Auf jeder Party diskutieren die Gäste, ob sie eine Wohnung oder ein Haus kaufen sollen. Höchste Zeit für Eigentümer, über einen Verkauf nachzudenken.
Die Freunde guckten fast mitleidig, als der junge Speditionskaufmann und seine Frau aus München 1999 ihre Ersparnisse in eine Eigentumswohnung steckten. Wenn es wenigstens ein stuckverzierter Altbau gewesen wäre, aber nein, es war eine Wohnung in einem Sechzigerjahre-Mehrfamilienhaus im gesichtslosen Teil von Schwabing-West. Wie langweilig.
Ähnlich reagierte der Freundeskreis wieder, als die beiden 2006 eine weitere Wohnung zum Vermieten erwarben. Doch inzwischen ist das anders, erzählt der Speditionskaufmann: „Freunde und Bekannte löchern uns, wie wir die Wohnungen ausgesucht und finanziert haben.“ Immobilien sind nach Preissprüngen in vielen Städten in aller Munde. Und während die anderen kaufen wollen, überlegt das Paar, ob es die Chance nutzen und verkaufen soll.
Die Idee ist gut. Die beiden sollten sich aber gut über den Markt informieren und abklären, ob Steuern anfallen und was sie mit den laufenden Krediten tun können.
Viele Kaufinteressenten
Das Umfeld ist hervorragend für Verkäufe, so viel steht fest. Es gibt so viele Kaufinteressenten wie selten. Die einen wollen kaufen, weil sie wegen der niedrigen Zinsen wenig Anlagealternativen sehen. Anderen ermöglicht das Rekordtief der Zinsen, sich endlich ein Eigenheim zu leisten.
Käufer aus dem Ausland hoffen auf Sicherheit für ihr Geld, falls die Finanzkrise wieder aufflammt. Die Preise in Deutschland erscheinen ihnen im Vergleich zu ihrer Heimat oft günstig. Sie suchen vor allem in Metropolen wie Berlin und München.
Der Immobilienverband IVD rät zum Verkauf in Städten, in denen die Angebotspreise überdurchschnittlich gestiegen sind. IVD-Vizepräsident Jürgen Michael Schick erklärt: „Der optimale Zeitpunkt für den Exit ist jetzt – bevor die Dynamik der Wohnungsmärkte auch einmal nachlässt.“
Sinnvoll kann ein Verkauf auch in strukturschwachen Gebieten sein. In den vergangenen Jahren hatten es einige Eigentümer schwer, Käufer zu finden. Jetzt lohnt sich ein neuer Versuch.
Chance auf ein passenderes Heim
Selbstnutzer haben die Chance, ihre Bleibe an ihre veränderte Lebenssituation anzupassen. Der Verkaufserlös einer Altbauwohnung in der Stadt kann reichen, um das ersehnte Haus im Grünen zu kaufen. Ein zu groß gewordenes Familienheim wiederum kann eine nagelneue, altersgerechte Eigentumswohnung finanzieren.
Starker Preisanstieg in sieben Jahren
In Schwabing-West, wo das Münchner Paar zwei Wohnungen besitzt, sind die Preise stark gestiegen. Doch was sind die Immobilien der beiden heute wert? Der Preissprung ist enorm: Die erste Wohnung ist knapp ein Drittel mehr wert als 1999. Der Verkehrswert der zweiten ist in acht Jahren sogar um etwa zwei Drittel gestiegen.
Festgestellt haben die beiden Eigentümer das mithilfe der Gutscheine aus unseren Immobilien-Sonderheften Unser Rat. Sie bekamen damit Zugriff auf die Onlinebewertung von vdpResearch, einer Tochter des Verbands deutscher Pfandbriefbanken, die sonst nur Banken zur Verfügung steht. Die Bewertung basiert auf Preisen, die am Markt erzielt wurden.
Abwarten kann riskant sein
Wäre es angesichts der steigenden Preise nicht besser, zu warten und später noch teurer zu verkaufen? Das Kalkül kann aufgehen. Doch die Preise könnten auch fallen.
