Immobilien als Kapitalanlage In der Ferne reingelegt

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Dubiose Vertriebe ­haben überteuerte Immobilien mit falschen Versprechen vermittelt. Die DKB hat anstandslos finanziert.

Den Namen DKB mögen Katrin und Guido Blaschek nicht mehr hören. Das Paar aus Thale im Harz macht die Deutsche Kredit Bank (DKB), eine Tochter der Bayern LB, mitverantwortlich dafür, dass es finan­ziell ruiniert ist. Die Blascheks haben sich von cleveren Vermittlern beschwatzen lassen, als Steuersparmodell eine „Patenschaft für eine Immobilie“ in Berlin zu übernehmen. Die Vermittler schafften es, sie völlig einzuwickeln. Die beiden verstanden gar nicht, dass sie in Wirklichkeit ihre Unterschrift unter den Kaufvertrag für eine Wohnung in der Brüderstraße in Berlin-Spandau setzten. Den Kreditvertrag der DKB für die Finanzierung der 228 000 Euro teuren Wohnung erhielten sie wenig später.

Blascheks fühlen sich nicht nur von den Vermittlern der KK Royal Basement, sondern auch von der DKB über den Tisch gezogen. Sie gehen davon aus, dass die Bank wusste, dass die Immobilie in Wirklichkeit nicht einmal die Hälfte des Kaufpreises wert war. Ein Sachverständiger hat den Wert der Wohnung auf 85 000 Euro geschätzt.

Überall in Deutschland melden sich inzwischen Anleger, denen überteuerte Wohnungen als Kapitalanlage mit einer Vollfinanzierung durch die DKB in Berlin, Leipzig, Dresden, Chemnitz und anderswo angedreht wurden. Sie werfen der Bank vor, sie im Zusammenspiel mit dubiosen Vertrieben finanziell ruiniert zu haben. Der Vorwurf: Die DKB hätte doch wissen müssen, dass die Kaufpreise für die Wohnungen viel zu hoch waren. Auch hätte sie leicht erkennen können, dass die monatlichen Belastungen für die Finanzierung der Wohnungen bewusst zu niedrig angegeben wurden.

Der Trick mit dem Steuersparmodell

Bei den Blascheks hat alles im Jahr 2008 mit einer Telefonumfrage angefangen. Ob Blaschek nicht auch finde, dass er zu viel Steuern zahle, fragte der Anrufer. Wer sagt da schon nein. Drei Wochen später rief der Mann wieder an und sagte, das Steuersparmodell der Regierung für arbeitende Ehepaare sei ideal für die Blascheks. Es folgt ein Hausbesuch. Wie das Steuermodell funktioniert, dürfe er nicht sagen, ­erklärte der Besucher bei dieser Gelegenheit. Haustürgeschäfte seien nämlich verboten. Die genaue Erklärung gebe es nur bei der Firma „Steuerfüchse“ in Berlin, die mit der KK Royal Basement zusammenarbeitet.

Wenige Tage später wurden die Blascheks nach der Arbeit mit dem Auto abgeholt und nach Berlin zu den Steuerfüchsen gebracht.

In der Firma, die binnen weniger Monate ihren Namen in „Steuerschotten“, „Steueralarm“ und in „Steuerlupe“ änderte, hat Kai Uwe Klug das Sagen, genauso wie bei der KK Royal Basement. Gegen Klug ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft wegen Betrugs und Untreue. Er arbeitet mit dem „Steuerexperten“ Helmut Siebrandt zusammen. Siebrandt gibt an, im Auftrag des Staates Steuersparmodelle zu vermitteln.

Bei einem Einsatz von nur 80 bis 100 Euro im Monat hätten die Blascheks in spätestens zehn Jahren einen Zugewinn von 56 000 Euro, wenn sie eine Patenschaft für eine denkmalgeschützte Immobilie überneh­men würden, habe er erklärt. Das klang gut und so wehrt sich das Paar nicht, als es zwei Stunden später gegen 20 Uhr abends zur Unterschrift zum Notar gefahren wird.

