Hormone in den Wechsel­jahren Studie untermauert hohes Brust­krebs­risiko durch Hormone

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Hormone in den Wechsel­jahren - Studie untermauert hohes Brust­krebs­risiko durch Hormone

Lebens­phase Wechsel­jahre. Nur Frauen mit starken Beschwerden sollten Hormone in Erwägung ziehen. © plainpicture / harry + lidy

Erleichterung oder Risiko­faktor? Die Hormon­therapie für Frauen in den Wechsel­jahren ist umstritten. Sie kann Beschwerden lindern, birgt aber auch Risiken, vor allem ein erhöhtes Risiko für Brust­krebs. Eine Studien­auswertung mit Daten von über einer halben Million Frauen liefert neue Erkennt­nisse – zum Einfluss der verschiedenen Hormonpräparate, dem Alter bei Therapie­beginn, der Anwendungs­dauer und zu Lang­zeit­effekten. Daraus geht hervor: Das Risiko für Brust­krebs tritt früh ein und hält lange an.

Warum Hormone einnehmen? Der Hintergrund

Etwa 20 Prozent der Frauen in den Wechsel­jahren leiden unter starken Beschwerden wie schlaflose Nächte oder Hitzewal­lungen und wünschen sich eine wirk­same Behand­lung (siehe Umfrage zu Wechseljahren). Ihnen können Hormone in Form von Tabletten oder Pflastern helfen (zu den Tests von Medikamenten Wechseljahre).

In west­lichen Ländern nehmen sie derzeit etwa 12 Millionen Frauen ein. Sie beginnen damit meist mit Eintreten der Wechsel­jahre und setzen die Einnahme noch Jahre nach der Meno­pause fort, also nach dem dauer­haftem Ausbleiben der Regel. Meist verschreiben Ärzte ein Kombi-Präparat aus einem Östrogen und Gestagen, um eine Verdickung der Gebärmutter­schleimhaut und somit Gebärmutter­krebs zu verhindern.

Neue Erkennt­nisse aus großer Daten­basis

Diese Hormon-Kombination kann jedoch eine andere Krebs­art begüns­tigen: Brust­krebs. In der Gruppe der 50-Jährigen ist es der am häufigsten auftretende bösartige Krebs. Der Zusammen­hang zwischen den Hormonen und einem erhöhten Brust­krebs­risiko ist bekannt. Weniger untersucht waren bisher das Alter der Frau bei Therapie­beginn sowie Therapiedauer, Lang­zeit­effekte nach Therapie-Ende und Wirkungen der verschiedenen Hormonpräparate.

Eine Meta­studie in der Medizin­zeit­schrift The Lancet wertete individuelle Daten von über 500 000 Frauen aus, darunter rund 144 000 Brust­krebs-Patientinnen und 425 000 Frauen ohne Brust­krebs (zur Lancet-Studie). Basis waren 58 Beob­achtungs­studien zur Lang­zeit­anwendung von Hormonen bei Wechsel­jahres­beschwerden.

Anwende­rinnen bereits ab dem zweiten Jahr stärker gefährdet

Die Meta­studie untermauert viele bisherige Vermutungen. Wichtigste neue Erkennt­nis: Bereits ab dem zweiten Anwendungs­jahr haben Frauen, die zum Zeit­punkt der letzten Regel­blutung eine Hormon­therapie beginnen, ein signifikant höheres Brust­krebs­risiko als vergleich­bare Frauen, die darauf verzichten. Bei dauer­hafter Anwendung nehmen sie zudem ein erhöhtes Risiko für Herz­infarkt, Schlag­anfall, Thrombose und Gallenwegs­erkrankungen in Kauf.

