbraucher über seinen Inhalt informiert sind, sondern muss sich aus seinen Unterlagen auch erkennen lassen, dass und wann die Unterschriften erfolgt sind. Gut für Kreditnehmer: Die Bank oder Sparkasse muss darlegen und im Zweifel beweisen, dass der Kreditnehmer eine Vertragsurkunde, seine Vertragserklärung oder eine Abschrift eines der beiden Dokumente erhalten hat.
Setzt sich die Rechtsauffassung des Landgerichts München I durch, kann das dramatische Folgen für Banken und Sparkassen haben. Der Vertrag kann auch Jahre nach Vertragsschluss noch widerrufen werden. Es kommt nicht darauf an, ob die Belehrung fehlerhaft ist. Das Widerrufsrecht erlischt jedenfalls nicht nach der 2016 in Kraft getretenen Änderung der Gesetze zum Verbraucherkredit. Die gilt nur für das Widerrufsrecht wegen fehlerhafter Belehrung.
Allerdings: Das Widerrufsrecht könnte jeweils ein halbes Jahr nach Vertragsschluss erlöschen. So stand es für Verträge mit korrekter Belehrung und vollständigen Pflichtangaben im Bürgerlichen Gesetzbuch. Das allerdings verstößt nach Auffassung vieler Rechtsanwalte gegen die EU-Verbraucherschutzregeln und darf deshalb nicht zum Tragen kommen.
22.06.2017 Verbraucherfreundliches Urteil aus Koblenz: Die Richter dort ließen sich von Werdermann von Rüden-Rechtsanwälten davon überzeugen, dass Kreditnehmer der Bank nach Widerruf des Kredits nicht den vertraglich vereinbarten Zinssatz zahlen müssen. Schon das Landgericht Trier hatte so entschieden. Es müsse für jeden Monat anhand der Zeitreihe der Deutschen Bundesbank SUD118 neu geschaut werden, welcher Zinssatz jeweils marktüblich war, begründen die Richter ihr Urteile. Diese zeitabschnittsweise Sichtweise geht zurück auf einen Aufsatz von Richter am Landgericht Bochum Kilian Servais aus dem Jahr 2014. Er bringt Verbrauchern etliche Tausend Euro mehr als die weithin herrschende Art, die Rückabwicklung mit dem vertraglich vereinbarten Zinssatz zugunsten der Bank zu berechnen. Nach Abschätzung von test.de auf der Grundlage der nicht vollständig bekannten Daten des Falls hätten die Kreditnehmer der Sparkasse auf der Grundlage der herrschenden Ansicht noch rund 146 000 Euro zahlen müssen. Laut Oberlandesgericht Koblenz waren zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch 134 000 Euro offen.
Trotz des ungewöhnlichen Urteils sah das Oberlandesgericht Koblenz keinen Anlass, die Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen. Ob sich die Sparkasse darüber beschwert und den Fall so doch noch vor den Bundesgerichtshof bringt, ist noch nicht bekannt.
13.06.2017 Rechtsanwalt Pascal Fuest aus Düsseldorf berichtet: Versicherungsombudsmann Günter Hirsch hat am 19. Mai 2017 unter den Aktenzeichen 03136/2017-R und 02551/2017-R entschieden: Die Concordia Rechtsschutz-Leistungs-GmbH muss Mandanten von Fuest von den Kosten für seine außergerichtliche Tätigkeit freistellen. Fuest hatte für sie zwei Kreditverträge widerrufen. Wenn wie beim Kreditwiderruf damit zu rechnen ist, dass Banken und Sparkassen ihre Kunden abblitzen lassen, beginnt der Rechtsschutz nicht erst mit der Verweigerung der Rückabwicklung, sondern können Rechtsschutzversicherte schon vor dem Widerruf der Verträge auf Kosten ihres Rechtsschutzversicherers einen Rechtsanwalt einschalten. Ombudsmann Hirsch lässt deutlich erkennen, dass er selbst das eigentlich für falsch hält. Allerdings hat der Bundesgerichtshof das mit Beschluss vom 17.10.2007, Aktenzeichen: IV ZR 37/07 und mit Urteil vom 24.04.2014, Aktenzeichen: IV ZR 23/12 so entschieden. „Mir ist bewusst, das die Bewertung, dem Rechtsschutzversicherer schon die Kostenübernahmepflicht für Gebühren aufzuerlegen, die vor Eintritt des Rechtsschutzfalles angefallen sind, der bisherigen Systematik widerspricht“, schreibt er in Begründung zu seiner Entscheidung. Er könne aber die höchstrichterliche Entscheidung über die Rechtsfrage nicht unberücksichtigt lassen.
Besonders ärgerlich für Rechtsschutzversicherer: Auf solchen Kosten für außergerichtliche Tätigkeit von Rechtsanwälten bleiben sie auch dann sitzen, wenn der Kreditnehmer am Ende vollständig Recht bekommt. Das hat der fürs Bankenrecht zuständige 11. Senat des Bundesgerichtshof in einer heute veröffentlichten Entscheidung noch einmal bekräftigt.
26.05.2017 Unser Chronikbericht zum Urteil des Bundesgerichtshof vom 16.05.2017 (s. u.) enthält eine missverständliche Formulierung: „Banken und Sparkassen stehen nach Zugang einer Widerrufserklärung keine Vertragszinsen mehr zu“, hatte es dort geheißen. Tatsächlich hat der Bundesgerichtshof die von Rechtsanwalt Dr. Martin Heinzelmann, Stuttgart erstrittene Feststellung des Landgerichts Stuttgart und die Zurückweisung der Berufung durch das Oberlandesgericht durch sein Urteil vom 16.05.2017 bestätigt. In welcher Höhe Banken und Sparkassen nach Widerruf Nutzungen zustehen war in dem Fall allerdings nicht Thema. Viele Gerichte meinen: Banken und Sparkassen stehen nach Zugang der Widerrufserklärung Nutzungen in Höhe des ursprünglich vereinbarten Vertragszinses zu. test.de und wohl alle Verbraucheranwälte halten das für klar falsch. Nur auf tatsächlich ersparte Zinszahlungen des Kreditnehmers haben Kreditgeber nach wirksamem Widerruf Anspruch. Kreditnehmer müssen danach für die Zeit nach Zugang des Widerrufs auf den Widerrufssaldo nur dann Zinsen zahlen, wenn sie für die Refinanzierung erneut einen Kredit aufnehmen müssen. Soweit Kreditnehmer ein konkretes Vertragsangebot vorliegen, ist der darin enthaltene Satz maßgebend. Sonst kommt es auf den für einen solchen Kredit maßgebenden Satz an. Hatten Kreditnehmer umgekehrt das für den Ausgleich des Widerrufssaldo erforderliche Geld bereitliegen, müssen sie damit erzielte Zinsen herausgeben. Die Darlegungs- und Beweislast für von ihren Kunden gezogene Nutzungen tragen nach allgemeinen Regeln Bank oder Sparkasse.
16.05.2017 Ganz aktuell noch gute Nachrichten aus Karlsruhe: Banken und Sparkassen stehen nach Zugang einer Widerrufserklärung keine Vertragszinsen mehr zu. Das hat der Bundesgerichtshof heute entschieden (Aktenzeichen: XI ZR 586/15). Verbraucher dürfen außerdem gerichtlich feststellen lassen, dass sie nicht mehr zur Zahlung der Raten verpflichtet sind. Das ergibt sich aus einer Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs.
16.05.2017 test.de liegt inzwischen das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.04.2017, Aktenzeichen: XI ZR 573/15 zu unter anderem einem KfW-Kredit vor. Danach hat der Kreditnehmer keinen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen; die Bank hatte vorgetragen, sie habe die Kreditraten eins zu eins weitergeleitet und die Verbraucheranwältin hatte es nicht ausreichend deutlich bestritten. Tatsächlich war es bei KfW-Verträgen oft so, dass Banken und Sparkassen mit ihnen keinen Zinsgewinn erwirtschaften. Allerdings: Sie strichen regelmäßig den Ausgabeaufschlag in Höhe von oft vier Prozent der Kreditsumme ein. Der sollte dann wohl vollständig als Nutzung herauszugeben sein.
Der Bundesgerichtshof bestätigt allerdings: Wenn Banken oder Sparkassen sonst die Vermutung widerlegen wollen, dass sie Nutzungen in Höhe des Verzugszinses erzielen, können sie nur Verträge über die Refinanzierung heranziehen, soweit sie vom Betrag und der Laufzeit dem Kreditvertrag des Kunden zugeordnet werden können. Das dürfte kaum mal möglich sein.
Noch ein Punkt aus dem Urteil: Die Pflicht zur Zahlung von Kapitalertragssteuern dürfen Banken und Sparkassen der Forderung von Kunden nicht entgegenhalten; die Zahlung erfolgt auch dann an den Kunden, wenn der Abschlag ans Finanzamt abgeführt wird. Die Formulierungen des Bundesgerichtshofs deuten allerdings darauf hin: Die Aufrechnung dürfte ausgeschlossen sein, soweit dafür auf Zinsabschlagssteuer entfallende Beträge herangezogen werden. So hatte es bereits die 4. Kammer des Landgerichts Berlin gesehen.
11.05.2017 Noch ein Fehler in zahlreichen ab Sommer 2011 geschlossenen Sparkassen-, Volksbank-, PSD- und SKG-Kreditverträgen: „Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber auch die Aufwendungen zu ersetzen, die der Darlehensgeber gegenüber öffentlichen Stellen erbracht hat und nicht zurückverlangen kann“, heißt es dort. Solche Aufwendungen gab‘s jedoch in der Regel nicht. Der Hinweis suggeriere dannfälschlich mit dem Widerruf verbundene Zahlungspflichten und sei geeignet, Kreditnehmer davon abzuhalten, von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, urteilte das Landgericht Aurich. Das ging es um einen Vertrag der Volksbank Kehdingen eG. R.HS-Recht aus Hamburg hatten den Kläger vertreten. Weitere Details zum Fall auf der Homepage der Rechtsanwälte. [Update 16.05.2017]Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen aus Trier weist darauf hin, dass der Bundesgerichtshof das wohl anders sieht und verweist auf den Beschluss vom 25. Oktober 2016, Aktenzeichen: XI ZR 6/16 [/Update]
05.05.2017 Die Deutsche Kreditbank DKB hat ihre Gangart Kunden gegenüber, die ihren Kreditvertrag widerrufen haben, offenbar nochmals verschärft. Rechtsanwalt Prof. Dr. Albert Kroells berichtet: Die Bank habe einem Mandanten seiner Kanzlei den Widerruf etwa ein Jahr nach seiner Erklärung im schwebenden Rechtsstreit vor dem Landgericht Potsdam urplötzlich anerkannt und ihn zum Ausgleich der Darlehenssalden in Höhe von rund 100 000 Euro innerhalb von zehn Tagen (!) aufgefordert. Sollte die Zahlung ausbleiben, werde die Bank die Zwangsvollstreckung einleiten. Kroells hielt dagegen und drohte der Bank an, den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Schikane und unzulässiger Rechtsausübung zu beantragen. Daraufhin ruderte die Bank zurück und verlängerte die Zahlungsfrist bis Ende Mai. Bereits Ende vergangenen Jahres war die DKB mit schikaneverdächtigen Ansagen an Kunden aufgefallen (siehe unten, 22.12.2016).
19.04.2017Rechtsanwalt Philipp Neumann berichtet: Das Landgericht Frankfurt am Main hat es der Degussa Bank einstweilen untersagt, die Kündigung eines zuvor widerrufenen Kredits an die Schufa zu melden. Damit hatte die Bank gedroht, obwohl der Mann das Geld für den Ausgleich der beiden Kredite gleich nach Widerruf an die Bank überweisen hatte. Die hatte es jedoch zurückgehen lassen. Als der Mann seine Raten nicht zahlte, kündigte sie den Kreditvertrag. Weitere Details in der Urteilsliste unter „Degussa Bank AG, Verträge vom 10.03.2010 und 27.10.2010“.
19.04.2017 Helge Petersen & Collegen aus Kiel berichten: Die BHW Bausparrkasse AG hat eine Klage wegen Verträgen aus dem Jahr 2008 vor dem Oberlandesgericht Celle anerkannt. Details in der Urteilsliste unter „BHW Bausparkasse AG, Verträge von 2008“.
23.03.2017Rechtsanwalt Malte Daniel Günther berichtet: Das Landgericht Bremen hat die Sparda Bank Hannover über die Feststellung des Widerrufs hinaus dazu verurteilt, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten des Kunden in Höhe von fast 3 000 Euro zu übernehmen. Die fehlerhafte Widerrufsbelehrung und die Ablehnung der Rückabwicklung auf den Widerruf des Klägers hin stelle eine nebenvertragliche Pflichtverletzung dar. Der Bankkunde durfte deshalb auf Kosten der Bank einen Rechtsanwalt beauftragen.
20.03.2017 Die Interessengemeinschaft Widerruf berichtet: Bei zahlreichen Kreditverträgen der ING Diba aus den Jahren 2010 bis 2015 fehlen Informationen zur Vertragslaufzeit. Doch die sind Pflicht; wenn sie fehlen, beginnt die Frist für den Widerruf nicht zu laufen und können Verbraucher den Vertrag auch heute viele Jahre nach Vertragsschluss noch widerrufen. Weitere Einzelheiten dazu im Blog der IG Widerruf.
06.03.2017 Zumindest einzelne Landgerichte sehen die üblichen Feststellungsanträge zu Kreditwiderrufsklagen seit der Pressemitteilung des Bundesgerichtshof vom 21.02.2017 (siehe unten unter diesem Datum) als unzulässig an. Rechtsanwältin Cornelia Florkowski berichtet: Das Landgericht Hildesheim hat ihr im Streit um einen SEB-Kredit aus dem Jahr 2007 (Aktenzeichen: 6 O 200/16) einen entsprechenden Hinweis erteilt. Das Gericht verwies auf die Pressemitteilung des obersten deutschen Zivilgerichts und erklärte, es werde solche Klagen entgegen der bisherigen Rechtsprechung jetzt ebenfalls nicht mehr für zulässig halten. Unterdessen ist der Hintergrund für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nach wie vor unklar. test.de vermutet: Anders als bei vielen Kreditwiderrufsklagen sonst stand der Klägerin in diesem Fall tatsächlich noch eine Forderung zu und war deshalb die Leistungsklage möglich und dann auch vorrangig. In den meisten Kreditwiderrufsfällen jedoch erklärt eine der Parteien die Aufrechnung. Anschließend hat meist nur die betroffene Bank oder Sparkasse noch eine Forderung und Kreditnehmer daher gar keine andere Möglichkeit mehr, als eine Feststellungsklage zu erheben. test.de hat das erstinstanzliche Urteil zum BGH-Fall angefordert, es liegt aber noch nicht vor.
02.03.2017 Die Begründung des BGH zu seinem Urteil vom 22.11.2016 (s. u. unter diesem Datum, wonach die Belehrung zu vor allem bei zahlreichen Sparkassen nach Juni 2010 verwendeten Widerrufsinformationen im Grund korrekt ist, liegt jetzt vor. Danach müssen Banken und Sparkassen nicht verständlicher über die Rechtslage informieren als der Gesetzestext; es reicht aus, den Gesetzestext korrekt wiederzugeben. Es schadet nicht einmal, wenn es entgegen der Gesetzeslage heißt: Für den Fristbeginn ist die Information über die Aufsichtsbehörde nötig. Enthält die Widerrufsinformation allerdings diesen falschen Hinweis, dann muss die Bank oder Sparkasse diese Information auch liefern. Fehlt sie wie bei zahlreichen Sparkassen, dann beginnt die Frist nicht und können Kreditnehmer den Vertrag auch viele Jahre nach Abschluss noch widerrufen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.11.2016
Aktenzeichen: XI ZR 434/15
24.02.2017 Rechtsanwalt Ulf Böse hat Neuigkeiten von der Örag. Die verweigert inzwischen die Deckung entsprechend der Vorgaben vom Bundesgerichtshof nicht mehr wegen Vorvertraglichkeit. Allerdings habe sie in den letzten Wochen mehrfach moniert, dass ihr Kunde die erste Beitragsrate erst nach Eintritt des Rechtsschutzfalls durch die rechtswidrige Verweigerung des Kreditwiderrufs gezahlt habe. Tatsächlich hat sie dennoch Deckung zu bieten, erklärt der Rechtsanwalt aus Köln. Der Versicherungsschutz beginnt nur dann nicht zur im Versicherungsschein genannten Zeit, wenn die erste Rate erst verspätet gezahlt wird. Letztlich habe die Örag in seinen Fällen jeweils eingelenkt und doch noch Deckung zugesagt, berichtet Böse. Von solcher Deckungsverweigerung betroffene Örag-Kunden sollten sich nicht abwimmeln lassen, empfiehlt er.
22.02.2017 Rechtsanwältin Cornelia Florkowski berichtet: Das gestern verkündete Urteil des Bundesgerichtshofs zur Unzulässigkeit von Feststellungsklagen in Kreditwiderrufsfällen führt zu Irritationen. Bei einer Verhandlung vor einem Landgericht heute früh verschob die zuständige Kammer die Verkündung einer Entscheidung. Nach der Pressemitteilung des BGH könne die Feststellungsklage ja unzulässig sein. Den Einwand, dass die Kläger nach Aufrechnung gar keine Forderungen mehr haben und deshalb keine Leistungsklage erheben können, überzeugte die Landrichter erst mal nicht.
21.02.2017 Neue Kreditwiderrufsurteile vom Bundesgerichtshof: Belehrungen, die den Irrtum erlauben, dass die Widerrufsfrist schon mit Übergabe der Vertragsunterlagen unabhängig von der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers zu laufen beginnt, sind auch dann ungenügend, wenn sie im konkreten Fall nicht geeignet sind, ein Missverständnis zu provozieren. Darauf kommt es nicht an, urteilte der Bankensenat am obersten deutschen Zivilgericht. Die Belehrung müsse für sich gesehen unabhängig von den Umständen im Einzelfall richtig und unmissverständlich sein. In beiden Fällen hob er die Klagabweisungen der Vorinstanzen auf. Die Gerichte müssen die Fälle erneut aufrollen und dabei prüfen, ob das Widerrufsrecht der Kläger jeweils verwirkt war. Dafür reiche nicht aus, dass ein Vertrag bereits abgewickelt ist, wenn Verbraucher ihr wegen fehlerhafter Belehrung fortbestehendes Widerrufsrecht ausüben. Es müssen Umstände im Einzelfall vorliegen, aus denen Banken und Sparkassen schließen dürften, dass Verbraucher ihr Widerrufsrecht jetzt nicht mehr ausüben.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.02.2017
Aktenzeichen: XI ZR 381/16
Überraschend ist das zweite Urteil: Eine Klage auf Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs ist unzulässig, wenn sich ermitteln lässt, was die Bank oder Sparkasse Kreditnehmern nach Widerruf zahlen muss. Dann sei die Leistungsklage vorrangig. Beim Kreditwiderruf waren Feststellungsklagen weithin üblich, die meisten Kreditwiderrufsurteile ergingen zu solchen Klagen und hielten sie für zulässig. Möglicherweise trifft das Urteil nicht allzu viele Fälle. Meist erklären nämlich Verbraucheranwälte die Aufrechnung. Ihre Mandanten haben dann keine Forderung mehr und müssen ihrerseits einen zugunsten der Bank verbleibenden Saldo ausgleichen. In solchen Fällen müsste die Feststellungsklage auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs weiter zulässig sein.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.02.2017
Aktenzeichen: XI ZR 467/15
16.02.2017 Decker & Böse Rechtsanwälteaus Köln bieten einen neuen Kreditwiderrufsrechner an. Er ermöglicht nicht nur die Berechnung der Rückabwicklung unter Berücksichtigung von Nutzungen des Kreditgebers in Höhe von 2,5 (Immobilienkredite) und 5 Punkten (Kredite ohne Absicherung über das Grundbuch) über dem Basiszinssatz, sondern auch mit den auf der Grundlage vor allem der Eigenkapitalrendite ermittelten tatsächlichen Nutzungen der Bank. Außergerichtlich hätten einzelne Baufinanzierer bereits die Herausgabe mit dem Rechner ermittelter Nutzungen von über 5 Punkten über dem Basiszinssatz akzeptiert. Vor Gericht sei das bisher nicht gelungen. Die Rechtsanwälte wollen die Art abzurechnen, vor den BGH bringen.
