Immobilien Versteckte Gefahren

0

In vielen alten ­Häusern stecken unsichtbare Schadstoffe. Die künftigen Bewohner sollten sie am besten schon vor dem Kauf oder Einzug aufspüren.

Mit dem Kauf ihres Bauernhauses ging für Albrecht Petzoldt und seine Frau ein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung. „Wir wollten immer, dass unsere Töchter in einer ländlichen Umgebung aufwachsen“, sagt der Telekommunikationsingenieur, „aber wir haben die Entscheidung immer wieder vor uns hergeschoben. Die Diskussion um die Eigenheimzulage letztes Jahr und die bevorstehende Einschulung unserer ältesten Tochter haben dann den entscheidenden Anstoß gegeben.“

Ein dreiviertel Jahr hat die Familie nach einem geeigneten Objekt gesucht, bis sie dann schließlich auf den fränkischen Einzelhof in der Nähe von Nürnberg gestoßen ist. „Uns hat vor allem die Lage überzeugt. Alles andere kann man verändern, aber die Lage muss stimmen.“

Auch die offensichtliche Belastung des Dachstuhls mit Holzschutzmitteln schreckte die Petzoldts nicht. „Bei der Besichtigung stand die Dose Xylamon noch auf dem Dachboden“, erzählt der frisch gebackene Hausbesitzer. Doch da die Behandlung 30 Jahre zurücklag, rechnete er nicht mehr mit einer hohen Belastung.

Das war ein Irrtum. Die Holzanalyse, die er vorsichtshalber von unseren Experten erstellen ließ, ergab eine gesundheitsgefährdende Belastung des Dachstuhls.

„Eigentlich haben wir Glück gehabt“, meint Petzoldt, „denn jetzt können wir bei der Modernisierung die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen gleich mit einplanen, ohne dass erhebliche Mehrkosten entstehen. Viel schlimmer ist es doch, wenn die Schadstoffbelastung erst nach dem Einzug herauskommt, wenn die Renovierung schon fertig ist.“

„Wenn einem bei der Hausbesichtigung im buchstäblichen Sinne etwas in die Nase sticht, sollte man vor dem Kauf auf jeden Fall eine Schadstoffanalyse machen lassen“, rät Dr. Thomas Warscheid, Sachverständiger für Schimmelpilzfragen und Mitglied im Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung (Baka). „Oft reicht auch eine erste Begutachtung durch einen Fachmann. Er erkennt auf einen Blick mögliche Quellen für Wohngifte.“

Der belastete Dachstuhl der Petzoltds ist ein typischer Fall. Giftige Holzschutzmittel wurden bis in die Achtzigerjahre ziemlich sorglos eingesetzt. Sie enthielten unter anderem die heute verbotenen Wirkstoffe PCP, Lindan oder DDT, deren gesundheitsschädliche Wirkung inzwischen erwiesen ist. Auch nach vielen Jahren können die Stoffe noch aus dem Holz entweichen, ohne dass sie zu sehen oder zu riechen sind.

„Verdacht schöpfen sollte man vor allem, wenn in den Siebzigerjahren viel Holz verbaut worden ist“, sagt Michael Koswig von der­­­ Umweltanalysen-Hot-line der Stiftung Warentest. „Oder wenn man sieht, dass das Holz einmal von Schädlingen befallen war. Dann ist es ziemlich wahrscheinlich, dass der Vorbesitzer dagegen mit Holzschutzmitteln vorgegangen ist.“

Ob im Haus verbautes Holz mit giftigen Holzschutzmitteln behandelt worden ist, kann eine Holz- oder Staubprobe klären. Zeigt das Ergebnis der Analyse eine Belastung, heißt es handeln. „Hölzer wie Wand- und Deckenverkleidungen werden am besten einfach entfernt“, rät Michael Koswig. „Wo das nicht möglich ist, beispielsweise bei Dachbalken, können sie häufig mit einer Spezialfolie luftdicht verpackt und anschließend verkleidet werden.“

Gift in Böden und Wänden

Gesundheitsschädliche Holzschutzmittel sind nicht die einzigen Gefahren, die in alten Häusern lauern können. Span- und Sperrholzplatten können Formaldehyd ausgasen, Parkettkleber können die Krebs erzeugenden Gifte PAK und PCB enthalten, PVC-Fußböden können asbestverseucht sein.

Betroffen davon sind vor allem Häuser, die in den Fünfziger- bis Siebzigerjahren gebaut oder modernisiert wurden, giftiger Kleber fürs Parkett wurde auch schon früher verwendet. Ob eine Schadstoffbelastung besteht, kann in den meisten Fällen eine einfache Analyse klären.

Eine Formaldehydbelastung zum Beispiel zeigt der Bio Check F der Firma Dräger an. Er ist für zirka 25 Euro in der Apotheke erhältlich. Mithilfe eines Teströhrchens führen die Betroffenen eine erste orientierende Messung der Raumluft selber durch.