Die großen Preissprünge dürften wohl vorbei sein. In vielen Städten sind die Kaufpreise im Vergleich zu den Mieten sehr hoch. Käufer, die vermieten, erzielen nur magere Renditen.
Bundesbank hat Markt im Blick
Die Bundesbank stellte im Februar 2014 fest, dass Immobilien in den Städten zwischen 10 und 20 Prozent überbewertet seien. In Großstädten seien es vermutlich 25 Prozent. Sie überlegt schon, wie sie den Preisauftrieb dämpfen könnte, falls es zu einer Immobilienpreisblase käme. Bundes- und Lokalpolitiker denken über Vorgaben nach, um den Mietpreisanstieg zu bremsen. Das lässt Anleger zögern, hohe Preise zu akzeptieren. Dürfen sie Mieten nur noch begrenzt anheben, schmälert das ihre Renditeaussichten.
Wenn die Zinsen wieder steigen, wird die Interessentenschar schrumpfen. Kapitalanleger haben dann mehr Auswahl, was sie mit ihrem Geld machen. Selbstnutzer müssen Abstriche bei ihren Wohnträumen machen oder können sich kein Eigenheim mehr leisten. Planen Eigentümer einen Verkauf in den kommenden Jahren, kann es sinnvoll sein, das Vorhaben vorzuziehen.
Vorzeitig raus aus dem Kreditvertrag

Hohe Preise. Die Fasanenstraße in Berlin ist beliebt. Sie hat Flair und ist nahe am Kurfürstendamm.
Viele Immobilien sind aber noch nicht abbezahlt, wenn sie verkauft werden sollen. Die Eigentümer müssen prüfen, ob und wie sie vorzeitig aus dem Vertrag kommen.
Wurde ein Kredit mit mehr als zehn Jahren Zinsbindung abgeschlossen und sind zehn Jahre seit Auszahlung vergangen, dürfen die Darlehensnehmer den Vertrag mit einer Frist von sechs Monaten kündigen und das Geld vorzeitig zurückzahlen. Sie bezahlen die Restschuld aus dem Verkaufserlös. Darlehen mit variablen Zinsen geben den Kunden ebenfalls das Recht, alles binnen kurzer Fristen zurückzuzahlen.
Auch Sondertilgungsrechte im Kreditvertrag bieten manchmal einen Ausweg. Ist die Restschuld nur gering, lässt sie sich vielleicht über eine Sondertilgung abtragen.
Auswege mit der Bank finden
Die beiden Münchner müssen eine andere Lösung finden. Das Ehepaar hat vergangenes Jahr den alten Kredit abgelöst und einen neuen über zehn Jahre abgeschlossen. „Wir zahlen viel niedrigere Zinsen als vorher“, berichtet der Speditionskaufmann.
Er muss nun aber damit rechnen, dass die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt, wenn er verkaufen und kurzfristig aus dem Vertrag aussteigen will. Damit lässt sie sich bezahlen, dass ihr Zinsen entgehen, die sie bekommen würde, wenn die Eheleute den Kredit weiter bedienen. Da der Vertrag noch viele Jahre läuft, müsste das Paar eine fünfstellige Entschädigung bezahlen.
Es gibt aber Auswege. Es kann sein, dass ein Käufer bereit ist, nicht nur die Immobilie, sondern auch das Darlehen zu übernehmen und abzuzahlen. Das funktioniert, wenn ihn die Bank als kreditwürdig genug einstuft. Liegt der Kreditzins deutlich über dem jetzigen Zinsniveau, kann es sein, dass der Käufer für die Übernahme einen Nachlass beim Kaufpreis fordert.
Kredit bleibt, Immobilie wechselt
Eine weitere Lösung, eine Immobilie trotz laufenden Kredits zu verkaufen, ist ein Pfandaustausch. Banken lassen sich Sicherheiten einräumen, wenn sie Kredite gewähren. Sie verschaffen sich eine Zugriffsmöglichkeit auf die finanzierte Immobilie.
