Bis zum Jahr 2018 will die Telekom den analogen Telefonanschluss abschaffen und alle Kunden mit Internet-Telefonie versorgen. 20 Millionen Anschlüsse sind betroffen. test erklärt die Hintergründe und sagt, was der Wechsel für Verbraucher bedeutet.
Anschluss der Zukunft?
Ob sie wollen oder nicht: Viele Telekom-Kunden werden in den kommenden Monaten auf den „Anschluss der Zukunft“ umgestellt. Kunden telefonieren dann über „Voice over IP (VoIP)“, zu Deutsch: „Sprachübertragung übers Internetprotokoll“. Das analoge Festnetz soll ab 2018 Geschichte sein. Die Umstellung bringe, so die Telekom, viele Vorteile: Daten sollen schneller übertragen werden, auch die Sprachqualität beim Telefonieren werde sich verbessern. Reibungsverluste gibt es dennoch. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wer ist von der Umstellung betroffen?
Alle Telekom-Kunden, die noch einen analogen oder einen ISDN-Anschluss zum Telefonieren nutzen und einen DSL-Internetanschluss dazugebucht haben. Bei den meisten von ihnen dürften die Verträge schon älter sein. Wer erst vor kurzem bei der Telekom unterschrieben hat, telefoniert in der Regel schon über VoIP.
Wie erfahre ich, ob mein Anschluss umgestellt wird?
Bei den zirka sechs Millionen Kunden, die nur analog telefonieren, aber kein Internet nutzen, stellt die Telekom in der Vermittlungsstelle auf Internet-Telefonie um. Im Idealfall bemerken Verbraucher davon nichts. Alle Kunden mit Internetzugang bekommen einen Brief, der sie über die geplante Umstellung informiert. Möglich ist es auch, dass unangemeldet ein Telekom-Mitarbeiter vor der Tür steht oder anruft und über die neuen Tarife informieren will.
Tipp: Kunden sollten sich in solchen Fällen nicht unter Druck setzen lassen und vorschnell einen neuen Vertrag abschließen.
Kann ich die Umstellung ablehnen?
Grundsätzlich ja. Da es sich bei der Umstellung um einen Technologiewechsel handelt, bietet die Telekom den betroffenen Kunden – rein rechtlich – einen neuen Vertrag mit neuer Laufzeit an. Solange der alte Vertrag noch gilt, kann das Unternehmen also niemanden zum Umsatteln auf VoIP zwingen. Anders ist die Lage, wenn der alte Vertrag ausläuft. Wer sich dann gegen die Umstellung sperrt, riskiert die Kündigung und muss sich einen neuen Anbieter suchen – oder steht ohne Festnetz da.
Tipp: Ruhe bewahren. Bevor die Kündigung der Telekom nicht auf dem Tisch liegt, haben Kunden nichts zu befürchten.
Gibt es Alternativen zur IP-Telefonie der Telekom?
Jein. Zwar konkurrieren viele Gesellschaften, etwa 1und1, Congstar, Vodafone oder Kabel Deutschland mit der Telekom. Analoge Telefonie ist dort aber meist auch nicht mehr im Angebot. Einzelne Anbieter stellen Bestandskunden noch begrenzt analoge oder ISDN-Anschlüsse zur Verfügung.
Tipp: Im Internet-Serviceprovider-Test (test 1/2015) bot Kabel Deutschland den besten Telefon- und Internetanschluss. Der liefert Telefon und Internet über die Kabelleitung und ist nicht überall verfügbar. Bei den DSL-Anbietern lag die Telekom knapp vorn. Weitere Informationen erhalten Sie in unserem aktuellen Test Tarife für Internet und Telefon.
Welche Vorteile bringt die IP-Technik?
Die Telekom verspricht unter anderem eine bessere Sprachqualität über die HD-Telefonie. Dafür brauchen beide Gesprächsteilnehmer ein Gerät, das diesen Übertragungsstandard unterstützt (Test Schnurlose Telefone: Eine gute Verbindung, test 9/2015). Zudem wirbt das Unternehmen mit seinen „MagentaZuhause-Tarifen“. Darin enthalten sind zwei Anschlüsse und drei Rufnummern.
Welche Nachteile gibt es?
Kritiker bemängeln: Die Sprachqualität könnte ohne HD-Technik schlechter sein als übers analoge Festnetz oder über ISDN. Außerdem könnten die Sprachlaufzeiten länger sein. Das führt dazu, dass Worte verzögert ankommen. Die Zafaco GmbH beobachtet die Netze kontinuierlich und hat für die Bundesnetzagentur die Initiative Netzqualität durchgeführt. Die Experten sehen besonders beim Übergang von einem IP-Netz zum anderen Probleme. Hier käme es zu größeren Verzögerungen bei der Sprachlaufzeit.
Weiterer Nachteil: Fällt der Router wegen eines technischen Defekts aus, ist nicht nur die Internetverbindung weg. Kunden können auch nicht mehr telefonieren. Fax-Nutzer müssen damit leben, dass die Telekom den sogenannten T.38-Standard nicht unterstützt. Die Faxtechnologie stammt aus der analogen Ära und ist nicht für IP-Übertragung ausgelegt. Ohne Standards wie T.38 besteht die Gefahr, dass Faxe unvollständig oder gar nicht ankommen.