09.02.2017 Rechtsanwalt Dirk Dametz berichtet: Die Deutsche Bank hat vor dem Landgericht Frankfurt/Main eine Kreditwiderrufsklage wegen zweier im November 2012 geschlossener Verträge anerkannt. Solche jungen Verträge können auch heute noch widerrufen werden, wenn die Belehrung fehlerhaft ist. Nur für bis 10.06.2010 abgeschlossene Immobilienkreditverträge ist das Widerrufsrecht wegen einer Gesetzesänderung erloschen.
07.02.2017Rechtsanwalt Ulf Böse berichtet: Die Örag Rechtschutzversicherung weigerte sich einmal mehr monatelang, Deckung für einen Kreditwiderrufsstreit zu gewähren. Sie berief sich auf Vorvertraglichkeit, obwohl die Bank den Widerruf erst zwei Monate nach Abschluss der Rechtsschutzversicherung verweigert hatte und nach der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst dadurch der Rechtsschutzfall entstanden war. Telefonisch hatte die Örag dem Kreditnehmer selbst bereits signalisiert: Das zahlen wir. Doch davon wollte sie später nichts mehr wissen. Selbst die Beschwerde beim Vorstand brachte nichts. Erst nachdem eine Strafanzeige wegen Betrugs vorlag und Rechtsanwalt Ulf Böse Deckungsklage erhoben hatte, kam die Deckungszusage doch noch.
26.01.2017 Springender Punkt in den am Dienstag vom Bundesgerichtshof beurteilten Widerrufsbelehrungen der BW-Bank (s. u., 24.01.2017) ist wohl doch nicht nicht die Frist, innerhalb derer nach Widerruf fällige Zahlungen zu erfolgen haben. Für falsch hält der Bundesgerichtshof aber offenbar die Formulierung: „Die Frist (für nach Widerruf fällige Zahlungen, Ergänzung der Redaktion) beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung , für uns mit deren Empfang.“ Das habe BGH-Anwalt Ralph Schmitt inzwischen signalisiert, berichtetRechtsanwalt Nico Werdermann, der selbst die Verhandlung in Karlsruhe nicht beobachtet hatte. Dass der Bundesgerichtshof sich in der kurzen Verhandlung nicht mit der Argumentation des Oberlandesgerichts Stuttgart befasste, liegt offenbar daran, dass der XI. Senat zuvor bereits über eine Kreditwiderrufsklage gegen die WestImmo entschieden hat, bei der ganz ähnliche Fehler in der Widerrufsbelehrung Thema waren.
24.01.2017 Werdermann von Rüden-Rechtsanwälte berichten: Der Bundesgerichtshof hat eine Kreditwiderrufsverurteilung der BW Bank zu zwei im September 2009 geschlossenen Verträgen bestätigt. Nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung zu urteilen hält er – überraschend für alle Beteiligten – die Formulierung „Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden“ für falsch oder unzureichend. Einzelheiten sind noch unklar. Bis die Urteilsbegründung vorliegt, werden noch mindestens Wochen, vielleicht sogar Monate ins Land gehen.
23.01.2017 Gansel Rechtsanwälte haben ihre Liste mit typischen Fehlern in Widerrufsbelehrungen ab 10. Juni 2010 aktualisiert. Jedenfalls Verträge mit solchen Widerrufsbelehrungen können auch heute noch widerrufen werden.
23.01.2017Rechtsanwalt Lorenz Weber berichtet: Das Amtsgericht Merseburg hat die DEVK dazu verurteilt, einem Rechtsschutzkunden mit Vertrag auf Grundlage der 2014er-Bedingungen Deckung für eine Kreditwiderrufsklage zu gewähren. Dort fand sich ein besonderer Ausschluss. Wortlaut der Klausel: „Sind mehrere Versicherungsfälle für Ihren Anspruch auf Versicherungsschutz ursächlich, ist der Erste entscheidend („ursächlich“ ist eine behauptete Pflichtverletzung dann, wenn sie von einer der Parteien zur Stützung ihrer Rechtsauffassung herangezogen wird) (...)“ Laut Amtsgericht Merseburg greift der Ausschluss nicht, da er für sich genommen keinerlei Rechtsfolge beinhaltet und es beim Widerruf auch gar keine zwei Rechtsschutzfälle geben kann, sondern nur einen. Und der beruht auf der Verweigerung des Widerrufsrechts und nicht auf der bereits bei Vertragsschluss erfolgten falschen Belehrung.
Amtsgericht Merseburg, Urteil vom 13.01.2017
Aktenzeichen: 6 C 97/16 (VI) (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Rechtsanwälte Dr. Weber, Weber & Koll., Merseburg
23.01.2017 Der Prozessfinanzierer Maximum Ius finanziert Kreditwiderrufsklagen. test.de hat das Angebot überprüft und hält es für fair. Schnelltest Maximum Ius.
10.01.2017 Offenbar versuchen jedenfalls einzelne Sparkassen, die laut BGH-Urteil (vom 22.11.2016, Aktenzeichen: XI ZR 434/15) für den Lauf der Widerrufsfrist fehlende Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde möglichst unauffällig nachzuliefern. Rechtsanwalt Philipp Caba von finanzwacht.de liegt ein aktueller Kontoauszug zu einem Kredit der Sparkasse Arnsberg-Sundern vor. Darin heißt es auf Seite 2 von 3 unter Kundenmitteilungen: „Für die Zulassung zuständige Aufsichtsbehörde: Europäische Zentralbank…Für den Verbraucherschutz zuständige Aufsichtsbehörde: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht…“ Wahrscheinlich werden Gerichte diese Form der Nachbelehrung nicht für ausreichend halten, um die Widerrufsfrist zumindest nachträglich in Gang zu setzen, da ein erneuter Hinweis auf die von Erhalt der Information an laufende Monatsfrist für den Widerruf fehlt. Betroffene müssen sich jedoch darauf einrichten, dass die Sparkassen so argumentieren.
02.01.2017 Ausgerechnet aus Frankfurt, wo in Rechtsstreitigkeiten früher Banken und Sparkassen häufig besser abgeschnitten haben als bei Gerichten in anderen Städten, kommt das bisher mit Abstand verbraucherfreundlichste Urteil zum Kreditwiderruf überhaupt: Commerzbank und Hypothekenbank Frankfurt müssen einem Kreditnehmer Nutzungen seiner Zahlungen in Höhe von fünf Punkten über dem Basiszinssatz herausgeben. Gleichzeitig steht den beiden Banken nach dem Feststellungsurteil Zinsen auf die noch offene Restschuld nur in der im jeweiligen Monat marktüblichen Höhe zu. test.de hat noch nicht nachgerechnet. Sicher ist aber: Sie schneiden dabei um etliche Tausend Euro besser ab als bei sonst üblichen Rückabwicklung. Bei der haben die Banken Nutzungen in Höhe von nur 2,5 Punkten über dem Basiszinssatz herauszugeben und steht Banken und Sparkassen über die ganze Laufzeit des Kredits hinweg mindestens der bei Vertragsschluss für vergleichbare Kredite marktübliche Zinssatz zu.
test.de hat das Urteil bereits am 30. Dezember erhalten. Die ungewöhnlich verbraucherfreundliche Rückabwicklung, die das Gericht anordnet, haben wir dabei zunächst übersehen. Erstaunlicherweise findet sich in der Urteilsbegründung zur Höhe der wechselseitigen Nutzungen kein Wort. Wahrscheinlich haben die Bankanwälte vor allem die Wirksamkeit des Widerruf in Zweifel gezogen und hat der Einzelrichter, der den Fall entschieden hat, übersehen, dass der Antrag der Kläger, dem er in seinem Urteil in vollem Umfang folgte, viel weiter reichte, als die Rückabwicklung sonst üblicherweise vorgenommen wird.
Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.12.2016
Aktenzeichen: 2-10 O 208/16 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: VHM Anwälte, Koblenz
23.12.2016 Schöner Erfolg für Rechtsanwältin Carolin Rogoz: Das Oberlandesgericht Nürnberg hat auf die Klage von ihr vertretener Kreditnehmer gegen die Sparkasse im Landkreis Cham hin geurteilt, dass Zinsanschlussvereinbarungen kein Umstand sind, der eine Verwirkung des Widerrufsrechts begründen. Ganz im Gegenteil: „Die Kläger brachten damit sogar zum Ausdruck, dass sie günstigere Zinskonditionen wünschen und damit nicht an dem Darlehensvertrag vom 12.11.2004 festhalten wollen. Insofern musst die Bank (...) zumindest damit rechnen, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht ausüben würden, wenn sie wüssten dass sie noch (...) widerrufen können“, heißt es in der Urteilsbegründung.
Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 19.12.2016
Aktenzeichen: 14 U 1260/16 (nicht rechtskräftig)
22.12.2016 Zumindest einem einzelnen Kunden gegenüber hat die DKB jetzt ihre Niederlage im Kreditwiderrufstreit eingestanden und erkennt den Widerruf an. Der Haken an der Sache: Gleichzeitig fordert die Bank den Ausgleich des Saldos innerhalb von vier Wochen. Jetzt kurz vor Weihnachten rechtzeitig eine neue Finanzierung auf die Beine zu stellen, ist aber kaum zu schaffen. Was geschieht, wenn es nicht klappt, kündigt die DKB auch gleich an: Sie werde ohne weitere Ankündigung die Zwangsvollstreckung einleiten und droht mit der Schufa. Zusätzlich führt die Bank Kapitalertragssteuer auf sämtliche Nutzungen ans Finanzamt ab.
Rechtsanwalt Nico Werdermann sieht das alles als Schikane an. „Die Bank will sich für den Widerruf rächen und andere Kunden davon abschrecken, ihre Rechte wahrzunehmen“, vermutet er. Rechtlich bewegt die Bank sich auf dünnem Eis. Nach monatelangem Streit plötzlich kurz vor Weihnachten Zahlung von fast einer viertel Million Euro binnen weniger Wochen zu fordern, dürfte rechtswidrig sein. Auch die Drohung mit der Schufa und der Abzug der Kapitalertragssteuer sind rechtlich zweifelhaft.
Die DKB erklärte auf test.de-Anfrage: Da test.de der Name des Kunden nicht bekannt sei und der Bank keine Befreiung vom Bankgeheimnis vorliege, könne sie nur grundsätzlich mitteilen, dass die DKB auf Wunsch von Kunden Widerrufe prüfe und diesen stattgebe, wenn sie rechtlich begründet seien. Dabei haben Banken dann auch Anspruch darauf, dass der Saldo zurückgeführt werde.
12.12.2016 Die Sparda Bank Baden-Württemberg hat jetzt doch noch Stellung zur eigenmächtigen Abbuchung von 4 884 Euro Gerichtskosten von einem Kundenkonto genommen, nachdem sie den Rechtsstreit auf ganzer Linie verloren hatte (s. u., 02.12.2016). test.de dokumentiert die Erklärung von Pressesprecher Andreas Küchle im Wortlaut:
„Die Gerichtskosten über 4 884 Euro wurden versehentlich am 17.05.2016 dem Kundenkonto belastet. Der Fehler für die Fehlbuchung liegt bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg. Nach einer telefonischen Reklamation des Kunden am 19.05.2016 wurde die versehentlich ausgeführte Überweisung über 4 884 Euro unverzüglich innerhalb von 24 Stunden wertstellungsgemäß und ohne wirtschaftlichen Nachteil dem Girokonto des Kunden gutgeschrieben. Eine mehrfache Ermahnung zum Ausgleich der Fehlbuchung fand nicht statt. Durch die umgehend korrigierte Fehlbuchung erlitten die Kunden keinerlei wirtschaftliche Nachteile. Die Kollegin der Sparda-Bank Baden-Württemberg hatte sich telefonisch bei den Kunden entschuldigt.“
09.12.2016 Um wie viel Geld es beim Kreditwiderruf insgesamt geht, lässt sich anhand der Kanzleistatistik von Rechtsanwalt David Stader aus Köln erahnen: Insgesamt 121 Kreditwiderrufsfälle habe er bisher erfolgreich bearbeitet und dabei für seine Mandanten einen wirtschaftlichen Vorteil von 2,1 Millionen Euro erstritten, berichtet er. Durchschnittlicher Vorteil je erfolgreich abgeschlossenem Fall in seiner Kanzlei: 16 575 Euro. Die test.de-Urteilsliste zum Kreditwiderruf enthält Stand heute, 11 Uhr, genau 1 154 verbraucherfreundliche Urteile und Vergleiche. Wenn der durchschnittliche wirtschaftliche Vorteil je Fall ebenfalls bei 16 575 liegt, beläuft sich der Vorteil der Verbraucher in den aufgelisteten Fällen auf insgesamt 19,1 Millionen Euro. Das erfasst allenfalls einen kleinen Teil der Fälle insgesamt. Ganz viele werden durch außergerichtliche Vergleiche erledigt, von denen meist nie jemand außer den Beteiligten erfährt. Zahllose Fälle sind noch ungeklärt. Tausende weiterer Verträge haben Kreditnehmer vermutlich rechtzeitig vor Erlöschen des Widerrufsrechts für viele Verträge im Juni 2016 widerrufen, aber noch nicht damit begonnen, den Kreditwiderruf auch durchzusetzen.
08.12.2016 Rechtsanwalt Simon Bender berichtet: Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat die DEVK dazu verurteilt, einem Rechtsschutzkunden mit Vertrag auf der Grundlage der Bedingungen von 2014 Deckung für eine Kreditwiderrufsklage zu gewähren. Dort fand sich ein besonderer Ausschluss. Wortlaut: „Sind mehrere Versicherungsfälle für Ihren Anspruch auf Versicherungsschutz ursächlich, ist der Erste entscheidend („ursächlich“ ist eine behauptete Pflichtverletzung dann, wenn sie von einer der Parteien zur Stützung ihrer Rechtsauffassung herangezogen wird). (...)“ Laut Amtsgericht Frankfurt am Main greift der Ausschluss schon deshalb nicht, weil beim Kreditwiderruf wie vorliegend nur ein einziger Versicherungsfall gegeben ist. Und der beruhe auf der Verweigerung des Widerrufsrechts und nicht auf der bereits bei Vertragsschluss erfolgten falschen Belehrung. Details zum Fall auf der Homepage der Kanzlei.
Amtsgericht Frankfurt, Urteil vom 29.11.2016
Aktenzeichen: 30 C 2365/16 (20) (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Ares Rechtsanwälte, Frankfurt am Main
02.12.2016 So etwas ist test.de noch nie untergekommen: Die Sparda Bank Baden-Württemberg soll sich am Konto von Kunden selbst bedient haben, nachdem diese beim Landgericht Ellwangen ein Kreditwiderrufsurteil gegen die Bank erwirkt hatten. Genau 4 884 Euro buchte die Bank vom Konto der Kunden ab – ohne jeden Auftrag oder Einzugsermächtigung und obwohl nach dem Urteil die Bank die Kosten des Verfahrens vollständig zu tragen hat. Nachdem die Kunden mehrfach entschieden protestiert hatten, erstattete die Bank den Betrag wieder. Eine Erklärung für die Buchung oder gar eine Entschuldigung gab es nicht. So berichten es die betroffenen Eheleute. Sie haben ihren Rechtsanwalt Dr. Borst jetzt damit beauftragt, Strafanzeige zu stellen. Die Bank erklärte test.de gegenüber nur: Sie äußere sich zu laufenden Verfahren grundsätzlich nicht.
29.11.2016 Erstaunlich: Einzelne Sparkassen verteidigen sich vor Gericht auch nach Tausenden von Kreditwiderrufsurteilen immer noch mit aussichtslosen Argumenten. Beispiel Sparkasse Amberg-Sulzbach: Sie berief sich auf Verjährung. Genau wie bei verjährten Sachmangelforderungen der Rücktritt vom Kaufvertrag unwirksam ist, sei bei Kreditverträgen der Widerruf ausgeschlossen, wenn die Forderung auf korrekte Widerrufsbelehrung wegen Verjährung nicht durchgesetzt werden könne, argumentierten die Sparkassen-Juristen.
Stimmt nicht, urteilte das Landgericht Amberg. Der Ausschluss des Rücktritts wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung berühre das Widerrufsrecht nicht. Zweiter juristisch fragwürdiger Verteidigungsversuch: Die Aufrechnung der wechselseitigen Rückabwicklungsforderungen sei durch eine Klausel im Kleingedruckten verboten. Auch damit blitzte die Sparkasse vor Gericht ab. Selbstverständlich dürfen Bankkunden eigene, gerichtlich bestätigte Forderungen mit Forderungen der Bank verrechnen und schulden dann nur noch die Differenz, urteilte die Richterin in Amberg und verwies auf die seit vielen Jahren bekannten Urteile des Bundesgerichtshof zum Thema.
Was auch die Richterin übersehen hatte: Die Argumentation war von vorneherein nicht zur Verteidigung der Sparkasse geeignet. Ohne die Aufrechnung hätte die Sparkasse der Kreditnehmerin insgesamt viel mehr Geld geschuldet.
25.11.2016 Soweit bekannt erstmals überhaupt hat jetzt eine Sparkasse Kreditnehmer „nachbelehrt“. Das berichtet Roland Klaus von der Interessengemeinschaft Widerruf. Die Sparkasse Verden liefert die laut Widerrufsinformation zum damaligen Vertrag notwendige Information über die zuständige Aufsichtsbehörde nach. Erstaunlich: Die Sparkasse verfasste den Brief am 1. November 2016. Erst am vergangenen Dienstag jedoch verkündete der Bundesgerichtshof das Urteil, aus dem sich ergibt, dass eine solche Nachbelehrung nötig ist (s. u., 22.11.2016). Noch erstaunlicher: Auch die Nachbelehrung der Sparkasse Verden ist zweifelhaft.
Entscheidende Passagen zu einem im August 2010 abgeschlossenen Kreditvertrag: „Sehr geehrter [Kunde, Ergänzung der Red.], zu Ihrem Darlehen (...) erhalten Sie (...) folgende nachträgliche Information (...): Zuständige Aufsichtsbehörde: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (...). Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat (...) widerrufen. Die Widerrufsfrist beginnt mit Erhalt dieser nachträglichen Information und beträgt einen Monat.“
Offen bleibt dabei, ob der Tag, an dem der Brief der Sparkasse im Briefkasten ihres Kunden landete, mitzählt oder nicht. Richtig ist: Der Tag zählt nicht mit. Hat der Kreditnehmer den Brief am Mittwoch, 2. November, erhalten, dann läuft die Widerrufsfrist nicht nach genau einem Monat am Donnerstag, 1. Dezember, sondern erst am Freitag, 2. Dezember ab. Weitere Einzelheiten zum Fall im Blog der Interessengemeinschaft.
24.11.2016 Rechtsanwalt Nico Werdermann berichtet: Die BW Bank ist mit ihren Präventivklagen gegen Mandanten seiner Kanzlei bislang vollständig gescheitert. In vier Fällen wiesen die Gerichte die Klagen der Bank ab. In einem weiteren Fall zeichnet sich das ab. Das Landgericht Berlin weigerte sich, ein Versäumnisurteil gegen Kunden der Bank zu erlassen. Das heißt: Schon die Darstellung des Falls durch die Bank selbst rechtfertigt aus Sicht der Richter in Berlin die begehrte Verurteilung nicht.
Zum Hintergrund: Die BW Bank hat ihren Sitz in Stuttgart. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht dort verurteilten die Bank auf Kreditwiderrufsklagen hin regelmäßig. Die Bank begann daraufhin, von sich aus Klage zu erheben, wenn Kreditnehmer ihren Vertrag widerrufen und einen Rechtsanwalt eingeschaltet hatten. Für solche Präventivklagen ist dann regelmäßig das Landgericht zuständig, in dessen Bezirk der Kreditnehmer wohnt. Die Bank hoffte wohl, dass zumindest das ein oder andere Landgericht nicht so verbraucherfreundlich urteilt wie das in Stuttgart. Das ging bisher nicht auf.
Allerdings: Für die Bank erwünschter Nebeneffekt der Präventivklagen könnte es gewesen sein, Angst und Schrecken zu verbreiten. Von einer solchen Klage betroffene Kunden müssen wohl oder übel vor Gericht ziehen und das bei Kreditwiderrufsklagen oft hohe Prozesskostenrisiko eingehen, wenn sie nicht unwiderruflich klein beigeben wollen. „Die Strategie dürfte schon eher erfolgreich gewesen sein“, vermutet Nico Werdermann. Er denke schon, dass die Bank damit Kunden davon abgehalten hat, ihre Rechte geltend zu machen.
