Haus­notruf Vier Dienste im Test reagieren gut bei Alarm

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Sie sind sinn­voll für Ältere oder Erkrankte, die zu Hause in Not geraten können. Im Test haben die Dienste in fast allen Fällen geholfen. Doch auch Schwächen kamen ans Licht – und Risiken.

Haus­notruf Testergebnisse für 9 Haus­not­ruf­dienste 08/2018

Ob allein­stehend oder als Paar – im Alter wünschen sich viele Menschen, möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben. Doch Kinder und Enkel in der Ferne sorgen sich: Wer hilft, wenn Oma stürzt? Rund 900 000 Menschen in Deutsch­land nutzen für solche Situationen einen Haus­notruf, schätzt die gleichnamige Initiative, ein Verbund von Anbietern und Geräte­herstel­lern.

Wir haben neun Haus­notrufdienste getestet, fünf gemeinnützige Verbände und vier private Anbieter. Wir hätten uns ein besseres Ergebnis gewünscht: Kein Dienst ist uneinge­schränkt zu empfehlen. Die meisten schneiden befriedigend ab, Sonotel ist nur ausreichend, Zembro mangelhaft (Tabelle). Immerhin: Bis auf einen Fall bei Zembro konnten alle Dienste unseren Test­personen bei den von uns simulierten Notfällen helfen. Ihre Haupt­aufgabe – das Bearbeiten von Notrufen – erfüllten sie gut oder befriedigend, wobei der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) dies am besten tat. Bei sechs Anbietern fanden wir deutliche oder sehr deutliche Vertragsmängel. Ohne sie wären alle Gemeinnützigen insgesamt gut: ASB, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter, Malteser und Volks­solidarität.

Unser Rat

Wenn Sie gesundheitlich einge­schränkt oder sturzgefährdet und oft allein zu Hause sind, kann ein Haus­notruf für Sie sinn­voll sein. Am besten bearbeitete die Notrufe der Arbeiter-Samariter-Bund, gefolgt vom Malteser Hilfs­dienst, Deutschen Roten Kreuz und der Johanniter-Unfall-Hilfe. Wegen deutlicher Vertrags­mängel schneidet aber keiner von ihnen insgesamt gut ab.

So funk­tioniert der Haus­notruf

Haus­notruf - Vier Dienste im Test reagieren gut bei Alarm

So laufen typische Notrufe ab. Auf Knopf­druck meldet sich die Zentrale. Wie deren Mitarbeiter reagieren, hängt von der Situation ab. Im medizi­nischen Notfall rufen sie den Rettungs­dienst. Oft reicht es, Angehörige zu informieren – wie in unserem Test. © Stiftung Warentest

Die meisten Anbieter arbeiten mit klassischen Haus­notrufgeräten. Die Kunden tragen ein Armband oder eine Kette mit Notrufknopf. Drücken sie ihn, geht ein Funk­signal an die Basis­station. Sie verbindet sich mit der Notrufzentrale: dank Frei­sprech­funk­tion ermöglicht sie im Ideal­fall eine Kommunikation aus jedem Raum. Daneben gibt es moderne Systeme, die sowohl zu Hause als auch außer­halb der Wohnung funk­tionieren. Wir haben auch sie in den Test einbezogen: Libify und Zembro.

In der Zentrale bekommen die Mitarbeiter, die den Notruf entgegen­nehmen, alle Daten des Hilferufenden ange­zeigt: Name, Adresse, Gesund­heits­informationen, Kontakt­personen. Sie entscheiden dann über das weitere Vorgehen. „Dafür sind die Mitarbeiter geschult“, sagt Verena Querling von der Verbraucherzentrale Nord­rhein-West­falen (Interview).

