Immobilien als Kapitalanlage Grobe Schnitzer

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Eine Stichprobe von Finanztest zeigt: Immobilienanleger werden von Kreditinstituten oft miserabel beraten.

Bei Maklern und Bauträgern hört es sich ganz einfach an: Vermietete Eigentumswohnungen lohnen sich eigent­lich immer. Sie bringen steigende Mieten und langfristig hohe Wertsteigerungen. Sie eignen sich bestens für den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge. Obendrein spart der Eigentümer jede Menge Steuern.

Aus Sicht der Anleger handelt es sich zunächst einmal um eine komplizierte Kapitalanlage. Mit dem Kauf der Immobilie ist es nicht getan. Die Wohnung muss finanziert, vermietet und verwaltet werden. Und die Investition löst in den nächsten Jahrzehnten eine Fülle von Einnahmen und Zahlungsverpflichtungen aus, die viel schwerer zu kalkulieren sind als die Zinsen einer Wertpapieranlage. Das sind Gründe genug, sich vor der Entscheidung Rat bei den Immobilienspezialisten von Banken und Bausparkassen zu holen.

Kreditinstitute im Test

Finanztest machte die Probe aufs Exempel und schickte Mitarbeiter in 16 Berliner Bank- und Bausparkassenfilialen. Die Tester, jeweils 40-jährige Singles mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 50 000 Euro, interessierten sich für eine Immobilie als Kapitalanlage für die Altersvorsorge. Ihre Vorstellung: Eine Zwei- bis Dreizimmerwohnung mit rund 70 Quadratmetern für maximal 150 000 Euro. Sie bringen ein Vermögen von 47 000 Euro mit, überwiegend angelegt in einem internationalen Aktienfonds und in festverzinslichen Wertpapieren.

Von der Bank wollten sie sich nicht nur über die reine Finanzierung beraten lassen. Nach Möglichkeit sollte das Kreditinstitut auch ein passendes Immobilienangebot machen. Darüber hinaus wollten sie wissen, ob sich eine vermietete Eigentumswohnung für sie überhaupt lohnt.

Das Ergebnis der Stichprobe ist ernüchternd: Die Beratungen waren entweder schlecht oder allenfalls Mittelmaß. Gut beraten wurden die Tester in keiner Filiale.

Viele Berater blieben so allgemein und oberflächlich, dass der Kunde hinterher kaum schlauer war als zuvor. Sie stellten in einer Beispielrechnung lediglich die möglichen Kosten auf und machten einen simpel gestrickten Vorschlag zur Finanzierung. Mieterträge, Steuervorteile, Rentabilität und Risiken – auf entscheidende Punkte der Immobilienanlage gingen viele auch auf Nachfrage nicht oder nur am Rande ein.

Andere Berater waren durchaus bemüht zu zeigen, welche Einnahmen und Ausgaben langfristig mit der Immobilienanlage verbunden sind. Das waren in der Regel auch die Berater, die dem Kunden ein Wohnungsangebot vorlegten. Doch je konkreter die Aussagen und Berechnungen, desto häufiger unterliefen ihnen Fehler – von kleinen Patzern bis zu groben Schnitzern. Die errechneten Belastungen hatten am Ende oft wenig mit der Realität zu tun.

Riskante Vollfinanzierung

Bedenklich ist schon der von vielen ­Beratern vorgeschlagene Finanzierungsaufbau. Jeder zweite riet zu einem ­Kredit in Höhe des Kaufpreises. Je ein Berater der Berliner Sparkasse und des BHW empfahlen sogar, keinen Cent Eigenkapital einzusetzen und auch Maklerprovision, Notar- und Grundbuchgebühren per Kredit zu finanzieren.

Solche Voll- und Überfinanzierungen bergen enorme Risiken. Da die Kreditraten die Mieteinnahmen bei weitem übersteigen, muss der Anleger langfristig hohe Summen zuschießen. Außerdem kann kein Eigentümer mit absolut sicheren Mieterträgen rechnen. Doch die Finanzierungskosten bleiben, auch wenn die Mieten sinken oder eine Zeit lang ausfallen, weil der Mieter nicht mehr zahlen kann.

Vielleicht fallen auch die Steuervorteile niedriger aus als geplant. Je höher die Kredite, desto stärker schlagen solche Risiken auf die gesamte Finanzierung durch. Auch Anleger sollten daher 20 Prozent Eigenkapital einsetzen.