22.11.2016 Neues Urteil des Bundesgerichtshofs zum Kreditwiderruf: Die von vielen Sparkassen ab 2010 verwendete Belehrung mit Checkboxen ist im Grunde korrekt. Allerdings muss die zuständige Aufsichtsbehörde im Vertrag genannt werden, damit die Frist für den Widerruf zu laufen beginnt, urteilte der Bundesgerichtshof und hob die vom Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte Klageabweisung des Landgerichts Heidelberg auf. Denn die Abgabe fehlte im umstrittenen Kreditvertrag einer Sparkasse aus dem Raum Heidelberg, obwohl von ihr schon nach dem Wortlaut der Widerrufsinformation selbst abhing, dass die Frist für den Widerruf beginnt.
Allerdings: Der Bundesgerichtshof gab dem Oberlandesgericht auf zu prüfen, ob das Widerrufsrecht rechtsmissbräuchlich ausgeübt oder verwirkt war. Dafür gibt es eigentlich keinen Anlass. Der Vertrag war von 13. August 2010. Die Kreditnehmer hatten ihn bereits am 29. August 2013 widerrufen. Weitere Einzelheiten jenseits der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs zum Fall sind noch nicht bekannt. Die Urteilsbegründung wird erst in etlichen Wochen vorliegen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.11.2016
Aktenzeichen: XI ZR 434/15
22.11.2016 Ebenfalls heute wurde bekannt: Jürgen Ellenberger, Vorsitzender des fürs Bankrecht zuständigen XI. Senats am Bundesgerichtshof, leitet im laufenden Semester gemeinsam mit Peter O. Mülbert an der Uni Mainz ein Blockseminar zum Bank- und Kapitalmarktrecht. Mülbert ist Professor für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht an der Uni Mainz und Direktor des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar,- Giro- und Kreditwesens. Träger des Instituts: Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e. V., Landesbank Baden-Württemberg und Landesbank Rheinland-Pfalz. Zuletzt hatte Mülbert sich als Experte im Bundestags-Rechtsausschuss dafür ausgesprochen, dass das Widerrufsrecht für Kreditverträge mit fehlerhafter Belehrung aus den Jahren 2002 bis 2010 erlöschen soll. So hatte es der Bundestag schließlich auch beschlossen.
14.11.2016 Immer noch fehlt die Begründung zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.10.2016, Aktenzeichen: XI ZR 482/15. Nach diesem Urteil muss das Oberlandesgericht Stuttgart im Streit um einen Kreditvertrag der BW-Bank aus 2004 jetzt noch mal prüfen, ob das Widerrufsrecht des Kreditnehmers anderthalb Jahre nach Ablösung des Kredits nicht doch schon verwirkt war.
Eins allerdings ist schon jetzt bekannt: Den am Ende der Widerrufsbelehrung eingefügten Zusatz „Bei mehreren Darlehensnehmern kann jeder Darlehensnehmer seine Willenserklärung gesondert widerrufen“ hält der Bundesgerichtshof für inhaltlich zutreffend. Darauf weist Rechtsanwalt Nico Werdermann aus Berlin hin. Er lässt auch den Musterschutz nicht entfallen, wenn die Belehrung sonst dem gesetzlichen Mustertext entspricht. Für Belehrungen, nach denen Kreditnehmer den Widerruf nur gemeinsam erklären können, heißt das: Solche Belehrung sind fehlerhaft.
test.de vermutet: Belehrungen zumindest zu Verträgen mit mehreren Kreditnehmern dürften fehlerhaft sein, wenn der Hinweis fehlt, dass jeder für sich widerrufen kann.
08.11.2016Rechtsanwalt Sebastian Koch aus Bad Nauheim berichtet: Der 23. Senat am Oberlandesgericht Frankfurt am Main hält die von zahlreichen Banken im Zeitraum nach dem 10.06.2010 verwendete Belehrung mit der Formulierung „Die Frist beginnt (…) erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben (…) z. B. (…) Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat“ bei Immobiliardarlehen für fehlerhaft. Das war Quintessenz der mündlichen Verhandlung im Streit um einen Kreditvertrag mit dieser Belehrung, Aktenzeichen 23 U 12/16. Urteilsverkündung ist am Montag, 5. Dezember.
04.11.2016 Schlechte Nachrichten aus Karlsruhe: Der Bundesgerichtshof hält die Sparkassenbelehrungen mit den Fußnoten „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“ und „Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts“ für korrekt. Heute wurde bekannt: Er lehnte die Nichtzulassungsbeschwerden von zwei Klägern ab, die vor den Oberlandesgerichten Celle und Hamburg gescheitert waren (Beschlüsse vom 27.09.2016, Aktenzeichen: XI ZR 309/15 und XI ZR 99/16).
Einen der Beschlüsse begründet der Bundesgerichtshof zumindest kurz. Quintessenz: Die Begründung für die Abweisung der Klage – Übereinstimmung mit der gesetzlichen Musterbelehrung – war zwar falsch, sie hätte aber gleichwohl abgewiesen müssen, weil die Belehrung korrekt war. Insbesondere sei die Formulierung der Belehrung, wonach der Fristlauf schon mit Aushändigung des Vertragsantrags des Darlehensgebers beginne, nicht missverständlich, wenn folge: „jedoch nicht, bevor Ihnen auch eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist“ folge.
Der Irrtum, dass die Frist zwar nur bei Aushändigung des Originals seines Antrags, aber auch schon mit der Aushändigung einer Abschrift des Antrags des Darlehensgebers anlaufen könne, sei dann nicht möglich. Die Fußnoten seien unbedenklich, erklärt der Bundesgerichtshof lapidar und ohne weitere Begründung.
10.10.2016 Wie es nach den eindeutigen Urteilen des Bundesgerichtshofs zum Widerruf von Sparkassen-Krediten zu erwarten war: Immer häufiger setzen sich Kreditnehmer mit ihrem Widerruf durch, ohne dass es eines Urteils bedarf. Jüngstes Beispiel: Die Sparkasse Amberg schloss in einer Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Nürnberg im Verfahren 14 U 516/16 einen Vergleich, der schon ziemlich nah bei einem Anerkenntnis der Forderungen des Kreditnehmers liegt.
Danach wird der Kredit entsprechend der Vorgaben des Bundesgerichtshofs zu dem Zeitpunkt rückabgewickelt, zu dem die Widerrufserklärung des Kreditnehmers bei der Sparkasse einging. Dabei hat die Sparkasse dem Kunden Nutzungen seiner Ratenzahlungen in Höhe von 2,5 Punkten über dem Basiszinssatz herauszugeben. Vom danach verbleibenden Widerrufssaldo wird zusätzlich der Tilgungsanteil und die Hälfte der Zinsen von nach Widerruf gezahlter Raten sowie die später bei Ablösung des Kredits noch unter Vorbehalt gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung abgezogen. Die Kosten des Verfahrens übernimmt die Sparkasse. Allein das dürften einschließlich aller Anwaltshonorare rund 28 000 Euro sein.
Normalerweise bleiben solche Vergleiche geheim; die Parteien verpflichten sich in der Regel, Stillschweigen zu bewahren. So auch in diesem Fall. Allerdings beobachtete ein test.de-Leser die Gerichtsverhandlung. Ihn bindet die Vereinbarung nicht und er berichtete auf test.de, was die Parteien ausgehandelt haben. Dafür vielen Dank!
07.10.2016 Jetzt urteilen auch die Oberlandesgerichte Schleswig (Urteil vom 22.09.2016, Aktenzeichen: 5 U 49/16) und Bamberg (Urteil vom 28.09.2016, Aktenzeichen: 8 U 7/16) verbraucherfreundlich über den Widerruf von Sparkassen-Krediten. Jahrelang hatten die Richter dort Kreditwiderrufsklagen abgewiesen. Sie hielten entweder die Belehrung für eine Verwendung des gesetzlichen Musters und damit für wirksam oder das Widerrufsrecht für verwirkt oder rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Jetzt urteilen sie wie vom Bundesgerichtshof mit seinen aktuellen Urteilen vorgegeben (siehe unten 12.07.2016).
Wie viele – gemessen an den aktuellen Bundesgerichtshofs-Urteilen: falsche – Abweisungen von Kreditwiderrufsklagen rechtskräftig geworden sind, ist nicht bekannt. Betroffene haben in dieser Konstellation keine Chance mehr, zu ihrem Recht zu kommen. Kreditnehmer, die wegen der verbraucherunfreundlichen Rechtsprechung in diesen und einigen weiteren Oberlandesgerichtsbezirken nach dem Widerruf ihres Vertrags noch nichts weiter unternommen haben, können ihre Rechte jetzt mit hoher Aussicht auf Erfolg geltend machen.
test.de empfiehlt: Fordern Sie Ihre Sparkasse angesichts der aktuellen Urteile des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte Schleswig und Bamberg einmal noch außergerichtlich auf, den Widerruf zu akzeptieren und die Rückabwicklung vorzunehmen. Schalten Sie einen in Kreditwiderrufsfällen erfahrenen Rechtsanwalt ein, wenn die Sparkasse nicht oder nicht korrekt reagiert.
06.10.2016 Die Örag gibt ihre Verweigerungshaltung jetzt offenbar auf und gewährt Deckung für Kreditwiderrufsstreitigkeiten. Das berichtet Rechtsanwalt Ilja Ruvinskij von der Kanzlei Kraus Ghendler Ruvinskij in Köln. Die Kanzlei hatte, nachdem der Versicherer einer Reihe von Mandanten die Deckung trotz eindeutiger Vorgaben des Bundesgerichtshofs verweigert hatte, in 15 Fällen Klage auf Deckung vor dem Landgericht Düsseldorf erhoben und in einer ganzen Reihe weiterer Fälle den Ombudsmann eingeschaltet. Heute kamen in zwei Fällen Deckungszusagen, obwohl weder Gericht noch Ombudsmann bereits entschieden haben. Die Versicherung erklärte, sie wolle sich nicht weiter auf den Einwand der Vorvertraglichkeit berufen, berichtete Ruvinskij. Weitere Einzelheiten auf der Homepage der Kanzlei.
30.09.2016 Der Bundesgerichtshof hat heute die Begründung zu dem zweiten am 12. Juli 2016 verkündeten Kreditwiderrufs-Urteil veröffentlicht. Danach sind die über viele Jahre hinweg von so ziemlich allen Sparkassen verwendeten Widerrufsbelehrungen mit der Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ falsch. O-Ton Bundesgerichtshof: „Durch den Zusatz einer Fußnote mit dem Fußnotentext „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ vermittelte die Belehrung (...) den Eindruck, die Länge der Frist könne je nach den (...) Umständen des Einzelfalls variieren und es sei Aufgabe des Verbrauchers, die in seinem Fall geltende Frist selbst festzustellen. (...) Vorformulierte Widerrufsbelehrungen (...) sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. (...) Fußnoten (...) sind Teil der (...) an den Kunden gerichteten Allgemeinen Geschäftsbedingungen. (...) Die Stellung des Fußnotentextes neben dem Unterschriftsfeld für den „Sachbearbeiter“ ändert daran nichts. Zum einen war dieses Unterschriftsfeld durch eine Trennlinie deutlich vom Fußnotentext geschieden. Zum anderen war der Fußnotentext über die hochgestellte „2“ in den Belehrungstext einbezogen, so dass er sich erkennbar an den Gegner des Verwenders und nicht an dessen Mitarbeiter richtete.“
Die obersten deutschen Zivilrichter bekräftigen: Der Text der seinerzeit gültigen gesetzlichen Musterbelehrung ist fehlerhaft. Die Formulierung, dass die Frist frühestens beginne, lasse offen, wann genau sie dann tatsächlich beginnt.
Dennoch gilt die Widerrufsbelehrung als richtig, soweit Banken und Sparkassen das gesetzliche Muster verwendet haben. Ergänzungen und Zusätze, die wie die Fußnote der Sparkassen geeignet sind Verbraucher zu verwirren, stellen eine inhaltliche Bearbeitung dar und führen dazu, dass die Belehrung nicht als richtig gilt. Für zulässige Änderungen hält der Bundesgerichtshof allerdings:
- das Einrücken oder Zentrieren von Überschriften
- der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung
- die Zuordnung der Belehrung zu einem konkreten Verbrauchervertrag
- der Austausch von Begriffen aus dem Muster durch Synonyme (soweit darunter die Verständlichkeit nicht leidet) und
- die Bezeichnung des Unternehmers in der Belehrung durch „wir“ statt „er“.
Ob das abschließend ist, bleibt unklar; test.de vermutet: andere als die genannten Abweichungen vom Mustertext werden regelmäßig dazu führen, dass die Belehrung nicht als richtig gilt.
Zusätzliche Ansage des Bundesgerichtshofs: Der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Kreditgebers bedarf es nicht, eine Postfachadresse reicht aus. Immerhin: Da die Gestaltungshinweise zum gesetzlichen Mustertext ausdrücklich die Angabe der richtigen Adresse vorsahen, können Banken und Sparkassen sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, wenn sie nur eine Postfachadresse angegeben haben.
Etwas klarer als in der Begründung zum anderen am 12. Juli verkündeten Urteil (siehe unten 13.09.2016) äußert sich der Bundesgerichtshof zum Einwand von Rechtsmissbrauch und Verwirkung: Sie könnten zwar grundsätzlich auch dem Widerrufsrecht entgegenstehen. Es reiche aber nicht aus, dass der Kreditnehmer über Jahre hinweg seine vertraglichen Pflichten erfüllt hat. Nur aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall könne die Ausübung des Widerrufsrechts nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein. Ansonsten bleibe es bei dem nach dem klaren Willen des Gesetzgebers bei unzureichender Belehrung ewigen Widerrufsrecht, das Verbraucher ohne Angabe von Gründen jederzeit ausüben können.
Letzter Punkt: Banken und Sparkassen müssen bei Immobilienkrediten nur Nutzungen in Höhe von 2,5 Punkten über dem Basiszinssatz herausgeben, so lange höhere oder niedrigere Nutzungen nicht im Einzelfall dargelegt und im Zweifel bewiesen sind. O-Ton aus der Urteilsbegründung: „Die in beide Richtungen widerlegliche Vermutung knüpft normativ spiegelbildlich an die Regelungen an, die die von den Banken beanspruchbaren Verzugszinsen normieren. Sie ist unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung am Zinsmarkt und wirkt sowohl zugunsten als auch zulasten beider Vertragsparteien.“
29.09.2016 Das – soweit test.de bekannt – erste Urteil zu einer Präventivklage der Landesbank Baden-Württemberg ist rechtskräftig. Die Bank hatte – wohl um einer Klage der Kreditnehmer vor dem verbraucherfreundlichen Landgericht Stuttgart zuvor zu kommen, siehe unten 08.04.2016, 11.04.2016, 14.04.2016, 19.04.2016 und 28.04.2016 – Kunden der Bankkontakt AG vor dem Landgericht Oldenburg verklagt und wollte festgestellt wissen, dass der Widerruf der beiden Kreditnehmer wirkungslos ist.
Vorsitzender Richter Dr. Wolfgang Raschen machte kurzen Prozess mit der Klage. Nur gut vier Seiten hat das Urteil (vom 19.08.2016, Aktenzeichen: 3 O 863/16). Die Widerrufsbelehrung sei falsch und das Recht zum Widerruf weder verwirkt noch rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Gansel Rechtsanwälte berichten: Auch bei Präventivklagen gegen ihre Mandanten läuft’s gut. Bei den Verhandlungen bisher zeichnete sich jeweils ab: Die Gerichte werden diese Klagen genau wie das Landgericht Oldenburg abweisen.
16.09.2016 Selbst wenn Banken sich daran machen, einen widerrufenen Kreditvertrag rückabzuwickeln, müssen Kreditnehmer auf der Hut sein. Das zeigt das Beispiel einer Kreditnehmerin, die im Finanzforum über ihren Fall berichtet. Die Genossenschaftsbank, bei der sie einen Kredit aufgenommen hatte, kam bei Berechnung der Rückabwicklung zum Ergebnis: Die Bank hat noch 4 725,91 Euro zu erhalten. Die Analyse der Berechnung zeigt: Die Bank rechnet so, wie das früher üblich war. Die Vorgaben des Bundesgerichtshofs zur Rückabwicklung (s. u., 02.03.2016) berücksichtigt sie nicht. Sie führen dazu, dass die Kreditnehmerin noch über 4 000 Euro zu erhalten hat. Mit anderen Worten: Die Abrechnung der Bank benachteiligt die Kreditnehmerin um fast 9 000 Euro.
13.09.2016 Der Bundesgerichtshof hat heute die mit Spannung erwartete Begründung zu einem von den beiden verbraucherfreundlichen Grundsatzurteilen vom 12.07.2016 veröffentlicht. Sie kann ab sofort beim Bundesgerichtshof abgerufen werden. Wichtigster Punkt: Der Widerruf eines Vertrags mit einer fehlerhaften Belehrung ist, auch wenn er erst 14 Jahre nach Vertragsschluss und sieben Jahre nach Abwicklung des Vertrags erklärt wird, nicht rechtsmissbräuchlich.
Der Widerruf bedarf keiner Begründung, betonte die obersten Zivilrichter. Er darf deshalb auch aus rein wirtschaftlichen Gründen erklärt werden. Allerdings: Ob der Kreditnehmer jetzt einen Teil seines Geldes zurück erhält, ist weiter unklar. Das Hanseatische Oberlandesgericht muss noch klären, ob der Vertrag wie vom Kreditnehmer behauptet unter das Haustürwiderrufsgesetz fällt. Das hatte es bisher offen gelassen und die Klage abgewiesen, weil jedenfalls Rechtsmissbauch vorliege. Außerdem hält der Bundesgerichtshof es nicht für ausgeschlossen, dass das Widerrufsrecht inzwischen verwirkt war.
08.09.2016 Der Widerstand der Sparkassen in Kreditwiderrufsstreitigkeiten bricht offenbar zusammen. Beispiel einer Sparkasse im ländlichen, ostbayerischen Raum: „Die Frage nach der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrungen dürfte durch die Urteile des BGH vom 12.07.2016 (…) geklärt sein “, schrieb ihr Anwalt in einem Schriftsatz an das fürs anhängige Verfahren zuständige Landgericht. Auch die Themen Rechtsmissbrauch und Verwirkung sind wohl geklärt, ergänzt er. test.de vermutet: In Fällen mit Widerrufsbelehrungen wie in den BGH-Fällen werden die Sparkassen und ihre Anwälte zügig versuchen, alle Rechtsstreitigkeiten beizulegen. Betroffene sollten Vergleichsangebote allerdings sorgfältig prüfen. Die Kläger wollen wegen des noch laufenden Verfahrens vorerst anonym bleiben, der entsprechende Schriftsatz samt Aktenzeichen liegt test.de aber vor.
02.09.2016 Verbraucherfreundliches Urteil aus Westfalen: Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte eine Bank, einer Frau nach Widerruf ihres Kreditvertrags eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 23 726,59 Euro zu erstatten. Das Landgericht Bochum hatte die Klage noch abgewiesen, obwohl es sich um eine von vielen Gerichten für falsch gehaltene Widerrufsbelehrung handelte. Begründung: Die Kreditnehmerin habe den Vertrag vor Ort abgeschlossen, so dass klar gewesen sei, wenn die Widerrufsfrist beginnt und wie lange sie dauert.
Doch das Oberlandesgericht Hamm kassierte die Klageabweisung. Die Widerrufsbelehrung sei schon wegen zu kleiner Schrift und der Platzierung innerhalb des Vertragswerks ungenügend. Außerdem sei es falsch, zwei unterschiedliche Fristen anzugeben, je nachdem, ob die Widerrufsbelehrung bis zum Vertragschluss erfolgt oder erst danach. Erstaunlich: Die betroffene Bank hat gegen das Urteil Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof eingelegt, obwohl das angesichts der verbraucherfreundlichen Urteile vom 12.7.2016 als aussichtslos erscheint.
Welche Bank betroffen ist, will die Klägerin noch nicht sagen, möglicherweise hofft sie darauf, dass die Bank ihr Zug um Zug gegen die Verpflichtung zur Verschwiegenheit noch einen lukrativen Vergleich anbietet. Die Widerrufsbelehrung lässt vermuten: Es handelt sich um eine Genossenschaftsbank; da die Klage beim Landgericht Bochum erhoben wurde, dürfte sie ihren Sitz im Bezirk dieses Gerichts haben.