Ob ein Parkettkleber giftig ist, kann schon die Farbe zeigen. Ungefährlich sind weiße, graue oder rosafarbene Kleber. Schwarze Kleber sind dagegen häufig, gelbe und braune Kleber manchmal belastet. Wer den Verdacht hat, dass sein Kleber giftig ist, kann eine Materialprobe an der Rückseite des Parketts vorsichtig abkratzen und an unsere Experten einschicken (Update: Dieser Service wurde eingestellt).

Häufig Asbest verwendet

Asbesthaltige Baustoffe wurden von 1960 bis in die Achtzigerjahre verwendet, vor allem in der DDR auch in Innenräumen. Vielfach wurden zum Beispiel Asbestpappen als Hitzeschutz hinter Öfen, Heizkörpern und unter Fensterbrettern eingesetzt.

Cushion-Vinyl, ein Fußbodenbelag mit PVC-Oberseite und einer dünnen Asbestpappe als Unterschicht, wurde bis in die Achtzigerjahre in großen Mengen verlegt. Alte Nachtspeicheröfen enthalten oft asbesthaltige Teile.

Ob eine Wand, ein Boden oder ein anderes Bauteil Asbest enthält, lässt sich wiederum mit der Analyse einer Materialprobe feststellen.

Je nach Belastung sind unterschiedliche Sanierungsmaßnahmen erforderlich. So entscheidet bei Parkettkleber der Zustand des Bodens über das weitere Vorgehen: Ist das Parkett sehr gut erhalten, reicht regelmäßiges Saugen und Wischen. Nur wenn das Parkett bereits an vielen Stellen schadhaft und „klapperig“ ist, muss es saniert oder im schlimmsten Fall sogar komplett entfernt werden.

Eine Asbestsanierung gehört in die Hände eines Fachmanns. Er muss auch für die fachgerechte Entsorgung des Materials sorgen.

Blei im Trinkwasser

Ein Problem in vielen alten Häusern, besonders im Osten Deutschlands, ist die Qualität des Trinkwassers. Die Wasserwerke liefern dieses zwar innerhalb der gesetzlich festgelegten Grenz- und Richtwerte, aber ihre Verantwortung endet an der Haustür. Auf dem Weg vom Hausanschluss bis zum Hahn wird das Wasser nicht selten durch Schwermetalle verunreinigt, die sich aus alten Leitungen lösen.

Ob das Trinkwasser mit Schwermetallen belastet ist, zeigt eine Wasserprobe. Bei einer Belastung mit Zink, Kupfer oder Kadmium reicht es meist, kein Wasser zu verwenden, das längere Zeit in den Leitungen gestanden hat. Vergiften hohe Bleiwerte das Wasser, gibt es nur eine Lösung: Raus mit den alten Bleileitungen.

Schimmel auch im Neubau

Eine der häufigsten Ursachen für dicke Luft in deutschen Wohnzimmern ist nicht eine chemische, sondern eine biologische Belastungsquelle: Schimmel. „Je dichter unsere Häuser aus Energiespargründen werden, desto wichtiger ist es, dass die Feuchtigkeit aus den Wohnräumen entweichen kann“, warnt der Sachverständige Warscheid.

„Werden zum Beispiel neue wärmedämmende Fenster eingebaut, müssen die Bewohner eigentlich fünf Mal am Tag stoßlüften. Aber wie soll ein Berufstätiger das denn machen?“

Wie gefährlich wuchernde Schimmelpilze in der Wohnung werden können, zeigt das Beispiel der Familie Gust* aus Berlin. „Wir ziehen nicht um, wir befinden uns eher auf der Flucht“, schildert Michael Gust seine Situation. Ihm hatte ein Gutachter kürzlich den Verdacht bestätigt, dass die Autoimmunerkrankung seiner Tochter durch den Schimmelpilz Aspergillus restrictus ausgelöst worden sein kann. Er wuchert an den Wänden des Kinderzimmers.

„Schon als wir eingezogen sind, hatten wir in einer Ecke Schimmel. Aber der war nach einer ersten Behandlung weg, und wir haben nicht wieder daran gedacht. Aber als wir jetzt umräumen wollten und ein Regal von der Wand gerückt haben, entdeckten wir, dass die ganze Wand blüht.“

Einen ersten Anhaltspunkt, ob in einer Wohnung die Gefahr von Schimmelwachstum besteht, kann schon ein einfaches Feuchtigkeitsmessgerät geben, ein Hygrometer. Liegt die relative Luftfeuchte in Innenräumen auf Dauer über 60 Prozent, steigt die Schimmelgefahr. Wer einen konkreten Verdacht hat, kann mit einem einfachen Screeningtest (siehe Bild rechts) ermitteln, ob Schimmelpilze die Raumluft belasten.

Eine Schimmelpilzsanierung ist häufig eine Sache für den Fachmann. Er kann klären, ob bauliche Mängel die Ursache für den Befall sind, und weiß, wie diese zu bekämpfen sind. „Eine Schimmelsanierung muss nicht gleich mehrere Tausend Euro kosten“, beruhigt Thomas Warscheid. „Häufig reicht schon ein Tipp, was die Bewohner selber tun können.“ So kann mitunter schon eine bessere Belüftung, Beheizung oder Wärmedämmung vor erneutem Befall schützen.

0

Mehr zum Thema

0 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.