Als kurz darauf der Kreditvertrag der DKB im Briefkasten liegt, merkt das Paar langsam, dass es reingelegt wurde. Es stellt fest, dass es eine 123-Quadratmeter-Wohnung gekauft hat und sehr viel mehr als 100 Euro pro Monat zahlen muss. Inzwischen steht die Wohnung leer und das Ehepaar vor dem finanziellen Ruin. Es muss jeden Monat knapp 1 300 Euro für das Darlehen abzahlen. Blascheks haben sich an den Anlegeranwalt Jochen Resch in Berlin gewandt. Resch, der viele Geschädigte vertritt, prüft Schadenersatzansprüche gegen die DKB.

Mit Bussen zur Steuersparimmobilie

Gabriele Zobel aus Vohburg an der Donau ließ sich von einem Vermittler der inzwischen insolventen Alpha AG aus Würzburg gleich zwei Immobilien mit DKB-Vollfinanzierung andrehen. „Wir wurden mit 60 anderen Interessenten in einen Bus gesetzt und nach Chemnitz gefahren. Dort zeigte man uns Immobilien, die bald topsaniert sein würden.“

Wenig später habe der Vermittler sie und ihren Mann nachts um halb zwei aus dem Bett geklingelt. Er habe eine Flasche Champagner dabei gehabt und erklärt, dass nur die sofortige Unterschrift unter den Kreditvertrag ihnen das „Immobilienschnäppchen“ sichere. „Beide Immobilien lassen sich nicht einmal für die Hälfte des Kaufpreises verkaufen“, erklärt Gabriele Zobel. Die Zobels haben die Kanzlei Seimetz & Kollegen in Ottweiler eingeschaltet.

DKB bestreitet Vorwürfe

Die DKB weist alle Vorwürfe von sich. Sie prüfe die Plausibilität eines Immobilienpreises mittels eines „zertifizierten Bewer­tungsverfahrens“ sowie anhand öffentlich zugänglicher Datenbanken. Die Prüfungen können nur sehr oberflächlich gewesen sein. Denn mehrere Sachverständige stellten für Wohnungen in Eigentumsanlagen, in denen die DKB viele Objekte finanzierte, maßlos überteuerte Kaufpreise fest (siehe Tabelle). Finanztest liegen Dokumente vor, nach denen die Bank Immobilien finanzierte, die das 35-Fache der Jahresmiete der Immobilie kosteten. Üblich ist als Kaufpreis für Gebrauchtimmobilien je nach Zustand und Lage das 15- bis 25-Fache der Jahresmiete.

In einem Gutachten eines von Anwalt Resch beauftragten öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu einer Wohnung in der Berliner Cunostraße heißt es, dass „der Kaufpreis völlig überzogen ist“ und dass die finanzierende Bank dies „ohne viel Aufwand“ hätte erkennen können.

Die DKB behauptet auch, alle Darlehensverträge unabhängig von den Angaben des Vertriebs zu prüfen. Auch prüfe sie die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Kunden sowie seine Angaben zur erzielbaren Miete. Sie muss dabei häufig übersehen haben, dass die monatlichen Zuzahlungen für die Kunden ruinös waren.

So wie bei einem von Rechtsanwalt Klaus Kratzer in Nürnberg vertretenen ausländischen Lastwagenfahrer, dem die DKB einen Kredit über 120 000 Euro für eine marode Wohnung in Nürnberg gab. Den tatsächlichen Verkehrswert der Wohnung zum Zeitpunkt des Erwerbs hat ein Gutachter inzwischen mit 32 400 Euro festgestellt. „Die Wohnung ist unvermietet, die Wände sind feucht und die Rigipsplatten kann man mit dem Finger durchdrücken“, sagt Kratzer. Sein Mandant, der drei Kinder habe und 1 700 Euro netto im Monat verdiene, sei außerstande, die monatliche Rate für den DKB-Kredit in Höhe von 590 Euro zu zahlen. Kratzer fordert von der DKB Schadenersatz, weil der Kaufpreis des Objekts sittenwidrig überhöht sei.

