Immobilien­kredit Lange oder kurze Zins­bindung? So entscheiden Sie richtig

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Immobilien­kredit - Lange oder kurze Zins­bindung? So entscheiden Sie richtig

Kalkulier­bare Zinsen sind für Häuslebauer wichtig. Doch Sicherheit hat ihren Preis. © Stiftung Warentest / René Reichelt

Der Zins­satz für ein Hypothekendarlehen steht üblicher­weise nur für den ersten Finanzierungs­abschnitt fest, beispiels­weise zehn Jahre. Danach benötigen Haus- und Wohnungs­eigentümer einen Anschluss­kredit in Höhe der Rest­schuld, für den sie vielleicht einen viel höheren Zins­satz zahlen müssen als heute. Eine möglichst lange Zins­bindung von 20 Jahren und länger ist für Immobilienkäufer deshalb die sicherste Variante – aber nicht immer die beste, wie unsere Unter­suchung zeigt.

Lange Zins­bindungen sind gefragt

Angesichts nied­riger Zinsen setzen Kreditnehmer zunehmend auf eine möglichst lange Zins­garantie. Schloss noch im Jahr 2009 nur jeder Fünfte einen Kredit­vertrag mit mehr als zehn Jahren Zins­bindung ab, sind es heute viel mehr. 2017 entschieden sich dafür zwei von drei Immobilienkäufern, ermittelte der Verband deutscher Pfand­brief­banken. Bei den meisten Banken ist es heute kein Problem, sich feste Zinsen für 15 oder 20 Jahre zu sichern. Einige Banken und Versicherer bieten Baukredite sogar mit festen Zinsen für die volle Lauf­zeit von bis zu 30 oder sogar 40 Jahren an.

Tipp: Wenn die Zins­bindungs­frage für Sie schon geklärt ist und Sie nur die besten Konditionen suchen – diese finden Sie im laufend aktualisiertem Test Eigenheim finanzieren auf test.de.

Das bietet der Finanztest-Artikel

Beratung und Hilfe. Wir stellen die Vor- und Nachteile einer langen Zins­bindung gegen­über und erklären, warum eine möglichst lange Zins­bindung für Immobilienkäufer die sicherste Variante ist, aber nicht immer die güns­tigste.

Konkrete Rechenbei­spiele. Unsere „Zins­waage“ zeigt für drei verschiedene Szenarien, welche Zins­bindungs-Variante für Sie am güns­tigsten ist. Und drei Tabellen zeigen den Grenz­zins, also den Zins­satz für den Anschluss­kredit, ab dem das Darlehen teurer wird als ein Darlehen mit längerer Zins­bindung (10/15/20 Jahre).

Heft­artikel. Wenn Sie das Thema frei­schalten, erhalten Sie Zugriff auf das PDF zum Artikel „Zins­bindung: Der Preis der Sicherheit“ aus unserem Finanztest Spezial Meine Immobilie.

Zins­aufschläge

Die Tabelle zeigt die Spanne der Zins­aufschläge, die Banken derzeit für Immobilien­kredite mit langer Zins­bindung verlangen.

Zins­bindung

Zins­satz (Prozent)

von

bis

mittel

15 statt 10 Jahre

0,19

0,81

0,39

20 statt 15 Jahre

0,08

0,83

0,30

20 statt 10 Jahre

0,31

1,27

0,66

Stand: 2. Mai 2018

Entscheidungs­hilfe Grenz­zins­satz

Was wiegt schwerer: Die Sicherheit der längeren Zins­bindung oder der nied­rigere Zins­satz der kürzeren? Eine Entscheidungs­hilfe bietet der Grenz­zins­satz. Er gibt an, wie hoch die Zinsen mindestens steigen müssen, damit Kreditnehmer mit der längeren Zins­bindung die anfangs höheren Zinsen wieder einsparen. Wann sich das lohnt und wie Sie das heraus­finden, erfahren Sie, wenn Sie den Testbe­richt frei­schalten. Anhand eines Beispiels erklären wir, wie Immobilienkäufer kalkulieren sollten.

Tilgung entscheidet mit

Das Vergleichs­ergebnis hängt allerdings von der konkreten Finanzierung und von der Bank ab. Je höher der Zins­aufschlag, den die Bank für die längere Zins­bindung verlangt, desto größer ist der Start­vorteil der kürzeren Bindung – und umso höher steigt der Grenz­zins. Attraktiv sind kürzere Zins­bindungen vor allem für Kreditnehmer, die sich eine hohe Tilgung leisten können. Unsere Tabellen zeigen, wie hoch der Zins­satz für den Anschluss­kredit maximal steigen darf, damit ein Darlehen mit zehn Jahren Zins­bindung unterm Strich nicht teurer wird als ein Darlehen mit 15 oder 20 Jahren Zins­bindung. Außerdem vergleichen wir Darlehen mit 15 und 20 Jahren Zins­bindung.

Zins­bindungs­mix mit Haken

Kreditnehmer müssen nicht alles auf eine Karte setzen. Sie können die Darlehens­summe auch auf Kredite mit mehreren Zins­bindungen verteilen, etwa einen Drittelmix aus 10, 15 und 20 Jahren Zins­bindung wählen. Warum sich Kreditnehmer nur in Ausnahmen auf verschiedene Fristen einlassen sollten, erfahren Sie nach Frei­schalten des Testbe­richts.

Nutzer­kommentare, die vor dem 2. Mai 2018 gepostet wurden, beziehen sich noch auf die Vorgänger­unter­suchung aus Finanztest 4/2016.

