Für ihre Anlageempfehlungen nehmen Honorarberater Geld vom Kunden. Dafür verzichten sie auf Provisionen von Produktanbietern. So können sie unabhängig und ausschließlich im Interesse des Kunden beraten.
Wie schlecht Kunden beraten werden, wenn ihre Berater in erster Linie auf Provisionen und Bonifikationen aus sind, hat die Finanzkrise gezeigt. Tausende hatten von Bankberatern verlustreiche Finanzprodukte empfohlen bekommen, die den Banken, nicht aber den Anlegern nutzten.
Laut einer aktuellen Studie des Bundesverbraucherministeriums setzen Verbraucher aufgrund mangelhafter Beratung jährlich 30 Milliarden Euro in den Sand. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will deshalb die Beratung für Anleger verbessern. Dazu will sie das Berufsbild des Honorarberaters rechtlich verankern. Bisher gibt es dafür keine klaren Vorgaben.
„Zahlt der Kunde für die Beratung, kann er sicher sein, dass die Ratschläge des Beraters zu seinen Wünschen passen“, sagt Dietmar Vogelsang, der als staatlich vereidigter Sachverständiger berät.
Vogelsang betreibt auch die Internetseite www.berater-lotse.de. Berater, die dort gelistet sind, haben sich verpflichtet, ausschließlich für Honorar und ohne jede Provision zu arbeiten. Die Kosten dafür betragen zwischen 100 und 300 Euro die Stunde. Die Beratungen dauern oft mehrere Stunden und zum Beispiel dann besonders lange, wenn der Kunde eine Eigentumswohnung als Geldanlage kaufen will.
Die Krux sei, dass viele Kunden die Beratung bei Banken und Finanzdienstleistern für kostenlos halten, sagt Vogelsang. Dass Abschlusskosten und Provisionen für den Vertrieb in der Vertragssumme versteckt oder als Verwaltungsgebühr, als „Agio“, draufgepackt werden, sei vielen nicht klar.
Karl Matthäus Schmidt, Vorstandssprecher der Quirin Bank in Berlin, fordert deshalb „ein transparentes Vergütungssystem, das Schluss macht mit versteckten Gebühren und Provisionen“.
Schmidt bezweifelt, dass eine Studie der DZ Bank repräsentativ ist. Danach sind nur 20 Prozent der Verbraucher bereit, für unabhängige Honorarberatung zu bezahlen.
„In dem Moment, wo Verbraucher begreifen, wie viele Gebühren sich die Banken vom Geld der Anleger nehmen, sind sie sehr wohl bereit, für eine unabhängige Beratung Geld zu bezahlen. Zumal, wenn dabei unterm Strich mehr übrig bleibt als bei einer herkömmlichen Bankberatung“, meint Schmidt. Die Quirin Bank habe ihre Kundenzahlen seit Einführung des Honorarsystems von 700 auf 4 200 gesteigert (siehe „Bankberatung ohne Provision“).
Stefanie Kühn, unabhängige Honorarberaterin aus Grafing bei München, nimmt 238 Euro inklusive Mehrwertsteuer für eine Stunde Finanzberatung: „Klingt viel, ist es aber nicht, wenn man sich den Nutzen für den Mandanten vor Augen hält“, sagt sie.
Ein Anleger, der zum Beispiel 10 000 Euro in Fonds anlege, müsse dafür 5 Prozent Ausgabeaufschlag bezahlen, also 500 Euro. Für 100 000 Euro Anlagesumme fallen 5 000 Euro Provision an. Die kassiere die vermittelnde Bank oder der freie Berater.
„Um ein 100 000-Euro-Depot aufzustellen, brauche ich vier bis fünf Stunden. Das kostet den Anleger knapp 1 200 Euro.“ Die Geldanlagen passten dann wirklich zu ihm. Fonds kaufe er günstig mit ihrer Hilfe über die Börse oder bei Direktbanken ohne Ausgabeaufschlag für Kaufkosten von dann noch maximal 70 Euro pro Posten.
Nicht alle verzichten auf Provision
„Manchmal spart es auch Geld, keinen Vertrag abzuschließen“, sagt Kühn. Sie würde grundsätzlich einem 25-Jährigen abraten, der 200 Euro im Monat in eine über 30 Jahre laufende Rentenversicherung einzahlen wolle. „Mit 25 weiß doch keiner, ob er die Rate durchhalten kann.“ Das zu diskutieren, könne ein bis zwei Stunden dauern.