Unbekannte Bank, Vertrag vom 19.04.2010
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 18.07.2016
Aktenzeichen: 31 U 284/15
Klägerinvertreter: Schütte Schölzel Maurer Peetsch Rechtsanwälte und Notare, Gevelsberg
25.08.2016 Vor allem für Sparkassenkunden in Norddeutschland haben sich die Aussichten, ihren Kreditwiderruf durchzusetzen, deutlich verbessert. Rechtsanwalt Arne Schültge von Rotter Rechtsanwälte berichtet: Die Kreissparkasse Verden etwa hat jüngst vor dem Landgericht Verden den Widerruf eines Kreditvertrags akzeptiert. Umstritten ist jetzt nur noch, wie die Rückabwicklung vorzunehmen ist. Bisher waren Banken und Sparkassen im Bezirk der Oberlandesgerichte Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein fein raus: Die Gerichte dort sahen das bei fehlerhafter Belehrung eigentlich ewige Widerrufsrecht regelmäßig als verwirkt oder rechtsmissbräuchlich ausgeübt an. Dementsprechend wiesen sie den Widerruf von Kreditverträgen regelmäßig zurück.
Nachdem der Bundesgerichtshof nun verbraucherfreundlich entschieden hat und das Bundesverfassungsgericht angeordnet hat, dass die Revision zuzulassen ist, wenn Oberlandesgerichte Kreditwiderrufsklagen abweichend von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte abweisen wollen (s.u., 11.07.2016), ändern die Banken und vor allem die Sparkassen jetzt ihre Linie und gehen zumindest ein Stück weit auf ihre Kunden zu. Die sollten etwaige Vergleichsangebote allerdings genau prüfen. Angebote für die Fortsetzung des Kreditvertrags zu einem verringerten Zins sind oft weit weniger günstig, als sie auf den ersten Blick aussehen.
22.07.2016 Rechtsanwältin Cornelia Florkowski aus Garbsenberichtet: Auch die Allrecht und die LVM verweigern seit einigen Wochen die Deckung für Kreditwiderrufsstreitigkeiten. Begründung der Allrecht entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Der Schaden sei bereits bei Abschluss des Kreditvertrags und vor Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags eingetreten. Die LVM argumentiert: Bei Abschluss des Kreditvertrags noch im vorigen Jahrhundert seien auch Streitigkeiten um Kredite für Neubauten versichert gewesen. Inzwischen seien aber die Bedingungen geändert und der Versicherungsschutz entfallen.
test.de kommentiert: Geänderte Versicherungsbedingungen kommen nur zum Tragen, wenn das nachträglich vereinbart wird. Ohne eine solche Vereinbarung gilt ein Versicherungsvertrag wie bei Abschluss vereinbart weiter.
21.07.2016 Auch Mandanten von Krämer Quel & Partner Rechtsanwälten in Hamm/Westfalen verweigert die Örag die Deckungszusage für Kreditwiderrufsklagen mit der gemessen an der klaren BGH-Rechtssprechung eindeutig falschen Begründung: Schon die falsche Belehrung durch die Bank und nicht erst die Verweigerung der Rückabwicklung sei der Versicherungsfall. Die Rechtsanwälte raten ihren Mandanten jetzt, Deckungsklage zu erheben. Sie wollen außerdem prüfen, ob die Ablehnung etwa als Betrug oder als Untreue strafbar ist. Falls ja, wollen sie Strafanzeige gegen die bei der Örag Verantwortlichen stellen. Unterdessen berichten Rechtsanwälte Ghendler Kraus in Köln: Nach den beiden verbraucherfreundlichen Urteilen des Bundesgerichtshof unter anderem zu einer häufig von Sparkassen verwendeten Widerrufsbelehrung kommen jetzt erste Vergleichsangebote.
14.07.2016 Das ist absurd: Die Örag Rechtsschutzversicherung verweigert die Deckung für Kreditwiderrufsklagen offenbar völlig unabhängig von einer tragfähigen Begründung. Rechtsanwalt Oliver Gromball berichtet: Ein von ihm vertretenes Ehepaar hat Deckung für einen Kreditwiderrufsstreit beantragt. Die Ehefrau ist aktuell bei der Örag versichert.
Begründung der Örag für die Ablehnung: Die Frau bekommt keine Deckung, weil schon die falsche Belehrung und nicht erst die Verweigerung der Rückabwicklung der Versicherungsfall sei. Früher war der Ehemann bei der Örag versichert. Er bekommt keine Deckung, weil nicht schon die falsche Belehrung, sondern erst die Verweigerung der Rückabwicklung der Schadensfall sei. In beiden Fällen schaltet Gromball jetzt den Versicherungsombudsmann ein.
Rechtsanwälte Ghendler Kraus in Köln haben ebenfalls mehrere Fälle, in denen die Örag die Deckung zu Fällen verweigert, wo sie sich bisher in der Pflicht sah. Sie wollen gleich Deckungsklagen gegen die Örag erheben. Vorschüsse müssen ihre Mandanten für solche Klagen nicht zahlen. Auch andere Kanzleien prüfen, ob und wie sie ihren Mandanten das Prozesskostenrisiko bei Deckungsklagen gegen Versicherer abnehmen können.
12.07.2016 Endlich die klare Ansage vom Bundesgerichtshof (BGH): Selbst minimale Abweichungen vom gesetzlichen Mustertext führen dazu, dass Banken und Sparkassen sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen können. Die von zahlreichen Sparkassen bundesweit verwendete Belehrung mit der Fußnote: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ ist unwirksam. Verträge mit dieser Belehrung konnten bis 21. Juni 2016 widerrufen werden. Wer einen Vertrag mit einer solchen Belehrung widerrufen hat, kann sich jetzt daran machen, den Widerruf durchzusetzen. Möglicherweise machen die Sparkassen jetzt auch ohne Rechtsanwalt und Gericht anständige Angebote für die Abwicklung widerrufener Verträge.
Zweite klare Ansage vom BGH: Der Widerruf eines Kreditvertrags auch 14 Jahre nach Abschluss und sieben Jahre nach Abwicklung nicht automatisch rechtsmissbräuchlich. Verbraucher dürfen den Vertrag auch widerrufen, um sich von einem inzwischen als ungünstig empfundenen Geschäft zu lösen.
Mehr zu den beiden lang erwarteten Grundsatzurteilen unter Kreditwiderruf: Endlich Ansagen aus Karlsruhe
11.07.2016 Endlich die klare Ansage vom Bundesverfassungsgericht: Oberlandesgerichte dürfen nicht einfach Kreditwiderrufsklagen abweisen ohne die Revision zuzulassen, wenn andere Oberlandesgerichte zu den gleichen Kreditverträgen anders urteilen. In solchen Fällen ist die Zulassung der Revision von Verfassungs wegen Pflicht. Rechtsanwalt Maik Winneke berichtet: Das Bundesverfassungsgericht hat auf seine Beschwerde hin ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts aufgehoben (Beschluss vom 16.06.2016, Aktenzeichen: 1 BvR 873/15). Die Richter dort hatten bereits im Februar 2015 die Berufung gegen eine Klagabweisung durch das Landgericht Kiel zurückgewiesen.
Ein Kunde der Sparkasse Südholstein hatte nach Widerruf seines Kreditvertrags auf Zahlung von 14 525,77 Euro geklagt. Zu Unrecht, meinten die Oberlandesrichter in Schleswig: Zwar habe die Sparkasse die Musterwiderrufsbelehrung verändert und sei die Belehrung nicht korrekt, aber die Abweichungen vom gesetzlichen Muster seien so unbedeutend, dass die Belehrung trotz der Abweichungen vom gesetzlichen Muster als richtig gelte. Obwohl das Kammergericht in Berlin und die Oberlandesgerichte in Brandenburg, Köln und München zu genau derselben Widerrufsbelehrung anders urteilen, ließen die Richter in Schleswig die Revision nicht zu.
Das ist rechtsstaatswidrig, entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht. Das Oberlandesgericht habe den Zugang der Klägerin zur nächsten Instanz unzumutbar eingeschränkt. Die Revision hätte sowohl zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung als auch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen werden müssen. Es stehe Oberlandesgerichten frei zu urteilen, wie sie es für richtig halten, aber sie müssen die Revision zulassen, wenn ihre Kollegen in anderen Bundesländern die Rechtslage anders sehen.
Das Oberlandesgericht in Schleswig muss den Fall jetzt neu aufrollen. Die Richter dort haben eine ganze Reihe von Kreditwiderrufsklagen abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Auch aus Hamburg und Bremen gibt’s eine Reihe solcher Entscheidungen. Kunden von Banken und Sparkassen in diesen Ländern haben jetzt gute Chancen, ihren Kreditwiderruf doch noch durchzusetzen. Voraussetzung: Sie sind nicht schon rechtskräftig gescheitert und haben einen ausreichend langen Atem, um den Fall bis vor den Bundesgerichtshof zu bringen.
Dort haben sich bis jetzt noch alle Kreditwiderrufskläger durchgesetzt. Geurteilt hat der Bundesgerichtshof in diesen Fällen allerdings nicht. Weil die Banken und Sparkassen – gerade auch wegen der verbraucherunfreundlichen Rechtsprechung in manchen Bundesländern – ein verbraucherfreundliches Urteil aus Karlsruhe fürchten, haben sie ihre Revision gegen Kreditwiderrufsverurteilungen immer noch zurückgenommen, bevor die Bundesrichter in Karlsruhe sich genauer mit dem Fall befassten oder haben den Klägern großzügige Vergleiche angeboten und diese so dazu bewegt, das Verfahren ohne Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu beenden.
Morgen allerdings stehen dort zwei weitere Fälle zur Verhandlung an. Einer davon betrifft ebenfalls einen Sparkassen-Kreditvertrag. Möglicherweise fällt ja morgen eine Grundsatzentscheidung – oder sogar zwei.
07.07.2016 Rechtsanwalt Thomas Krech aus Halle berichtet: Die PSD Bank Braunschweig eG fordert von einem Ehepaar ultimativ, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach ihr Widerruf gegenstandslos sei und sie keine Forderungen mehr erhöben. Sonst werde die Bank ihrerseits eine „Forderung gegen Sie aus der Nachberechnung auf rechtlichem Weg“ geltend machen. Die Mandanten von Rechtsanwalt Krech hatten einen bereits vor mehreren Jahren abgelösten Kreditvertrag nachträglich widerrufen.
Auf welcher Grundlage die Bank jetzt Forderungen gegen sie zu haben glaubt und welche das genau sind, bleibt offen. Richtig ist allerdings: Die Bank kann nach einem Widerruf ihrerseits vor Gericht ziehen und zum Beispiel die Feststellung beantragen, dass der Kreditvertrag nicht wirksam widerrufen ist. Damit allerdings hat sie nur Erfolg, wenn tatsächlich die Widerrufsbelehrung entweder korrekt war oder dem gesetzlichen Muster entsprach und die Kreditnehmer kein Widerrufsrecht mehr hatten.
30.06.2016 Achtung, BHW-Kunden mit Bausparsofortfinanzierung („Vorfinanzierungsdarlehen“): Die Bausparkasse reagiere auf den Kreditwiderruf aktuell mit Schreiben, die geeignet sind, Kunden in eine böse Falle tappen zu lassen, berichtet Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen: Die BHW Bausparkasse deute den Widerruf in eine Kündigung des Bauspardarlehens um und fordere Kunden auf, eine Zuteilungsaufforderung für den Bausparvertrag zu unterschreiben, damit mit dem Guthaben der Kredit getilgt werden kann.
Wer das tut, läuft große Gefahr, dass der Kreditwiderruf scheitert und die Forderung auf Herausgabe der Nutzungen der Bausparkasse verloren geht. Auf keinen Fall sollten BHW-Kunden in einer solchen Situation eine Zuteilungsaufforderung unterschreiben, empfiehlt der Anwalt. Sie sollten auf Ihrem Widerruf des Kreditvertrags bestehen und nichts zum Bausparvertrag sagen. Lassen Sie sich unbedingt von einem Anwalt beraten, der Erfahrungen im Streit um den Widerruf von BHW-Verträgen hat.
30.06.2016 Noch ein wichtiger Hinweis von Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen: Die Örag Rechtsschutzversicherungs-AG verweigert neuerdings die Deckung für Kreditwiderrufsklagen, wenn der Kreditvertrag vor dem Rechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen wurde. Der Schaden sei dann vor Vertragsschluss entstanden, behauptet das Unternehmen. Das ist klar falsch. Zu einem Rechtsschutzfall wird der Kreditwiderruf erst, wenn die betroffene Bank oder Sparkasse den Widerruf zu Unrecht verweigert. So hat es der Bundesgerichtshof unmissverständlich entschieden (Urteil vom 24.04.2013, Aktenzeichen: IV ZR 23/12).
In Dutzenden von Fällen habe die Örag seinen Mandanten bereits Kreditwiderrufsstreitigkeiten finanziert, berichtet Dr. Christof Lehnen. Dass die Versicherung jetzt auf einmal die Leistung verweigert, hänge wohl mit der zunehmenden Zahl der Fälle zusammen, vermutet der Anwalt. „Das ist dreist“, kommentiert er das Verhalten des Unternehmens. Ganz offensichtlich spekuliere die Örag darauf, dass Kunden auf die Richtigkeit der Auskunft vertrauen und darauf verzichten, den Versicherer in die Pflicht zu nehmen. test.de empfiehlt: Fragen Sie stets Ihren Rechtsanwalt, ob Ihr Rechtsschutzversicherer zahlen muss. Der weiß, ob Sie Anspruch auf Rechtsschutz haben und wie Sie ihn durchsetzen.
23.06.2016 Heute wird erkennbar, warum die Sparda Bank Baden-Württemberg so empfindlich auf Kreditwiderrufe reagiert, wie es eine test.de-Leserin gesten (s. u., 22.06.2016) berichtete. Allein Borst & Andjelkovic Rechtsanwälte in Stuttgart haben in den letzten Monaten vier Kreditwiderrufs-Urteile gegen die Genossenschaftsbank erwirkt. Volumen der betroffenen Verträge: 1 275 000 Euro. Die Rückabwicklung der vier Kredite dürfte der Bank einen Nachteil von rund 250 000 Euro bringen. Hinzu kommen fast die gesamten Kosten der vier Gerichtsverfahren. Das ist insgesamt noch einmal ein Betrag von rund 50 000 Euro. Die Urteile sind zwar noch nicht rechtskräftig, angesichts der verbraucherfreundlichen Linie des Oberlandesgerichts in Stuttgart ist es aber höchst unwahrscheinlich, dass es die Verurteilungen auf die Berufung der Bank hin in nennenswerten Umfang abändert.
22.06.2016 Kreditwiderruf mit Hindernissen II: Bei mancher Bank liegen die Nerven offenbar blank. Eine Kundin der Sparda Baden-Württemberg hatte ihre Widerrufserklärung per Einschreiben mit Rückschein losgeschickt – eigentlich rechtzeitig, Anfang vergangener Woche. Trotzdem hatte sie den vom Postbevollmächtigten der Sparda-Bank unterschriebenen Rückschein bis gestern nicht zurück bekommen. Daraufhin wollte sie eine zweite Fassung ihrer Widerrufserklärung persönlich in der örtlichen Filiale abgeben.
Doch die Sparda-Mitarbeiter dort weigerten sich. Sie hätten Anweisung, keine Schreiben entgegenzunehmen, sagten sie laut der Sparda-Kundin. Sie weigerten sich auch eine Aktennotiz zu machen, dass die Kundin überhaupt da war. Unverrichteter Dinge verließ sie die Filiale wieder. Zum Glück hatte sie, wie von test.de, empfohlen eine Zeugin dabei. Gemeinsam steckten die beiden die Widerrufserklärung in den Briefkasten der Bankfiliale.
17.06.2016 Kreditwiderruf mit Hindernissen: Die ING Diba hat verschiedene Faxnummern abgeschaltet, die sie früher in Widerrufsbelehrungen genannt hat. „Wir haben in den letzten Jahren aufgrund der insgesamt rückläufigen Nutzungszahlen des Telefax die Zahl der Fax-Eingangskanäle reduziert“, erklärte ING-Diba-Sprecher Patrick Herwarth von Bittenfeld. Rechtsanwältin Andrea Burghard von Baum Reiter & Collegen hatte erfolglos versucht, die Erklärung des Widerrufs 2007 geschlossener ING Diba-Verträge per Fax an die in den Widerrufsbelehrungen genannte Faxnummer 0 69 / 27 22 26 62 89 zu übermitteln. „Wir finden es ungeheuerlich, wenn die ING DiBa sich Widerrufler vom Hals halten will, in dem Sie ihr Fax einfach abschaltet“, hatte die Rechtsanwältin die Bank kritisiert.
test.de meint: Wenn eine in der Widerrufsbelehrung genannte Faxnummer oder Adresse nicht mehr gilt und es Verbraucher deshalb nicht schaffen, den Widerruf rechtzeitig zu übermitteln, darf die Bank sich wahrscheinlich nicht darauf berufen, dass die Widerrufserklärung sie nicht rechtzeitig erreicht hat. Darauf sollten Betroffene sich allerdings nicht verlassen, sondern unbedingt versuchen, die Widerrufserklärung an eine aktuell gültige Faxnummer oder Adresse zu schicken. ING Diba-Kunden verweist Bank-Sprecher von Bittenfeld auf die zentrale Telefax-Nummer 0 69 / 27 222 27. Welche Faxnummern die ING Diba noch abgeschaltet hat, sagte von Bittenfeld nicht.
16.06.2016 Rechtsanwalt Torben Schultz von Kraus Ghendler Ruvinskij Rechtsanwälte in Köln berichtet: Die DEVK hat einen Rechtsstreit um die Rechtsschutz-Deckung für einen Kreditwiderrufs-Streit auch in zweiter Instanz und nunmehr rechtskräftig verloren. Das Landgericht Köln bestätigte die Feststellung des Amtsgerichts, wonach die DEVK für den Streit um einen Kreditwiderruf Rechtsschutz zu gewähren hat. Maßgeblicher Zeitpunkt sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verweigerung des Widerrufs und nicht die fehlerhafte Belehrung, schrieben die Richter in Köln dem Versicherer ins Stammbuch.
Amtsgericht Köln, Urteil vom 27.11.2015
Aktenzeichen: 124 C 344/15
Landgericht Köln, Urteil vom 18.05.2016
Aktenzeichen: 20 S 1/16
Klägervertreter: Wilde Beuger Solmecke Rechtsanwälte, Köln
16.06.2016 test.de hat die Excel-Arbeitsmappe Kreditwiderruf aktualisiert. Sie enthält jetzt ein zusätzliches Arbeitsblatt, mit dem Kreditnehmer recht bequem und bis auf den letzten Cent genau ermitteln können, was ihnen ihre Bank oder Sparkasse nach Widerruf des Kredits an Nutzungen herauszugeben hat. Ein weiteres Arbeitsblatt auf der Grundlage der bisherigen Berechnungen ermöglicht es jetzt wieder, die Folgen des Kreditwiderrufs auch für Fälle abzuschätzen, in den Kreditnehmer überhöhte Zinsen gezahlt haben.
16.06.2016 Durchbruch am Oberlandesgericht Frankfurt: Banken und Sparkassen haben Kreditnehmern nach Widerruf Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz herauszugeben, hat das Oberlandesgericht am Standort zahlreicher Banken entschieden (Urteil vom 27.04.2016, Aktenzeichen: 23 U 50/15). Kreditnehmer schulden hingegen lediglich noch die vereinbarten, oder wenn das für sie günstiger ist: marktüblichen Zinsen auf die jeweils noch offene Restschuld. Außerdem darf die Bank keine Kapitalertragssteuer abziehen. „Mit diesem Grundsatzurteil sollte die Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Rückabwicklung in Hessen geklärt sein und abweichende Urteile abnehmen“, kommentieren Hünlein Rechtsanwälte das Urteil. Ausführlicher Bericht auf der Homepage der Anwälte.
test.de ergänzt: Mit 5 statt wie viele andere Gerichte mit nur 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu rechnen, bringt Kreditnehmern bei Abrechnung nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs in der Regel etliche Tausend Euro zusätzlich. Gar nicht selten hat die Bank oder Sparkasse Kreditnehmern nach Rückabwicklung des Kredits unter dem Strich mehr gezahlt, als diese im Laufe der Jahre an sie überwiesen haben.
14.06.2016 Rechtsanwalt Sebastian Koch erklärt den Hintergrund für zahlreiche fehlerhafte Widerrufsbelehrungen zu nach 10. Juni 2010 geschlossenen Verträgen: Von 11. Juni bis 29. Juli 2010 gab es gar keine gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung. Die Banken und Sparkassen verwendeten in der Zeit den Mustertext, der damals im Rechtsausschuss des Bundestags beraten wurde. Im Zuge der Beratungen wurde der Text dann aber noch so geändert, wie er am 29.07.2010 Gesetz wurde. Die Banken und Sparkassen haben dann unterschiedlich lange gebraucht, bis sie ihre Widerrufsbelehrungen entsprechend geändert haben. Teilweise wurde das für Immobiliardarlehen falsche Muster aus dem Gesetzgebungsverfahren noch bis weit ins Jahr 2011 hinein verwendet.
