
Neue Huawei-Smartphones wie das Huawei P40 Pro, das P40 Lite 5G und das P40 Lite (von links nach rechts) müssen ohne Google klar kommen. © Stiftung Warentest
Erstmals hat die Stiftung Warentest Huawei-Smartphones ohne Google-Dienste geprüft, etwa das Flaggschiff Huawei P40 Pro aber auch das günstige P40 Lite E. Der chinesische Anbieter darf wegen des von der US-Regierung ausgerufenen Telekommunikationsnotstandes nicht mehr mit Google zusammenarbeiten. Doch ohne Googles Infrastruktur hakt es ganz schön, wie unser Schnelltest zeigt.
Android bleibt, Google muss weichen
Nachdem die US-Regierung bereits im vergangenen Jahr den Telekommunikationsnotstand ausgerufen hatte, ist es nun endgültig aus, mit der Zusammenarbeit zwischen dem US-Anbieter Google und dem chinesischen Smartphone-Anbieter Huawei. Eine geltende Übergangsregelung, die eine Zusammenarbeit bis dato noch ermöglichte, endete im August. Wir haben geprüft, wie sich das Fehlen der Google-Dienste bei der Nutzung auswirkt. Zwar kann Huawei seine Geräte weiterhin mit dem Android-Betriebssystem vermarkten, da der Quellcode offen ist - ohne Google-Dienste müssen Käufer eines neuen Huawei-Smartphones derzeit aber mit einigen Einschränkungen leben.
Smartphones im Test: Testergebnisse zu den ersten Huawei-Smartphones ohne Google-Dienste wie etwa dem Huawei P40 Pro, dem P40 oder dem günstigen P40 Lite E sowie zu über 150 weiteren derzeit erhältlichen Handys finden Sie im großen Handy-Test der Stiftung Warentest.
Playstore und Maps bleiben außen vor
So müssen Huawei-Nutzer bei den neuen Geräten auf Apps beliebter Google-Dienste wie Maps, GMail und Playstore verzichten. Das allein dürfte viele Android-Nutzer abschrecken. Noch problematischer ist aber, dass Huawei nicht mehr auf die „Google Mobile Services (GMS)“ zurückgreifen kann. Das ist eine von Google bereitgestellte Infrastruktur, die bei vielen Apps für das reibungslose Funktionieren sorgt – und von App-Entwicklern beispielsweise für Push-Benachrichtigungen genutzt wird.
Huawei kontert mit eigenem App-Store

Beliebte Apps lassen sich häufig nur über Umwege herunterladen. © Screenshot Huawei App-Gallery
Huawei begegnet diesem Problem mit einem eigenen App-Store, der AppGallery. Viele beliebte Apps stehen hier allerdings nicht zum Download bereit. Die beliebte Messenger-App Whatsapp etwa lässt sich nicht direkt aus der AppGallery herunterladen. Stattdessen verweist der Store auf die Download-Seite von Whatsapp selbst. Die App Zoom, die für Videokonferenzen genutzt wird, taucht gleich zwei Mal auf. Einmal als Link auf die Anbieterseite und einmal mit dem gleichen App-Icon als Direktdownload. Hinter der zweiten Version verbirgt sich allerdings nicht das Programm sondern eine Werbe-App. Wer in der AppGallery etwa nach Instagram sucht, wird auf die mobile Website der beliebten Plattform umgeleitet. Die wiederum empfiehlt die Nutzung der App und verweist auf den Google Playstore – den Huaweikunden aber nicht nutzen können.
Beliebte Apps funktionieren nicht richtig

Einige Apps funktionieren ohne Googles Infrastruktur nicht, etwa die von Netflix. © Screenshot App Netflix
Derzeit sind Besitzer neuerer Geräte also gezwungen, beliebte Apps aus alternativen Quellen zu beziehen: Sei es per Download auf der Anbieterseite des jeweiligen Dienstes oder aus alternativen App-Quellen wie F-Droid oder dem Amazon Appstore. Doch selbst das hilft nur eingeschränkt. Da viele Apps auf die von Google bereitgestellte Infrastruktur zurückgreifen, funktionieren sie ohne diese auf Huawei-Geräten nur eingeschränkt oder gar nicht:
- Messenger-Apps. Push-Benachrichtigungen von Whatsapp werden zum Teil nur stark verspätet angezeigt. Die Messenger-App Signal gibt permanent eine Fehlermeldung aus.
- Nachrichten-Apps. Die Apps von Zeit Online und Tagesschau stürzten im Test immer wieder ab und lieferten gar keine Benachrichtigungen.
- Netflix und eBay ließen sich nicht starten. Gleiches passiert bei Apps, die Google Maps einbinden, etwa die der Fahrdienstevermittler Lyft und Uber.
Eigene App-Versionen für Huawei notwendig
Mittelfristig lässt sich das Problem nur lösen, wenn App-Entwickler eigene Versionen ihrer Apps für Huawei-Geräte bereitstellen. Anstatt auf die Google Mobile Services müssten diese dann auf die hauseigenen „Huawei-Mobile-Services (HMS)“ zurückgreifen. Ob das für App-Anbieter interessant ist, hängt aber von der Verbreitung von Huawei-Smartphones im Markt ab. Wie gut sich die Geräte verkaufen, ist aber wiederum davon abhängig, wie gut das „Ökosystem“ rund um das Gerät funktioniert. Medienberichten zufolge will Huawei Millionen investieren, um App-Entwickler zu motivieren, auch für Huawei-Geräte Apps bereitzustellen. Ausgang ungewiss.