Partner der DKB

Welche Rolle die DKB bei den dubiosen Immobiliengeschäften spielte, zeigen einige Beispiele: Die Berliner Vertriebsfirma R&R FirstConcept und die inzwischen insolvente Safin reichten über die Thomas Friese Un­ternehmensberatung, einem „Partner der DKB“, oder über die Singularis Finanz­ie­rungsvermittlungen ausgefüllte Darlehensangebote bei der DKB ein.

Die DKB-Finanzierungsvermittler ließen über die Vertriebsfirmen ihren Kunden oft viel zu niedrige monatliche Belastungen vorrechnen. „Meist fehlten die Kosten für die Tilgung des Darlehens“, sagt Rechtsanwalt Thomas Storch in Berlin. „Das merkten die Kunden aber erst später, weil sie den Darlehensvertrag regelmäßig erst nach Abschluss des Kaufvertrags erhielten“, erklärt Storch. Er vertritt zirka 150 DKB-Geschädigte und hat bereits 60 Klagen eingereicht.

Die DKB erklärt jedoch, dass zum Beispiel die R&R FirstConcept nicht als Vermittler für sie tätig ist. Überzeugend klingt das nicht. Denn zu den Kreditverträgen der DKB gibt es eine „Beratungsbestätigung“. Darin bestä­tigt der Kunde, dass Raimar Max Michaelis ihm persönlich das im Darlehensvertrag enthaltene Produkt „DKB-Annuitäten-Darlehen“ erläutert habe. Michaelis war Geschäftsführer der R&R FirstConcept. Sie kenne Michaelis als Untervermittler von Thomas Friese, sagte eine Mitarbeiterin der DKB als Zeugin vor dem Landgericht Berlin. In einem anderen Finanztest vorliegenden Dokument wird ein Mitarbeiter der Firma Safin als ein für die DKB handelnder Vermittler genannt.

Mindestens drei Prozesse haben Anleger inzwischen gegen die DKB in erster Instanz gewonnen. Die DKB habe ihre Beratungspflichten verletzt. „Die DKB konnte schnell und unmissverständlich erkennen, dass „unter Ertragswertgesichtspunkten ein Kaufpreis von 48 750 Euro als sogar sittenwidrig überteuert anzusehen wäre“, urteilte das Berliner Landgericht (Az. 2 O 580/09).

In einem zweiten Fall muss die DKB Schadenersatz leisten, weil sie eine Immobilie ­finanzierte, ohne die Käufer über die Risiken aufzuklären. Die DKB habe „institutio­na­lisiert“ mit dem Vertrieb zusammengearbeitet, der die monatlichen Zuzahlungen falsch berechnete (Az. 38 O 264/09).

Im dritten Fall erklärte das Gericht, dass sich die DKB das Handeln ihres Erfüllungsgehilfen, der R&R FirstConcept, wie eigenes zurechnen lassen müsse. Die Bank sei verpflichtet gewesen, die Käufer aufzuklären, dass ein Darlehen in Höhe von 166 000 Euro nicht für 569 Euro im Monat zu haben sei, urteilte das Gericht.

Hätte die Bank den Käufern gesagt, dass sie etwa 846 Euro monatlich aufbringen müssen, hätten diese den Vertrag nicht unterschrieben. Deshalb müsse die DKB den entstandenen Schaden ersetzen. Der Wohnungskauf muss rückabgewickelt werden (Az. 4 O 62/09).

Die DKB hat gegen die Urteile Berufung eingelegt. Sie findet nicht, dass sie ihre Aufklärungspflichten verletzt hat. Dennoch scheint sie Konsequenzen gezogen zu haben. „Bis Ende März 2009 brummte das Geschäft. Dann hat die DKB ihre Kreditvergaberichtlinien verschärft. Seither sind die Finan­zierungen vermieteter Wohnungen extrem zurückgegangen“, erklärt Anwalt Volker Wenzel aus Hamburg.

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