Haus­notruf ist kein Rettungs­dienst

„Nur in zwei bis fünf Prozent aller Notrufe ist es erforderlich, den Rettungs­dienst zu rufen“, sagt Matthias Langer. Er ist Geschäfts­führer der Initiative Haus­notruf. Häufig lösten Technikwarnungen einen Alarm aus, etwa wenn Kunden beim Staubsaugen den Stecker vom Haus­notrufgerät gezogen haben. Es komme auch vor, dass sie sich nur unterhalten möchten oder aus Versehen den roten Knopf drücken. „Die Zentralen nehmen jeden einge­henden Notruf ernst“, versichert Langer. In 20 bis 30 Prozent der Fälle schi­cken sie Angehörige, Nach­barn oder einen Bereit­schafts­dienst zu den Betroffenen.

Für unseren Test konfrontierten wir jeden Anbieter mit jeweils drei simulierten Notrufen, wie sie täglich bei den Zentralen eintreffen – etwa, wenn die Betroffenen von der Bett­kante gerutscht oder über den Teppich gestolpert sind, ihr Hörgerät verloren haben, ihnen schwind­lig oder übel ist. Unsere Tester waren Senioren in zwei deutschen Groß­städten. Sie leben im Zentrum oder am Stadt­rand, in Miet­wohnungen oder Einfamilien­häusern. Wie die Dienste beim Alarm reagieren, war der wichtigste Prüf­punkt im Test. Außerdem wollten wir wissen: Wie gut beraten sie im Vorfeld? Wie steht es um die Inbetrieb­nahme der Geräte, Kunden­service, recht­liche Bedingungen?

Kaum einer fragt nach

Die Reaktion auf einen medizi­nischen Notfall konnten wir nicht prüfen, da wir für Test­zwecke keine Rettungs­dienste miss­brauchen dürfen. Wir erwarteten aber, dass die Mitarbeiter der Zentrale auch bei einem leichten gesundheitlichen Problem eine Frage zur Situation stellen: Etwa ob es reiche, die Tochter zu informieren oder ob doch medizi­nische Hilfe nötig sei (Was wir im Test erwarteten). Das taten im Test die wenigsten: Nur selten kam eine solche Nach­frage – und nur bei den Johannitern und Libify. Das ist ein Versäumnis: Da manche Ältere nur ungern Umstände machen wollen, ist es denk­bar, dass sie ihre Situation beschönigen.

Hilfe oft inner­halb von einer Minute

Positiv fiel dagegen die Schnel­ligkeit der Zentralen auf: Die Mitarbeiter nahmen den Notruf meist inner­halb von wenigen Sekunden bis einer Minute an und informierten schnell die Kontakt­personen. Bei Zembro allerdings meldete sich die Zentrale einmal gar nicht, sondern informierte nur die Angehörige per Smartphone-App, ein anderes Mal reagierte sie erst nach rund zwei Minuten. Kritisch merkten unsere Tester an, dass sie nicht immer erkennen konnten, ob sie den Notruf tatsäch­lich ausgelöst hatten. Einige Geräte signalisieren das mit einer auto­matischen Ansage, andere nicht. Welches Gerät ein Kunde bekommt, kann er kaum beein­flussen. Das hängt vorrangig vom Telefon­anschluss ab.

Teils wenig einfühl­same Mitarbeiter

Wie schon im Test 2011 stellten wir erneut fest: Viele Anbieter gehen zu wenig auf die Bedürf­nisse der meist älteren Kunden ein. Beim Notruf sprachen die Mitarbeiter der Zentrale teils nicht laut genug oder waren wenig einfühl­sam. Manche verschwanden einfach aus der Leitung und ließen die Tester im Unklaren, ob sie Hilfe veranlasst hatten. Ähnliches bei der Beratung und Installation: In Ruhe erklären und auf mögliche Situationen eingehen, etwa wenn Angehörige nicht erreich­bar sind – das vermissten unsere Test­kunden des Öfteren. Bei einer Testerin blieb das Gefühl: „Das hätte ein Versicherungs­vertreter sein können.“

Tester schätzen Hilfe bei Installation

Zur Inbetrieb­nahme schickten die gemeinnützigen Verbände einen Techniker. Am besten klappte die Installation samt Funk­tions­tests bei der Volks­solidarität, wenn­gleich deren Techniker in einem Fall weniger sensibel auftrat: Er forderte die ältere Test­kundin und die Angehörige schroff auf, selbst ein Sofa zu rücken. Generell aber schätzten unsere Tester die Unterstüt­zung: „Es kommt für mich als alte Frau nicht infrage, das selber zu installieren“, sagte eine.