Funktionieren Hausnotrufsysteme auch mit der neuen Technik?
Ja, aber nicht mehr so sicher. Während die analoge Telefonie auch bei Stromausfall noch lief, trifft das auf die IP-Technik nicht mehr zu. Für Menschen, die auf Hausnotrufsysteme angewiesen sind, kann ein Blackout gefährlich werden. Die Telekom bietet ihnen kaum Hilfestellung. Das Deutsche Rote Kreuz als größter Anbieter für Hausnotrufsysteme in Deutschland kennt die Probleme. Es stellt bei betroffenen Kunden auf Systeme um, die neben dem IP-Netz auch noch über das Handynetz Notrufe absetzen. Zusätzliche Kosten entstehen den Kunden dadurch vorerst nicht.
Tipp: Kunden, die ein Hausnotruf- oder Alarmsystem eines anderen Anbieters nutzen, sollten nachfragen, ob ein Technikwechsel notwendig und möglich ist.
Brauche ich neue Endgeräte?

Neuer Router. Den brauchen Nutzer, deren altes Gerät keine IP-Telefonie kann.
Es kommt darauf an. Wer keinen Internetanschluss hat, kommt ohne neue Geräte aus. Alle anderen verbinden das Telefon oder das Fax künftig mit einem IP-fähigen Router. Wer noch kein solches Gerät besitzt, muss also nachrüsten. Passende Router lassen sich entweder direkt von der Telekom mieten oder bei einem beliebigen Anbieter kaufen. Der Mietpreis bei der Telekom liegt je nach Gerät zwischen rund 2,50 Euro und 10 Euro pro Monat.
Für Käufer ist etwa die AVM-Fritzbox 7272 besonders interessant. Sie hat in unserem letzten Test unter den Routern mit ADSL-Modem am besten abgeschnitten (Test Router und Repeater: Gut vernetzt, test 8/2014) und kostet im Onlinehandel zirka 160 Euro. Wer einen schnellen VDSL-Anschluss sein Eigen nennt, greift zum Beispiel zur Fritzbox 7490. Kostenpunkt etwa 230 Euro. Um die eigene Hardware zu nutzen, müssen Kunden die Internet-Zugangsdaten der Telekom im Router eintragen. Laien brauchen hierbei eventuell Unterstützung. Wer sein altes ISDN-fähiges Gerät weiter verwenden will, benötigt zudem einen sogenannten S0-Bus-Anschluss am Router.
Welche Kosten entstehen durch die Umstellung an sich?
Kunden ohne Internetanschluss müssen keine Extra-Ausgaben fürchten. Anders sieht es bei jenen mit Internet aus. Brauchen sie einen neuen Router, zahlen sie oft nicht nur das Gerät aus eigener Tasche (siehe oben). Muss ein Telekom-Techniker kommen, um den neuen Router einzurichten, fallen nochmals 99 Euro an.
Wer im Zuge der Technikumstellung auch eine schnellere Internetverbindung kauft, zahlt für den leistungsstarken Tarif auch eine höhere monatliche Grundgebühr. Der schnelle 100-Megabit-Anschluss „MagentaZuhause L“ kostet derzeit rund 40 Euro pro Monat in den ersten beiden Jahren, danach 45 Euro pro Monat. Der Tarif „MagentaZuhause S“ bietet eine maximale Downloadgeschwindigkeit von 16 Megabit pro Sekunde. Dafür fallen im Rahmen eines Zweijahresvertrags im ersten Jahr rund 30, danach 35 Euro pro Monat an.
Wer überwiegend Internetseiten abruft und E-Mails verschickt, braucht keinen schnellen 100-Megabit-Anschluss. Kunden, die häufig Serien oder Filme aus dem Internet streamen (Special Streaming: Fernsehen übers Netz, test 9/2015) oder sich die Verbindung mit mehreren Nutzern in einem Haushalt teilen, sollten über den schnelleren Anschluss nachdenken.
Tipp: Den Technikertermin sollten Kunden erst vereinbaren, wenn alle Geräte vorhanden sind, sonst kann der Fachmann nicht viel ausrichten – und weitere Besuche bedeuten meist weitere Kosten. Allgemein gilt: Verhandeln lohnt sich. Manchen Kunden hat die Telekom schon eine Prämie von 120 Euro angeboten, wenn sie dem Wechsel zustimmen.
Kann die Umstellung auf die neue Technik Probleme machen?
Ja. Die Stiftung Warentest erreichten in den vergangenen Monaten vermehrt Leserbriefe zu dem Thema. Kunden beklagen, im Rahmen der Umstellung Tage oder Wochen ohne Anschluss dazustehen oder bei technischen Fragen kaum Hilfe zu bekommen. Die Bundesnetzagentur registriert monatlich zwischen 150 und 300 Beschwerden – und auch die Verbraucherzentralen sind mit dem Thema befasst, Interview.
Warum betreibt die Telekom diesen Aufwand?
Aus Kosten- und Effizienzgründen. Es ist ihr zu teuer, das analoge zusätzlich zum IP-Netz zu pflegen. Durch die Abschaffung der analogen Telefonie werden zudem Kapazitäten frei, die sich für die IP-Technik nutzen lassen. Die Hoffnung ist, dass das gesamte Netz dadurch entlastet wird.