Sicherheitsupdates sind gewährleistet
Bei Huawei-Geräten, die bisher mit Google-Services genutzt werden konnten, soll sich laut Huawei vorerst nichts ändern, wie das Unternehmen im August auf Nachfrage via Twitter mitteilte. Sorgen müssen sich Huawei-Kunden wohl auch nicht um das Thema Sicherheitsupdates. Über das Android Open-Source-Projekt können Sicherheitsupdates auch ohne eine direkte Zusammenarbeit mit Google auf die Geräte gebracht werden, wenn auch verzögert.
Unklare Situation bei Funktionsupdates
Ob und in welchem Umfang die Geräte Funktionsupdates auf eine neue Android-Version bekommen ist aber noch unklar. Das ist für Android-Nutzer allerdings keine ganz unbekannte Situation. Welcher Anbieter welches Funktionsupdate auf welches Modell bringt, ist bisher auch bei gegebener Zusammenarbeit mit Google äußerst unterschiedlich.
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Auch Huawei-Tablets sind betroffen
Im Übrigen ist das Problem der fehlenden Google-Services nicht auf Smartphones beschränkt. Huawei-Tablets mit dem Betriebssystem Android sind ebenso von der Situation betroffen. Die neuen Huawei-Modelle MatePad, MatePad T8 und MatePad Pro müssen ebenfalls ohne Google an Bord auskommen. Testergebnisse zu diesen Modellen werden wir in den nächsten Wochen in unserer Tablet-Test-Datenbank veröffentlichen. Kunden, die im Webshop von Huawei ein neues Tablet oder Smartphone kaufen wollen, werden immerhin vom Huawei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Google Mobile Services und Google Apps nicht zu Verfügung stehen.
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Fazit: Der Verbraucher verliert
Auch wenn Huawei sich bemüht, seine Kunden mittels eigener Frage-Antwort-Seiten (auf Deutsch und auf Englisch) umfangreich zu informieren: Verlierer dieser Entwicklung ist am Ende der Verbraucher. Für Huawei-Nutzer ist die Situation derzeit unbefriedigend, und es bleibt weiterhin die Frage, in welchem Umfang sie ihre Geräte künftig benutzen können und mit welchen Einschränkungen sie rechnen müssen. Das ist umso ärgerlicher, weil der chinesische Anbieter – einstmals mit sehr günstigen und wenig überzeugenden Modellen in den Markt gestartet – heute rein technisch gesehen eine ernsthafte Alternative zu den Platzhirschen von Samsung und Apple ist.
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Und habe keine Schwierigkeiten. Ich habe bis auf wenige Ausnahmen alle Apps. Sogar Dienstprogramme für Drucker oder ähnliches. Selbst den Authenticator, den ich für Home-Office brauche. Eins, zwei Apps meckern Anfangs (Fokus und LOL) funktionieren dann aber doch. Nur ganz wenige Apps fehlen mir. E-Bay zum Beispiel. Aber da habe ich einen Shortcut und so oft bin ich nicht bei E-Bay.
Ein paar Dienste, wie Google Mail oder YouTube musste ich ersetzen und zu meiner Überraschung feststellen, das der Ersatz sogar besser als das Original ist. Ok, die Quellen für meine Apps sind eventuell nun nicht so sicher wie der Playstore. Aber bisher keine Probleme. Auch z.B. Aptoid überprüft die Apps, dazu kommt der Scanner von Huawei. Zusätzlich habe ich auch einen Virenscanner installiert. Adressen und Termine gleiche ich mit einem von STW als Testsieger gewerteten Mailanbieter ab.
Es ist alles nicht so extrem bequem wie mit Playstore. Macht aber auch Spaß, sich mal ein wenig damit zu beschäftigen.
@Rudi-Em: Unsere Aufgabe ist es, die Markttransparenz zu fördern. Deshalb sagen wir, was Sache ist. Dabei bleiben wir neutral. Verbraucher müssen wissen, welche Einschränkungen der Boykott durch die US-Regierung mit sich bringt. Unser Beitrag unterstützt dies aber nicht. Welche "vorgekauten Argumente" sehen Sie denn in unserem Beitrag? (Bu)
Ich finde es nicht in Ordnung und auch nicht Gerecht hier so mit einem Handyhersteller umzugehen. Es kann ja wohl kaum Sinnvoll sein hier das Google-Monopol zu unterstützen. Hier muss doch mal wirklich gelobt werden das sich Huawei, wenn auch zwangsweise, damit auseinander setzt ein neues Googlefreies Android auf den Markt zu bringen. Konkurenz muss sein! Und Stiftung Warentest sollte unabhängig sein und nicht mit "vorgekauten" Argumenten daher kommen. Ich finde es Toll und bin begeistert das Huawei entlich einen anderen Weg geht und scheinbar auch gehen will.
Daumen Hoch für den Mut!
Auch wenn einiges noch nicht so funktioniert wie es soll. Ich bin sicher das sich vieles bald ändern wird.