
Nur aus dem Fenster schauen, das ist den meisten Katzen auf Dauer zu langweilig. Ihrem Bewegungsdrang sind aber rechtliche Grenzen gesetzt, für deren Beachtung der Tierhalter sorgen muss.
Mal eben die Katze rauslassen? Viele Tierhalter finden nichts dabei – viele Nachbarn wohl. Das beschert Gerichten eine Menge Arbeit. Und manchem Kater Hausarrest.
Der Hund mag als bester Freund des Menschen gelten. Statistisch betrachtet trägt er diesen Titel jedoch zu Unrecht. Zwar leben in deutschen Haushalten viele Hunde: 10,1 Millionen, wie der Industrieverband Heimtierbedarf meldet. Aber damit immer noch weniger als die 14,7 Millionen Katzen.
Die Gründe für die Beliebtheit des Stubentigers sind vielfältig: Die Tiere sind pflegeleicht, sie können sich allein beschäftigen. Und sie machen wenig Lärm – gerade in Wohnanlagen ein wichtiges Kriterium.
Streit mit den Nachbarn gibt es trotzdem immer wieder. Katzen haben einen ausgeprägten Freiheitsdrang – und der lässt sich nicht immer mit den Bedürfnissen weniger tierfreundlicher Mitmenschen in Einklang bringen. Vielfach jedoch beweisen die Gerichte ein Herz für Tiere sowie deren Halter und lassen insbesondere den Samtpfoten einiges durchgehen.
Streunen erlaubt

Ins Freie. Rund drei Viertel der Katzen in deutschen Haushalten dürfen raus.
Nachbarn müssen zum Beispiel dulden, dass eine fremde Katze gelegentlich über ihr Grundstück streift. Es gilt das Gebot der Rücksichtnahme. Selbst wenn das Tier mal ein Häufchen auf dem Rasen hinterlässt, ist das nicht zu beanstanden (Amtsgericht Neu-Ulm, Az. 2 C 47/98). Für Hunde indes gelten strengere Regeln: Ohne Herrchen oder Frauchen dürfen sie grundsätzlich keine Ausflüge unternehmen (Verwaltungsgericht Schwerin, Az. 7 B 1076/01).
Die Toleranz der Richter gegenüber Katzen ist jedoch nicht unbegrenzt. Kommen gleich mehrere fremde Tiere in den Garten, muss der Nachbar das nicht mehr dulden. Gleiches gilt, wenn fremde Kater sich auf der Terrasse erleichtern, Beete zerrupfen oder Goldfische aus dem Teich angeln (Landgericht Bonn, Az. 8 S 142/09). Wenig Spaß verstehen Richter überdies, wenn Autos in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Landgericht Lüneburg zum Beispiel hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein Mann zwei Katzen immer wieder erwischte, die auf seinem Wagen herumturnten. Sie hinterließen Sand und Dreck auf dem Lack, sodass der Mann sein Auto häufiger waschen musste. Das Urteil war eindeutig: Der Tierhalter musste dafür sorgen, dass seine Lieblinge anderswo ihrem Spieltrieb nachgingen (Az. 1 S 198/99).
Tipp: Nachbarn müssen nachweisen, dass ein ganz bestimmtes Tier für Schäden und Belästigungen verantwortlich ist. Da in jedem fünften deutschen Haushalt eine Katze lebt, ist das nicht immer einfach.
Fließende Grenzen
Selbst wenn die Tiere drinnen bleiben, kommt es manchmal zu Konflikten. So durfte etwa eine Münchnerin, die mit 27 Katzen in einer Doppelhaushälfte lebte, nur zwei ihrer Lieblinge behalten. Die Katzen-Kommune hatte einen so beißenden Geruch verbreitet, dass die Bewohner der anderen Haushälfte ihre Terrasse kaum nutzen konnten (Oberlandesgericht München, Az. 5 U 7178/89).
Um Streitigkeiten vorzubeugen, enthalten Hausordnungen oder Mietverträge oft Regeln, wonach Tiere nicht frei in den Außenanlagen und im Treppenhaus laufen dürfen. Diese Klauseln sind zulässig. Wer seine Lieblinge dennoch rauslassen will, muss sie anleinen (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Az. 2 Z BR 99/04).
