Ungeachtet aller Debatten um Obergrenzen wollen viele Deutsche den Flüchtlingen helfen. Sie fragen sich aber: Wie kann ich das am besten tun – mit Geld, Sachspenden oder persönlicher Unterstützung? In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) hat test.de Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengestellt. Neu: Mit einer mehrsprachigen Website möchte die Verbraucherzentrale Flüchtlinge vor Kostenfallen und Abzocke durch unseriöse Anbieter schützen. Und ein neuer Ratgeber erklärt Flüchtlingen, wie das deutsche Gesundheitssystem funktioniert.*
Die freiwillige Hilfe koordinieren
Essen austeilen, Deutsch beibringen, Behördengänge begleiten – die Möglichkeiten, Flüchtlingen zu helfen, sind vielfältig. Doch die Koordination des freiwilligen Engagements ist vielerorts chaotisch, Helfer wissen nicht, wo sie sich am besten einbringen können und an wen sie sich wenden sollen. Dabei kann es ganz einfach sein: Wer helfen will, geht am besten zu einer Einrichtung in seiner unmittelbaren Nähe. Die Heimbetreiber können meistens Kontakte zu Kirchengemeinden, Vereinen und Bürgerinitiativen vermitteln, die wiederum die einzelnen Hilfsangebote für die Menschen in den Einrichtungen koordinieren. In der Regel gibt es Angebote in den Bereichen Sprachförderung, Freizeitaktivitäten, Begleitung und Patenschaften. Es finden regelmäßige Planungstreffen statt. Vielerorts gibt es zusätzliche Integrationscafés, in denen Geflüchtete und Helfer in Kontakt kommen können.
Keine besonderen Vorkenntnisse nötig
Auch außerhalb der Flüchtlingsunterkünfte gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich zu engagieren. Auf tagesschau.de kann man eine interaktive Deutschlandkarte aufrufen, auf der Projekte und Initiativen eingezeichnet sind, die Flüchtlingen helfen. So versorgen die Frankfurter Freifunker Flüchtlinge in Notunterkünften mit Wlan, und der Verein Save me aus Greifswald sucht Paten, die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Deutschland unterstützen. Beim Fußballclub Leipzig United F.C. spielen Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien zusammen mit deutschen Kindern Fußball. Online-Plattformen wie fluechtlinge-willkommen.de oder ichhelfe.jetzt vermitteln Hilfe über das Internet. Erstere bringt Flüchtlinge mit Anbietern von Wohnraum zusammen, letztere Hilfsorganisationen mit Helfern: Zeitspenden, Sachspenden und sogar Wortspenden sind möglich. Um mit Flüchtlingen zu reden und ihnen zuzuhören, braucht man keine großen Vorkenntnisse; lediglich Englisch-Kenntnisse sind hilfreich, denn viele Neuankömmlinge sprechen noch gar kein oder erst sehr wenig Deutsch.
Vieles geht auch ohne Worte
„Vieles geht aber auch ganz ohne Sprache: Fußballspielen und gemeinsam Handwerkern zum Beispiel“, weiß Gerald Saathoff von Mittelhof, einem Verein für Nachbarschaftshilfe in Berlin-Zehlendorf, der sich um die Koordination der ehrenamtlichen Hilfsangebote in einer Flüchtlingsunterkunft im Bezirk kümmert. Der Verein plant eine Fahrradwerkstatt, in der Flüchtlinge zusammen mit Helfern alte Fahrräder, Spenden von Anwohnern, wieder flott machen. „Dabei muss man nicht ununterbrochen miteinander kommunizieren und sich gegenseitig verstehen. Es geht darum, dass man gemeinsam etwas macht und die Flüchtlinge sich integriert fühlen“, sagt Saathoff.
Improvisation und Engagement sind gefragt
Hat man den Kontakt zu geflüchteten Personen hergestellt, stehen einmaligen Aktivitäten wie gemeinsamen Spaziergängen, Ausflügen und Einladungen zu sich nach Hause auch keine großen bürokratischen Hürden mehr im Weg. Innenminister Thomas de Maizière rief angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen erst kürzlich zu Improvisation und Engagement auf: „Mit den gewohnten Verwaltungsabläufen ist das nicht zu schaffen“, sagte er beim Besuch eines Erstaufnahmelagers im niedersächsischen Friedland.
