Als Schmerzmittel oder zur Verhaltensänderung kann Hypnose bei OPs und in der Psychotherapie helfen. Wir erklären, wie die Methode funktioniert, für wen sie sich eignet und wann die Kasse zahlt. Und unsere Checkliste zeigt, wie Sie einen gut ausgebildeten, vertrauenswürdigen Hypnotherapeuten finden.
Hypnose mindert Angst und Schmerzen
Lautstark gräbt sich die Fräse in Zahnhälse; die Zange zerrt an ihnen, Hals für Hals. 17 Zähne ziehen die Ärzte dem Patienten in dieser Operation. Der bekommt davon nichts mit. Er befindet sich gedanklich im Türkei-Urlaub – unter Hypnose. Die mindert Angst und Schmerzen – und somit den Einsatz von Narkose-, Beruhigungs- und Schmerzmitteln.
Schon im amerikanischen Bürgerkrieg eingesetzt
Hypnose zählt zu den ältesten Heilverfahren der Welt. Als Schmerzmittel kam sie schon im amerikanischen Bürgerkrieg zum Einsatz. Chirurgen hypnotisierten Soldaten auf dem OP-Tisch, bevor sie ihnen ein Bein amputierten. Als wissenschaftlich fundierte psychotherapeutische Methode ist Hypnotherapie hierzulande seit 2006 anerkannt. Seither können gesetzliche Krankenkassen die Kosten übernehmen – unter bestimmten Voraussetzungen.
Denkmuster beeinflussen, Verhalten verändern

Zur Verhaltensänderung. Hypnose kann helfen, Denkmuster zu ändern. Psychotherapeuten wenden sie an. © mauritius images / BSIP / B. Boissonet
Außerhalb von Operationssaal und Zahnarztpraxis wird Hypnotherapie erfolgreich eingesetzt bei psychischen Problemen, die mit körperlichen Erkrankungen verbunden sind, zum Beispiel bei Todesangst von Krebspatienten sowie Suchterkrankungen. Ziel ist es, Denkmuster zu beeinflussen und das Verhalten zu verändern. Für andere Anwendungsbereiche ist die Studienlage nicht eindeutig: Einige Erhebungen bescheinigen ihr, wirksamer als eine Scheinbehandlung zu sein, andere nicht. Menschen mit Persönlichkeitsstörung oder akuter Psychose sollten sich nicht hypnotisieren lassen.
Bei jedem Zehnten wirkt sie nicht
Hypnotherapie wirkt nicht bei jedem – nicht einmal bei jedem, der sich darauf einlässt. Etwa 90 Prozent aller Menschen sind hypnotisierbar, das heißt aber auch: Jeder Zehnte ist es nicht.
Wann die Kasse zahlt
Die Kassen zahlen Hypnotherapie im Rahmen einer Psychotherapie. Wer zur Raucherentwöhnung auf Hypnose setzt, muss die Kosten selbst tragen, genauso wie etwa Patienten, die Hypnose ergänzend zur Narkose wünschen, etwa bei einer OP.
So funktioniert es
Um zu hypnotisieren, halten Therapeuten meist Stift oder Zeigefinger kurz vor die Augen des Patienten, bewegen ihn hin und her. Der Patient soll der Bewegung mit den Augen folgen. Gleichzeitig spricht der Therapeut ruhig und monoton. „Hypnotische Trance ist ein natürlicher Zustand, den jeder schon einmal erlebt hat“, sagt Allgemeinmediziner Michael Teut, der als Oberarzt in der Hochschulambulanz der Charité in Berlin Hypnotherapie anbietet. Wenn jemand Musik höre, die Augen schließe und vor sich hin träume, sei das schon ein leichter Trancezustand.
Gefühle sind leichter greifbar
Bedeutsam für den Einsatz als Behandlungsmethode: Das rationale Denken kehrt in den Hintergrund, der Hypnotisierte ist kreativer als sonst. Gefühle sind leichter greifbar, wie in einem Traum. „In Trance kehren wir unsere Aufmerksamkeit nach innen. Der Therapeut nutzt das. Er richtet diese Aufmerksamkeit des Patienten gezielt durch gesprochene Worte auf körperliche Entspannung und die Lösung medizinischer Probleme aus“, sagt Teut. Er betont: In der medizinischen Hypnose werde niemand gegen seinen Willen hypnotisiert. Vielmehr solle Hypnose helfen, sich selbst zu helfen.
Weniger Angst, weniger Schmerz
So lernen Patienten etwa, sich bei medizinischen Eingriffen unter Hypnose an einen selbst gewählten Ort zu versetzen. Psychotherapeut Klaus Hönig, der am Universitätsklinikum Ulm arbeitet, ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie. Er erzählt von einer Krebspatientin: „Sie hatte große Angst vor der Bestrahlung. Nach einer Hypnose-Übung war das kaum noch der Rede wert. In Trance geht sie während der Bestrahlung nun immer innerlich in ihren geliebten Garten.“ Das lenkt nicht nur ab und entspannt – es mindert auch erfolgreich Schmerzen.