Zwei Katzen pro Wohnung
Pauschal untersagen lässt sich die Tierhaltung hingegen nicht (Bundesgerichtshof, Az. VIII ZR 168/12). Das Argument: Dadurch würden auch Tiere verboten, die niemanden stören, etwa Zierfische. Es müsse stets eine umfassende Abwägung der konkret betroffenen Belange von Mieter, Vermieter und Nachbarn erfolgen, so die Richter. Dabei seien auch die Größe des Tiers, sein übliches Verhalten sowie die Größe der Wohnung zu berücksichtigen. Bleibt die Frage, wie viele Vierbeiner der Vermieter zulassen muss, wenn er die Tiere grundsätzlich erlaubt. Die Faustregel lautet: Zwei sind in Ordnung, mehr machen oft Probleme.
Die Mieterin einer Dreizimmerwohnung musste denn auch fünf ihrer sieben Katzen abgeben (Amtsgericht Berlin-Lichtenberg, Az. 8 C 185/96). Das Amtsgericht Wiesbaden ließ drei Tiere zu (Az. 91 C 3026/12), das Berliner Kammergericht sogar vier Tiere in einer Einzimmerwohnung.
Ähnlich ist es bei Eigentumswohnungen. Auch hier ist ein pauschales Haustierverbot unzulässig (Landgericht Berlin, Az.24 W 267/91). Eigentümer können aber die Zahl begrenzen, etwa auf drei pro Wohnung (Kammergericht Berlin, Az. 24 W 1012/97).
Ohne Netz und zersägte Türen

Hinter Gittern. Ein Netz schützt Stubentiger. Viele Vermieter sehen es ungern.
Katzennetze am Balkon bedürfen in der Regel der Erlaubnis des Vermieters oder der Wohnungseigentümer. Glück hatte eine Kölnerin, die auf eigene Faust einen solchen Schutz angebracht hatte: Weil das dünne Netz von der Straße aus kaum zu sehen und nicht an die Fassade gedübelt war, durfte es bleiben (Amtsgericht Köln, Az. 222 C 205/12).
Meist kommt es Richtern gar nicht auf die Befestigung an: Für ein Verbot reichen optische Beeinträchtigungen. In München musste eine Frau ein Netz sogar entfernen, obwohl es von außen kaum zu sehen war. Grund: Hätte der Vermieter es genehmigt, hätte er das auch bei anderen Mietern tun müssen. Spätestens das hätte die Optik gestört (Amtsgericht München, Az. 411 C 6862/12). Ein Berliner profitierte von den vielen Katzenhaltern in seinem Haus: Da die Vermieterin bereits bei elf anderen Mietern ein Katzennetz duldete, konnte sie nicht mehr mit einer optischen Beeinträchtigung argumentieren. Sie musste auch ihm gestatten, ein Netz anzubringen (Amtsgericht Tempelhof-Schöneberg, Az. 18 C 336/19).
Ärger droht überdies, wenn Mieter eigenmächtig eine Katzenklappe in die Tür sägen, um ihrem Tier Bewegungsfreiheit zu verschaffen. Eine Kündigung ist in solchen Fällen zwar nicht gerechtfertigt. Aber sie müssen das Loch bei Auszug wieder schließen. Klappt das nicht, muss der Mieter eine neue Tür kaufen (Amtsgericht Erfurt, Az. 223 C 1095/98). Führt die Klappe in den Flur eines Mehrfamilienhauses, darf der Eigentümer sogar den sofortigen Ausbau verlangen (Landgericht Berlin, Az. 63 S 199/04).
Policen für vier Pfoten
Jeder, und damit auch jeder Katzenhalter, braucht eine private Haftpflichtversicherung. Dort sind Mieze und Kater meist ohne Aufpreis mitversichert. Die Police greift nicht, wenn die Tiere bei ihrem Halter etwas kaputtmachen. Sie kommt aber für Schäden auf, die Dritten entstehen.
Grundsätzlich wäre damit auch der Fall abgedeckt, dass eine Katze in der Mietwohnung Parkett und Wände zerkratzt (siehe auch Wohnungsübergabe: Wann Mieter für Kratzer im Parkett zahlen müssen) . Die meisten Policen schließen das aber als „Verschleiß und Abnutzung“ aus.
Auch die Hausratversicherung hilft dann nicht weiter: Sie kommt zum Tragen, wenn das Tier zum Beispiel bei einem Einbruch gestohlen wird oder einem Brand zum Opfer fällt. Allerdings würde auch dann nur der Sachwert erstattet, also der Preis einer gleichwertigen Katze.
Diese Meldung ist am 28. August 2014 auf test.de erschienen. Sie wurde am 4. Januar 2021 aktualisiert.