Interview: „Misstrauen ist ein guter Schutz“

Cem Karakaya, Experte für Internetkriminalität bei der Münchener Polizei.
Cem Karakaya von der Polizei München klärt Bürger über die Gefahren im Internet auf. Im Interview gibt er Tipps, wie man sich vor Datendieben schützen kann.
Bequemlichkeit ist ein Risiko
Müssen wir Angst um unsere Daten haben?
Angst ist ein schlechter Berater. Aber wir sollten bewusster mit der Sicherheit unserer Daten umgehen, insbesondere im Internet. Der Schutz persönlicher Informationen kostet Zeit und Geld. Viele Menschen sind zu bequem und nicht bereit, den Aufwand auf sich zu nehmen. Oder sie sind zu gutgläubig oder unwissend. Gerade Jüngere sind nachlässig mit ihren Daten.
Was ist der beste Schutz?
Ich rate, sparsam mit Daten umzugehen. Ansonsten sollte man Hard- und Software, Betriebssystem, Firewall und Antivirenprogramm auf dem neuesten Stand halten, um Sicherheitslücken so schnell wie möglich zu schließen. Diese nutzen Kriminelle oft aus. Die größte Sicherheitslücke sitzt allerdings vor dem PC. Jeder Nutzer sollte an seiner Medienkompetenz arbeiten und sein Gefahrenbewusstsein schärfen. Wer sich aufmerksam im Netz bewegt und misstrauisch bleibt, beugt dem Datendiebstahl gut vor.
Anzeigen und gegen Forderungen zur Wehr setzen
Wenn es doch passiert, erstattet man Anzeige?
Es gibt keinen eigenständigen Straftatbestand „Identitätsdiebstahl“. Angezeigt wird die Missbrauchshandlung, also etwa ein Betrug oder üble Nachrede oder Verleumdung bei Mobbing.
Wie ermittelt die Polizei?
Die Polizei reagiert auf jede Anzeige. Allerdings sind die Täter oft schwer zu fassen, gerade wenn das Internet der Tatort ist. Es stellt sich die Frage der Zuständigkeit, und staatenübergreifende Zusammenarbeit ist häufig kompliziert. Doch auch wenn wir die Täter nicht immer zur Rechenschaft ziehen können, sollte man jeden Fall von Datendiebstahl und -missbrauch anzeigen. Damit signalisiert man, dass die Daten gestohlen wurden und man sich um die Aufklärung des Sachverhalts bemüht. So setzt man sich wirksam gegen Forderungen zur Wehr und hat auch im Falle eines Gerichtsverfahrens bessere Chancen.
Hohe Dunkelziffer
Wie viele Fälle gibt es?
In Statistiken tauchen nur die strafbaren Folgen von Datendiebstahl auf, deshalb gibt es keine belastbaren Zahlen. Außerdem gehen wir von einer hohen Dunkelziffer aus: Wer Opfer ist, ist in der Regel gleich mehrfach betroffen. Gleichzeitig zeigen viele einen Identitätsdiebstahl nicht an, weil sie ihn zunächst gar nicht bemerken. Einige Opfer empfinden auch große Scham. Statt Anzeige zu erstatten, bezahlen sie lieber die Forderungen. Dabei können sie gar nichts für den Diebstahl. Selbst wer alle Vorkehrungen trifft, kann es Kriminellen höchstens erschweren, Daten zu ergaunern.
Wer sind die Täter?
Das reicht vom kleinkriminellen Einzeltäter bis zum organisierten Verbrechen. Je nach Art des Delikts kann man aber von unterschiedlichen Tätergruppen ausgehen. Geht es etwa um Mobbing oder Rufschädigung, haben die Betroffenen häufig einen Verdacht und die Täter kommen aus dem näheren Umfeld.