Immobilien­kredit mit 55 plus Güns­tige Kredite für ältere Immobilienkäufer

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Immobilien­kredit mit 55 plus - Güns­tige Kredite für ältere Immobilienkäufer

Blick ins Grüne: Das Ehepaar Matthies kann gelassen in die Zukunft sehen. © Bergmann Foto

Darlehen für die eigenen vier Wände gibt es auch im fort­geschrittenen Alter. Schließ­lich haben viele Menschen genau dann ein gutes Einkommen und ausreichend Erspar­nisse. Aber es gibt große Unterschiede bei den Konditionen: Einige sind aber bis zu siebenmal so teuer wie andere.

Barbara und Lothar Matthies stehen kurz vor der Rente. Sie ist 57 Jahre alt, er 62 Jahre. Und sie stehen kurz vor dem Bau ihres 230 Quadrat­meter großen Zweifamilien­hauses in Groß­beeren vor den Toren Berlins. In die obere Wohnung werden sie selber ziehen, die untere Wohnung mietet die Tochter mit ihrer Familie. „Ein echtes Mehr­generationen­haus“, freut sich Lothar Matthies.

Das Paar hatte schon ein Eigenheim. „Aber das war ein Reihen­haus, in dem wir mit unseren drei Kindern gelebt haben und das über drei Etagen ging. Uns war immer klar, dass wir dort nicht alt werden wollen“, sagt Matthies.

Nun baut das Ehepaar ein Haus, das zum kommenden Lebens­abschnitt besser passt. Matthies hat ausgerechnet, dass das bei den hohen Mieten in Berlin und im Umland nicht teurer ist als mieten. 350 000 Euro wird der Neubau kosten, 300 000 Euro davon wird das Ehepaar über einen Kredit finanzieren.

Unser Rat

Alter. Einen Kredit für ein Haus zu bekommen, ist auch kurz vor der Rente möglich. Entscheidend ist der Nach­weis, dass Sie mit Ihrer Rente die Finanzierung stemmen können. Die Unsicherheit, ob Sie zu Lebzeiten den Kredit abbezahlen können, ist kein Hindernis. Der Wert der Immobilie bietet ausreichend Sicherheit für die Bank.

Preis­vergleich. Im Test fanden wir größere Preis­unterschiede, als wir sie sonst kennen. Die besten Konditionen boten Kredit­vermittler. Holen Sie immer mehrere Angebote ein, auch von mindestens ein oder zwei Kredit­vermitt­lern. Achten Sie darauf, allen Anbietern die gleichen Vorgaben machen (Schritt für Schritt zum besten Kredit).

Voll­tilger. Die besten Angebote im Test bekamen wir für Voll­tilgerdarlehen, die inner­halb der Zins­bindungs­frist komplett getilgt werden. Einen Kredit mit sieben Jahren Lauf­zeit gab es schon ab einem Effektivzins von 0,33 Prozent.

Raten­wechsel. Fragen Sie, ob Sie bei Bedarf die Tilgungs­rate ändern können. Diese Option gibt es oft sogar kostenlos. Sie sind dann flexibel bei sinkendem Einkommen.

Jeder vierte Erst­käufer ist über 55

Immobilien­kredit mit 55 plus - Güns­tige Kredite für ältere Immobilienkäufer

Vorfreude auf dem Grund­stück: Barbara und Lothar Matthies bauen bei Berlin ein Haus. Ihre Tochter plus Familie zieht mit ein. © Bergmann Foto

Viele Ältere kaufen sogar das erste Mal im Leben ein Eigenheim. Laut dem Institut der deutschen Wirt­schaft waren 27 Prozent aller Erst­erwerber im Jahr 2017 älter als 55 Jahre alt. Das alte Credo, schuldenfrei in Rente zu gehen, scheint für die heutige Generation 55 plus nicht mehr zu gelten. Warum auch? In der Regel verdient sie in den letzten Jahren des Berufs­lebens gut und sie hat ausreichend Eigen­kapital. Die Zinsen sind derzeit nied­rig, vieler­orts sind die Mieten gestiegen, wie bei Familie Matthies. Oft ändern sich die Bedürf­nisse, weil etwa die Kinder ausziehen.

Ältere Kauf­interes­senten fürchten oft, keine Finanzierung zu bekommen. Finanztest wollte wissen: Ist diese Sorge berechtigt? Wir haben bei 73 Anbietern nachgefragt, ob und zu welchen Konditionen sie Kredite an ältere Hauskäufer vergeben.