14.06.2016 Rechtsanwalt Torben Schultz von Kraus Ghendler Ruvinskij Rechtsanwälte in Köln berichtet: Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle dürften die Belehrungen zu vielen nach dem 10.06.2010 abgeschlossenen Darlehensverträgen fehlerhaft sein. In einem Hinweisbeschluss im Streit um den Widerruf eines nach 10.06.2010 geschlossenen Kreditvertrags der Sparda Bank Hannover heißt es wörtlich: „Der Senat hält die Belehrung über den Fristbeginn im Hinblick auf die nur beispielhafte Aufzählung von Pflichtangaben und den Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB (...) für nicht hinreichend deutlich.“
Eine solche beispielhafte Aufzählung findet sich in jeder Widerrufsbelehrung, die nach dem 10. Juni 2010 erteilt wurde. Die kritische Formulierung lautet: „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“ Genau dieser Satz findet sich auch in der gesetzlichen Musterwiderrufsbelehrung. Da jedoch viele Banken dieses Muster nicht eins-zu-eins übernommen haben, gilt die Belehrung oft trotzdem nicht als richtig.
Noch zu beachten: Nach dem 10. Juni 2010 geschlossene Verträge bleiben auch über den 21. Juni 2016 hinaus widerruflich. Nur für vorher abgeschlossene Verträge erlischt das Widerrufsrecht an diesem Tag.
13.06.2016 Strube Fandel Rechtsanwälte nennen Beispiele für Fehler in Widerrufsbelehrungenzu nach Juni 2010 abgeschlossenen Verträgen: So übernehme etwa die VR-Bank Rhein-Sieg eG zu einem Vertrag von Februar 2011 zwar die gesetzlichen Muster-Widerrufsinformationen weitgehend wörtlich, es fehle jedoch der Hinweis auf das Recht des Kunden nachzuweisen, dass die Bank einen höheren als den marktüblichen Zinssatz fordere.
Anderes Beispiel: Die Sparkasse Südliche Weinstraße verwende bei einem im November 2010 geschlossenen Vertrag eine Widerrufsinformation mit folgender Formulierung: „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.“ Die genannten Beispiele seien falsch. So habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen, dass Banken und Sparkassen bei Abschluss von Immobiliendarlehen die „Aufsichtsbehörde“ anzugeben haben.
Verschiedene Oberlandesgerichte haben diese Formulierung deshalb bereits als unzulässig verworfen. Die Formulierung findet sich bei zahlreichen Sparkassen-Belehrungen. Nach 10. Juni 2010 und vor 21. März 2016 abgeschlossene Verbraucherdarlehensverträge mit fehlerhafter Widerrufsbelehrung sind auch nach 21. Juni 2016 noch widerrufslich. Nur für bis 10. Juni 2010 abgeschlossene Kreditverträge erlischt das Widerrufsrecht an diesem Tag.
09.06.2016 Rechtsanwälte Veaceslav Ghendler und Ilja Ruvinskij berichten: Die 6. Kammer des Landgericht Nürnberg hält die Widerrufsbelehrung, die die ING DiBa in den Jahren 2008 bis 2010 flächendeckend verwendet hat, für falsch. Das ließen die Richter in einer mündlichen Verhandlung am vergangenen Montag erkennen. Auszug aus der Belehrung: „(…) Die Widerrufsfrist beginnt ebenfalls nicht vor Vertragsabschluss zu laufen. Dieser erfolgt am Tag des Eingangs des von Ihnen unterschriebenen Darlehensvertrags bei der ING-DiBa AG. (...)“
Da Kreditnehmer nicht wissen können, wann die von ihnen unterschriebenen Unterlagen bei der Bank eingehen, sei eine solche Angabe zum Fristbeginn unzureichend, meinten die Richter in Nürnberg. Sie seien auch zuständig, obwohl sich der Sitz der ING DiBa in Frankfurt befindet. Weil die streitige Verpflichtung, Raten zu zahlen am Wohnort des Darlehensnehmers zu erfüllen ist, sei der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes begründet. Die Mehrzahl der Gerichte sieht das allerdings anders.
06.06.2016 Rechtsanwalt Andreas Mayer bestätigt: Hintergrund für die Absage des für Dienstag, 24. Mai, anberaumten Bundesgerichtshofs-Termins in der Sache XI ZR 366/15 (siehe unten 23.05.2016, 2. Eintrag) ist – wie bereits vermutet – ein Vergleich. Die von Rechtsanwalt Mayer vertretenen Kläger und die Sparda Bank Baden-Württemberg erklärten den Rechtsstreit um zwei Kreditverträge vom 01.09.2008 und 17.03.2009 daraufhin übereinstimmend für erledigt. Details zum Inhalt des Vergleichs nannte Mayer nicht. Vermutlich haben die Parteien sich verpflichtet, ihn geheim zu halten.
test.de hält für sicher: Die Kläger haben mehr erhalten als ihnen bei Rücknahme der Revision zugestanden hätte. Sonst hätten sie den Vergleich kaum akzeptiert.
30.05.2016 Erneut platzt ein Bundesgerichtshofs-Verfahren um einen Kreditwiderruf in letzter Minute. Das hat das höchste deutsche Zivilgericht soeben mitgeteilt. Morgen sollte verhandelt werden. Das Gericht hatte die Verhandlung per Pressemitteilung angekündigt. Die beklagte Bank hat aber die Revision gegen die Verurteilung zur Rückabwicklung eines Kreditvertrags zur Finanzierung des Kaufs von Fondsanteilen 2004 zurückgenommen. Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg ist damit rechtskräftig, und die Revisionsverhandlung fällt aus.
Wiederum entgeht dem Bundesgerichtshof damit die Gelegenheit, eine Grundsatzentscheidung zum Kreditwiderruf zu fällen. Sie wäre wohl verbraucherfreundlich ausgefallen. Ein solches Urteil und die Berichterstattung darüber wollte die Bank wahrscheinlich verhindern.
27.05.2016 Das Institut für Finanzdienstleistungen (iff) rechtfertigt seine von den Vorgaben des Bundesgerichtshofs (BGH) abweichenden Berechnung der Rückabwicklung von Kreditverträgen. Mehr dazu auf der Homepage des iff.
23.05.2016 Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen berichtet: Die LBS Landesbausparkasse Rheinland-Pfalz hat nach Widerruf eines Vertrags vom 17.03.2011 vor dem vor dem Landgericht Trier (Aktenzeichen: 11 O 285/15) auf die Vorfälligkeitsentschädigung vollständig verzichtet.
Es handelt sich um einen Vertrag mit einer von allen Landesbausparkassen verwendete Widerrufsbelehrung („Widerrufsinformation“), die an folgendem Satz zu erkennen ist: „Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von – siehe „Angaben zur Widerrufsinformation“ in der/den Finanzierungs- und Kostenübersicht/en“ – Euro zu zahlen.“
Besonders interessant: Verträge mit dieser Widerrufsbelehrung können auch noch nach dem 21.06.2016 widerrufenen werden. Nur für bis 10.06.2010 geschlossene Verträge erlischt das Widerrufsrecht.
23.05.2016 Wieder platzt ein Bundesgerichtshof-Verfahren um einen Kreditwiderruf in letzter Minute. Für morgen, 9 Uhr, waren die Beteiligten und die Presse geladen, um zu verhandeln und entscheiden, ob der Widerruf von drei Kreditverträgen der Sparda Bank Baden-Württemberg aus den Jahren 2008 und 2009 über gut 400 000 Euro wirksam war. Die Parteien haben das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, teilte der Bundesgerichtshof (BGH) mit. In solchen Fällen hat das Gericht dann eigentlich noch über die Verteilung der Kosten zu entscheiden. Maßgebend ist dabei, wie das Verfahren wahrscheinlich ausgegangen wäre, so dass der Bundesgerichtshof sich doch noch zur Rechtslage zu äußern hätte. Eine solche Entscheidung wird es aber nicht geben.
Die Pressestelle des Bundesgerichtshofs sagte test.de: Nur über die Höhe des Streitwerts werde das höchste deutsche Zivilgericht noch entscheiden. Die Verteilung der Kosten sei kein Thema mehr. Der Hintergrund blieb unklar. Die Frage, ob die Parteien über die Kostenverteilung einen Vergleich geschlossen haben, beantwortete der Bundesgerichtshof nicht. Unklar blieb auch, warum die Bank nicht die Revision zurückgenommen hat. Das ist bis zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung zulässig.
Vor dem Land- und Oberlandesgericht Stuttgart hatten sich die Kläger durchgesetzt. Auf ihren Antrag hin hatte das Landgericht festgestellt, dass die Kreditverträge nach Widerruf rückabzuwickeln sind. Die Widerrufsbelehrungen waren ihrer Meinung nach ungenügend und das danach ewige Widerrufsrecht weder verwirkt noch rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Wie viel Geld die Bank einerseits und die Kläger andererseits jeweils noch zu zahlen haben, war im Gerichtsverfahren kein Thema.
Hintergrund für die Beendigung des Verfahrens ohne Urteil vermutlich: Druck der Bankenverbände. Die Sparda Bank Baden-Württemberg jedenfalls hatte nichts zu verlieren. Die Gerichte in Stuttgart hatten sie in zahlreichen Kreditwiderrufsfällen verurteilt. Die Genossenschaftsbank hätte daher nur gewinnen können.
Die Branche insgesamt allerdings dürfte nichts mehr scheuen als ein verbraucherfreundliches Grundsatzurteil. Die Nachricht darüber dürfte dazu führen, dass noch viel mehr Verbraucher als bisher ihre fehlerhaften Immobilienkreditverträge widerrufen. Je Vertrag bringt das Verbrauchern meist einen Vorteil in Höhe von zehn bis 20 Prozent der Kreditsumme, allein im Fall, den der BGH zu entscheiden gehabt hätte, also 40 000 bis 80 000 Euro. Die Gerichts- und Anwaltskosten kommen noch hinzu.
Werden alle Kreditverträge widerrufen, bei denen das wegen Fehlern in der Belehrung möglich ist, dürfte das die Branche nach Schätzungen von test.de einen Betrag von deutlich über 100 Milliarden Euro kosten.
20.05.2016 Selbstbewusste Bank- und Sparkassenkunden bitten die Branche zur Kasse. test.de schildert einen typischen Kreditwiderrufsfall.
20.05.2016 Streit um den genauen Zeitpunkt für das Ende des ewigen Widerrufsrechts: Sebastian Omlor, Professor für Bürgerliches Recht und Rechtsvergleichung in Marburg, vertritt in der Fachzeitschrift NJW (Jg. 2016, S. 1225 und insbesondere Fußnote 26 auf S. 1267 ) die Auffassung: Das Widerrufsrecht für zwischen 02.11.2002 und 10.06.2010 geschlossene Verbraucherkreditverträge zur Finanzierung von Immobilien erlischt bereits am Dienstag, 21.06.2016 um 0.00 Uhr. Sein Argument: Gemeint sei der Zeitpunkt drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes. Da das am 21.03.2016 um 0.00 Uhr war, erlösche das Widerrufsrecht nach den Regeln für die Fristberechnung im Bürgerlichen Gesetzbuch bereits nach Ablauf des 20.06.2016, also genau am 21.06.2016 um 0.00 Uhr.
test.de hält das nicht für richtig. Nach dem Wortlaut des Gesetzes erlischt das Widerrufsrecht „...drei Monate nach dem 21.03.2016...“. Das ist nach Auffassung der test.de-Juristen am 21.06.2016 um 24.00 Uhr.
19.05.2016 Rechtsanwalt Arnim Kunzenbacher berichtet: Wird im Streit um den Kreditwiderruf auch die Freigabe der Grundschuld beantragt, ist laut Oberlandesgericht Hamm das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Immobilie steht. Die Oberlandesrichter in Hamm haben zum wiederholten Male das Landgericht Bielefeld in die Schranken gewiesen. Die Richter dort wollten sich Kreditwiderrufsfälle vom Hals schaffen, indem sie sich für unzuständig erklärten. Kunzenbacher hatte für seine Mandanten an deren Heimatgericht Klage erhoben. Er beantragte unter anderem, die Grundschuld freizugeben. Gleichwohl meinte das Landgericht: Es handle sich nicht um eine Streitigkeit um eine Reallast eines Grundstücks im Sinne der Zivilprozessordnung. Zuständig sei deshalb in erster Linie das Gericht am Sitz der beklagten Bank.
Das ist falsch, hat jetzt auch der 31. Zivilsenat in Hamm entschieden (Beschluss vom 25.04.2016, Aktenzeichen: 31 W 88/15). Zuvor hatte bereits der 32. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm in einer anderen Sache ebenso entschieden (Beschluss vom 28.01.2016, Aktenzeichen: I – 32 SA 75/15). Der besondere „Gerichtsstand der Belegenheit der Sache“, wie Juristen das nennen, verbessert die Aussichten auf erfolgreiche Durchsetzung des Kreditwiderrufs für Kunden von Banken oder Sparkassen, die ihren Sitz im Bezirk bankenfreundlich urteilender Landgerichte haben.
12.05.2016 Wichtiger Hinweis der Verbraucherzentrale Hamburg zur Prüfung von Widerrufsbelehrungen: Bis jetzt eingereichte Widerrufsbelehrungen zu bis 10. Juni 2010 abgeschlossenen Kreditverträgen, bei denen das Widerrufsrecht von Gesetzes wegen am Dienstag, 21. Juni, 24.00 Uhr erlischt, prüft sie bis Ende Mai. Bei ab jetzt eingereichten Unterlagen werden die Verbraucherschützer das möglicherweise nicht mehr schaffen, obwohl sie solche Anfragen vorrangig bearbeiten. Für Betroffene, die sich vor dem Widerruf noch um eine Anschlussfinanzierung kümmern müssen, ist der Widerruf dann kaum noch rechtzeitig zu schaffen. Wer nur noch so wenig Restschuld hat, dass er den Vertrag ohne Anschlussfinanzierung widerrufen kann, braucht weniger Vorlaufzeit.
09.05.2016 Es bleibt für die SKG-Bank beim gerichtlichen Verbot, sich auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung zu berufen. Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden hat sich gegen die DKB-Tochter durchgesetzt und bittet jetzt Kunden der Bank und Rechtsanwälte um Unterstützung. Die Details zum Fall: Klagerecht für Verbraucherschützer.
28.04.2016 Soweit bekannt, das erste Urteil zu einer Kreditwiderrufssammelklage: Das Landgericht Stuttgart hat die Südwestbank AG dazu verurteilt, Vorfälligkeitsentschädigungen und Gebühren in Höhe von insgesamt 164 464,87 Euro zu erstatten (Urteil vom 13.04.2016, Aktenzeichen: 21 O 347/14). Geklagt hatte ein Unternehmen, das nicht genannt werden möchte. Es hatte verschiedenen Kreditnehmern Ihre Rechte aus gegen Vorfälligkeitsentschädigungen abgelösten Krediten mit identischer fehlerhafter Widerrufsbelehrung zu einem jeweils nicht genannten Preis abgekauft. Das Unternehmen widerrief dann die Kreditverträge und verlangte Erstattung zu Unrecht gezahlter Vorfälligkeitsentschädigungen, Kreditbearbeitungsgebühren und Abschlussprovisionen.
Das Landgericht Stuttgart urteilte: Die Abtretung der Rechte war jeweils wirksam. Die Bank kann sich auch nicht auf Verwirkung oder Rechtsmissbrauch berufen. Es gilt dem Unternehmen gegenüber nach der Abtretung aller Rechte aus dem Kreditvertrag nichts anderes als gegenüber den Kreditnehmern. Zu erstatten sind nach Widerruf nicht nur Vorfälligkeitsentschädigungen, sondern auch sonstige Gebühren. Erstritten hat das Urteil Rechtsanwalt Lutz Tiedemann von Groenewold & Partnern in Hamburg. Er vertritt sowohl Verbraucher, als auch Banken, Sparkassen und Unternehmen.
Südwestbank AG, Verträge vom 16.11.2007 und vom 19.06.2008
Landgericht Stuttgart, Urteil vom 13.04.2016
Aktenzeichen: 21 O 347/14 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Rechtsanwalt Lutz Tiedemann, Hamburg
28.04.2016 Torsten Rentel, Geschäftsführer des Kreditwiderrufs-Prozessfinanzierers Bankkontakt AG hat angekündigt: Das Unternehmen wird allen Kunden, gegen die die LBBW oder ein anderes Kreditinstitut nach Abschluss des Vertrages mit der Bankkontakt AG eine Präventivklage (siehe unten: 08.04., 11.04. und 14.04.2016) erhebt, auch die Verteidigung gegen diese Klage bezahlen, auch wenn das Unternehmen dazu rechtlich nicht verpflichtet sei. Für bereits präventiv verklagte Neukunden bleibt es bei dem Angebot, die Hälfte der Prozesskosten zu finanzieren (siehe unten: 19.04.2016).
25.04.2016 Die Verbraucherzentrale Hamburg bietet ab sofort einen Rechenservice für den Kreditwiderruf an. Kreditnehmer können ermitteln, was sie der Bank oder Sparkasse nach Widerruf ihres Kredits noch zahlen müssen. Die Berechnung stammt vom Institut für Finanzdienstleistungen (iff). Dabei rechnet das iff auf die herkömmliche Art und Weise. Die Ansagen des Bundesgerichtshof zum Thema überzeugt die Finanzmathematiker nicht. Sie halten es für richtig, die gesamten Zahlungsströme zu untersuchen und zugunsten von Kreditnehmern von Nutzungen in Höhe von fünf Punkten über dem Basiszinssatz auszugehen.
In den meisten Fällen liegt das Ergebnis nahe bei dem, was sich bei Berücksichtigung der aktuellen Ansagen des Bundesgerichtshofs und Nutzungen in Höhe von 2,5 Punkten über dem Basiszinssatz ergibt. Die eigentliche Berechnung ist kostenlos. Eine ausführliche Dokumentation der Berechnung mit Erläuterungen und einer finanzmathematischen Dokumentation als PDF-Datei kostet 30 Euro.
19.04.2016 Nachdem etwa ein Dutzend „Präventivklagen“ von Banken bekannt geworden sind (siehe unten: 08.04., 11.04. und 14.04.2016), bietet die Bankkontakt AG Betroffenen an, Ihnen für die Verteidigung gegen die Klage die Hälfte des Prozesskostenrisikos einschließlich der Anwaltskosten der Bank abzunehmen. Voraussetzung ist, dass der Kreditnehmer einen vom Unternehmen benannten Anwalt bevollmächtigt und der den Widerruf für erfolgversprechend hält.
An den Kosten für einen zuvor beauftragten Rechtsanwalt beteiligt sich die Bankkontakt AG nicht. Ob dieser Anwalt eine Rechnung schreibt, ist allerdings nicht sicher; Anspruch auf Bezahlung hat er letztlich wohl nur, wenn er seinen (Ex-)Mandanten auf alle mit dem vorgeschlagenen rechtlichen Vorgehen verbundenen Risiken zutreffend und deutlich genug hingewiesen hat.
Bezahlen müssen Betroffene die Bankkontakt AG genau wie sonst auch nur dann, wenn der Widerruf am Ende Erfolg hat. Sie bekommt in diesem Fall – einschließlich Umsatzsteuer – 30 Prozent des Gewinns, den der Widerruf dem Kreditnehmer bringt. Als Gewinn gilt dabei die Summe aus ersparter Vorfälligkeitsentschädigung, Rückabwicklungsvorteil und etwaiger zusätzlicher Erträge.
14.04.2016 Auch die Sparkasse Bodensee hat von sich aus einen Kunden verklagt, der seinen Kreditvertrag widerrufen hatte. Sie zog vors Landgericht Ravensburg. Das berichtet Rechtsanwalt Christoph Ruther aus Überlingen. Das Landgericht setzte den Streitwert auf Antrag der Sparkasse auf 265 448,39 Euro fest. Das heißt: Das Prozesskostenrisiko beträgt allein für die erste Instanz 21 015,94 Euro.
Bisher kommen alle Meldungen von Fällen, in denen Kreditinstitute von sich aus gegen Kreditnehmer vor Gericht ziehen, aus dem Lager der Sparkassen. Ein Sprecher der Sparkasse Bodensee erklärte: Es seien keine weiteren Klagen gegen Kunden geplant. Die LBBW dagegen hält sich bedeckt. Der Deutsche Sparkassen und Giro-Verband erkärte auf Nachfrage von test.de: Er habe seinen Mitgliedern keine Empfehlungen dafür gegeben, wie sie sich in Kreditwiderrufsstreitigkeiten verhalten sollen.
