Der Ruf von Holzspielzeug ist besser als sein Testergebnis. Viele Produkte enthalten gefährliche Stoffe — in Lack, Sperrholz oder Schnüren. Von manchen lösen sich Kleinteile. Nicht einmal jedes Zweite ist gut oder befriedigend.
Alle Testergebnisse für Holzspielzeug 12/2013
Freundlich grinst der grüne Holzfrosch in die Welt. Mit lustigen Glubschaugen, knubbeligen Armen und bunten, an Rädern hängenden Holzkugeln lädt er kleine Racker zum Spielen ein. Die Kugeln wirbeln und klappern, wenn ein Kind den Frosch durch die Räume schiebt.
Nicht schieben, sondern schaben heißt es im Testlabor. Der Frosch muss unters Skalpell und der grüne Lack ab. Er kommt ins Reagenzglas für die Schadstoffanalyse. Akribisch kratzen die Mitarbeiter die Farbschicht herunter, vorsichtig, stundenlang.

Mit Lösemittel. Vor der Analyse müssen die Schadstoffe herausgelöst werden. © Peter Roggenthin

„Die kritischen Stoffe stecken häufig in den Lacken der Holzspielzeuge“, erläutert Projektleiterin Renate Ehrnsperger. So ist es auch beim sympathisch grinsenden Frosch von New Classic Toys. Das Labor findet im grünen Lack Chrysen, einen krebserzeugenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoff, kurz PAK genannt. In der roten Schnur des Spielzeugs steckt krebserzeugendes Benzidin, ein Bestandteil des Farbstoffs. Das Urteil ist eindeutig: mangelhaft.
Der Frosch ist nicht der einzige, der gefährliche, langfristig wirkende Schadstoffe enthält. Von 30 Spielsachen für Kinder bis drei Jahre schneiden insgesamt 7 mangelhaft ab, 9 ausreichend. Schadstoffe steckten auch in Lacken anderer Holzspielzeuge, in Schnüren und Sperrholzplatten. Zwei Spielzeuge gefährden Kinder durch verschluckbare Kleinteile. Nur 14 Produkte im Test sind gut und befriedigend.
Die Europäische Kommission informiert mit ihrem Schnellwarnsystem Rapex über gefährliche Produkte in der EU. Im vergangenen Jahr hat sie hier 2 278 Konsumgüter gemeldet. Etwa jedes fünfte davon war ein Spielzeug. Viele stammten aus China.
Unsicheres Spielzeug aus Deutschland
„Made in Germany“ bietet keine Garantie für sicheres Spielzeug. Das Motorikspiel Teich und der Wagenschmuck Clown der Firma Hess aus Sachsen setzen Kinder einer direkten Gefahr aus. Projektleiterin Ehrnsperger: „Bei ihnen lösten sich Kleinteile. Kinder können sie verschlucken, im schlimmsten Fall daran ersticken.“
Ein leichter Fehltritt im Kinderzimmer, schon ist es passiert: Das Spielzeug zerbricht. Im Labor haben wir die Situation mit einer Schlagprüfung simuliert. Eine ein Kilogramm schwere Metallscheibe fällt aus zehn Zentimetern Höhe auf das Clown-Spielzeug von Hess (siehe Foto). Zwei Holzringe zerbrechen. Das darf nicht passieren. Die Teile sind so klein, dass sie in den Prüfzylinder passen, der einen Kinderrachen nachahmt. Auch der Clip, mit dem Eltern den Clown am Kinderwagen befestigen können, ist gefährlich. „Babys können ihn zu tief in den Rachen schieben. Da sie auf dem Rücken liegen, bekommen sie ihn womöglich nicht mehr heraus“, erläutert der Prüfleiter im Labor.
Das Hess-Motorikspiel Teich scheitert an der Zugprüfung. Sie klärt, ob sich kleine Teile zu leicht ablösen (siehe Foto). Die biegsame Sperrholzkonstruktion des Teichs gibt zu sehr nach. Kinder können die Entchen und Fischchen zu einfach herausziehen — und verschlucken.
Mängel wie verschluckbare Teile gefährden kleine Kinder sofort. Schadstoffe entfalten ihre Wirkung oft erst nach Jahren. Das Fatale: Ob ein Spielzeug kritische Stoffe enthält, kann man ihm nicht ansehen und nur selten riechen. Kinder atmen sie ein und nehmen sie über Mund und Haut auf, während sie am Spielzeug lutschen, knabbern oder es einfach nur anfassen.
Gefährliche Substanzen
Die Lacke enthielten oft mehrere gefährliche Stoffe gleichzeitig. So fand das Labor beim Holzzug von Eichhorn höhere Mengen PAK, einen gesundheitsgefährdenden Farbstoff und das Umweltgift NPEO (Nonylphenolethoxylate). Organozinnverbindungenund Blei steckten in der roten Jeepfigur von Ostheimer. Die Puzzle von HappyPeople und Toys“R“Us gaben aus ihren Sperrholzplatten höhere Mengen Formaldehyd ab; ebenso die Bodenplatte der Box, in der die Schlossbausteine von Heros liegen. Das Gas Formaldehyd steht im Verdacht, Krebs zu erzeugen.
Im Juli 2013 traten neue chemische Anforderungen der EU-Spielzeug-Richtlinie in Kraft. Sie enthält jetzt Regelungen für mehr Substanzen als zuvor, zum Beispiel für Organozinnverbindungen. Für sie gilt ein neuer Grenzwert. Einige Organozinnverbindungen können die Fortpflanzungsfähigkeit und das Immunsystem schädigen, wenn sie in den Körper gelangen. Aus den Lacken vom Hess-Teich und -Clown tritt so viel davon aus, dass sie den Grenzwert 30 bis 40-fach überschreiten.
Viele Schadstoffe weiter umstritten