Tilgung bis Renten­eintritt nicht notwendig

Das Ergebnis hat uns über­rascht: Keines der befragten Kredit­institute verlangt, dass ein Darlehen bei Renten­eintritt komplett getilgt sein muss, und nur eines hat eine Alters­ober­grenze für die Kredit­vergabe: Bei der DEVK liegt sie bei 65 Jahren. Nur wenige fordern, dass die Kreditnehmer die Erbfolge geregelt haben oder eine Risiko­lebens­versicherung abschließen (Ein Höchstalter gibt es nur selten).

Für die Höhe der Zinsen scheint das Alter bei den meisten Baufinanzierern ebenfalls keine Rolle zu spielen. Viele Angebote weichen nicht oder nur gering­fügig vom durch­schnitt­lichen Zins­niveau ab. Allerdings: Die Spanne zwischen dem güns­tigsten und dem teuersten Kredit­geber ist unge­wohnt groß. Wir sind auf Angebote gestoßen, die siebenmal so teuer waren wie das güns­tigste.

Unser Modell­kunde ist 59 Jahre alt

Für den Vergleich haben wir nach Angeboten für einen 59-jährigen Kreditnehmer gesucht, der eine Eigentums­wohnung für 250 000 Euro kauft und mit 66 Jahren in Rente gehen will. Gefragt haben wir nach den Konditionen für drei Modell­fälle (Volltilger, Lange Laufzeit und Ratenwechsel).

  • Im Modell­fall A möchte der Käufer 60 Prozent seiner 250 000 Euro teuren Immobilie beleihen und bis zum Ende der Zins­bindungs­frist zurück­zahlen. Der Kredit soll entweder bis zum Renten­beginn in sieben Jahren voll­ständig getilgt sein oder die Finanzierung läuft über den Renten­beginn hinaus und ist nach zehn Jahren abge­schlossen.
  • Im Modell­fall B braucht der Darlehens­nehmer 80 Prozent des Kauf­preises. Er wünscht sich eine geringe Monats­rate und will sich die derzeit nied­rigen Zinsen für 20 Jahre sichern. Es bleibt eine Rest­schuld.
  • Im Modell­fall C beleiht der Wohnungs­käufer seine Immobilie ebenfalls mit 60 Prozent. Bei Renten­eintritt möchte er die Monats­rate deutlich senken können.

Zins­angebote im normalen Rahmen

Die meisten Angebote bekamen wir für das Darlehen in Fall A mit zehn Jahren Lauf­zeit und vollständiger Tilgung. Das Zins­niveau lag mit durch­schnitt­lich 0,65 Prozent im Rahmen unserer monatlichen Vergleiche für einen Stan­dard­kredit zur Immobilienfinanzierung. Mehrere Vermittler boten einen Kredit der Commerz­bank zu 0,39 Prozent effektiv an.

Zögerlicher waren die Banken, wenn der Kredit inner­halb von sieben Jahren getilgt sein sollte. Einigen Anbietern war die dafür nötige Tilgungs­rate von mehr als 10 Prozent zu hoch. Auffallend groß war hier der Zins­unterschied. Das güns­tigste Angebot mit einem Effektivzins von 0,33 Prozent machte der Vermittler Baugeld Spezialisten, das teuerste mit 1,84 Prozent die Post­bank. Das heißt: Im Laufe der sieben Jahre Lauf­zeit zahlt der Kunde in unserem Fall bei Baugeld Spezialisten knapp 1 385 Euro Zinsen, bei der Post­bank 9 500 Euro – also fast das Siebenfache!

Bis 26 000 Euro Zins­unterschied

Möchten ältere Immobilienkäufer ein Darlehen mit langer Lauf­zeit und geringer Belastung (Modell­fall B), winken schon mehr Banken ab. Das Darlehen sei erst nach Erreichen der statistischen Lebens­erwartung zurück­gezahlt, so begründete beispiels­weise die Sparda Hessen ihre Ablehnung. Die Degussa erklärt, dass die Rest­schuld nicht höher als 60 Prozent des Kauf­preises sein darf, wenn die Kreditnehmer ins Renten­alter kommen.

Das güns­tigste Angebot für Modell­fall B kam von einigen Vermitt­lern, die einen Kredit der Axa für 0,93 Prozent effektiv anboten, am teuersten war die PSD Berlin Brandenburg mit 1,82 Prozent. Aufgrund der langen Lauf­zeit wirkt sich hier der Zins­unterschied besonders deutlich aus. Nach Ende der 20-jährigen Zins­bindung beträgt die Summe der gezahlten Zinsen beim güns­tigsten Anbieter knapp 30 000 Euro, beim teuersten knapp 56 000 Euro.