Gehirn-OP unter Hypnose
In einer US-Studie benötigten Brustkrebspatientinnen, die vor der Operation eine 15-minütige Hypnose-Sitzung absolvierten, weniger Narkotika als eine Kontrollgruppe; außerdem hatten die Operierten nach dem Eingriff weniger Schmerzen. Andere Studien zeigen, dass Hypnotisierte weniger Beruhigungsmittel benötigten. So eingesetzte Hypnose ist hilfreich für alle, die bestimmte Medikamente nicht vertragen oder nicht bekommen dürfen, weil sie gerade einen Entzug machen oder weil es Wechselwirkungen mit anderen Arzneien geben würde. Gänzlich ohne Narkosemittel zu operieren, ist die Ausnahme. Am Uniklinikum Jena wurde Anfang 2017 bei einem 73-Jährigen eine Gehirn-OP ausschließlich unter Hypnose durchgeführt – erfolgreich.
In der Trance den eigenen Ängsten stellen
Hypnotherapie kann auch helfen, Verhalten zu ändern, etwa bei Rauchern, die aufhören möchten. Sie versetzen sich in Situationen, in denen sie üblicherweise paffen würden und ergründen mit dem Therapeuten, warum sie das tun: um in Gesellschaft zu sein, Stress abzubauen oder zu genießen. Hat der Hypnotisierte den Grund erkannt, soll er sich noch unter Hypnose Alternativen mit gleichem Effekt überlegen und gedanklich durchspielen. „Die Patienten simulieren auf einer inneren Bühne Handlungen, die Realität werden sollen“, sagt Hypnotherapeut Hönig. „In der Trance trauen sich Menschen eher etwas, das sie sonst nicht schaffen. Sie können sich dort ihren Ängsten stellen.“ In geschütztem Rahmen sammelten sie so neue Erfahrungen.
Als wäre es passiert
Der Effekt: Das Gehirn soll diese Vortäuschung abspeichern, als wäre sie wirklich passiert. „Aktuelle Studien aus dem Kernspintomografen (MRT) legen nahe, dass die in Trance hervorgerufenen Vorstellungen ähnliche Reaktionen auslösen können, wie sie auch auftreten, wenn jemand das alles wirklich erlebt hat“, sagt Mediziner Teut.
Einen Versuch wert
Hypnotherapie ist kein Allheilmittel, aber einen Versuch wert. Nebenwirkungen hat sie so gut wie keine. Da ein Hypnotiseur mit schlechten Absichten den Trancezustand allerdings missbrauchen kann, ist es wichtig, einen vertrauenswürdigen, gut ausgebildeten Therapeuten zu finden.
Checkliste
So finden Sie einen gut ausgebildeten, vertrauenswürdigen Hypnotherapeuten.
- Ausbildung.
- Hypnotherapeut ist kein geschützter Beruf, jeder kann sich so nennen. Als vertrauenswürdig gelten Hypnotherapeuten, die ein Medizin-, Psychologie- oder Sozialpädagogik-Studium haben und außerdem eine Facharzt- oder Psychotherapie-Ausbildung – plus obendrauf eine zertifizierte Ausbildung zum Hypnotherapeuten bei einer Fachgesellschaft. Einen Überblick über die Fachgesellschaften finden Interessierte auf der Seite hypnose.de im Internet.
- Bauchgefühl.
- Damit Hypnose gelingt, sollte der Patient sich bei dem Therapeuten wohlfühlen und ihm vertrauen. Achten Sie darauf, ob die Chemie zwischen Ihnen stimmt.
- Kosten.
- Eine 50-minütige Sitzung kostet je nach Standort und Beliebtheit des Behandelnden zwischen 80 und 150 Euro, bei Zahnärzten mitunter etwas mehr. Achtung: Therapeuten, die Vorkasse verlangen, gelten als unseriös.
- Ablauf.
- Der Therapeut sollte zu Beginn ausführlich aufklären und prüfen, ob die Behandlung angebracht ist. Patienten müssen Ängste äußern können. Therapeuten, die nicht persönlich, sondern fast nur mit Tonband hypnotisieren, sollten Sie Ihr Vertrauen nicht schenken, ebenso wenig jenen, die schnelle Heilung in Einmalsitzungen versprechen oder Praxen, in denen der Behandler mehrfach wechselt.
- Fachverbände.
- Sie helfen bei der Therapeutensuche: Deutsche Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie auf dgh-hypnose.de, zahnärztliche Hypnose unter dgzh.de, ärztliche Hypnose und autogenes Training auf dgaehat.de.
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Sie schreiben, dass Hypnotherapeut kein geschützter Begriff ist. Das ist nicht ganz richtig. Therapeut darf sich nur der nennen, der eine Heilerlaubnis hat und dazu gehören auch Heilpraktiker und Heilpraktiker für Psychotherapie. Alle anderen nennen sich Hypnosecoach oder Hypnotiseur.
Mittlerweile gibt es viele gute Ausbildungen, an die man auch als Nicht-Akademiker kommt, denn die großen Gesellschaften akzeptieren nur Akademiker. Meine Meinung: Ein Hochschulstudium reicht nicht aus, um ein guter Therapeut zu sein.
Und gute Therapeuten finden sich z. B. auch unter omnifinder.net oder therapeuten.de. In den sozialen Medien gibt es auch große Gruppen bezüglich Hypnose und dort kann man sich auch Empfehlungen für gute Hypnosetherapeuten holen.