12.04.2016 In der alten Fassung unserer Musterbriefe Kreditwiderruf hieß es im ersten Satz „Ich widerrufe (...) den Vertrag“, in der heute aktualisierten Fassung lautet der Satz juristisch präziser: „Ich widerrufe hiermit meine auf den Abschluss dieses Vertrags gerichtete Vertragserklärung.“
test.de hat die Mustertexte heute entsprechend überarbeitet, da die ING Diba in Schreiben an Kunden aktuell den Eindruck zu erwecken versucht, der Widerruf des Kreditvertrags mithilfe des test.de-Musterbriefs sei unwirksam. Wörtlich schreibt die Bank: „Zudem weisen wir darauf hin, dass Sie Ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Vertragserklärung nicht widerrufen haben.“ Rechtlicher Hintergrund: Kreditkunden können nach dem Wortlaut des Gesetzes ihre Vertragserklärung widerrufen. Das führt dann bei Zugang der Erklärung bei der Bank dazu, dass der Kreditvertrag unwirksam wird und sich in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umwandelt.
test.de hält die von der Bank nahegelegte Ansicht, dass die Widerrufserklärung nicht wirksam sei, für eine spitzfindige Ausflucht und den Versuch, Verbraucher zu verunsichern. Zum Kreditwiderruf gibt es inzwischen unzählige Urteile, doch nach unserer Kenntnis hat bislang noch kein Gericht so argumentiert. Wir meinen: Die Formulierung „Ich widerrufe den Vertrag“ ist eindeutig ein wirksamer Widerruf, auch wenn sie nicht dem genauen Wortlaut des Gesetzes entspricht.
Bei Auslegung der Erklärungen von Verbrauchern ist deren wirklicher Wille zu erforschen, und es kommt nicht auf juristisch absolut korrekte Formulierungen an. Gleichwohl sollten Betroffene – wie ohnehin von test.de empfohlen – in so einem Fall vorsichtshalber noch einmal an die Bank schreiben: „Ich/Wir halte/n Ihre Einwände für nicht stichhaltig. Ich/wir erkläre/n zur Sicherheit erneut: Ich/wir widerrufe/n meine/unsere auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichtete Vertragserklärung. Wenn Sie meiner/unserer Forderung nicht innerhalb der genannten Frist nachkommen, behalte/n ich/wir mir/uns vor, ohne weitere Ankündigung rechtliche Schritte einzuleiten.“
11.04.2016 Timo Gansel berichtet: Auch wegen unter der Bezeichnung BW Bank geschlossener Verträge geht die Landesbank Baden Württemberg (LBBW) von sich aus gegen Kreditwiderrufs-Kunden vor. Sechs seiner Mandanten seien betroffen. Er glaubt: Es geht der Bank nur darum, nicht am Landgericht Stuttgart verklagt zu werden. Dort hat die Bank so ziemlich jeden Kreditwiderrufs-Rechtsstreit verloren, acht davon allein gegen Gansel Rechtsanwälte. Eine Option für Betroffene ist es, mit einer Klage auf Freigabe der Grundschuld beim Landgericht Stuttgart zu reagieren. Durch eine solche Leistungsklage wird die Klage der Bank auf Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs unzulässig.
Aktualisierte Liste von Rechtsanwälten, die von der LBBW verklagte Kreditnehmer verteidigen, ohne einen Vorschuss zu fordern:
- Beatrix Roth
- Christoph Ruther (für Mandanten aus Süddeutschland)
- Cornelia Florkowski
- Gansel Rechtsanwälte
- Hünlein Rechtsanwälte
- KQP Krämer Quel & Partner [ergänzt am 18.04.2016]
- Kunz und Kollegen [ergänzt am 18.04.2016]
- Lehnen & Sinnig Rechtsanwälte
- Maik Winneke
- Mayer & Mayer Rechtsanwälte
- Poppelbaum Geigenmüller Rechtsanwälte [ergänzt am 12.04.2016]
- Werdermann von Rüden Rechtsanwälte
- Wolfgang Benedikt-Jansen und Michael Dorst
08.04.2016 Rechtsanwälte Cornelia Florkowski, Nico Werdermann und Dr. Christof Lehnen berichten übereinstimmend: Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) erhebt zumindest in einzelnen Fällen von sich aus Klagen gegen Kunden, die ihren Kreditvertrag widerrufen haben. Bislang sind fünf Fälle bekannt. Die Bank will jeweils, dass das Gericht die Unwirksamkeit des Widerrufs feststellt. Betroffene, die sich gegen die Klage verteidigen wollen, müssen einen Rechtsanwalt einschalten. Bei sachgerechter Verteidigung sind die Erfolgsaussichten der Bank gering. In unserer Liste verbraucherfreundlicher Urteile finden sich acht Fälle, in der die Bank vor Gericht zum Teil über mehrere Instanzen hinweg den Kürzeren gezogen hat.
test.de kennt nur einen einzigen Fall, in dem das Oberlandesgericht Stuttgart eine Belehrung der Bank für korrekt hielt. Zuletzt hatte die Landesbank Schlagzeilen gemacht, als sie – offensichtlich, um ein verbraucherfreundliches Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs zu verhindern – ihre Revision gegen eine Kreditwiderrufsverurteilung wenige Tage vor dem Tag der Entscheidung zurücknahm. Dennoch: Von der Bank verklagte Kunden brauchen wahrscheinlich einen langen Atem, um sich gegen die Klage zu verteidigen. Immerhin müssen sie keinen Gerichtskostenvorschuss zahlen.
08.04.2016 Kaum zu glauben, aber wahr: Obwohl eine ganze Reihe von Kreditwiderrufsfällen, bei denen es jeweils auch darum geht, ob das Widerrufsrecht verwirkt ist, beim Bundesgerichtshof liegen, weist das Oberlandesgericht Bremen eine Kreditwiderrufsklage wegen Verwirkung ab und lässt nicht einmal die Revision zu. Argument von Einzelrichter Dr. Albert Schnelle: Es handele sich um einen Einzelfall. Gut sechs Jahre nach Vertragsschluss und mehrere Monate nach Ablösung des Kredits sei das Widerrufsrecht verwirkt. In diesbezüglich exakt gleich gelagerten anderen Einzelfällen haben diverse andere Oberlandesgerichte und sogar das als bankenfreundlich bekannte OLG in Frankfurt exakt entgegengesetzt entschieden.
test.de hält die Nichtzulassung der Revision für grob rechtswidrig. Rechtsanwalt Arne Schültge sieht das genau so. Er hat bereits Verfassungsbeschwerde eingereicht. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt Zivilgerichtsurteile ohne Zulassung von Rechtsmitteln als verfassungswidrig aufgehoben.
07.04.2016 Rechtsanwalt Veaceslav Ghendler berichtet: Auch die BHW Bausparkasse unterbreitet ihren Kunden jetzt außergerichtliche Vergleichsangebote, wenn diese ihren Vertrag widerrufen. Eins der Angebote hat er anonymisiert veröffentlicht. Darin bietet die Bausparkasse an, den Kreditvertrag mit einem Zinssatz von 2,15 Prozent fest bis Dezember 2015 fortzusetzen und die im Zuge der Umschuldung eigentlich fällige Vorfälligkeitsentschädigung von 15 500 Euro auf 7 250 Euro zu reduzieren.
Ghendler rät dazu, solche Angebote sorgfältig zu prüfen. Aus seiner Sicht seien sie unzureichend. Jedenfalls bei den oft eindeutig falschen Widerrufsbelehrungen des Unternehmens sei es nicht angemessen, nur auf einen Teil der Vorfälligkeitsentschädigung zu verzichten und den Vertrag zu einem höheren als aktuell üblichen Zinssatz fortzusetzen. Kreditnehmer verzichten bei einem solchen Vergleich ja ohnehin schon auf die Rückabwicklung. Allein die macht viele Tausend Euro aus.
test.de ergänzt: Verbraucher können bei Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs zusätzlich mit ersparten Rechtsanwaltskosten argumentieren. Wie hoch die Ersparnis ist, lässt sich mit Prozesskostenrechnern wie dem des Deutschen Anwaltvereins ermitteln. Streitwert ist dabei die Summe der bislang gezahlten Raten und Gebühren. Nach Ansicht einiger Gerichte – darunter nach Mitteilung von Rechtsanwalt Dr. Christoph Lehnen jetzt auch das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 30.03.2016, Aktenzeichen: 5 U 4741/15) – ist der Nennwert der Grundschuld zu addieren.
Die Rechtsanwaltskanzlei Kraus Ghendler hat außerdem ihren gut und schnell bedienbaren Rückabwicklungsrechner um die BGH-Berechnungsweise ergänzt. Immobilienkreditnehmer sollten mit Nutzungen in Höhe von 2,5 Punkten über dem Basiszinssatz rechnen. Der höhere Wert dürfte bei vielen Land- und Oberlandesgerichten kaum durchsetzbar sein.
05.04.2016 Nachtrag von Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen zum Beitrag von gestern: Auch das Oberlandesgericht Koblenz (Beschluss vom 31.03.2016, Aktenzeichen: 8 W 143/16) addiert bei Klagen mit dem Antrag auf Feststellung der Umwandlung des Vertragsverhältnisses in ein Rückgewährschuldverhältnis durch Widerruf den Nennwert von zur Sicherung des Kredits bestellten Grundschulden zu den Ratenzahlungen hinzu. [Update 07.04.: Im letzten Satz hieß es zunächst: „...zu den Ratenzahlungen bis zum Widerruf...“ hinzu. Das war wahrscheinlich falsch, der Bundesgerichtshof jedenfalls addiert alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung gezahlten Raten.]
04.04.2016 Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen berichtet: Das Landgericht Trier berücksichtigt bei der Festsetzung des Streitwerts von Kreditwiderrufsklagen mit dem üblichen Antrag auf Feststellung der Beendigung des Vertrags durch Widerruf stets auch den Nennwert von zur Sicherung des Kredits bestellten Grundschulden. Die Richterin dort argumentiert wie der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 12.01.2016, Aktenzeichen: XI ZR 366/15 (siehe Eintrag 07.03.2016): Zu berücksichtigen sind alle Leistungen, die die Bank oder Sparkasse an den Kreditnehmer herauszugeben hat. Dazu gehören auch zur Sicherheit bestellte Grundschulden. Der Streitwert steigt damit erheblich – und dadurch das Prozessrisiko.
Im Fall, in dem das Landgericht Trier zu entscheiden hatte, liegt der Streitwert nun bei 591 859,75 Euro. Zunächst hatte das Landgericht 202 406,25 Euro festgesetzt. Die Prozesskosten belaufen sich damit auf etwas über 36 000 statt gut 20 000 Euro einschließlich der Gebühren für die außergerichtliche Vertretung des Klägers. Begrenzen lässt sich das Prozesskostenrisiko durch den Verzicht auf Feststellungsanträge. Es kann auch nur die Freigabe der Grundschuld oder die Herausgabe von nach dem Widerruf gezahlten Raten beantragt werden. Die Daten der auf die Beschwerde beider Parteien hin ergangenen Streitwertentscheidung: Landgericht Trier, Beschluss vom 21.03.2016, Aktenzeichen: 6 O 169/15
31.03.2016 Im Rechtsstreit eines Kunden und seiner Bank kommt es nun nicht zu einer Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof. Die Bank hat die Revision zurückgenommen (Az. XI ZR 478/15). Das zugunsten des Darlehensnehmers ergangene Urteile des Oberlandesgerichts Stuttgart (Az. 6 U 21/15) ist damit rechtskräftig.
24.03.2016 Eine nach eigener Darstellung gut benutzbare und gerichtsfeste Berechnung der Folgen eines Kreditwiderrufs bietet die Advoconto GmbH für 89 Euro an. Die Kreditsachverständigen und Kontoprüfer aus dem Großraum Hamburg bieten ihren Service vor allem Rechtsanwälten und Fachberatern, aber auch privaten Kreditnehmern an.
17.03.2016 Rechtsanwalt Ulrich Poppelbaum berichtet: Der Bundesgerichtshof hat in einem seiner Verfahren gegen die DKB seine Rechtsprechung zum Streitwert bekräftigt (Beschluss vom 04.03.2016, Aktenzeichen: XI ZR 39/15). Danach kommt es darauf an, was der Kreditnehmer nach Widerruf des Vertrags fordern kann. Das ist regelmäßig die Erstattung aller Zahlungen auf den Kredit. Wird gleichzeitig beantragt, die Bank zur Bewilligung der Löschung der Grundschuld zu verurteilen, erhöht das den Streitwert um den Nennbetrag der Grundschuld.
Unter Juristen stößt die BGH-Rechtssprechung auf Unverständnis. In erster Linie wolle sich der Verbraucher doch aus der zukünftigen Verpflichtung befreien, argumentiert etwa Tobias Pielsticker. Das Interesse am Kreditwiderruf sei umso höher, je länger der Vertrag noch laufe, während der Streitwert laut BGH gleichzeitig um so geringer ausfalle. Beim Widerruf eines noch nicht ausgezahlten Forward-Darlehens könne der Streitwert ja wohl kaum bei 0 liegen, ergänzt Beatrix Roth.
17.03.2016 test.de hat das Excel-Arbeitsblatt Kreditwiderruf aktualisiert und korrigiert. Es zeigt jetzt nur noch die Ergebnisse der Berechnung an, wie sie den Ansagen des Bundesgerichtshofs in seinen jüngsten Entscheidungen entspricht. Die Ergebnisse zu alternativen Rechenweisen ermittelt das Arbeitsblatt noch, zeigt sie aber nur noch an, wenn Nutzer sie einblenden.
16.03.2016 Online-Shopping-Urteil mit Auswirkungen auf den Kreditwiderruf: So lange Verbraucher ein Widerrufsrecht haben, dürfen sie immer widerrufen, hat der Bundesgerichtshof geurteilt. Auf die Gründe für den Widerruf kommt es nicht an. Details in unserer Meldung Widerruf: Damit drohen erlaubt, Gründe egal.
11.03.2016 Rechtsanwalt Dr. Storch berichtet: Die DKB Bank macht einzelnen Kreditkunden, die ihren Vertrag ohne Unterstützung eines Anwalts widerrufen haben, außergerichtlich Vergleichsangebote. Die ihm vorliegenden Schreiben seien ziemlich kompliziert und nicht nur vorteilhaft; er empfehle dringend, sie einer kritischen Prüfung zu unterziehen und nicht gleich anzunehmen. Details auf der Homepage der Kanzlei.
07.03.2016 Der Bundesgerichtshof hat die Begründung zu seinem Beschluss vom 12.01.2016, Aktenzeichen: XI ZR 366/15 (s.u. 01.03. und 02.03.2016), heute veröffentlicht.
04.03.2016 Erstmals hat test.de von erfolgreichen Beschwerden bei der Kundenbeschwerdestelle des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken erfahren. Rechtsanwalt Sebastian Koch von der Kanzlei Berlinghoff Rechtsanwälte in Bad Nauheim berichtet: Ombudsmann Werner Borzutzki-Pasing hält die Beschwerden über die Verweigerung des Widerrufs zweier Kreditverträgen von Genossenschaftsbanken für begründet.
02.03.2016 Der Bundesrat hat beschlossen, wegen der vom Bundestag verabschiedeten Gesetzesänderungen auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu verzichten. Das Gesetz zum Widerruf kann damit wie geplant in Kraft treten. Erstaunlich: Gleichzeitig hält der Bundesrat das Erlöschen des Widerrufsrechts schon am Mittwoch, 22. Juni 2016, offenbar für verfassungswidrig. Wörtlich heißt es in der Entschließung der Ländervertretung zum Gesetzesbeschluss des Bundestags:
„Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Widerrufsrechte in sogenannten Altfällen von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen nicht bereits nach drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes erlöschen dürfen. Diese kurze Frist würde die Rechte und Möglichkeiten von Verbraucherinnen und Verbrauchern, denen bei fehlerhafter Belehrung aktuell ein unbefristetes Widerrufsrecht zusteht, unverhältnismäßig einschränken. (...) Zugunsten der Beseitigung der Rechtsunsicherheit für das Vertragsverhältnis zwischen Kunde und Kreditinstitut hält der Bundesrat eine Frist von zwölf Monaten und 14 Tagen nach Inkrafttreten des Gesetzes für angemessen. Laut Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages soll diese Frist auch für nach Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossene Neuverträge gelten. Insoweit scheint eine Gleichbehandlung von Alt- und Neufällen sachgemäß.“
Wenn das Bundesverfassungsgericht das so sieht wie der Bundesrat, wird es die Verkürzung der Frist für Altfälle als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bewerten. Die Regelung wäre dann nichtig. Verbraucher können allerdings nicht direkt gegen das Gesetz klagen. Zivilrichter können die Regelung dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, wenn sie sie für verfassungswidrig halten und es für die Entscheidung eines Falles darauf ankommt.
So oder so: Auch wenn das Gesetz sich wirklich als verfassungswidrig erweisen sollte, wird es Jahre dauern, bis das feststeht. Verbraucher sollten sich also nicht darauf verlassen, sondern ihren Vertrag vor dem im Gesetz vorgesehenen Erlöschen ihres Widerrufsrechts am Mittwoch, 22. Juni, widerrufen, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist.
02.03.2016 Der BGH-Beschluss von gestern (s. u.) lässt auch erkennen: Der Bundesgerichtshof will bei der Rückabwicklung von Darlehensverträgen wohl an seinem Beschluss vom 22.09.2015 (Az. XI ZR 116/15) festhalten. Danach haben Kreditnehmer nach Widerruf nur Zinsen auf die jeweilige Restschuld zu zahlen, während die Kreditgeber Nutzungen für die gesamten Ratenzahlungen herauszugeben haben. Dabei ist allerdings noch nicht klar, wie hoch diese Nutzungen sein werden.
test.de vermutet: Der BGH wird von 2,5 und nicht 5 Punkten über dem Basiszinssatz ausgehen. Zahlreiche Gerichte und Rechtswissenschaftler hatten die Berechnungsweise als in sich widersprüchlich, zu Lasten der Sparkassen und Banken gehend und mithin ungerecht kritisiert. test.de wird jetzt die Berechnungsmethode so schnell wie möglich wieder in das Excel-Arbeitsblatt zum Kreditwiderruf aufnehmen.
Die Abrechnung nach der BGH-Methode mit von der Bank herauszugebenden Nutzungen in Höhe von 2,5 Punkten über dem Basiszinssatz führt bei vielen üblichen Immobilienkreditverträgen zu Resultaten in der gleichen Größenordnung, wie sie sich bei herkömmlicher Abrechnung mit 5 Punkten über dem Basiszinssatz ergeben. Im Einzelfall können die Unterschiede allerdings erheblich sein.
01.03.2016 Klare Ansage des Bundesgerichtshofs in einem noch nicht veröffentlichten Beschluss (vom 12.01.2016, Az. XI ZR 366/15): Maßgeblich für den Streitwert von Klagen auf Feststellung der Wirksamkeit eines Kreditwiderrufs ist die Summe der gezahlten Raten. Allen anderen Ansätzen erteilt der Bundesgerichtshof eine Absage. Die Spannbreite reichte vom Kreditbetrag über die bei Widerruf noch offene Restschuld oder dem wirtschaftlichen Vorteil, den der Widerruf Kreditnehmern bringt. Klar: Für Klagen auf Erstattung einer Vorfälligkeitsentschädigung oder nach Widerruf gezahlter Raten gilt das Urteil nicht. Bei solchen Klagen entspricht der Streitwert der Klageforderung.
01.03.2016 Rechtsanwalt Arnim Kunzenbacher berichtet: Das Landgericht Bielefeld hat die Arag verurteilt, Mandanten volle Deckung für eine Kreditwiderrufsklage zu gewähren. Der Rechtsschutzversicherer hatte zwar eine Deckungszusage erteilt, die aber auf eine Feststellungsklage mit vorgegebenem Antrag beschränkt. Der wäre jedoch unzulässig, meinte Rechtsanwalt Kunzenbacher und forderte eine uneingeschränkte Deckungszusage für eine von ihm entworfene Klage auf Rückgabe der Grundschuld Zug um Zug gegen Zahlung des Widerrufssaldos.
Als die Versicherung sich weiter weigerte, verklagte der Kunde die Arag. Zu Recht, urteilte das Landgericht Bielefeld (Urteil vom 29.01.2016, Aktenzeichen: 5 O 153/15, nicht rechtskräftig). Der Versicherer muss volle Deckung gewähren. Der Kläger muss sich zumindest dann nicht auf eine Feststellungsklage verweisen lassen, wenn auch die Höhe des Widerrufssaldos streitig ist.
