Heuschnupfen

Interview: „Eigentlich ist immer Pollen­saison“

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Heuschnupfen - Diese Medikamente helfen und sind günstig

Birken­pollen. In der Regel blüht die Birke im März. © Getty Images

Durch die Erderwärmung breiten sich mehr Pflanzen aus, deren Pollen Allergien auslösen. Professorin Claudia Traidl-Hoff­mann erklärt, wie das auf die Gesundheit wirkt.

Heuschnupfen Diese Medikamente helfen und sind günstig

Heuschnupfen und Klimawandel

Heuschnupfen - Diese Medikamente helfen und sind günstig

Professorin Claudia Traidl-Hoff­mann leitet das Institut für Umwelt­medizin bei Helmholtz Munich und die Umwelt­medizin an der Medizi­nischen Fakultät der Uni Augs­burg und erforscht Folgen des Klimawandels. © Andreas Heddergott / TU Muenchen

Heuschnupfen und Klimawandel – gibt es da einen Zusammen­hang?

Ja. Der Heuschnupfen hängt mit Pollen zusammen und Pollen vermehren sich durch den Klimawandel. Pflanzen breiten sich aus – und die all­ergenen Pollen, die sie produzieren, sind früher und länger in der Luft. So fliegen Birken­pollen statt Mitte April schon einige Wochen früher. Diese Verschiebung gilt unterdessen für alle Pollen. Gräser hatten früher nur eine Saison – jetzt beob­achten wir in einigen Regionen zwei Saisons.

Wie lange ist denn Pollen­saison?

Eigentlich immer. Im November gibt es jetzt nur ein paar Tage Pause, im Dezember kommen dann schon die ersten Hasel­pollen. Unsere Daten zeigen, dass die Erderwärmung hier mit ursächlich ist. Bei warmem Klima wachsen bei uns andere und mehr Pflanzen.

Welche Arten verbreiten sich hier?

In Deutsch­land etwa Ambrosia. Deren Pollen lösen heftigere Allergien aus als etwa Gräser und Birke. Auch die Oliven aus dem südlichen Europa, die starke Allergien auslösen, können in Zukunft bei uns wachsen.

Auslöser werden vielfältiger

Entwickeln wir da neue Allergien?

Ja, denn die Auslöser werden vielfältiger. Dadurch gibt es mehr Pollen, die Heuschnupfen, aber auch Asthma, Hautju­cken und Ekzeme verursachen.

Beein­flussen auch andere Umwelt­faktoren die Pflanzen­welt?

Erhöhtes CO2, Stick­oxide oder Partikel – am Ende sind es die Schad­stoffe in der Luft, die zusammen­wirken. Aber auch die Versiegelung von Böden, ­etwa durch Bebauung, ist ein Stress­faktor für die Pflanzen. Deren Pollen produzieren dann vermehrt Eiweiße, die Allergien auslösen. Die Protein­zusammenset­zung kann sich dabei durch Schad­stoffe wie Abgase, ­Fein­staub und auch Ozon verändern und Pollen aggressiver machen.

Leben in der Stadt ist ein Risiko­faktor

Was bewirken aggressi­vere Pollen?

Immer mehr Menschen werden immer früher sensibilisiert durch Pollen, die auch stärker wirken. Das ist etwa so: Ein kleiner Hammer macht eine kleine Wunde, ein großer eine große.

Ist die Allergiegefahr eigentlich auf dem Land oder in der Stadt größer?

Auf dem Land gibt es mehr Pflanzen, also auch mehr Pollen. Wer schon eine Allergie hat, spürt auf dem Land mehr Symptome. Um aber über­haupt erst eine Sensibilität zu entwickeln, ist das Stadt­leben ein Risiko­faktor. Da bahnen die Schad­stoffe den Weg in Richtung Allergie.

Warum gab es in der DDR weniger Allergien, obwohl die Umwelt­verschmut­zung doch sehr hoch war?

Weniger Heuschnupfen etwa gab es, weil in der DDR mehr Grob­staub war, in West­deutsch­land mehr Fein­staub. Zudem wurde in der DDR gegen Keuchhusten durch­geimpft, im Westen wegen der Neben­wirkungen nicht. Heute scheint es, dass die Impfung auch etwas vor Heuschnupfen schützte. Doch nach der Mauer­öff­nung waren die Ostdeutschen relativ schnell auf dem Allergie­niveau West.

Das Interview haben wir ursprüng­lich für test 3/2020 mit Prof. Traidl-Hoff­mann geführt und es im Februar 2023 erneut von ihr auto­risieren lassen.

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Stich03 am 28.03.2023 um 18:47 Uhr
Feinstaub, Grobstaub

Dies muss ich jetzt auch noch kommentieren:
Zum Glück hatten wir die Mauer in Berlin. Der Feinstaub blieb im Westen, der Grobstaub im Osten. Wie war es in den anderen Landesteilen wo es nur den Grenzzaun gab? :-)

Stich03 am 28.03.2023 um 18:38 Uhr
Klimawandel

Jeder Artikel der mit Klimawandel beginnt macht mich schon stutzig. Pollenflug gibt es seit es Pflanzen gibt. Das Klima hat sich seit dem immer schon gewandelt. Was jetzt betrieben wird ist eine Klima-Agenda die den Großkonzernen viel Geld in die Kassen spült. Der Normalbürger wird dadurch immer ärmer. Schade das auch die Stiftung Warentest auf diesen, "öko-sozialistischen, Zug aufspringt.

Profilbild Stiftung_Warentest am 20.03.2023 um 11:39 Uhr
Cromoglycin 2 Wochen vorher

@DirkTestTest: Eine ausführliche Beschreibung zur Wirkungsweise von Cromoglicinsäure finden Sie hier: www.test.de/medikamente/wirkstoff/allergiemittel-cromoglicinsaeure-w981/

DirkTestTest am 20.03.2023 um 07:14 Uhr
Cromoglycin 2 Wochen vorher?!

Hallo,
ich behandle meinen Heuschnupfen seit Jahren regelmäßig mit cromoglycin AT und Nasenspray.
Mir wurde damals von meinem Allergologen erklärt, dass Cromoglycin ein eindringen der Pollen in den Körper verhindert - quasi die Goldrandlösung.
Lediglich bereits eingedrungene Pollen können noch weiterhin zu Beschwerden führen, bis diese abklingen dauert es bei mir ca. 2-3 Stunden. Dann muss ich gelegentlich mit Cetirizin überbrücken.
Wenn mir allerdings klar ist, dass ich viel draußen sein werde oder der Pollenflug Recht hoch ist, nehme ich die Augentropfen und das Nasenspray direkt beim Aufstehen - und kann somit eine Allergiereaktion (bei einem Nachtropfen/sprühen alle 4 bis 6 Stunden) nahezu vollständig vermeiden.
Woher kommen also die 2 Wochen?
Präventiv ja, aber wenige Stunden statt 2 Wochen.

wkwi am 16.02.2023 um 20:10 Uhr
Weitere Alternativen

Da mich Ceterizin müde macht, verwende ich seit Jahren ein Medikament mit dem Wirkstoff „Fexofenadin“ (Telfast). Gegen den Juckreiz in den Augen nehme ich Tropfen mit „Olopatadin“ (Opatanol). Damit habe ich gute Erfahrungen.