Nicht immer geht es ohne Bürokratie
Dennoch gibt es Hilfstätigkeiten, bei denen ein gewisser bürokratischer Vorlauf unvermeidlich ist, etwa bei der medizinischen Behandlung von Flüchtlingen durch ehrenamtlich arbeitende Ärzte, wie der Unterartikel Was freiwillige Helfer beachten müssen zeigt. Unser Wegweiser für freiwillige Helfer erklärt, wie Ärzte, Lehrer und Rechtsanwälte am besten helfen können. Und in Weiterbildung für Helfer – Bildungschancen für Flüchtlinge stellen wir unter anderem eine Metasuchmaschine vor, die eine bundesweite Suche nach Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Helfer und Flüchtlinge ermöglicht.
Handytarife für Flüchtlinge
Flüchtlinge und Asylsuchende sind auf Mobiltelefone angewiesen. Nur so können sie mit ihren Verwandten in Kontakt bleiben und den Alltag organisieren. Wer in Deutschland mobil telefonieren will, muss jedoch einiges beachten. test.de hat günstige Handytarife für insgesamt 14 Länder zusammengestellt und gibt wertvolle Tipps für die Orientierung im deutschen Mobilfunk-Tarifdschungel. Als besonderen Service bieten wir diese auch in englischer und arabischer Sprache an (Handytarife für Flüchtlinge). Mit einer neuen Website möchte die Verbraucherzentrale Flüchtlinge vor Kostenfallen und Abzocke durch unseriöse Anbieter schützen. Besonderer Service: Die Informationen werden in Türkisch, Russisch, Polnisch, Englisch, Arabisch und Farsi veröffentlicht.
Wegweiser durchs deutsche Gesundheitssystem
Ein neuer Ratgeber erklärt Flüchtlingen, wie das deutsche Gesundheitssystem funktioniert – etwa, was die elektronische Gesundheitskarte ist und welche Notfälle ein Krankenhaus behandelt. Die Broschüre gibt es online kostenfrei auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums – auf Deutsch, Englisch, Arabisch, Kurdisch und Paschto.
Ehrenamtskarte bietet Vergünstigungen für Helfer
Viele Bundesländer würdigen das Engagement freiwilliger Helfer mit einer Ehrenamtskarte. Mit der kostenlosen Karte erhalten Ehrenamtliche Vergünstigungen in Kultur- und Freizeiteinrichtungen im jeweiligen Bundesland, etwa ermäßigten Eintritt in Kinos oder Rabatte beim Einkauf. Interessierte müssen einen Antrag stellen. Das Formular gibt es meist im Internet ihrer Kommune oder Stadtverwaltung. Die Bedingungen für den Erhalt der Karte sind je nach Bundesland unterschiedlich. Häufig wird gefordert, dass der Ehrenamtler sich rund 5 Stunden pro Woche oder 250 Stunden im Jahr engagiert, beispielsweise in einem Verein oder einer sozialen Einrichtung, und kein Geld dafür erhält. Die Ehrenamtskarte ist nicht übertragbar und in der Regel zwei Jahre gültig. Nachdem sie abgelaufen ist, kann sie neu beantragt werden. Inhaber einer Karte in Nordrhein-Westfalen beispielsweise können mithilfe der App „Ehrensache.NRW“ die angebotenen Vergünstigungen mobil einsehen.
10 000 neue Stellen beim Bundesfreiwilligendienst
Der Bund stellt beim Bundesfreiwilligendienst (BFD) künftig neben den schon bestehenden 35 000 BFD-Plätzen 10 000 neue Stellen mit Flüchtlingsbezug zur Verfügung. Der Start des Programms war zum 1. Januar 2016 geplant – jetzt geht es schon zum 1. Dezember 2015 los. Der Einsatz der Freiwilligen erfolgt in Aufgabenbereichen im Zusammenhang mit der Flüchtlingsbetreuung. Hierzu können beispielsweise Sportangebote in Flüchtlingsunterkünften, die Begleitung bei Behördengängen, Dolmetscherdienste, Personenbeförderungsfahrten und vieles mehr gehören. Weitere Infos finden Sie unter www.bundesfreiwilligendienst.de sowie auf der Seite des Deutschen Städte- und Gemeindebunds.
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*Das Special wurde am 16. September 2015 erstmals veröffentlicht und seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 20. Januar 2016 (mehrsprachige Informationen der Verbraucherzentrale).