Illegaler Download Was tun, wenn die Abmahnung kommt?

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Laden Internetnutzer Musik, Filme oder Computer­spiele unerlaubt herunter, kann das teuer werden. Doch die Beträge sind verhandel­bar.

Das Album „Lioness: Hidden Treasures“ der Sängerin Amy Winehouse ist im Handel ab 7 Euro zu haben. Till Emmerling* sollte über 1 000 Euro dafür zahlen. Er hatte die Musikdatei im Internet herunter­geladen. Wenig später erhielt er Post vom Anwalt: Eine Abmahnung, mit der er aufgefordert wurde, 1 200 Euro als Schaden­ersatz für die begangene Urheber­rechts­verletzung zu zahlen.

Die Geschichte Emmerlings ist kein Einzel­fall. Zuletzt schwappte eine Welle von Abmahnungen über tausende Internetnutzer, die Erotikfilme über das Streaming-Portal Redtube angeschaut hatten Streaming.

Bis zu 3 000 Euro pro Fall

Abmahnungen wegen Verletzungen des Urheber­rechts sind auch das tägliche Brot der Rechts­anwalts­kanzlei Meibers in Münster: Sie vertritt mehr als 1 000 Abge­mahnte pro Jahr. Dabei geht es um herunter­geladene Filme, Musik und Software, um Produktfotos, die Nutzer für ihre Ebay-Auktion verwenden, oder um unerlaubt genutzte Stadt­plan­ausschnitte auf der Firmenhomepage.

„Wer so etwas macht, verletzt häufig das Urheber- oder Nutzungs­recht eines anderen und muss mit einer Abmahnung rechnen“, sagt Nils Volmer, Rechts­anwalt in der Kanzlei Meibers. Das kann teuer werden: zwischen 300 und 3 000 Euro pro Fall.

Rechts­anwälte fordern Schaden­ersatz

Das geforderte Geld ist der Ersatz des Schadens, der dem Urheber oder Rechte­in­haber entsteht. Denn schließ­lich entgeht ihm eine Einnahme durch den Verkauf der CD im Laden oder im Internet.

Bei der Schadens­berechnung wird zugrunde gelegt, was der Abge­mahnte gezahlt hätte, wenn er die Rechte ordnungs­gemäß erworben hätte. Hinzu kommen die Anwalts­kosten, die der Rechte­in­haber dem Abge­mahnten in Rechnung stellen kann.

Hinter Emmerlings Abmahnung stand das Unternehmen Universal Music. Der Vorwurf der Plattenfirma lautete: Er habe das Amy-Winehouse-Album anderen illegal zum Tausch angeboten.

Zum Tausch angeboten? Dem jungen Mann war gleich klar, was damit gemeint war: Mit dem Herunter­laden der Datei hatte er sie anderen zur Verfügung gestellt.

Tatort Tauschbörse

Bei Tauschbörsen im Internet – wie Bittorrent und Shareaza – können die Nutzer in sogenannten Peer-to-Peer-Netz­werken Dateien herunter­laden: Filme, Musik oder Computer­spiele. Man spricht vom Filesharing. Wenn der Internetnutzer eine Datei herunter­lädt, wird diese für einige Zeit auch gleich­zeitig hoch­geladen und steht solange anderen Nutzern zur Verfügung. Knapp gesagt: Herunter­laden gleich hoch­laden. Hoch­laden gleich „zum Tausch anbieten“.

Viele Tauschbörsennutzer wissen das gar nicht. Sie vervielfältigen Dateien auto­matisch. Doch das dürfen nur die Rechte­in­haber, die sich mit Abmahnungen wehren.

Aber auch das bloße Herunter­laden von Dateien ist meist verboten, da sie in Tauschbörsen oft illegal angeboten werden.

Trotzdem verfolgen die Anwälte vor allem das „Tausch­angebot“ durch das Hoch­laden der Dateien, weil sie es einfacher nach­weisen können. Hinzu kommt: „Für ein einmaliges Herunter­laden kann der Rechte­in­haber weit weniger Schaden­ersatz fordern. Das Hoch­laden und Teilen mit anderen Internetnutzern richtet den größeren Schaden an. Das zu verfolgen, ist viel rent­abler“, sagt Rechts­anwalt Volmer.

Denn indem der Nutzer die Datei anderen zum Download zur Verfügung stellt, erhalten unter Umständen hunderte von Interes­senten das Album kostenlos. Damit ist der mögliche Schaden, den der Rechte­in­haber geltend machen kann, sehr viel höher.

Auf frischer Tat ertappt

Raubkopien sind verboten. Das war auch schon früher so. Kopierte Filme oder CDs wanderten für ein paar Mark von Hand zu Hand und dann allenfalls in die zweite Reihe im Regal zuhause. Die Geschädigten hatten es schwer, eine Rechts­verletzung nach­zuweisen.

