Hocherhitzte Milch hat nicht den Kochgeschmack der H-Milch. Sie schmeckt meist frisch und hält sich dreimal so lange wie pasteurisierte. Gesund ist sie auch. Nachteil ist ihr höherer Preis.
Nicht verwechseln: Hocherhitzte Milch ist etwas ganz anderes als die altbekannte ultrahocherhitzte H-Milch. Deren großes „H“ steht für „haltbar“. Sie wird für mindestens eine Sekunde auf Temperaturen von 135 bis 150 Grad Celsius gebracht, die hocherhitzte dagegen nur auf 85 bis 127 Grad.
Dass selbst eingeschworene Milchfreunde die noch recht junge Sorte mitunter gar nicht kennen, liegt wohl an ihrem nicht einheitlichen Auftritt im Kühlregal. Mal steht sie dort als „die Längerfrische“, mal als „die Maxifrische“. Öfter prangen Botschaften auf der Packung wie „hält länger frisch“ oder „für extra langen Frischegenuss“. Das Wörtchen „hocherhitzt“ ist nur winzig aufgedruckt.
Warum so unauffällig? Für Leute, die wenig Milch brauchen oder selten einkaufen, dürfte die Hocherhitzte ein Traum in Weiß sein: frischer Milchgeschmack, auf Vorrat eingekauft, fast drei Wochen lagerbar. Diese Vorzüge bestätigt auch unser Test von 16 hocherhitzten Milchen. Selbst am Mindesthaltbarkeitsdatum hatte keine von ihnen auffällige Keime oder einen Stich. Und nur sechs Proben empfanden unsere Milchexperten im Geschmack als „ganz leicht kochig“.
Kleine Makel betrafen die von der Meierei Trittau abgefüllte Milch. Dazu gehören die Vollmilch und die fettarme Milch vom Hamfelder Hof sowie Mili. Sie enthielten auffällig viel Zuckerabbauprodukte. Ein Indiz dafür, dass die Wärmebehandlung nicht gerade schonend abgelaufen ist. Das hat zwar keine gravierenden Folgen für den Geschmack der Milch oder ihren Nährwert. Enttäuscht sein dürften aber alle, die möglichst naturbelassene Milch möchten. Ärgerlich auch, dass alle Marken aus der Meierei Trittau im Schnitt zu wenig Milch enthielten. In den Literkartons fehlten bis zu 47 Milliliter Milch. Ausgerechnet die Trittauer: Dieses Unternehmen brachte hocherhitzte Milch überhaupt nach Deutschland.
Der Weg zu uns
Vor knapp acht Jahren hat die Meierei vor den Toren Hamburgs begonnen, Milch hoch zu erhitzen. Die Anregung zur Umrüstung der Molkerei Trittau auf das neue Verfahren sowie einen großen Teil der Milch lieferte ein Biobauernhof in der Gegend, der Hamfelder Hof. Die Idee versprach viel. Schließlich war diese Milch in den USA bereits ein Renner. Und gerade für Biobauern bedeutet die neue Art der Haltbarmachung eine schonendere Alternative zur H-Milch.
Und auch die Nachfrage ist da. Verbraucher wünschen sich Milch, die nicht so schnell verdirbt. Knapp zwei Drittel der 2002 verkauften Trinkmilch war H- Milch. Damit hat sie die pasteurisierte Frischmilch endgültig abgehängt, deren Marktanteil inzwischen auf etwa ein Drittel gesunken ist. Das neue Segment der hocherhitzten Milch hat sich schon 7,3 Prozent des Trinkmilchmarkts erobert. Entscheidend für den Verbraucher ist, dass die Hocherhitzte schnell in die Läden kommt. Ansonsten liegen die Vorteile aufseiten von Handel und Herstellern. Denn die Milch kann ja auch länger im Geschäft lagern oder weitere Vertriebswege bis ins Ausland verkraften.
Es gibt Menschen, die halten Milchtrinken jenseits des Säuglingsalters für naturwidrig. „Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das sich noch im Erwachsenenalter nicht von der Milch trennen kann“, heißt es etwa im Internet. Bei Kuhmilchkonsum könnten die Verdauungsorgane verkleben.
Warum Milch so wichtig ist
Solche Behauptungen sind aus unserer Sicht Unfug, ja sogar gefährlich. Denn ohne Milch, Quark, Joghurt, Käse & Co. ginge es manchem Westeuropäer ganz schön an die Knochen. Anders als mit diesen Lebensmitteln kann er seinen Bedarf an Kalzium kaum decken. Auch wenn einige Gemüsesorten wie Grünkohl, Lauch und Brokkoli oder Lebensmittel aus Soja wie Tofu recht kalziumreich sind, kann der Körper diesen Mineralstoff aus der Milch besser aufnehmen. Denn Pflanzen enthalten oft Begleitstoffe wie Oxalsäure, die die Kalziumaufnahme im Darm hemmen.
Besonders Kinder und Heranwachsende brauchen viel Kalzium, damit ihre Knochen und Zähne schön fest werden. Eine dichte Knochenmasse gilt als wichtige Voraussetzung, um im Alter Osteoporose mit häufigen Knochenbrüchen vorzubeugen. Das geht aber nur, wenn auch bei Erwachsenen die Kalziumquellen in der Nahrung niemals versiegen. Doch die vorbildlichste Ernährung hilft nichts, wenn der Mensch träge ist. Nur mit Bewegung kann der Körper Kalzium in die Knochen einbauen.
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