Bei einer Beitragssumme von 72 000 Euro fallen zirka 4 Prozent (2 900 Euro) Provision an. Zieht man davon die Beratungskosten von 476 Euro ab, spart der junge Mann gut 2 400 Euro. Dazu hat er 200 Euro im Monat übrig, mit denen er eine Notfallreserve aufbauen oder mit Fondssparen für sein Alter vorsorgen könne.
Berater wie Kühn brauchen die 2 900 Euro Provision nicht. Kein Provisionssystem zwingt sie, auf Teufel komm raus Verträge zu verkaufen, um überhaupt Geld zu verdienen. Sie müssen auch keine Verkaufsvorgaben von Bankvorständen erfüllen.
Das System von Kühn ist klar: Egal, ob der Mandant einen Vertrag abschließt, die Beratungsleistung wird nur nach Zeit bezahlt. Im Gegenzug muss der Kunde keine Provision an Kühn bezahlen.
Ähnlich wie Kühn geht auch der Verbund Deutscher Honorarberater (VDH) vor. Die Firma aus Amberg nimmt nur Mitglieder auf, die sich ausschließlich ihren Beratungsaufwand bezahlen lassen.
Jeder VDH-Berater muss eine Finanzausbildung nachweisen. Zudem überprüft der VDH stichpunktartig, ob ein Berater im Interesse des Kunden handelt. Dazu gehören sorgfältige Berechnungen und verständliche Informationen, die dem Kunden dann sauber dokumentiert übergeben werden.
Zum Bedauern von Dieter Rauch, Geschäftsführer des VDH, arbeiten nicht alle, die sich Honorarberater nennen, wirklich völlig provisionsfrei. Manche verlangen nur dann ein Honorar, wenn der Kunde keinen Vertrag abschließt. Unterschreibt der Kunde, nehmen sie die Provision. Andere nehmen ein Honorar für die Finanzanalyse. Die Provision für einen Vertragsabschluss kassieren sie noch obendrauf.
Im Versicherungsbereich haben es aber auch echte Honorarberater manchmal schwer. Viele Gesellschaften bieten nur Tarife mit Provision an. Der Berater darf das Geld aber nicht an den Kunden weiterreichen, weil es hier ein gesetzliches Provisionsabgabeverbot gibt. Das führt dazu, dass einige Berater doppelt kassieren – ein Beratungshonorar und eine Provision (siehe „Zeitenwende vor zwei Jahren“ im Test Versicherungsvermittler).
Für Rauch passt das nicht zum Beruf des Honorarberaters. In zähen Verhandlungen mit den Versicherern habe es der VDH geschafft, für alle Sparten absolut provisionsfreie Lösungen anbieten zu können. Die Berater des VDH bieten Honorartarife von 32 Versicherungsgesellschaften an.
Honorarberater ist also nicht gleich Honorarberater. Deshalb sind die strengeren Honorarberater sehr an gesetzlichen Mindeststandards interessiert.
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- Wenn Anlegende für Ratschläge bei der Geldanlage bezahlen, sollten die Berater unabhängig sein. Ein Verband solcher Honorarberater geht mit schlechtem Beispiel voran.
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Ich bin einer von vielen geschädigten Bankkunden.Ich bin zur Deutschen Honorarberatung gewechselt. Die provisionsfreie Beratung hat mich überzeugt.
@sunniest007
Verträge können nicht nur in schriftlicher Form abgefasst werden; auch eine mündliche Vereinbarung kann einem Vertrag gleichkommen. Für ein 2,5 stündiges Gespräch zur Altersvorsorge nebst schriftlichem Vorschlag wird im Gegenzug immer ein Honorar fällig, unabhängig davon, ob das Ergebnis dem Kunden zusagt oder nicht. Lediglich die Höhe des Honorars kann umstritten sein. (dda)
to whom it may concern,
ich frage mich gerade, ob ein Finanzberater ein Honorar verlangen kann, auch wenn keine Honorarvereinbarung mit ihm abgeschlossen wurde, nichts Vertragliches vorliegt, er allerdings in zwei Gesprächen über insgesamt etwa 2,5 Stunden einen Vorschlag gemacht hat, wie man für sein Alter vorsorgen kann und dies auch via Mail als pdf zugesandt hat. Wenn man das Angebot aber dann als nicht interessant empfunden hat und insofern nicht weiter darauf eingegangen ist, fällt dann trotzdem ein Honorar an?
Bernd Meyer