Zahlreiche Rechtsanwälte berichten: Viele Rechtsschutzversicherer erteilen Deckungszusagen für Kreditwiderrufsklagen trotz passender Policen oft nicht rechtzeitig, nur mit Einschränkungen oder erst nach aufwendigem Briefwechsel. Arnim Kunzenbacher will Rechtsschutzversicherer jetzt konsequent verklagen. Einige weitere Klagen seien bereits eingereicht. Er weist darauf hin: Selbst bei Krediten zur Finanzierung genehmigungspflichtiger Umbauten können Kreditnehmer für auf nicht genehmigungspflichtige Arbeiten entfallende Teile des Kredits Anspruch auf Rechtsschutz haben.
23.02.2016 Enttäuschung für Verbraucherschützer und Überraschung für zahlreiche Bankrechtler: Der Bundesgerichtshof hält zwei Widerrufsbelehrungen für korrekt, die in der Vergangenheit von zahlreichen Sparkassen verwendet wurden. Details in unserer Meldung BGH weist Widerrufsklagen ab.
19.02.2016 Rechtsanwalt Simon Bender berichtet: Privatbanken-Ombudsfrau Angelika Lange hält einen ING-Diba-Vertrag von Juli 2011 für wirksam widerrufen. Er hatte außer der dem gesetzlichen Muster entsprechenden Belehrung für Verbraucherdarlehensverträge auch eine abweichende, für Fernabsatzverträge gedachte Belehrung enthalten. Das ist falsch, meint die Ombudsfrau. Die Kreditnehmer konnten ihren Kreditvertrag über 307 000 Euro im Juli 2015 noch wirksam widerrufen. Bericht mit weiteren Details zum Fall auf der Homepage der Kanzlei.
18.02.2016 Trotz scharfer Kritik von Verbraucherschützern hat der Bundestag heute beschlossen: Das Widerrufsrecht für zwischen September 2002 und Juni 2010 abgeschlossene Immobilienkreditverträge mit fehlerhafter Widerrufsbelehrung erlischt am Dienstag, 21. Juni 2016.
15.02.2016 Der Bundesgerichtshof hat angekündigt: Er verhandelt und entscheidet am Dienstag, 5. April, über eine Kreditwiderrufsklage gegen die Landesbank Baden-Württemberg. Das Landgericht und das Oberlandesgericht Stuttgart hatten die Bank zur Erstattung von fast 30 000 Euro Vorfälligkeitsentschädigung verurteilt. Die Kläger hatten die Kredite abgelöst, um die finanzierten Immobilien zu verkaufen. Später erfuhren sie: Die Widerrufsbelehrungen zu den Verträgen waren fehlerhaft. Sie widerriefen die Verträge nachträglich und forderten Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung.
Abzuwarten bleibt, ob die Landesbank ihre Revision gegen die Verurteilung durchs Oberlandesgericht Stuttgart nicht doch noch wieder zurücknimmt, um ein mutmaßlich verbraucherfreundliches Grundsatzurteil des BGH zu verhindern. Das Tempo des Bundesgerichtshofs in dem Fall ist rekordverdächtig. Das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Stuttgart war erst Ende September 2015 gefallen. Normalerweise dauert es ein Jahr oder mehr, bis der Bundesgerichtshof über eine Revision verhandelt und entscheidet.
15.02.2016Rechtsanwalt Christoph Lehnen berichtet: Die 10. Kammer am Landgericht Berlin weigert sich, die Pflicht zur Abführung von Kapitalertragssteuern als Einwand gelten zu lassen. „Des Weiteren dürfte davon auszugehen sein, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, vor dem Hintergrund einer eventuellen Besteuerung der Leistungen von dem von ihr geschuldeten Nutzungswertersatz Abzüge vorzunehmen. Die Rückabwicklungsvorschriften (...) sehen keine Regelung für den Fall vor, dass die zum Nutzungsersatz verpflichtete Person von diesem Steuern abzuführen hat. Zum einen wird keine gesonderte Besteuerungspflicht gesehen, weil es sich bei dem Nutzungsersatz nur um einen unselbständigen Rechnungsposten im Rahmen einer Gesamtsaldierung handelt, die hier noch dazu führt, dass nicht die Beklagte zur Zahlung an die Kläger verpflichtet ist. Soweit die Beklagte hier aber entgegen der zuvor genannten Ansicht zu einer solchen Abführung an die Steuerbehörden verpflichtet wäre, berührte dies nicht die Frage der Höhe des den Klägern zustehenden Nutzungsersatzes. Dieser ist eine Nettoposition. Wären also Steuern darauf abzuführen, würde es sich ihm Rahmen der Saldierung um eine reine Durchlaufposition handeln. Es müsste der Nutzungsersatz entsprechend der Steuerlast erhöht werden, um ihn dann wieder um die Steuerlast zu reduzieren“ , heißt es in einem Hinweisbeschluss des Gerichts (vom 22.01.2016, Aktenzeichen: NN O NNN/15)
15.02.2016 Erneut hat sich ein Sparkassen-Vertreter bei der örtlichen Rechtsanwaltskammer über einen in zahlreichen Kreditwiderrufsfällen erfolgreichen Verbraucheranwalt beschwert. Sebastian Koch von Berlinghoff Rechtsanwälte in Bad Nauheim hatte an diverse Bewohner eines Neubaugebiets nahe der Kanzlei geschrieben. „Aus unserer laufenden Praxis (…) möchten wir Sie gerne darüber informieren, dass zahlreiche Verbraucherdarlehensverträge (…) fehlerhafte Widerrufsbelehrungen enthalten“, hieß es in dem Brief. Es folgten einige Details und die Einladung zu einer Informationsveranstaltung in der Kanzlei sowie das Angebot, die Widerrufbelehrung zur Verbraucherkreditverträgen kostenlos zu prüfen.
Einer dieser Briefe landete beim Rechtsanwalt, der die örtliche Sparkasse vertritt. Der schrieb einen dreiseitigen Beschwerdebrief an die Rechtsanwaltskammer. Es handele sich um Anwälten verbotene Werbung zur Mandantengewinnung, schimpfte der promovierte Rechtsanwalt. Kurze und klare Antwort der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main: Die Ansprache potenzieller Mandanten in Annahme eines konkreten Beratungsbedarfs ist zulässig (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.11.2013, Aktenzeichen: 1 ZR 15/13). Bereits im vergangenen Jahr hatte sich die Sparkasse Niederbayern-Mitte wegen eines erfolgreichen Kreditwiderrufsanwalts an die Kammer gewandt - ebenfalls ohne Erfolg (siehe unten 15.09.2015).
12.02.2016 Rechtsanwaltskanzlei Kraus Ghendler hat Ihren gut und schnell bedienbaren Rückabwicklungsrechner (siehe unten: 22.01.2016) weiter verbessert. Er zeigt jetzt auch die Ergebnisse an, wie sie sich bei herkömmlicher Berechung der Rückabwicklung ergeben, wenn mit von der Bank herauszugebenden Nutzungen in Höhe von 2,5 Punkten über dem Basiszinssatz gerechnet wird. Betroffene sollten sich aktuell sicherheitshalber eher an dem niedrigeren Wert orientieren. Der höhere Wert dürfte bei zahlreichen Land- und Oberlandesgerichten kaum durchsetzbar sein.
27.01.2016 Erstaunlich: Die Bundesjustizministerium verbreitet heute die Nachricht, dass das Kabinett einen Gesetzesentwurf zur Abschaffung des ewigen Widerrufsrechts verabschiedet hat. „Gesetz für mehr Rechtssicherheit“ nennt die Regierung ihr Werk. Das Widerrufsrecht für zwischen 2002 und 2010 abgeschlossene Kreditverträge soll drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes erlöschen. Genau eine solche Regelung hatten Beamte aus Finanz- und Justizministerium bereits im September vorgeschlagen. Der Rechtsausschuss hat getagt und Experten zum Thema angehört. Danach war offiziell nichts mehr zu hören. Hinter den Kulissen gab‘s allerdings offenbar Streit. Jedenfalls ein Teil der Abgeordneten lehnt die Ministeriumspläne ab, berichtete der Tagesspiegel gestern.
Doch jetzt ist der Streit offenbar beigelegt. Die Regierungsfraktionen haben Insidern zufolge festgelegt: Das ewige Widerufsrecht ist am Ende. Klar: Gesetz wird das erst, wenn das der Bundestag beschließt, der Bundesrat entweder einverstanden ist oder keinen Einspruch erhebt oder vom Bundestag überstimmt wird und der Bundespräsident es gegenzeichnet und im Bundesgesetzblatt verkündet. Dennoch: Letzter Termin für den Widerruf eines zwischen 2002 und 2010 geschlossenen Kreditvertrags wird wohl Dienstag, der 21. Juni 2016 sein. Spätestens an diesem Tag muss der Widerruf der Bank oder Sparkasse, die den Kredit vergeben hat, zugegangen sein.
25.01.2016 Einen ziemlich mächtigen Excel-Rückabwicklungsrechner hat ein selbst vom Kreditwiderruf Betroffener programmiert. Eine einfache Version steht unter widerruf-rueckabwicklung.jimdo.com kostenlos zur Verfügung; die Vollversion mit der Option, nach jeder beliebigen Methode zu rechnen, gibt‘s nur auf Nachfrage. Vermutlich sollen zumindest Rechtsanwälte, Kreditvermittler und andere Profis sie nicht völlig kostenlos nutzen dürfen. Beachten Sie: Sie brauchen für die Benutzung des Rechners Excel. Mit OpenOffice- oder ähnlichen Programmen funktioniert er nicht.
25.01.2016 Christoph Lehnen berichtet: Die ING Diba AG hat vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth einen für den Kreditnehmer sehr günstigen Vergleich zu einem Vertrag mit der bis 2008 von der ING-DiBa sehr häufig verwendeten Widerrufsbelehrung mit der Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ geschlossen. Diese Widerrufsbelehrung weicht vom seinerzeit geltenden amtlichen Muster nur insoweit ab, dass sie nicht in der 3. Person Plural („Sie können Ihre Vertragserklärung … widerrufen.“), sondern in der 1. Person Singular/Plural („Ich/Wir kann/können meine/unsere Vertragserklärung(en) … widerrufen.“) formuliert ist.
Bisher sind zu dieser Widerrufsbelehrung ausschließlich Urteile bekannt, die die Abweichung als rein sprachlich und damit unbeachtlich beurteilen. Die Bank kann sich danach zulasten der Verbraucher mit Erfolg auf die sogenannte Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Daher scheuen viele Verbraucher bei dieser Belehrung vor einem Widerruf zurück.
Auch das Landgericht Nürnberg-Fürth tendierte zunächst dazu, so zu entscheiden. Allerdings konnten die Verbraucheranwälte das Gericht davon überzeugen, dass die Formulierungsalternative „Wir können unsere Vertragserklärungen … widerrufen“ schon für sich genommen fehlerhaft ist, sodass es auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 BGB-InfoV überhaupt nicht mehr ankommt. Daraufhin legte die ING Diba AG - offensichtlich um ein verbraucherfreundliches Urteil zu verhindern - mehrfach verbesserte Vergleichsangebote vor. Am Ende akzeptierte der Kläger. Ergebnis: Die Bank verzichtet vollständig auf mehrere tausend Euro Vorfälligkeitsentschädigung. Außerdem reduziert sie die Restschuld im Hinblick auf die nach Widerruf an den Kreditnehmer herauszugebenden Nutzungen um nochmals mehrere tausend Euro.
22.01.2016 Einen weiteren gut bedienbaren und komfortablen Rückabwicklungsrechner bietet die Rechtsanwaltskanzlei Kraus Ghendler aus Köln auf der Grundlage der Berechnung an, wie sie auch das test.de-Excel-Arbeitsblatt Kreditwiderruf verwendet. Der Rechner zeigt das Ergebnis der von der Mehrheit der Gerichte bisher bevorzugten herkömmlichen Abrechnung an. Beachten Sie: Es ist nach wie vor umstritten, wie die Rückabwicklung zu berechnen ist. Die umstrittenen Auffassungen liegen je nach Konstellation um ein mehrfaches auseinander.
Aktuell ist nicht absehbar, welche Methode sich am Ende durchsetzt. Zusätzlich zeigt der Rechner von Ghendler-Rechtsanwälten auch die ersparte Vorfälligkeitsentschädigung an. Sie erlaubt Betroffenen zu beurteilen, wie viel Ihnen die durch Widerruf mögliche sofortige Umschuldung bringt.
20.01.2016 Die Kanzlei Gansel Rechtsanwälte berichtet: Sie geht seit Januar 2016 in Sammelklagen mit einem der größten Prozessfinanzierer Deutschlands gegen die DKB vor. Dazu bündelt sie die Ansprüche von bis zu 10 Klägern im Wege der subjektiven Klagehäufung. Zeitgleich hat die DKB gegen Kreditwiderrufs-Verurteilungen durch das Landgericht Berlin keine Berufung mehr eingelegt und der Kanzlei in mehreren Verfahren akzeptable Vergleiche angeboten. Sammelklagen gegen weitere Banken sollen nach Angabe der Kanzlei folgen. Schon vor einigen Tagen hatte Rechtsanwalt Dr. Thomas Storch gemeldet: In einem seiner Verfahren hat die DKB die Berufung gegen eine Landgerichtsverurteilung zurückgenommen, nachdem das Kammergericht darauf hingewiesen hatte, dass das Verfahren für die Bank aussichtslos ist.
18.01.2016 Bequem und schnell: Dr. Lehnen & Sinnig Rechtsanwälte aus Trier haben einen Rückabwicklungs-Rechner entwickelt, der es Kreditnehmern erlaubt, die Folgen des Kreditwiderrufs innerhalb von wenigen Minuten abzuschätzen. Ratenwechsel und Sondertilgungen lassen sich um der be quemen Bedienbarkeit und der Übersichtlichkeit willen nicht eingeben. Zu beachten: Der Rechner arbeitet mit den für Verbraucher sehr günstigen Vorgaben aus dem BGH-Beschluss vom 22.09.2015, Aktenzeichen: XI ZR 116/15. Die sind zweifelhaft, Kenner vermuten: Der BGH hat sich bei der Formulierung der Begründung schlicht vertan. Die Richter in den unteren Instanzen rechnen oft anders. Der Vorteil für den Kreditnehmer ist dann in der Regel sehr viel geringer.
18.12.2015 Neue Chance auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs zum Kreditwiderruf: Am Dienstag, 23. Februar, verhandelt der fürs Bankrecht am höchsten deutschen Zivilgericht zuständige XI. Senat über die Klagen eines Verbraucherschutzverbands gegen zwei Sparkassen. Die Verbraucherschützer halten die Widerrufsinformationen der Sparkassen für falsch und fordern ein gerichtliches Verbot, sie zu verwenden. Die eine Belehrung sei nicht ausreichend deutlich hervorgehoben, die andere wegen der Verwendung von im konkreten Fall teilweise überflüssiger Hinweise als Option zum Ankreuzen missverständlich. Aktenzeichen: XI ZR 549/14 und XI ZR 101/15
14.12.2015 Metaclaims-Geschäftsführer Sven Hezel teilt mit: Das Unternehmen setzt jetzt auch die Erstattung von an DSL-Bank und DKB gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen durch, wenn Kreditnehmer den Vertrag wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung auch nach Abwicklung noch widerrufen konnten. Wenn genügend Fälle zusammenkommen, startet Metaclaims solche Klagen auch noch gegen andere Banken und Sparkassen. Details und Teilnahme-Formular bei sammelklage.org.
10.12.2015 Der Bundesgerichtshof teilt mit: Das Verfahren, in dem der für Banksachen zuständige Senat des höchsten deutschen Zivilgerichts eigentlich bereits am 1. Dezember darüber verhandeln wollte, ob und wann Kreditnehmer das bei fehlerhafte Belehrung ewige Widerrufsrecht verwirken oder rechtsmissbräuchlich ausüben, ist endgültig beendet. Die zuletzt für Dienstag, 15. Dezember, terminierte Verhandlung ist abgesagt. Die Parteien haben außergerichtlich einen Vergleich geschlossen. Einzelheiten waren nicht zu erfahren. Wahrscheinlich haben die Parteien sich dazu verpflichtet, den Inhalt der Vereinbarung geheim zu halten. Offensichtlich wollte die beklagte Bank ein mutmaßlich verbraucherfreundliches Urteil des BGH mit Auswirkungen auf zahlreiche weitere Fälle verhindern. Bereits im Juni hatte eine Bank auf diese Weise verhindert, dass der Bundesgerichtshof ein mutmaßlich verbraucherfreundliches Urteil verkündet.
04.12.2015 test.de hat das Excel-Arbeitsblatt zur Abschätzung der Folgen eines Kreditwiderrufs überarbeitet. Die Benutzung ist jetzt etwas einfacher. Es bleibt aber dabei: Die Berechnung dort ist nicht genau. Sie ersetzt kein finanzmathematisches Gutachten. Zusätzlich bietet das Arbeitsblatt jetzt auch die Ergebnisse, wenn zugunsten des Kreditnehmers nur Nutzungen der Bank oder Sparkasse in Höhe von 2,5 Punkten über dem Basiszinssatz angesetzt werden.
26.11.2015 Die Bankkontakt AG verlangt jetzt 40 statt früher 33,3 Prozent Erfolgsbeteiligung, wenn sie einen Kreditwiderruf durchsetzt. Für Kreditnehmer, die den Prozessfinanzierer noch zum alten Erfolgsbeteiligungssatz eingeschaltet haben, ändert sich dadurch nichts.
23.11.2015. Erneut war der Kreditwiderruf beherrschendes Thema bei den von der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutscher Anwaltverein veranstalteten Tagen des Bank- und Kapitalmarktrechts. Zahlreiche Fragen zu Voraussetzungen und Rechtsfolgen stellten die Rechtsanwälte vor allem Jürgen Ellenberger, dem Vorsitzenden des für Bankrecht zuständigen XI. Senats am Bundesgerichtshof (BGH). Doch der verwies auf anstehende Entscheidungen und äußerte sich nicht. Immerhin kündigte er an, dass der BGH sich zur Rückabwicklung bei nächster Gelegenheit ausführlich äußern wird. Er selbst habe den aufsehenerregenden Beschluss zur Rückabwicklung vom 22. September 2015 nicht so verstanden, als sollte die Bank anders als bisher üblich nach Widerruf Zinsen nur noch auf die jeweilige Restschuld zustehen, sagte Ellenberger.
Sonst erwähnenswert: Es hat sich die Rechtsauffassung durchgesetzt, dass Verwirkung und Treuwidrigkeit dem Kreditwiderruf nur in seltenen Ausnahmefällen entgegenstehen. Gleich mehrere Anwälte und Wissenschaftler sprachen sich dafür aus, die Rückabwicklung so vorzunehmen, wie es Rechtsanwalt Maik Winneke vorgeschlagen hat: Die Bank bekommt die Restschuld und die auf die jeweilige Restschuld zu zahlenden Zinsen, der Kreditnehmer erhält seine auf Zinsen entfallenden Zahlungen zurück und die Bank muss ihm die auf diese Leistungen entfallenden Nutzungen herausgeben.
Nach wie vor offen ist, ob bei Immobilienkrediten dabei von 2,5 oder fünf Punkten über dem Basiszinssatz auszugehen ist. Jürgen Ellenberger hatte die Frage ausdrücklich offen gelassen, nachdem manche Anwälte den aktuellen Beschluss zur Rückabwicklung so verstanden hatten, als habe der BGH sich bereits auf den höheren Satz festgelegt.
09.11.2015. Peter Bülow, inzwischen emeritierter Zivilrechtsprofessor aus Trier und Autor eines Lehrbuches zum Verbraucherprivatrecht, befasst sich in einem Aufsatz in der juristischen Fachzeitschrift WM mit der Frage, ob und wann Verbraucher das Widerrufsrecht eines ohne oder mit unzureichender Belehrung geschlossenen Kreditvertrags verwirken. Sein Ergebnis: Eigentlich nie. Das ewige Widerrufsrecht sei Gesetz und könne daher nicht mit Rücksicht auf Treu und Glauben ausgehöhlt werden. Bülow wörtlich: „Die Härte des Gesetzes bei insuffizienter Unterrichtung über das Widerrufsrecht wird in aller Regel auch durch den Verwirkungseinwand nicht gemildert.“
05.11.2015. Rechtsanwalt Dirk Dametz von Hünlein Rechtsanwälte berichtet: Das Landgericht Frankfurt am Main hat inzwischen mehreren Kreditwiderrufsklagen stattgegeben, nachdem die Richter dort solche Klagen jahrelang regelmäßig abgewiesen haben. Hintergrund sind offenbar die zuletzt verbraucherfreundlichen Vorgaben des Oberlandesgerichts in Hessen (s. u. 01.10.2015).
