Autofahrer dürfen kein Handy halten, aber darauf tippen – sofern es in einer Halterung steckt. Der Anwalt und frühere Richter am Oberlandesgericht Detlef Burhoff erläutert im Gespräch mit test.de die Regelungen zum Handyverbot beim Fahren.
Eine Frage der Halterung
Ein Autofahrer darf ein Handy während der Fahrt nicht in die Hand nehmen. Sonst drohen ihm 60 Euro Bußgeld und mindestens ein Punkt in Flensburg. Was aber gilt, wenn das Telefon in einer Halterung steckt? Darf der Fahrer das Display dann während der Fahrt bedienen?
Burhoff: Ja, das darf er. Paragraf 23 der Straßenverkehrsordnung verbietet die Nutzung eines Mobiltelefons ausdrücklich, wenn es dafür aufgenommen oder gehalten werden muss. Das trifft meines Erachtens also nicht auf die Handynutzung zu, wenn das Gerät in einer Halteschale auf dem Armaturenbrett steht.
Umstrittener Paragraf 23
Gibt es Urteile zu dieser Frage?
Burhoff: Bislang nicht. Aber das Amtsgericht Heilbronn hat 2007 mal einen Autofahrer verurteilt, der sein Mobiltelefon im Fahrzeug in eine Schale gesteckt und damit über ein Earset, also Mini-Kopfhörer mit Mikrofon, telefoniert hatte. Um besser hören zu können, hatte der Autofahrer mit seiner rechten Hand das Earset an sein Ohr gedrückt. Das Amtsgericht sah den Tatbestand von Paragraf 23 als erfüllt an. Das Oberlandesgericht Stuttgart hob die Entscheidung aber wieder auf. Eben weil der Autofahrer das Handy ja nicht in den Händen gehalten, sondern nur das Earset ans Ohr gedrückt hatte.
Ständiges Tippen ist nicht erlaubt
Kann ein Autofahrer also bedenkenlos auf dem Display seines Handys herumtippen, solange es in der Halterung liegt?
Burhoff: Nein, das kann er nicht. Denn ist der Fahrer durch das Tippen abgelenkt und kommt es dadurch zu einem Unfall mit Verletzten, macht er sich womöglich einer fahrlässigen Körperverletzung schuldig. Schlimmstenfalls muss er sich sogar wegen fahrlässiger Tötung verantworten.
Technik ist dem Gesetzgeber voraus
Wer während der Fahrt eine Navi-App bedient, ist doch mindestens so abgelenkt wie ein Fahrer mit Telefon in der Hand. Ist das Handyverbot in Paragraf 23 der Straßenverkehrsordnung da noch zeitgemäß?
Burhoff: Die Vorschrift ist mal wieder ein Beweis dafür, dass die Technik dem Gesetzgeber meilenweit voraus ist. Als das Gesetz im Jahr 2000 in Kraft trat, waren Handys ausschließlich zum Telefonieren da. Heute dienen sie auch als Computer, Videothek oder Musiktruhe. Das hat der Gesetzgeber im Jahr 2000 wohl nicht voraussehen können. Es ist geplant, dass das Handyverbot irgendwann einmal ausgeweitet wird. Wann das kommen wird, steht aber noch nicht fest.
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Könnten sie bitte einmal ausführen, warum mein Beitrag ein Beleg dafür sein soll, es nicht dem Einzelnen zu überlassen?
Ihr Beitrag ist ein Beleg dafür, dass man es nicht dem Einzelnen überlassen kann. Und Darmwinde sind sogar sehr nötig. Sie würden sonst ganz schnell platzen.
Und wieder einmal wird hier die gesamte Absurdität solcher Regelungen deutlich. Aber allein schon die Tatsache, dass sich offenbar mindestens zwei (bei Zurücküberweisung sogar drei) Gerichte mit der Frage befassen mussten, ob jemand ein Earset ans Ohr drücken darf, sollte eigentlich jeden Abgeordneten, der für dieses Gesetz gestimmt hat, zum sofortigen Rücktritt bewegen. War jemand unaufmerksam - warum auch immer - muss er für die Unfallfolgen (so es denn einen gab) haften. Einfach, klar und verständlich. Eine darüber hinausgehende gesetzliche Regelung ist unnötig wie ein Darmwind.