
Wie viel ein Kredit wirklich kostet, zeigt der Effektivzins. Er enthält auch Nebenkosten, die Kunden an die Bank zahlen müssen.
Die Mehrheit der Verbraucher versteht den Effektivzins nicht – so hat die Verbraucherzentrale Bremen im vergangenen Jahr das Ergebnis ihrer repräsentativen Umfrage zusammengefasst. Nur knapp zwei Drittel der Befragten kannten den Begriff. Davon konnte nur jeder Fünfte alle drei gestellten Fragen zum Effektivzins richtig beantworten. Vielen war offenbar der Unterschied zum Sollzins nicht klar.
Der Effektivzins macht Kreditangebote vergleichbar, wenn sie sich aus unterschiedlichen Preisbestandteilen zusammensetzen. Banken müssen für ihre Kreditangebote zwei Zinssätze nennen: Der Sollzins gibt an, wie hoch die Zinsen sind, die der Kunde pro Jahr in Prozent der Kreditschuld an die Bank zahlen muss. Der Effektivzins berücksichtigt diese Zinsen und zusätzlich einmalige und laufende Nebenkosten. Zinsen und Kosten werden nach einer EU-weit gültigen Formel in den „effektiven“ Jahreszins umgerechnet.
Nebenkosten verteuern den Kredit
Wie teuer ein Kredit ist, hängt längst nicht immer nur von der Höhe der Sollzinsen ab. Banken verlangen mitunter den Abschluss einer Restschuldversicherung, deren Beiträge auf den Kredit aufgeschlagen werden. Wer einen Baukredit aufnimmt, zahlt fast immer Gerichtsgebühren, weil die Bank als Sicherheit den Eintrag einer Grundschuld im Grundbuch fordert. Manchmal muss der Kunde auch für die Ermittlung des Immobilienwerts aufkommen. Und wenn der Kredit ein Disagio (Abschlag) oder ein Agio (Aufschlag) enthält, bekommt er weniger Geld von der Bank ausgezahlt, als er zurückzahlen muss.
Unser Rat
Kreditvergleich. Vergleichen Sie Angebote für Immobilienkredite mit (annähernd) gleicher Zinsbindung immer anhand des Effektivzinses. Bei Kombikrediten mit Bausparverträgen ist der Effektivzins für die Gesamtlaufzeit maßgeblich. Achten Sie bei Kombikrediten darauf, dass die Zinsen für die gesamte Laufzeit festgeschrieben sind.
Bereitstellungszinsen. Sie wollen bauen? Dann sollten Sie zusätzlich auf Bereitstellungszinsen achten, die bis zur vollen Auszahlung des Kredits anfallen. Sie sind nicht im gesetzlichen Effektivzins enthalten, können den Kredit aber um viele Tausend Euro verteuern. Versuchen Sie, eine lange Karenzzeit auszuhandeln, in der Sie noch keine Bereitstellungszinsen zahlen müssen.
Effektivzins nennt den wahren Preis
Auch die Art und Weise, wie die Bank Zins und Tilgung verrechnet, kann den Kredit verteuern. So wird das Kreditkonto üblicherweise nicht erst zum Jahresende, sondern monatlich mit den Zinsen belastet. Allein dadurch ist der Effektivzins etwas höher als der Sollzins. Mitunter zieht die Bank die in den Monatsraten enthaltene Tilgung erst am Quartalsende von der Restschuld ab. Bis dahin zahlt der Kunde Zinsen auf einen Betrag, den er schon zurückgezahlt hat.
Im Effektivzins sind solche offenen und verdeckten Zusatzkosten enthalten. Klare Vorgaben dazu enthält die Preisangabenverordnung: Die Bank muss alles einrechnen, was der Kunde im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zahlen muss – vorausgesetzt die Kosten sind der Bank bekannt.
Ausnahmen von der Regel
Es gibt allerdings auch Nebenkosten, die der Effektivzins nicht enthält. Das gilt zum Beispiel für Bereitstellungszinsen, die Bauherren für Immobilienkredite zahlen müssen. Rufen sie die Kreditsumme in mehreren Teilbeträgen ab, verlangen Banken bis zur Vollauszahlung Extrazinsen von meist 0,25 Prozent im Monat auf den noch nicht ausgezahlten Kreditbetrag. Bei langen Bauzeiten kann das den Kredit erheblich verteuern (siehe Grafik).
