
Tierfreunde machen sich bei Nachbarn und Vermietern schnell unbeliebt, wenn ihr Liebling rund ums Haus Schäden anrichtet.

Ein Kakadu belästigte Sarah Lackmann und griff ihren Lebensgefährten Charlie Layton an: „Immer wieder kam er im Sturzflug auf mich zu.“ Der Vogel beschädigte außerdem mit seinem spitzen Schnabel Fenster und Balkontür.
Bis zu 50 Zentimeter hoch mit einer Flügelspannweite von 70 Zentimetern – so groß wird ein ausgewachsener Gelbhaubenkakadu. So groß ist auch Felix. Der Papagei flog bis zum vergangenen Jahr im Berliner Stadtteil Wedding frei herum. „Anfangs war es lustig. Er setzte sich in die Bäume und rief: Hola, Felix, was machst du?“, sagt Sarah Lackmann, eine Nachbarin.
Mit der Zeit traute der große Vogel sich immer mehr. Eines Tages saß er auf der Balkonbrüstung der Angestellten und hackte mit seinem spitzen Schnabel auf Fenster, Balkontür und Rollläden ein. Er riss schließlich sogar die Gummidichtung aus dem Rahmen.
Da hatte die 35-Jährige genug. Sie forderte den Besitzer auf, den Vogel nicht mehr fliegen zu lassen. „Erst nachdem die Hausgemeinschaft einen Anwalt eingeschaltet hatte, durfte der Papagei nicht mehr raus.“
Mehr als 22 Millionen Haustiere leben in Deutschland, darunter 3,3 Millionen Ziervögel. Rund 16 Prozent der Haushalte haben mindestens eine Katze, 13 Prozent einen Hund. Da bleibt es nicht aus, dass Nachbarn oder Mieter und Vermieter über einige Tiere in Streit geraten.
„Hundebisse sind eher die Ausnahme. Häufiger sind Beschwerden über Lärmbelästigung und Verschmutzung. Vermieter befürchten zudem die übermäßige Abnutzung der Wohnung“, sagt Hermann-Josef Wüstefeld vom Deutschen Mieterbund.
Ziervögel, Kaninchen und Katzen
Für Stefan Röhnisch, den Rechtsanwalt der Hausgemeinschaft im Wedding ist der Fall Felix klar. „Es geht hier um eine Schadenersatzsache und der Tierhalter muss für die vom Kakadu verursachten Schäden haften.“
Geregelt ist das in Paragraph 833 des Bürgerlichen Gesetzbuches: „Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“
Besitzer von Kleintieren wie Katzen, Meerschweinchen und Ziervögeln sind in der Regel über die private Haftpflichtversicherung geschützt. Menschen, die größere Tiere wie Hunde oder Pferde halten, hilft diese Versicherung nicht.
Tipp: Zahlreiche weitere wertvolle Informationen rund um die Private Haftpflichtversicherung finden Sie in unserem großen FAQ Private Haftpflichtversicherung.
Hunde und Pferde
Hunde- und Pferdebesitzer benötigen eine spezielle Tierhalter-Haftpflichtversicherung. Der Versicherer zahlt, wenn das Tier Schaden anrichtet.
Reißt der Bernhardiner bei einem Bekannten eine mit Wasser gefüllte Vase um und beschädigt dadurch das Parkett, übernimmt der Versicherer die Kosten. Er zahlt auch, wenn der Hund den Nachbarn beißt und ihn verletzt. Die Versicherung kommt aber nicht für Verschleißschäden auf. Zerkratzt der Hund über Jahre das Parkett in der Mietwohnung seines Besitzers, muss der Mieter das aus eigener Tasche zahlen.
Jeder Tierhalter haftet unabhängig von seinem Verschulden für sein Tier. Ausnahmen gibt es nur in Einzelfällen: Ein Hundehalter hatte seinen Hund zu Hause in die Gästetoilette gesperrt. Dort zerfetzte das Tier die Klopapierrolle und verstopfte den Abfluss des Waschbeckens damit. Es gelang ihm sogar, den Wasserhahn zu öffnen. Die Folge: ein Wasserschaden in der Mietwohnung des Halters und in zwei darunterliegenden Wohnungen.
Die Wohngebäudeversicherung des Vermieters übernahm die Kosten, wollte das Geld aber vom Mieter und Hundehalter zurück. Der zahlte nicht und die Richter am Landgericht Hannover gaben ihm am Ende recht. Er hafte nicht, weil er sich nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verhalten habe. Das Verhalten des Hundes sei nicht vorhersehbar gewesen und der Schaden auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen (Az. 19 S 1968/99).
Rinder und Schafe
Nicht nur in der Stadt können Tiere für Stress unter Nachbarn sorgen. Für Nutztiere auf dem Land wie Rinder gelten jedoch andere Regeln: Ihre Halter haften erst, wenn sie ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigt und damit einen Schaden durch ihre Tiere schuldhaft verursacht haben.
Lässt ein Bauer das Tor zur Weide offen, sodass seine Rinder ausbüxen und die teuren Setzlinge in Nachbars Garten fressen können, dann muss er Schadenersatz leisten. Nicht zahlen müsste er, wenn die Rinder in Panik geraten und trotz geschlossenem Tor ausgebrochen sind.
Wildschweine und Marder
Ruhestörung, Sachbeschädigung, Geruchsbelästigung – auch wilde Tiere können für Hausbewohner zur Plage werden. Zerwühlt das Wildschwein den Garten, klopft der Specht Löcher in die Fassade oder nisten sich Marder und Waschbär auf dem Dachstuhl ein, gibt es keinen Schadenersatz. Wildtiere sind herrenlos und so kann niemand verantwortlich gemacht werden.
Will ein Hausbesitzer seine Immobilie am Ende vor lauter Ärger loswerden, darf er den Mangel, den Tiere angerichtet haben, nicht verschweigen. Tut er das doch oder beschreibt den Mangel nicht vollständig, kann der Käufer Schadenersatz verlangen. Das gilt auch, wenn im Kaufvertrag die Gewährleistung ausgeschlossen ist.
Das Oberlandesgericht Koblenz gab einem Kläger recht, der nach dem Hauskauf entdeckte, dass die Dachisolierung durch Maderfraß zerstört war. Allein der Hinweis des Verkäufers, dass er das Dach teilweise saniert habe, reiche nicht aus. Er habe den Mangel arglistig verschwiegen und muss die weiteren Sanierungskosten von 25 000 Euro tragen (Az. 4 U 874/12).
Wie viel Felix’ Besitzer an Sarah Lackmann und ihre Nachbarn zahlen muss, ermittelt im Moment ein Gutachter. Allein das Auswechseln der Fenster und der Balkontür geht in die tausende von Euro.