Halbierung der Rate uner­wünscht

Am schwersten taten sich die Banken mit dem Wunsch, der für angehende Rentner besonders naheliegend ist. Im Modell­fall C möchte der Kreditnehmer mit Eintritt der Rente die Möglich­keit haben, die Rate von etwa 1 200 Euro auf knapp 600 Euro zu senken. Das entspricht einem Tilgungs­satz­wechsel von etwa 9 Prozent auf 4 Prozent.

Diese weite Spanne schreckte offen­bar viele Banken ab. Gerade mal die Hälfte der Befragten machte ein Angebot für diesen Fall. Häufige Gründe: Die Höchst­tilgung darf nicht mehr als 5 Prozent betragen oder die Rate um höchs­tens 2 Prozent erhöht oder gesenkt werden.

Im Einzel­fall sind die Banken aber durch­aus bereit, Ausnahmen zu machen. So erlaubt die Allianz den gewünschten Raten­wechsel, obwohl er vom Stan­dard abweicht. Sie machte mit 0,84 Prozent Effektivzins nach der Gladbacher Bank sogar das zweitgüns­tigste Angebot, das auch von einigen Vermitt­lern angeboten wurde.

Nicht abwimmeln lassen

Unser Test zeigt: Das Alter allein ist kein Hinderungs­grund für eine Kredit­vergabe. Die Sorge älterer Hauskäufer, aus Alters­gründen als nicht kreditwürdig einge­stuft zu werden, ist unbe­gründet. Schwierig ist es dagegen für manche Bank, den besonderen Wünschen von Rentnern in spe gerecht zu werden.

Interes­senten sollten sich davon aber nicht beein­drucken lassen und über­stürzt ein über­teuertes Angebot annehmen. Empfehlens­wert ist immer, nicht nur die Haus­bank, sondern mindestens auch einen Kredit­vermittler zu fragen oder sich an eine Bank zu wenden, die Kredite anderer Anbieter vermittelt. Vermittler haben einen Über­blick über die Konditionen vieler Banken und können so gerade für Sonderwünsche ihrer Kunden oft güns­tige Angebote finden.

Familie Matthies hat ihren Kredit­vertrag längst in der Tasche. Jetzt muss es nur noch losgehen mit dem Hausbau.

Tipp: Weitere Informationen mit Tests und Tipps für Ihre Baufinanzierung finden Sie auf unserer Themenseite Immobilienkredit.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 03.02.2020 um 16:59 Uhr
    Einfluss der EU-RL 2014/17/EU auf Kreditvergabe

    @Picasso100: Die von Ihnen erwähnte EU-Richtlinie ist im Jahr 2018 durch die "Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung"- ImmoKWPLV präzisiert worden. Diese besagt unter anderem, dass der Immobilienwert oder der Wert anderer als Sicherheiten dienender Vermögenswerte des Darlehnsnehmers hinreichende Gewähr für die Abdeckung der im Zusammenhang mit dem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag stehende Verbindlichkeiten und eventuelle Verwertungskosten bietet.
    Die Verordnung können Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz herunterladen:
    https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/ImmoKWPLV.html (PK)

  • Picasso100 am 29.01.2020 um 21:23 Uhr
    Einfluss der EU-RL 2014/17/EU auf Kreditvergabe

    Unter Bezugnahme auf Ihre Veröffentlichung "Reif fürs Eigenheim" Finanztest 2/2020 gibt es dort keinen Verweis auf die "RL 2014/17/EU des EP und des Rates über Wohnimmobilienverträge für Verbraucher..." obwohl da für die Banken bei der Kreditvergabe für private Immobilienkredite an Verbraucher, erschwerende Vorgaben verankert wurden. So beispielsweise, dass der Wert der zu erwerbenden oder zu bauenden Immobilie nicht mehr in dem Maße als Sicherheit für den Kredit einbezogen werden soll/darf, wie vor Inkrafttreten der o.g. EU-RL. Ich wäre dankbar, dazu eine Information und insbesondere über den Einfluss auf die Kreditvergabe zu erhalten, möglicherweise gibt es ja auch eine Harmonisierung, die aber der Öffentlichkeit nicht bekannt ist. Ich beabsichtige in den nächsten Jahren eine Immobilie als Alterssicherung zu erwerben, bin knapp 58 Jahre, weiblich, geschieden und voll berufstätig.