Niedrige Tilgung

Fragwürdig ist auch das von den Beratern empfohlene Tilgungskonzept. Fast alle rieten zu einem Standardkredit mit zehn Jahren Zinsbindung und nur einem Prozent Tilgung. Das führt zu einer Laufzeit von mehr als 30 Jahren. Die 40-jährigen Testkunden hätten den Kredit bis zum 65. Lebensjahr noch längst nicht abgezahlt. In Kombination mit einer Vollfinanzierung bedeutet das, dass der Kreditnehmer wahrscheinlich bis ins hohe Rentenalter hinein mehr für die Immobilie zahlt, als er über Mieten und Steuervorteile hereinholt.

Darüber hinaus nannten nur wenige Berater Finanzierungsalternativen. Nur vier Testkunden erfuhren, dass sich für sie ein Kredit in Kombination mit einer Kapitallebensversicherung aus steuerlichen Gründen lohnen kann.

Falsche Belastungen

Besonders gefährlich wird es für Anleger, wenn die Bank eine zu niedrige ­monatliche Belastung aus der Immobilienanlage vorrechnet. So unterstellten mehrere Berater unrealistisch hohe Miet­einnahmen.

Mitarbeiter der Berliner Sparkasse und von Wüstenrot kalkulierten zum Beispiel für eine durchschnittliche Altbauwohnung eine Quadratmetermiete von knapp 11 Euro. So viel zahlen Berliner laut Mietspiegel nicht einmal für eine noble Neubauwohnung am Potsdamer Platz.

BHW- und Wüstenrot-Berater wiederum vergaßen die Instandhaltungs- und Verwaltungskosten, die der Eigentümer nicht auf die Miete umlegen kann. Für eine 70-Quadratmeter-Altbauwohnung kommen leicht 700 bis 1 000 Euro im Jahr zusammen, die in den Rechnungen fehlten.

Mehrere Berater schätzten das künftige Zinsniveau sehr optimistisch ein. Sie setzten den aktuellen Niedrigzinssatz von rund 6 Prozent einfach auch für die Anschlussfinanzierung nach Ablauf der zehnjährigen Zinsbindung an. Eine seriöse Kalkulation mit dem langjährigen Durchschnittszinssatz von 8 Prozent hätte dagegen gezeigt, dass Anleger durch die hohen Kredite und die niedrige Tilgung spätestens ab dem 11. Jahr ein relativ hohes Risiko eingehen.

Steuervorteile zu hoch

Völlig daneben lagen einige Banken und Bausparkassen bei den Steuervorteilen. Eine Beraterin der Berliner Sparkasse ließ dem Kunden für eine vermietete Wohnung die staatliche Eigenheimzulage zukommen. Die gibt es aber nur für Selbstnutzer.

Für eine Altbauwohnung setzte eine Beraterin der Commerzbank die anfangs mindestens doppelt so hohe Abschreibung für Neubauten an. Ein BHW-Berater ließ den Kunden mehr als das Doppelte der angeblich zu zahlenden Bewirtschaftungskosten beim Finanzamt absetzen. Andere berechneten die steuerliche Abschreibung auf die vollen Anschaffungskosten. Das Finanzamt erkennt aber nur die Gebäudekosten ohne Bodenwertanteil an.

Miete und Steuervorteile zu hoch, Finanzierungs- und Bewirtschaftungskosten zu niedrig – in einigen Finanzierungsplänen klaffte am Ende eine Lücke von monatlich mehr als 100 Euro.

Reich gerechnet

Die mieseste Beratung kam aber nicht von einer Bank, sondern von einem Makler des Commerzbank-Partners Au­fina-Era, den die Bank einem unserer Testkunden empfohlen hatte. Der Makler schickte eine Beispielrechnung für eine sanierte Altbauwohnung, die „den genauen finanziellen und steuerlichen Ablauf der Investition bis zur kompletten Bezahlung der Wohnung aufzeigt“.

Laut Rechnung setzt der Anleger nach Steuern nur knapp 7 000 Euro Eigenkapital ein. Danach kassiert er Überschüsse von durchschnittlich mehr als 100 Euro im Monat. Und nach zwölf Jahren besitzt er eine schuldenfreie Wohnung im Wert von 144 000 Euro.

So viel wird die Wohnung allerdings nur dann wert sein, wenn die Mieten um mehr als 3 Prozent im Jahr steigen und der Anleger die Wohnung in zwölf Jahren zu einem völlig überzogenen Preis von mehr als dem 30fachen der Jahresmiete verkaufen kann. Auch aus den Überschüssen wird nichts werden. In der Rechnung fehlen nämlich die Beiträge für eine Lebensversicherung, mit der das Darlehen in Höhe von 111 000 Euro nach zwölf Jahren getilgt werden soll. Dafür muss der Anleger mit einem Beitrag von mehr als 500 Euro rechnen – pro Monat.

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