Abgelutscht. Spielzeug für Kleinkinder sollte keine gefährlichen Stoffe enthalten. © Thinkstock
Experten in der EU diskutieren über die Risiken gefährlicher Stoffe in Spielzeug wie bestimmte PAK, Schwermetalle oder Nitrosamine – letztere können bei der Herstellung von Gummi entstehen. „Für viele Stoffe, die Krebs erzeugen, das Erbgut oder die Fortpflanzungsfähigkeit schädigen können, sind die Grenzwerte in der Spielzeug-Richtlinie nach wie vor zu hoch“, warnt Dr. Bärbel Vieth, Expertin vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Hier seien weitere Nachbesserungen nötig. Dies gelte auch für Nitrosamine. Vieth: „Einige davon wirken stark krebserzeugend. Selbst kleinste Mengen können gefährlich sein.“
Seit neuestem gelten in der EU für Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe laxere Grenzwerte als in Deutschland, das seine strengeren Werte beibehalten darf. Das ist gut so, denn gerade die Kleinsten lutschen viel am Spielzeug, zum Beispiel am Greifling-Ball der Firma Heimess. In seiner Gummischnur fanden wir höhere Mengen nitrosierbarer Stoffe. Sie lassen sich bei der Herstellung vermeiden. Darauf sollten Produzenten achten, schließlich können sich im Körper aus den Substanzen die gefährlichen Nitrosamine bilden. Bisher wurde vor allem Gummispielzeug auf Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe hin untersucht. Aber auch Einzelteile wie Schnüre sollen diese nicht enthalten.
Tut-Tut tut gut
Die acht mit gut bewerteten Spielsachen sind sicher und unbelastet, zum Beispiel die Bausteine und der Greifling Tut-Tut von Haba sowie die Holzbausteine von Heros. Akzeptabel ist aber auch Spielzeug, das im Test befriedigend abgeschnitten hat. Die Kleinen können damit spielen. Zur Vorsorge sollten Hersteller kritische Stoffe aber vollständig ersetzen. Dann können Kinder auch Frösche gefahrlos anfassen, herumschieben und ablutschen.
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@petrenz: Aktuell hatten wir uns für einen Test von Erstspielzeugen für Babys entschieden. Inwieweit die Hersteller der von uns 2013 beanstandeten Holzspielzeuge mittlerweile nachgebessert haben, können wir mangels einer zwischenzeitlichen Nachprüfung leider nicht beurteilen. Es kann sich jedoch durchaus empfehlen, einen gelegentlichen Blick in die von der EU-Kommission wöchentlich veröffentlichten Berichte (Rapid Alert System - Weekly Reports) zur Sicherheit von Non-Food-Produkten zu werfen. Die Listen (in englisch) finden Sie unter ec.europa.eu/consumers/consumers_safety/safety_products/rapex/alerts/?event=main.listNotifications. (Bee)
Hallo, als Neu-Eltern sind in den nächsten Monaten einige Spielzeugkäufe angedacht, wie z.B. eine Holzspielzeugeisenbahn. Wird es denn in den nächsten Monaten mal wieder einen Test geben, um zu prüfen, ob die Hersteller auf die z.T. sehr schlechten Bewertungen reagiert haben ?
Danke für eine kurze Info.
@HotFirefly: Ihren Kommentar nehmen wir gerne als Testanregung auf und leiten sie an das zuständige Untersuchungsteam weiter. (Se)
Mit der Frage, ob nun alle Spielzeuge wieder in Ordnung sind, die Bitte nach einem erneuten Test. Bestimmt hat sich in den 3 Jahren wohl nicht viel zum Guten gewendet. Danke für eine Reaktion!
Es ist wirklich traurig. Das Motto "Back to the roots", zurück zum einfachen, schönen, kindgerechten und erzieherisch wertvollen Holzspielzeug, stellt uns, unsere Kinder und Enkel vor große Gefahren. Dass selbst Produkte "Made in Germany" den Test nicht bestanden haben, stimmt nachdenklich. Man bedenke dabei, dass dies nicht der erste Test von Holzspielzeug durch die Stiftung Warentest war und die Spielzeugindustrie von den Fehlern des letzten Tests hätte lernen können. Gut, dass man hier ein paar Tipps bekommt. Weihnachten steht vor der Tür. Die Spielzeugindustrie sollte sich schämen, immer noch die alten giftigen Lacke einzusetzen. Die Schäden für die Kinder und Enkel sind nicht absehbar. Vielleicht wäre ein Qualitätssiegel, welches Vertrauen schaffen könnte, eine gute Idee? Dieses müsste durch entsprechende Tests errungen werden. Wenn wir Maschinenbauer Vorrichtungen bauen, müssen diese auch von Sachverständigen und vom TÜV abgenommen werden. Kein CE-Zeichen ohne Prüfung!