
Das Ikea-Haus kommt nach Deutschland. In Wiesbaden können Käufer ein Boklok-Reihenhaus mit drei Zimmern ab 199 000 Euro erwerben. Der Schnelltest in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen Bremen und Rheinland-Pfalz klärt, welche Ausstattung das Haus hat, ob Zusatzkosten entstehen und auf was sich der Kunde einlässt. [Update: Reaktion von Ikea im letzten Absatz.]
Reihenhaus ohne Tapete und Fußboden
Baust Du noch oder wohnst Du schon? Ikea bietet die ersten Boklok-Reihenhäuser hierzulande in Wiesbaden, Offenbach und Hofheim an. Hersteller ist die Baufirma Bien-Zenker. Das größere Heim mit 102 Quadratmetern Fläche auf zwei Etagen kostet 268 500 Euro einschließlich Grundstück. Für das Dreizimmerhaus mit 84 Quadratmetern verlangt das Möbelhaus 198 500 Euro. Im Preis nicht enthalten sind Malerarbeiten und Fußbodenbeläge. Beide Häuser haben keinen Keller. Üblicherweise kommen auch noch die Kosten für Notar, Grundbucheintrag und Grunderwerbssteuer hinzu. Dafür werden für das kleinere Reihenhaus in Wiesbaden nochmals fast 11 000 Euro fällig.
Vertragsklauseln benachteiligen Käufer
test.de hat mit Experten der Verbraucherzentralen Bremen und Rheinland-Pfalz den Bauvertrag für das Ikea-Reihenhaus in Wiesbaden-Auringen geprüft. Etliche Klauseln benachteiligen den Kunden gravierend. Die Baufirma behält sich Änderungen an den Bauleistungen, den Bauplänen und der Baubeschreibung vor, ohne dafür triftige Gründe zu nennen. Die genannten Änderungsgründe „bauübliche Toleranz“ und „innerhalb der Regeln der Baukunst“ sind zu ungenau und deshalb unwirksam. Vom Kunden verlangt der Anbieter hingegen die vollständige Schlussrate auch wenn noch Restarbeiten ausstehen. Die Haftung der Firma für Baumängel wird unzulässigerweise eingeschränkt. Einen Fertigstellungstermin garantiert Bien-Zenker nicht.
Baubeschreibung ist so ungenau wie möglich
An Hand der Baubeschreibung soll sich der Kunde ein genaues Bild machen können, welche Bauleistungen er für sein Geld bekommt. Er erfährt wie Wände, Fenster und Türen beschaffen sind und welche Anschlüsse und Fliesen er in Bad und Küche findet. Das ist aber nicht so auf den fünf Seiten Baubeschreibung für das Boklok-Haus. Darin bleiben viele Lücken. Der Kunde muss sich etwa überraschen lassen, welche Fenster mit welchem Glas und welchem Rahmen er eingebaut bekommt. Ob die Rollläden tatsächlich aus Aluminium sind, wie es die Werbung verkündet oder doch aus Kunststoff, geht aus der Beschreibung nicht hervor.
Hören, was der Nachbar sagt
Erhöhten Schallschutz für die Trennwände zwischen den Häusern zählt die Werbebroschüre als Vorteil auf. Davon ist in der Baubeschreibung aber nicht mehr die Rede. Der dort garantierte Schallschutz erfüllt nicht einmal die aktuellen Standards. So sind die Bewohner über jede Rauferei in Nachbars Kinderzimmer gut informiert. Wie die Trennwände genau aufgebaut werden, ist der Baubeschreibung nicht zu entnehmen. Dafür gibt es Aussagen über die Außenwände: Die innere Haut besteht aus einer Gipskartonfeuerschutzplatte von 18 Millimetern Stärke. Danach folgt die Dampfdiffusionsbremse, die eine Pe-Folie ist und keinesfalls beschädigt werden darf. Das heißt, es können keine Schrauben oder Nägel eingeschlagen und auch keine zusätzlichen Steckdosen installiert werden.