Je länger die Anwendung, umso höher das Risiko

Konkret: Von 100 Frauen, die im Alter von 50 Jahren beginnen, fünf Jahre lang eine Östrogen-Gestagen-Kombination anzu­wenden, bekommen zwei Frauen mehr Brust­krebs in den nächsten 20 Jahren als Nicht­anwende­rinnen (8 von 100 mit Hormonen, 6 ohne). Wenden sie zehn Jahre lang eine Kombination an, sind drei Frauen mehr von Brust­krebs betroffen (9 von 100 mit Hormonen, 6 von 100 ohne). Güns­tiger sieht es für Frauen aus, denen die Gebärmutter entfernt wurde. Sie nehmen nur ein Östrogen ein. Bei ihnen ist von 200 Anwende­rinnen nach fünf­jähriger Therapie eine mehr von Brust­krebs betroffen.

Risiko besteht nach Therapieende noch lange fort

Die Meta­studie ergab ebenso: Werden die Hormone abge­setzt, sinkt das Risiko für Brust­krebs zwar wieder. Es ist ist aber auch mehr als zehn Jahre nach dem Therapieende noch höher als bei Nicht­anwende­rinnen, wenn Hormone zuvor länger als fünf Jahre zum Einsatz kamen.

Weitere Erkennt­nisse im Über­blick

Kombipräparat mit Gestagen riskanter. Es bestätigte sich der Verdacht, dass Kombi-Präparate aus einem Östrogen und Gestagen das Risiko für Brust­krebs stärker erhöhen als die alleinige Anwendung eines Östrogens, wie sie nur bei Frauen ohne Gebärmutter möglich ist.

Östrogen­art und Anwendungs­form nicht ausschlag­gebend. In der Risiko­analyse ergab sich kein Unterschied, ob die Östrogene in Form von Estradiol oder konjugierten Östrogenen verwendet werden, oder welche Anwendungs­art – Tabletten oder Pflaster – die Frau wählt.

Immenser Einfluss der Einnahme­zeit. Je länger Hormone angewendet werden, desto höher ist das Brust­krebs­risiko. Nur gering­fügig erhöht es sich, wenn die Behand­lungs­dauer kürzer als ein Jahr dauert. Nach ein bis vier Anwendungs­jahren ist es bereits deutlich erhöht.

Über­raschend: Wird die Hormon­therapie erst ab einem Alter von 60 Jahren begonnen, scheint sich das Risiko für Brust­krebs abzu­schwächen. Bisher war vermutet worden, dass Hormone weniger schaden, wenn sie früh­zeitig nach der Meno­pause angewendet werden.

Hormone nur kurz einnehmen, Brust regel­mäßig abtasten

Daraus folgt: Wer sich für Hormone entscheidet, sollte diese möglichst kurz anwenden – sowie in der nied­rigsten wirk­samen Dosierung. Als angemessen gelten ein bis zwei Jahre. Anwende­rinnen sollten zudem ihre Brust regel­mäßig selbst abtasten und zweimal jähr­lich vom Fach­arzt unter­suchen lassen. Die Gefahr, einen möglichen Tumor erst spät zu entdecken, bleibt groß: Durch die Östrogen­einnahme bleibt das Brust­gewebe ähnlich dicht wie vor den Wechsel­jahren. Kleine Knoten sind dann schlecht zu ertasten.

Auf alternative Helfer zurück­greifen

Bestimmte Wechsel­jahres­beschwerden benötigen unter Umständen gar keine Hormone, die im ganzen Körper wirken. Bei trockener Scheide etwa können Vaginal­creme oder Vaginal­tabletten mit Östrogenen Linderung verschaffen – solche Produkte sind nicht mit einem erhöhten Brust­krebs­risiko verbunden. Auch rezept­freies Gleitgel (Einfaches Feuchtigkeitsgel nicht schlechter als Hormonpräparate) oder Befeuchtungs­mittel können hilf­reich sein. Pflanzenpräparate, die Linderung von Wechsel­jahres­beschwerden versprechen, werden von unseren Arznei­mittel­experten allerdings mit „wenig geeignet“ einge­schätzt.

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