„Nicht im Bademantel telefonieren“

Professorin Antje Ducki von der „Beuth Hochschule für Technik“ in Berlin forscht über die Digitalisierung der Arbeitswelt.
Wer im Homeoffice arbeitet, muss den Spagat zwischen Beruflichem und Privaten managen. Die Arbeitspsychologin Antje Ducki gibt Tipps, wie das Arbeiten zu Hause gelingen kann.
Für wen kommt die Arbeit im Homeoffice infrage?
Die wichtigste Frage ist: Eignet sich die Aufgabe? Dann gibt es Eigenschaften, die förderlich sind: fähig sein zum Selbstmanagement. Sie müssen Ihren Arbeitstag selbst organisieren. Sie brauchen Disziplin, damit Sie nicht zwischendurch zehnmal aufstehen und zum Kühlschrank gehen. Und Sie sollten technikaffin sein: Einen Laptop bedienen, kann jeder. An einer Telefonkonferenz teilzunehmen, ist schon schwieriger.
Welche räumlichen Voraussetzungen sind nötig?
Es muss möglich sein, zu Hause einen abgegrenzten Arbeitsbereich einzurichten, auch um die Sicherheit von Firmendaten zu gewährleisten. Am Küchen- oder Wohnzimmertisch zu arbeiten ist schlecht. Wer den Arbeitsbereich betritt, sollte das mit der Haltung tun: Ich bin im Arbeitsmodus – und sich wie im professionellen Rahmen bewegen. Im Bademantel mit Kunden zu telefonieren, ist keine gute Idee. Das ist im Kontakt spürbar.
Was ist mit den Kollegen?
Bei denjenigen, die viel im Homeoffice arbeiten, kann die Bindung zum Team dünner werden. Man sollte sich Gedanken machen, wie umfänglich man Kontakt hält. Unproblematisch ist das bei alternierender Telearbeit, wenn zum Beispiel an zwei Tagen in der Woche daheim gearbeitet wird. Das ist die beste Kombination.
Gibt es auch ein Zuviel an Autonomie?
Ein großes deutsches Unternehmen startete vor Jahren ein Pilotprojekt, bei dem Arbeitszeit und Arbeitsort für alle Beschäftigten frei wählbar waren. Folge: Die Mitarbeiter entglitten, sie identifizierten sich nicht mehr mit der Firma. Das Projekt wurde gestoppt.
Wie gut lassen sich Arbeit und Familie wirklich im Homeoffice vereinbaren?
Der Familienalltag lässt sich leichter organisieren. Durch die gesparte Wegezeit kann man zum Beispiel das Kind morgens zur Schule bringen und sich dann an den Rechner setzen. Oder mittags gemeinsam essen und dann weiterarbeiten. Eins ist klar: Arbeitszeit ist nicht Familienzeit. Wenn ich arbeite, bin ich für familiäre Belange nicht erreichbar. Werbefotos, die eine Frau am Laptop mit Baby auf dem Schoß zeigen, weisen in eine völlig falsche Richtung.
Homeoffice-Arbeiter berichten über stärkere psychische Belastungen.
Dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Es kann schwieriger sein, nach der Arbeit abzuschalten, weil der Nachhauseweg wegfällt, also die Zeitspanne, in der man gedanklich mit dem Arbeitstag abschließt. Dazu kommt: Im Homeoffice arbeiten besonders häufig Führungskräfte mit hohem Verantwortungsumfang. Das bringt eine höhere Belastung und Schwierigkeiten abzuschalten mit sich.
Was haben Unternehmen vom Homeoffice?
Die Arbeitszufriedenheit steigt. Mitarbeiter können sich zu Hause nachweislich besser konzentrieren, was sich positiv auf die Arbeitsleistung auswirkt. Die Tendenz geht daher auch dahin, es möglichst allen Mitarbeitern anzubieten – oder zumindest für einen Teil ihrer Tätigkeiten. Die Annahme, Unternehmen wollten mit dem Homeoffice langfristig Raumkosten sparen, halte ich für unrealistisch. Müssten sich die Mitarbeiter im Büro um eine reduzierte Zahl von Plätzen schlagen, schwächt das die Bindung an die Firma.
Für wen ist Homeoffice nicht geeignet?
Für Menschen, die einen klaren und strikten äußeren Rahmen brauchen, um gut zu funktionieren. Und für diejenigen, denen es sehr wichtig ist, sich im sozialen Gefüge der Firma zu bewegen und zu beweisen. Vielleicht lässt auch die räumliche Situation zu Hause das Homeoffice nicht zu.