Hat ein Eigentümer mehrere Immobilien oder plant er einen Neuerwerb, kann er die Bank um einen Austausch bitten. Die als Sicherheit gestellte Immobilie wird durch eine andere ersetzt. Das geht natürlich nur, wenn die neue mindestens gleichwertig ist und ausreicht, um die Restschuld abzusichern. Den Kredit bedient der Verkäufer dann unverändert weiter.
Für das Münchner Ehepaar ist das eine Option. Es besitzt zusätzlich zu den Wohnungen ein kleines Haus am Stadtrand Berlins, für das noch keine Grundschulden bestellt sind. „Wir werden bei der Bank anfragen, ob sie sich einen Pfandtausch vorstellen kann“, kündigt der Ehemann an.
Später Widerruf
Kreditnehmer dürfen aus dem alten Kredit auch aussteigen, wenn ihr Vertrag einen Formfehler hat: Viele Banken haben ihre Kunden nicht richtig über ihr Widerspruchsrecht belehrt. Das müssen sie seit 2. November 2002 tun. Ist die Belehrung falsch, dürfen Darlehensnehmer noch nach Jahren ohne Vorfälligkeitsentschädigung aussteigen.
Die Banken wehren sich allerdings oft, wenn Kunden solche Formfehler geltend machen. Die Betroffenen müssen ihre Rechte dann per Anwalt oder gar Gericht durchsetzen. Weitere Informationen finden Sie in unserem Special Immobilienkredite, Finanztest 7/2014.
Spekulationsteuer beachten
Für das Münchner Ehepaar kommt ein Widerruf wegen Formfehler im Vertrag nicht infrage. „Einen Rechtsstreit wollen wir nicht riskieren“, sagt die Ehefrau.
Die beiden wollen es für die erste Wohnung mit dem Pfandtausch versuchen. Den Verkauf der zweiten Wohnung verschieben sie – aus steuerlichen Gründen.
Seit dem Kauf im Januar 2006 sind weniger als zehn Jahre vergangen. Bei vermieteten Immobilien hält der Staat in diesem Fall die Hand auf. Ein Steuerberater hat ausgerechnet, dass das Paar bei einem Verkauf zum ermittelten Verkehrswert gut 17 000 Euro Spekulationsteuer zahlen müsste. Nach Januar 2016 geht der Fiskus leer aus. Daher wollen die beiden warten.
Angebotspreis gut überlegen
Auf die Schnelle lässt sich eine Immobilie ohnehin nicht zu Geld machen. Mit drei bis sechs Monaten Vorlaufzeit müssen Eigentümer rechnen und einige Zeit investieren.
Am schwierigsten ist es, einen angemessenen Preis festzulegen. Viele Eigentümer haben anfangs unrealistische Vorstellungen. Vor allem Selbstnutzer sehen ihre Immobilie durch eine rosarote Brille und finden keinen Interessenten. Ladenhüter werden sie später nur mit hohem Abschlag los. Verkäufer, die von vornherein realistisch rechnen, schneiden besser ab.
Es genügt nicht, Marktdaten für Immobilien vergleichbarer Lage und Ausstattung in dem Viertel heranzuziehen. Verkaufswillige müssen auch überlegen, ob Zuschläge gerechtfertigt oder Abschläge nötig sind. Weniger hohe Preise erzielen in der Regel Wohnungen und Häuser aus den 50er, 60er und 70er Jahren, Erdgeschosswohnungen und solche ohne Balkon Unser Rat.
Verkaufserlös klug investieren
Bleibt noch eine letzte Frage: Wohin mit dem Geld, wenn der Kaufpreis überwiesen ist? Immobilienexperte Schick empfiehlt, eine neue Immobilie zu kaufen „in einer kleineren Stadt mit positiver Wachstumsprognose, guter Infrastruktur und stabilen Wirtschaftsdaten.“ Das ist auch eine Idee für das Münchner Paar. Auf was sie achten müssen, wissen sie ja schon.