14.10.2015. Überraschendes BGH-Urteil: Kreditnehmern steht nach Widerruf noch erheblich mehr Geld zu als bisher angenommen. Mehr dazu in unserer Meldung Kreditwiderruf: BGH-Beschluss bringt Kreditnehmern noch mehr Geld.
12.10.2015. Die Metaclaims Sammelklagen Prozessfinanzierungsgesellschaft mbH bietet jetzt die gesammelte Durchsetzung von Forderungen auf Erstattung von an die ING Diba gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen an. So funktioniert es: Kreditnehmer treten ihre Forderung an das Unternehmen ab. Das kostet nichts und begründet keinerlei Verpflichtung. Metaclaims setzt die Forderung durch. Wenn die Bank bezahlt, erhalten die Kreditnehmer zwei Drittel und Metaclaims ein Drittel des Geldes.
07.10.2015. Wahrscheinlich am Dienstag, 21. Juni 2016 erlischt das Widerrufsrecht für alle zwischen September 2002 und Juni 2010 geschlossenen Verträge. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor.
01.10.2015. Weniger Willkür: Das Oberlandesgericht Frankfurt, das den Kreditwiderruf oft verweigerte, hat zuletzt einige Male verbraucherfreundlich entschieden. Im Einzelfall müssen Kreditnehmer aber vor allem vor dem Landgericht Frankfurt/Main und dem Oberlandesgericht Schleswig mit zweifelhaft begründeten Abweisungen ihrer Klagen rechnen. Mehr dazu in unserer Meldung Kreditwiderruf vor Gericht: Wo es klagende Kunden schwer haben.
15.09.2015. Die Sparkasse Niederbayern-Mitte hat bei der Rechtsanwaltskammer Hamburg prüfen lassen, ob Rechtsanwälte öffentlich bezweifeln dürfen, dass die Widerrufsbelehrungen des Instituts korrekt waren. Anlass: Rechtsanwalt Fabian Heyse von der Hamburger Niederlassung der Kanzlei Werdermann von Rüden hatte unter der Überschrift „Sparkasse Niederbayern-Mitte – Fehler in Darlehensverträgen?“ über die Rechtslage berichtet. „Wir hatten Bedenken, ob diese Praxis, wahllos unsere Sparkasse zu nennen und eine Unterstellung zu verbreiten, rechtens ist“, erklärte ein Sprecher der Sparkasse. „Hier wurde versucht, uns unter Einschaltung der Aufsichtsbehörde zu maßregeln“, hält ein Sprecher der Kanzlei dagegen. Direkt habe die Sparkasse sich nicht gemeldet. Wie auch immer. Die Rechtsanwaltskammer Hamburg teilte mit, dass es Rechtsanwälten nicht verboten sei, Werbung für Ihre Dienstleistung zu betreiben. Rechtsanwalt Johannes von Rüden, geschäftsführender Partner der Kanzlei Werdermann von Rüden hält das Vorgehen der Sparkasse Niederbayern-Mitte für bedenklich. „Die Stadtsparkasse Niederbayern-Mitte muss es wie jede andere Bank und Sparkasse akzeptieren, dass über Abläufe, die zu ihren Geschäftsalltag rechnen, kritisch berichtet wird. Sie kann sich einer solchen öffentlichen Debatte nicht entziehen“, sagte er.
16.07.2015. test.de hat sich das Angebot der Bankkontakt AG zur Finanzierung von Kreditwiderrufsprozessen angeschaut. Ergebnis: Das Angebot ist fair. Das Unternehmen finanziert alle Rechtsanwaltshonorare und Gerichtskosten. Dafür erhält es einen Teil des Vorteils, den Kreditnehmern das am Ende bringt.
Es gibt weitere Angebote. So prüft die Metaclaims Sammelklagen Prozessfinanzierungsgesellschaft mbH, ob Sie Forderungen auf Erstattung von Vorfälligkeitsentschädigungen zumindest gegen große Baufinanzierer wie die ING Diba gesammelt durchsetzen soll. Sie hatte bereits Erfahrung in der Durchsetzung von Forderungen auf Erstattung von Kreditbearbeitungsgebühren gesammelt. test.de wird versuchen, sich alle Angebote zur Finanzierung von Kreditwiderrufsklagen genauer anzuschauen.
03.07.2015. Das Handelsblatt hat aufgedeckt, wie die Sparkasse Köln Bonn reagiert, wenn Kreditkunden ihren Vertrag wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung widerrufen wollen. „Die Sparkasse Köln Bonn betrachtet ein Kundenverhalten (Bestands- und Neukunden) als unmoralisch und unfair, wenn dies darauf abzielt, auf Basis einer Gesetzeslücke Darlehensverträge aufgrund von „Fehlerhaften Widerrufsbelehrungen“ anzugreifen, um daraus einen finanziellen Vorteil zu erzielen“, heißt es in einem vom Handelsblatt veröffentlichten internen Papier der Sparkasse. Und weiter: „Der Widerruf des Kunden wird aus unserer Sicht als unwirksam abgelehnt.“ Wenn Kunden schriftlich insistieren, sollen sie einen „...Zwischenbescheid (KOVES 3401, Bausteine „Widerrufsbelehrung“ auswählen)...“ erhalten. Anschließend ist der Vorgang zu dokumentieren und der „Zentrale Task Force Widerruf“ (ZTFW)“ vorzulegen. Die entscheidet dann, was zu geschehen hat.
test.de hält das Verhalten der Sparkasse KölnBonn für indiskutabel. Sie ist bereits vier Mal von Oberlandesgerichten und zwei Mal von Landgerichten wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen rechtskräftig verurteilt. Es zeugt von einem fragwürdigen Verständnis der Rechtsordnung, wenn die Sparkasse Kunden gegenüber trotzdem pauschal behauptet: Unsere Widerrufsbelehrungen sind wirksam. Die Sparkasse Köln Bonn hatte es spätestens nach Verkündung von Urteilen des Oberlandesgerichts Köln im Januar 2013 in der Hand, alle betroffenen Kunden korrekt nachzubelehren. Darauf hat die Sparkasse verzichtet und muss jetzt mit den Folgen leben.
19.06.2015. Das lang erwartete Grundsatzurteil des BGH zur Verwirkung des Widerrufsrechts fällt aus. Offenbar hat die beklagte Bank den Klägern ein lukratives Angebot gemacht. Details liefert test.de in der Meldung Kreditwiderruf: Grundsatzurteil fällt aus.
18.06.2015. Das Landgericht Saarbrücken hat es der SKG Bank AG mit Urteil vom 12.06.2015, Aktenzeichen: 1 O 144/14, verboten, sich auf eine falsche Widerrufsbelehrung zu berufen, wie sie sie bei 2008 geschlossenen Kreditverträgen benutzt hat. Geklagt hatte die Schutzgemeinschaft für Bankkunden. Folge des Urteils: Die Bank darf betroffenen Kunden gegenüber nicht mehr behaupten, die Widerrufsbelehrung sei wirksam.
Derzeit versuchen so ziemlich alle Banken, den Widerruf von Kreditverträgen abzuwehren. Das ist ab sofort rechtlich riskant: Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden und andere Verbraucherschutzorganisationen können die Bank abmahnen und verklagen. Nach dem Saarbrücker-Urteil stehe fest, dass die Berufung auf falsche Widerrufsbelehrungen eine verbraucherschutzwidrige Praktik ist, gegen die Verbandsklagen möglich sind, erklärt Schutzgemeinschaftsanwalt Wolfgang Benedikt-Jansen die Bedeutung des ersten Urteils dieser Art. Bei Verstößen gegen gerichtliche Verbote können die zuständigen Richter Ordnungsgelder von bis zu 250 000 Euro oder bis zu sechs Monate Haft für die Vorstandsmitglieder festsetzen.
„Wir werden in so vielen Fällen wie möglich gegen Banken vorgehen, die den Widerruf rechtswidrig verweigern“, kündigte Jörg Schädtler, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft für Bankkunden, an. Er bittet Betroffene, das Verweigerungsschreiben der Bank und die Widerrufsbelehrung im Kreditvertrag an die Schutzgemeinschaft zu schicken. Eine Sprecherin der DKB Deutsche Kreditbank AG, dem Mutterunternehmen der SKG Bank AG, kündigte Rechtsmittel an. Das gerichtliche Verbot ist allerdings vorläufig vollstreckbar.
04.06.2015. Unklar bleibt, ob der bei Rückabwicklungen von Krediten von Banken an Kunden zu zahlende Nutzungsersatz zur Kapitalertragssteuerpflicht führt. Das Bundesfinanzministerium hat test.de mitgeteilt: Es wird dazu zumindest vorläufig keine offizielle Stellungnahme geben. Sehr wahrscheinlich ist: Wenn Kunden von Banken die Erstattung von Kreditbearbeitungsgebühren verlangen können, dann erscheint der von der Bank zusätzlich zu zahlende Nutzungsersatz in Form einer Verzinsung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz als Kapitalertrag. So sehen es die Steuerexperten der Stiftung Warentest und das Bundesfinanzministerium. Der Bundesfinanzhof (Urteil vom 24.05.2011, Aktenzeichen: VIII R 3/09) hat entschieden: Verzugszinsen sind steuerpflichtiger Kapitalertrag.
Bei Kreditwiderrufsfällen könnte der Nutzungsersatz jedoch mit den von Kunden ja trotz Widerruf zu zahlenden Zinsen zu verrechnen sein. Der Sache ist ein Kredit nach Widerruf nicht kostenlos, sondern wird nur günstiger. Unter dem Strich zahlen Kunden immer noch mehr, als die Bank verpflichtet ist, ihnen herauszugeben.
Betroffenen bleibt nur, den von der Bank gewährten Nutzungsersatz als möglichen Kapitalertrag in der Steuererklärung anzugeben und darauf zu hoffen, dass die Finanzämter und -gerichte sie nicht für steuerpflichtig halten. Achtung: Die Meldung zu unterlassen, ist rechtlich riskant. Wenn sich die Rechtsansicht durchsetzt, wonach der Nutzungsersatz auch beim Kreditwiderruf zur Kapitalertragssteuerpflicht führt, ist das Verschweigen als Steuerhinterziehung strafbar.
16.02.2015. Rechtsanwalt Christoph Lehnen berichtet: Die BHW Bausparkasse AG hat Mandanten gegenüber in einem gerichtlichen Vergleich vor dem Landgericht Hannover auf insgesamt fast 45 000 Euro verzichtet. Knapp 30 000 Euro davon entfallen auf die Streichung eines Teils der zukünftigen Zinsen. Um weitere 15 000 Euro reduzierte die Bausparkasse die Restschuld wegen des Rechts auf Rückabwicklung.
15.01.2015. Rechtsanwalt Hartmut Strube berichtet: Das Landgericht Köln hält die Widerrufsbelehrung zu einem Kredit der Kreissparkasse Köln aus dem Jahr 2003 für fehlerhaft. Das ergibt sich aus dem Protokoll der Verhandlung in der Sache 15 0 545/14. Mehr noch: Bei der Rückabwicklung will das Gericht zu Gunsten des Kreditnehmers alle Ratenzahlungen mit 5 Punkten über dem Basissatz verzinsen. Die Bank bekommt Zinsen in Höhe des vereinbarten Satzes. So verfährt auch das Kammergericht Berlin (s. u. Update v. 05.01.2015).
Anders rechneten jetzt das Landgericht Berlin (Urteil vom 19.12.2014 über zwei Kreditverträge der DKB Deutsche Kreditbank AG von 2007) und das Landgericht Itzehoe (Urteil vom 30.10.2014 zu einem Ratenkreditvertrag der DSL-Bank ebenfalls von 2007): Die Bank bekommt Zinsen nur auf den jeweiligen Stand der Restschuld; soweit Ratenzahlungen des Kreditnehmers die bis dahin angefallenen Zinsen übersteigen, reduzieren sie die Restschuld. Umgekehrt stehen dem Kläger Nutzungsersatzansprüche nur wegen des Zinsanteils seiner Zahlungen zu. Rechtsanwalt Maik Winneke aus Pinneberg bei Hamburg hatte den Kreditnehmer in beiden Verfahren vertreten.
test.de hält die Rückabwicklung auf diese Weise für richtig, auch wenn sie bei Immobilienkrediten für Kreditnehmer etwas ungünstiger ist. Der eigentlich Kreditbetrag wird sonst doppelt verzinst.
08.01.2015. Gute Nachrichten aus Heilbronn: Das Landgericht dort hält die Widerrufsbelehrung der DG Hyp zu einem Kreditvertrag von Anfang 2005 für fehlerhaft. Die Kreditnehmer forderten Erstattung einer Vorfälligkeitsentschädigung, die die DG Hyp nach Kündigung des Kreditvertrags bereits im Jahr 2011 kassiert hatte. Die Bank und die Kreditnehmer einigten sich schließlich auf einen Vergleich. Die Bank erstattet 75 Prozent der Vorfälligkeitsentschädigung.
05.01.2015. Gute Nachrichten aus Berlin: Das Kammergericht hat die DKB Deutsche Kreditbank AG verurteilt, einen im Juni 2008 geschlossenen Kreditvertrag rückabzuwickeln, nachdem die Kreditnehmerin ihn widerrufen hatte. Das berichtet Rechtsanwalt Ulrich Poppelbaum. Statt einer Restschuld von 82 000 Euro muss die Frau jetzt nur noch rund 71 000 Euro an die Bank zahlen.
So ist die Rückabwicklung nach Ansicht des Kammergerichts vorzunehmen: Die Bank bekommt das Darlehen samt marktüblicher Zinsen zurück. Maßgeblich sind die Sätze, wie sie die Bundesbankstatistiken ausweisen; ein Sachverständigengutachten einzuholen, hielt das Kammergericht nicht für nötig. Die Kreditnehmerin bekommt alle Raten zurück. Außerdem muss die Bank alle Ratenzahlungen ihrer Kundin mit einem Satz in Höhe von fünf Punkten über dem Basiszinssatz verzinsen.
14.11.2014. Spektakuläres Urteil des Landgericht Karlsruhe (vom 11.04.2014, Aktenzeichen: 4 O 395/13): Die Sparkasse Kraichgau muss einem Ehepaar 11 115,81 Euro nebst Zinsen in der stolzen Höhe von 12,25 Prozent seit dem 27. Dezember 2012 erstatten. Das Paar hatte im Jahr 2007 einen Kredit zur Finanzierung einer Eigentumswohnung aufgenommen. Fünf Jahre später verkaufte es die Wohnung und löste den Kredit ab. Dafür mussten die beiden über 11 000 Euro Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Später ließen sie ihren Kreditvertrag prüfen. Ergebnis: Die Widerrufsbelehrung ist fehlerhaft.
Sie widerriefen daraufhin den Vertrag und forderten Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung. Rechtsanwalt Dr. Harald Wozniewski aus Karlsruhe reichte für sie Klage ein. Zusätzlich zur Erstattung der Entschädigung beantragte er 12,25 Prozent Zinsen. Das Geld stand der Sparkasse wie Eigenkapital zur Verfügung, argumentierte er. Sie habe es genutzt, um Kunden Überziehungskredite zu gewähren und dafür 12,25 Prozent Zinsen zu kassieren. Er beantragte, den Direktor des Instituts als Zeugen zu vernehmen.
Die Bank widersprach zwar, sagte aber nicht, was sie mit dem Geld des Klägers gemacht hatte. O-Ton Landgericht Karlsruhe am Ende: „Die Kläger haben substantiiert zur Höhe der von der Beklagten gezogenen Nutzungen vorgetragen. Der – rechtliche – Einwand der Beklagten, es käme nicht auf die Höhe des Zinssatzes für Dispokredite sondern auf Refinanzierungskosten an, ist für sich genommen weder dem Grunde, noch der Höhe nach ausreichend.“
14.10.2014. Entwarnung: Eine aktuelle Finanztest-Untersuchung zeigt: Mindestens 35 von 76 befragten Baufinanzierern machen Angebote für Kreditkunden, die nach einer günstigen Anschlussfinanzierung für ein widerrufbares Darlehen suchen. Hier sind die Ergebnisse: Tabelle Kreditwiderruf: Welche Baufinanzierer Angebote für eine Umschuldung machen. Einschränkung: Kreditangebote vor Widerruf sind in der Regel unverbindlich; verbindliche Zusagen machen die Unternehmen nur ausnahmsweise. Allerdings bestätigen die Anbieter unverbindliche Angebote in aller Regel, wenn Interessenten alle Fragen wahrheitsgemäß beantwortet haben und ihre Angaben belegen können; oft wird der Zinssatz aktualisiert. Die Banken ermitteln ihn taggenau. Siehe auch unsere Meldung Neue Kredite für Aussteiger.
15.08.2014. Immer häufiger weigern sich Banken, Kreditnehmern mit wegen fehlerhafter Belehrung widerrufbarem Kredit eine Anschlussfinanzierung für die Restschuld anzubieten. Die ING Diba AG etwa hat Finanztest und test.de gegenüber bestätigt, dass sie Anschlussfinanzierungen nur noch anbietet, wenn beim aktuellen Kredit die Zinsbindungsfrist abläuft. Leser berichten (siehe Kommentare unten): Auch andere Banken wie die Commerzbank AG und die Deutsche Bank AG machen zumindest im Einzelfall keine Angebote. Weitere Einzelheiten finden Sie in unserer Meldung Kunden nach Widerruf unerwünscht.
18.06.2014. Rechtsschutzversicherungen müssen Streitigkeiten um den Widerruf von Kreditverträgen auch dann bezahlen, wenn der Versicherungsvertrag erst nach dem Kreditvertrag abgeschlossen wurde. Darauf weist Rechtsanwalt Armin Wahlenmaier hin. Laut Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.04.2013, Aktenzeichen: IV ZR 23/12, kommt es darauf an, wann die Bank sich weigert, den Widerruf zu akzeptieren. Zu diesem Zeitpunkt muss der Rechtsschutzversicherungsvertrag geschlossen sein.
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- Immer mehr Gerichte urteilen: Wegen Fehlern im Kreditvertrag steht Banken keine Vorfälligkeitsentschädigung zu, wenn Kunden ihr Darlehen vorzeitig zurückzahlen.
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- Viele Immobilienkreditverträge haben Fehler. Kreditnehmer können sie auch nach Jahren noch widerrufen. Mit unserem Excel-Rechner errechnen Sie, was der Kreditwiderruf...
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- EuGH-Urteil: Alle bis September 2021 aufgenommenen Kredite sind widerruflich. Chance für Autokäufer: Sie sparen Tausende Euro. Aber nur, wenn sie das Auto noch haben.
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...aber nur der Link, den ich im Kopf hatte. Ich habe jetzt den Link gefunden, den Sie meinen. Wir korrigieren ihn so schnell wie möglich. Klar: Sie finden die Rechtsanwaltsliste auf jeden Fall so wie eben beschrieben.
Bei mir hier funktioniert der Link korrekt. Sie finden die Rechtsanwälte inzwischen hier auf der Seite https://www.test.de/Immobilienkredite-So-kommen-Sie-aus-teuren-Kreditvertraegen-raus-4718800-5733544 ziemlich weit unten oder durch Klick auf "Kreditverträge vor Gericht" im Kasten ganz oben links auf dieser Seite und dann auf den Link zur Liste oder nach unten scrollen.
Danke für die Informationen, leider klappt der link mit der Liste der RA nicht
Interessant, was der BGH vom 02.02.2021- XI 285/20 (betreffend Verbraucherdarlehen) ausführt:
"[...] das BVerfG hat die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 4. August 2020 - 1 BvR 1138/20 - nicht zur Entscheidung angenommen), vom 26. Mai 2020 (XI ZR 262/19, XI ZR 372/19 und XI ZR 544/19, juris sowie XI ZR 252/19, XI ZR 413/19, XI ZR 428/19, XI ZR 444/19, XI ZR 541/19 und XI ZR 569/19, juris; das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden gegen diese sechs Beschlüsse mit Beschlüssen vom 9. Dezember 2020 - 1 BvR 1888/20 -, - 1 BvR 1752/20 -, - 1 BvR 1809/20 -, - 1 BvR 1748/20 -, - 1 BvR 1751/2 ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen), vom 30. Juni 2020 (XI ZR 132/19, juris) und vom 21. Juli 2020 (XI ZR 387/19, juris)."
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