Bei den privaten Diensten installierten die Tester die Geräte allein, teils mithilfe einer Telefonhotline. Das klappte manchmal nur, weil Angehörige dabei waren. Die größten Probleme gab es bei Sonotel, einmal waren mehrere Hotline-Anrufe nötig. Zudem reichten die Funk­tions­tests nicht aus.

Unzu­reichende Funk­tions­tests fielen auch bei anderen auf: Nur in etwa der Hälfte der Testfälle prüfte die Zentrale mit dem Kunden, ob sie sich noch hören, wenn der Notrufende etwas weiter weg von der Basis­station steht, etwa im Bad. Das kann eine Ursache dafür sein, dass bei jedem fünften Notruf im Test die Sprach­qualität schlecht war. Ein Risiko, das sich leicht minimieren ließe – für ein Plus an Sicherheit.

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 19.03.2021 um 14:09 Uhr
neue Geräte

@Hitpoint: Auch wenn wir nicht jedem Wunsch in Form einer schnellen Prüfung nachgehen können, nehmen wir Lesermeldungen immer gerne auf. Denn durch die vielen Zuschriften bekommen wir einen Überblick darüber, was sich unsere Leser als Inhalt unserer Hefte wünschen. Dies wiederum dient uns als Diskussionsgrundlage für weiteren Testaktivitäten. (SL)

EdTiy am 17.03.2021 um 16:44 Uhr
Test für neuere Geräte?

Inzwischen gibt es viele DECT basierte geräte, die bereits nach 4-6 Monaten amortisiert sind (Dosch&Amand DA1432) und auch GSM basierte V-SOS Bänder für unter 10.- im Monat. Diese haben auch Sturzsensoren was bei den obigen "Gemeinnützigen" geräten eine "Sonderleistung" ist.
Wie gut ist die Surzerkennung, Wasserdichtigkeit, Empfang, Sprachqualität, Laufzeit etc?
Ach ja, und welche Entwicklungen gibt es zB Smartwatches.
Ein wichtiges und dringendes Thema für uns Baybyboomer mit Eltern.
Übrigens beim ASB Hessen kostet diese Leistung zur Zeit nur 17.- bei allen anderen ca 27 EUR. Wieso? ...

Profilbild Stiftung_Warentest am 09.03.2021 um 11:48 Uhr
bezahlter Artikel

@MGoehring: Der Artikel ist freigeschaltet. Sie finden ihn nach dem Login unter 'bezahlte Inhalte. (SL)

MGoehring am 06.03.2021 um 01:48 Uhr

Kommentar vom Autor gelöscht.

lkrde am 07.12.2020 um 23:58 Uhr
Schlechte überregionale Vergleichbarkeit

Alle großen Hilfsorganisationen lassen sich nur schwer überregional vergleichen. So sind in Bereitschaftsdiensten beispielsweise in einer Stadt nur Mitarbeiter mit einer Qualifikation als Rettungshelfer oder höher eingesetzt, während in anderen Städten schon ein Erste-Hilfe-Kurs ausreicht. Während im letzen Beispiel selbige Mitarbeiter auch in der Zentrale zur Bearbeitung von Notrufen eingesetzt werden, fordern andere Anbieter z.B. bundesweit eine Qualifikation als Rettungssanitäter oder höher - Oder bei Ausschaltung auf eine kommunale Rettungsleitstelle sogar Notfallsanitäter.