Auch Prepaidkunden können ins Minus rutschen und müssen nachzahlen. Bei kleinen Summen wird das niemanden aufregen. Eine Rechnung über 14 000 Euro von der Firma Simply brachte einen Telefonkunden aber auf die Palme. Er zahlte nicht, wurde von Simply verklagt – und gewann.
Per Nachladefunktion in die Schulden
„Automatisch nachladen“ – diese Option bietet Mobilfunk-Discounter Simply Communication GmbH seinen Telefonkunden, die einen Prepaidtarif gewählt haben. Sie bewirkt, dass Simply 10 Euro vom Bankkonto des Kunden abbucht, sobald sein Guthaben bis auf einen kleinen Rest abtelefoniert ist. Die Funktion ist bequem. Doch einem Simply-Kunden hat sie einige schlaflose Nächte bereitet. Sein Handy hatte sich ins Internet eingewählt und das Guthaben von 10 Euro war ruckzuck weg. Das System lud deshalb automatisch und unbemerkt eineinhalb Tage lang immer wieder 10 Euro aufs Telefonguthaben und am Ende schickte Simply dem Kunden eine Rechnung: 14 728 Euro sollte er nachzahlen.
Nachforderungen an sich nicht rechtswidrig
Trotz des Guthabentarifs nachzahlen? Wo Kunden doch extra deshalb Prepaidtarife wählen, weil sie dann nur Guthaben – meist 10 oder 20 Euro – abtelefonieren wollen? So etwas kann tatsächlich passieren und ist an sich auch rechtens. Bei der Abrechnung zwischen Handyprovider und Netzbetreiber kann es Verzögerungen geben, vor allem bei Servicenummern oder Roaming im Ausland. Viele Anbieter schreiben das auch ins Kleingedruckte und behalten sich die Nachforderungen vor. In der Regel laufen aber nur kleine Beträge auf, da solche Verzögerungen meist nur kurz sind.
Werbung mit Kostenkontrolle irreführend
Allerdings: Provider wie Simply dürfen nicht unbegrenzt kassieren. Das hat das Landgericht Berlin im Fall des Kunden mit der fünfstelligen Horror-Rechnung entschieden (Az. 38 O 350/10). Der Kunde hatte die Zahlung verweigert, Simply ging daraufhin vor Gericht – und unterlag. Ein Grund für die Niederlage: Simply hatte seinen Tarif mit „erhöhter Kostenkontrolle“ beworben. Wenn unbegrenztes automatisches Nachladen möglich sei, treffe das aber nicht zu, meinte das Gericht. Erlaubt sei nur ein einmaliges automatisches Nachladen. Das nächste Laden müsse der Kunde aktiv selbst vornehmen.
Besonders im Urlaub drohen Kostenfallen
Das Urteil greift in Fällen, in denen die Werbung mehr Kostenkontrolle versprochen hat. Bei Prepaid-Angeboten ist das fast immer der Fall. Zudem hatte Provider Simply nicht per SMS über das Nachladen informiert. Einige Tarifanbieter tun das, teils auch per E-Mail. Wie Gerichte in solchen Fällen urteilen, ist offen. Prepaidkunden, die dem automatischen Nachladen misstrauen, können häufig auch einstellen, dass nur einmal im Monat automatisch Geld geladen werden soll und das auch nur bis zum einem Höchstbetrag von zum Beispiel 200 Euro möglich ist. Vorsicht im Ausland: Manche Handys sind so eingestellt, dass sie sich auch ungewollt über GPRS ins Internet einwählen. Handynutzer sollten diese Funktion vor der Reise deaktivieren.
Tipp: Flatrates können eine Alternative zum Prepaidtarif sein. Der aktuelle Test von Handytarifen zeigt: Die Preise der Flatrates für Wenigtelefonierer fallen weiter. Preise vergleichen ist aber weiterhin wichtig. Die Preisunterschiede sind mitunter enorm.