Ganz anders sieht es in Zeiten des Internets aus: Urheberrechte können zwar massenhaft verletzt werden. Aber sie werden auch massenhaft verfolgt. Ermitt­lungs­firmen über­wachen im Auftrag der Rechte­in­haber die Netz­werke, über die Dateien ausgetauscht werden. Stellen diese Firmen fest, dass ein Nutzer eine Datei unerlaubt herunter­geladen hat, dokumentieren sie das anhand der IP-Adresse, des Datums, der Uhrzeit, des Netz­werks sowie der fraglichen Datei.

Mithilfe dieser Informationen gelangen sie an den Namen des Anschluss­inhabers – entweder im Rahmen eines Straf­verfahrens oder durch eine richterliche Anordnung im Zivil­verfahren gegen den Provider.

Vorsicht mit Fotos und Stadt­plänen

Aber nicht nur Tauschbörsen-Nutzer müssen aufpassen. Bei Rechts­anwalt Volmer landen auch Fälle, in denen Internetnutzer Bilder, die ein anderer gemacht hat, für die eigene Auktion im Internet verwenden. Gern greifen Verkäufer auf die Original­produktfotos des Herstel­lers zurück. „Ohne Einverständnis ist das nicht erlaubt“, sagt Volmer. Die geforderten Beträge für diesen Verstoß liegen bei mehreren hundert Euro.

Ebenfalls nicht erlaubt ist es, Ausschnitte von urheberrecht­lich geschützten Stadt­plänen auf die eigene Home­page zu stellen – es sei denn, man hat einen Lizenz­vertrag abge­schlossen, der einem die Nutzungs­rechte einräumt. Ein solches Nutzungs­recht kostet ein paar hundert Euro, aber man ist damit recht­lich auf der sicheren Seite.

Abmahnung kommt – was tun?

Eine Abmahnung besteht aus der Zahlungs­aufforderung und einer Unterlassungs­erklärung. Juristisch gesehen ist sie ein Vergleichs­angebot, das für den Empfänger Drohung und Chance zugleich darstellt.

Wenn der Betroffene die Unterlassungs­erklärung abgibt, sich daran hält sowie die geforderte Pauschale zahlt, vermeidet er ein mögliches Zivil­gerichts­verfahren. Reagiert er hingegen nicht, können in einer späteren gericht­lichen Auseinander­setzung wesentlich höhere Kosten auf ihn zukommen.

Der Vergleich ist ein richtiger Vertrag. Deshalb rät Rechts­anwalt Volmer: „Vor Schreck nicht gleich unterzeichnen.“ Denn nicht jede Abmahnung ist berechtigt. Deshalb sollte sich der Betroffene zunächst die Frage stellen: War ich es über­haupt? „Entlasten kann sich der Abge­mahnte unter Umständen, wenn er zum fraglichen Zeit­punkt nach­weislich nicht zuhause war.“ Dasselbe gilt für jene, die weder Computer noch DSL-Router besitzen und fälsch­licher­weise ins Visier der Ermitt­lungs­firmen geraten sind.

Besser mit Anwalt

Ist die Forderung berechtigt, kommt der Abge­mahnte meist nicht um eine Unterlassungs­erklärung herum. Die vorgefertigte Erklärung sollte der Betroffene nicht ohne recht­liche Prüfung unterzeichnen. Denn diese Formulierung ist meist nach­teilig für den Abge­mahnten. Erstens erkennt der Unterzeichner die Anwalts­kosten der Gegen­seite uneinge­schränkt an. Zweitens ist die in der Erklärung fest­gelegte Vertrags­strafe oft zu hoch bemessen. Die Unterlassungs­erklärung sollte also unbe­dingt abge­mildert werden. Das ist im Zweifel Sache eines Anwalts, der sich gut mit der Materie auskennt.

Die geforderte Summe sollte ebenfalls nicht über­eilt gezahlt werden. „Die Gegen­seite zeigt sich oft gesprächs­bereit“, sagt Volmer. Das heißt: Über die Höhe des Schaden­ersatzes lässt sich verhandeln.

Viele Rechts­anwälte berechnen für die außerge­richt­liche Verteidigung in Abmahnsachen Pauschalen von etwa 200 bis 500 Euro. Die Rechts­schutz­versicherung trägt die Kosten oft nicht. „Ich habe es aber erlebt, dass die Versicherung die Kosten auf Kulanzbasis über­nimmt. Am besten fragt man beim Versicherer nach“, rät Volmer.

Auch Till Emmerling wandte sich an einen Anwalt, der ihn gut beraten hat: Statt der geforderten 1 200 Euro zahlte Emmerling 300 Euro an die Gegen­seite und 300 Euro für den eigenen Anwalt. Doch obwohl er den geforderten Betrag halbieren konnte, sagt er: „Das war ein sehr teures Amy-Winehouse-Album.“

Die gute Nach­richt: Über die Abmahn­kosten lässt sich verhandeln.

* Name von der Redak­tion geändert.

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