Nicht im Effektivzins enthalten sind auch:
- Notarkosten, beispielsweise für die Bestellung einer Grundschuld,
- Kosten für den Eigentümerwechsel beim Immobilienkauf,
- Kosten für Versicherungen und Zusatzleistungen, die nicht zwingend Voraussetzung für den Kredit oder dessen Konditionen sind.
Diese letzte Regel nutzen Banken oft aus. Damit sie die Beiträge für eine Restschuldversicherung nicht in den Effektivzins einrechnen müssen, ist der Vertragsabschluss für den Kunden formal freiwillig. Im Beratungsgespräch wird ihm dagegen oft der Eindruck vermittelt, er habe ohne die Police keine Chance, Geld von der Bank zu erhalten.
Teure Bereitstellungszinsen
Ein Bauherr ruft seinen Kredit in Höhe von 300 000 Euro mit 1,6 Prozent Sollzins und zehn Jahren Zinsbindung in vier Teilbeträgen à 75 000 Euro ab, den ersten fünf Monate nach Darlehenszusage, die restlichen nach je zwei weiteren Monaten. Bis zur Vollauszahlung fallen 3 Prozent Bereitstellungszinsen an. Die Bank gibt den Effektivzins mit 1,64 Prozent an. Sind Bereitstellungszinsen zu zahlen, etwa ab dem dritten Monat, ist der Effektivzins tatsächlich höher (1,85 Prozent).

© Stiftung Warentest
Besonders wichtig bei Kombikrediten
Der Effektivzins liegt heute bei vielen Krediten nur noch wenige hundertstel Prozentpunkte über dem Sollzins. Viele ehemals gängige Nebenkosten sind aus Kreditverträgen verschwunden. Bearbeitungs- und Kontogebühren beispielsweise sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht mehr zulässig.
Doch es gibt noch immer Fälle, in denen erst der Effektzins offenbart, dass ein Kreditangebot viel teurer ist, als der Sollzins nahelegt. Das gilt besonders für Kombikredite der Bausparkassen. Sie bestehen aus einem Bausparvertrag und einem tilgungsfreien Darlehen, mit dem die Bausparsumme bis zur Zuteilung vorfinanziert wird.
In dieser Kreditvariante zahlt der Kunde neben den Zinsen Sparbeiträge und Gebühren für den Bausparvertrag, die seit April 2016 in den Effektivzins eingerechnet werden müssen. Der Effektivzins der Kombikredite liegt deshalb fast immer viel höher als der Sollzins für das Vorausdarlehen und der Sollzins für das spätere Bauspardarlehen.
Nur für die Dauer der Zinsbindung
Weil der Effektivzins fast alle Kreditkosten enthält, ist er in aller Regel ein zuverlässiger Maßstab, um Kredite zu vergleichen. Das gilt allerdings nur mit drei wichtigen Einschränkungen:
- Der Effektivzins ermöglicht nur den reinen Preisvergleich. Er sagt nichts darüber aus, ob ein Kreditangebot für den Kunden geeignet ist und er sich die Raten leisten kann.
- Der Effektivzins eignet sich nur für den Vergleich von Krediten mit gleicher Zinsbindung. Banken bieten zum Beispiel Baukredite mit zehn Jahren Zinsbindung zu einem deutlich niedrigeren Effektivzins an als Kredite mit 20 Jahren Zinsbindung. Doch falls die Zinsen steigen, kann der Kredit mit der kürzeren Zinsbindung unterm Strich teurer sein. Auf jeden Fall ist er weniger sicher.
- Anders als bei Kombikrediten ist bei reinen Bauspardarlehen kein Verlass auf den Effektivzins. In diesem Fall gelten fragwürdige Sonderregeln. Die Berechnung ist dadurch ungenau, weil sie auf einer fiktiven Kredithöhe beruht. Zudem wird die Abschlussgebühr falsch verrechnet. Der Bauspar-Effektivzins ist daher nicht mit dem Effektivzins anderer Kredite vergleichbar. Außerdem sind für Bausparverträge auch die Konditionen in der Sparphase wichtig, etwa der Guthabenzins und die Zuteilungsvoraussetzungen. Ein niedriger Darlehenszins bedeutet nicht, dass der Vertrag insgesamt günstig ist.
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Die Formel für den effektiven Jahreszins. Was sie bedeutet, erläutern wir ausführlich in der Meldung Immobilienkredite: So wird der Effektivzins berechnet.
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