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

finanzGRÜN_Oliver_Henkel am 17.02.2017 um 18:46 Uhr
Sicherheit ist etwas "wert"

Ich glaube, dass die meisten Menschen im Hinblick auf die Hausfinanzierung gar keine Wetten auf Zinsänderungen abschließen wollen, sondern auch ganz bewusst in Kauf nehmen, etwas mehr Geld zu zahlen und dafür keinen Aufwand für die Verlängerung oder Umschuldung zu haben (Änderungen in der Grundschuld kosten übrigens auch Geld).
Gleichzeitig treffen wir auf jede Menge Kapital, für das händeringend eine Zinsoption gesucht wird. Deshalb schließe ich mich Nolte-BO an. Volltilgerdarlehen sind berechenbar und der Aufpreis hält sich in Grenzen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 08.12.2016 um 11:00 Uhr
Frage zum Laufzeitenmix

@testaude34: Die Zehn-Jahres-Frist beginnt erst mit der vollständigen Auszahlung des Darlehens und nicht schon mit Vertragsabschluss. Außerdem muss eine Kündigungsfrist von 6 Monaten eingehalten werden. Ein nahtloser Übergang beider Darlehen auf eine neue Bank ist daher nicht möglich, die neue Bank muss sich zumindest zeitweise mit dem zweiten Rang im Grundbuch begnügen. Vor allem aber ist die Kündigung des langlaufenden Darlehens nur dann eine Option, wenn die Zinsen gleich bleiben oder sinken. Sind die Zinsen nach zehn Jahren höher als heute – dieser Fall ist nicht gerade unwahrscheinlich -, wäre es unsinnig, den günstigen 15- oder 20-Jahreskredit zu kündigen (die Bank würde sich darüber freuen). Da die Bank in dieser Situation weiß, dass der Kunde diesen Kredit auf keinen Fall kündigen wird, hat der Kunde bei der Verlängerung des auslaufenden Teilkredits eine denkbar schlechte Verhandlungsposition. (maa)

testaude34 am 06.12.2016 um 16:40 Uhr
Frage zum Laufzeitenmix

Als Argument gegen eine Mischung der Laufzeiten nennen Sie die höhere Verhandlungsmacht der Bank, durch den 1. Rang im Grundbuch, wenn bei Auslaufen der Zinsbindung für einen Teilkredit nach 10 Jahren über einen neuen ZIns verhandelt wird. Das scheint mir falsch. Es gibt doch die gesetzliche Regelung, dass auch ein Kredit mit einer längeren Zinsbindung als 10 J., sofort nach Ablauf der ersten 10 Jahre ohne Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden kann. Falls ich also nach Auslaufen des 10 Jahres-Teildarlehens ein sehr gutes Angebot einer anderen Bank bekomme, kann ich auch das restliche Darlehen, das eine Zinsbindung über 15 oder 20 Jahre hat, sofort kündigen und mit allen Restdarlehen zur anderen Bank wechseln, die dann auch den 1. Rang im Grundbuch erhält. Insofern gibt es keine besondere Verhandlungsmacht der kreditgebenden Bank, die gegen einen Laufzeitenmix spricht. Oder?

Nolte-BO am 12.04.2016 um 12:19 Uhr
Grenzzins (Teil 2)

Grundsätzlich ist die Anschlussfinanzierung nach 10, 15 oder mehr Jahren nicht nur mit Zinsveränderungsrisiken/-chancen, sondern auch mit anderen Aspekten und Unwägbarkeiten verbunden, z. B. Sondertilgungsmöglichkeit, erneute Bonitäts-/Objektprüfung, Arbeitslosigkeitsrisiko, Altersgrenze, Kleindarlehnszuschlag bis € 50.000, neuer Finanzbedarf aus Objektinstandhaltung etc.
Einige der Bedenken (Bonitäts-/Objektprüfung, Arbeitslosigkeit, fehlende Sondertilgungsmöglichkeit, neuer Finanzbedarf) treffen auch bei den Bausparkombidarlehn zu, bei denen durch ein Bankvorausdarlehn bis zur zeitlich nicht festliegenden Zuteilungsreife des Bausparvertrages finanziert wird.

Nolte-BO am 12.04.2016 um 12:11 Uhr
Ist Grenzzinsidee entscheidungsrelevant? (Teil 1)

Jeder möchte bei knappen Eigenkapital und begrenztem verfügbaren Einkommen seine Immobilie gerne billigst und notgedrungen längstens finanzieren. Die Grenzzinsbetrachtung halte ich allerdings für eine Scheinsicherheit und Spekulation, denn die zukünftige Zinsentwicklung der Kapitalmarktzinsen ist für Zeiträume jenseits von 3 Jahren für Verbraucher nicht planbar. Dies zeigt auch der historische Bauzinsverlauf. Die Zinszukunft ist aber fest kalkulierbar durch eine heutige Festzinssatzbindung quasi bis zur Schlussrate (sog. Volltilgerdarlehn) in ca. 20 – 40 Jahren und das nicht nur bei Banken, sondern auch bei Versicherungen als Kreditgeber.
Der Schuldner kann ab 10 Jahre nach Vollauszahlung bei dann günstiger Zinssituation eine Umfinanzierung durch Kündigung nach § 489 Abs. 1 BGB prüfen und mit 6-monatiger Frist vorfälligentschädigungsfrei kündigen. Mit dieser Handlungsoption ist die über 10-jährige Zinsbindung quasi eine Versicherung gegen höhere Zinsen. Weiter in Teil 2.