Energiekosten sind zu hoch
Strom und Heizwärme muss der Käufer laut Vertrag vom „Contractor“ evb mbH beziehen - und das 15 Jahre lang. Solange darf der Bewohner nicht zu einem günstigeren Energieversorger wechseln. Erzeugt wird die Energie für die Ikea-Häuser in einer kleinen Anlage aus Biomasse-Pelletkessel, Brennwert-Kesselanlage, Blockheizkraftwerk und einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. So könnten niedrige Preise und eine gewisse Unabhängigkeit vom Ölpreis erzielt werden. Doch verlangt evb deutlich höhere Energiepreise als andere Strom- und Gasanbieter in der Region. Für die Heizkosten enthält der Vertrag eine Preiserhöhungsklausel, die an den Preis von leichtem Heizöl gekoppelt ist. Das ist laut Bundesgerichtshof für die alleinige Berechnung des Gaspreises unzulässig. Und noch eine Überraschung ist eingebaut: Nach 15 Jahren dürfen die Käufer die Energiestation für 35 000 Euro übernehmen. Ob die alte Anlage dann noch diesen Wert besitzt, ist sehr fraglich. Nicht genannt ist der Ausgangswert der Anlage.
[Update 18. Mai 2010: Ikea will prüfen]
Ikea will als Reaktion auf diesen Schnelltest die vertraglichen Regelungen genau nachprüfen kündigte das Unternehmen in der Presseinformation vom 12. Mai an. Weiter heißt es dort, test.de hätten nicht die aktuellen Beschreibungen für das Boklok-Haus vorgelegen. Tatsächlich hat die Baufirma Bien-Zenker Stiftung Warentest Bauträgervertrag, Baubeschreibung sowie Strom- und Wärmelieferungsvertrag am 23. April zugeschickt. Verkaufsstart für die Häuser in Wiesbaden Auringen war nach Ikea-Angaben bereits am 17. April. Alle von Ikea angekündigten Korrekturen in Baubeschreibung und Vertrag kann test.de nicht bestätigen, weil sie der Redaktion nicht vorliegen. Vertragslaufzeiten von 15 Jahren mit dem Energieversorger seien üblich, erklärt das Möbelhaus. Laut Gesetz darf die Laufzeit von Fernwärmeverträgen jedoch maximal 10 Jahre betragen.
[Update 28. Okt. 2010: Noch kein Vertrag unterschrieben]
Nach Angaben von Ikea ist noch immer kein einziger Kaufvertrag für das Boklok-Reihenhaus unterschrieben. Als Baubeginn könne derzeit frühestens die Jahreswende genannt werden, sagte Unternehmenssprecherin Sabine Nold gestern in Frankfurt. Grund für die Verschiebung sei die Kritik von Stiftung Warentest. Man sei noch in der Überprüfungsphase und werte Rückmeldungen von Kunden aus, sagte Nold.
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Erstaunlich, dass Ikea nicht von vornherein die rechtliche "Wasserdichte" von Verträgen zu vom Unternehmen und beteiligten Drittanbietern vertriebenen Produkte überprüft! Insbesondere wenn selten etwas so sensibel ist wie der Bau/Kauf eines Hauses. Es handelt sich hier ja schließlich nicht um ein Ikearegal, wo man ggf. fehlende Schrauben beim nächsten Besuch im Möbelhaus großzügig und meist gratis in die Hand gedrückt bekommt!
Der vorliegende Test vermittelt schnell die Einsicht, dass man wohl auch lange nach der Schlüsselübergabe zu dieser "Wundertütenbehausung" nicht so ohne weiteres den berüchtigten Inbus-Schlüssel oder anderes Werkzeug zur Seite legen können wird. Und man auch in manch anderer Hinsicht weniger kostengünstig zu gesteigerter Lebensfreude und überhaupt dem Sinn des Lebens kommt, als die lockeren Werbesprüche des munteren Möbelmolochs glauben machen wollen ..."Lebst du schon, oder klagst du noch"?
Statt "billiges" Boklok besser ein Blockhaus bauen.
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