
Fliegen nur mit Handgepäck spart Zeit und Geld. Da die Fluggesellschaften aber wenig kontrollieren, was Passagiere in die Maschine tragen, kommt es an Bord zu Problemen. Wir haben unsere Leser nach ihren Erfahrungen befragt und geben eine Übersicht über die Handgepäck-Regeln von 15 Fluggesellschaften.
Viele plädieren für schärfere Kontrollen
„Ich bin für wesentlich schärfere Kontrollen hinsichtlich der Größe und des Gewichts der Handgepäckstücke“, schreibt Helmut W. auf test.de, „was manche Business-Kasper in die Staufächer wuchten, grenzt schon an Unverschämtheit“. Der Berliner kommentierte unsere Umfrage im Juli, in der wir Leser baten, uns von ihren Erfahrungen bei Flügen nur mit Handgepäck zu berichten.
Tipp: Die Stiftung Warentest hat aktuell auch Handgepäckkoffer getestet. Zwölfmal konnten die Tester die Note gut vergeben. Zum Test von 20 Weich- und Hartschalekoffern.
Passagiere bringen zu viel Handgepäck an Bord
Mit seiner Kritik ist Helmut W. nicht allein. Etliche der 976 Leser, die sich an unserer Umfrage beteiligt haben, kritisieren, dass sich Passagiere häufig nicht an die Regeln für das Handgepäck halten. Viele würden viel zu viel Gepäck an Bord schleppen. Wer später in die Kabine komme, finde keinen freien Platz mehr in den Gepäckfächern. „Ich hatte zwei Stunden meinen Koffer unter den Knien“, empört sich ein Teilnehmer.
Oft kommt es zu Verzögerungen
Wenn das Gepäck vorschriftsmäßig unter dem Vordersitz verstaut wird, schränkt das den ohnehin meist bescheidenen Sitzkomfort weiter ein. Andere Leser monieren, dass sie ihr Handgepäck nur weit entfernt von ihrem Sitzplatz verstauen konnten oder dass es Verspätungen gab, weil sich die Unterbringung des Kabinengepäcks lange hinzog.
Meist nur Stichproben
Die Verursacher des Platzproblems bekommen offenbar nur selten Ärger: Nur etwa ein Drittel der Befragten gab an, dass ihr Handgepäck bei Check-in kontrolliert wurde. Bei etwa jedem Vierten von ihnen wurde das Gepäck als zu groß oder schwer eingestuft. Aber nur etwa jeder Dritte davon musste das Gepäck gegen Zusatzkosten aufgeben.
Airlines setzen auf leichtes Gepäck
Fliegen mit leichtem Gepäck setzt sich immer mehr durch. Es hat für Fluglinien wie Kunden Vorteile: Die Airlines sparen Personal beim Check-in und müssen weniger Kerosin bezahlen, weil die Flugzeuge leichter sind. Die Passagiere wiederum sparen Wartezeiten und fliegen billig – Städtetrips innerhalb von Europa gibt es schon für rund 20 Euro. Wer es einmal ausprobiert hat, ist meist erstaunt, wie wenig man für eine Kurzreise braucht. Mitunter sogar für einen längeren Urlaub. „Wir sind für drei Wochen auf Teneriffa“, schreibt ein Paar, „nur mit Handgepäck. Es fehlt uns bisher nichts.“
Keine Standardmaße
Einheitliche Bestimmungen für Größe und Gewicht des Handgepäcks gibt es nicht. Jede Fluggesellschaft legt fest, was sie akzeptiert. Passagiere müssen sich selbst informieren. Wir haben eine Übersicht über die verschiedenen Handgepäckregeln zusammengestellt. Von den 15 Airlines, denen wir einen Fragebogen schickten, hat nur rund die Hälfte geantwortet. Von den anderen haben wir die Daten, soweit vorhanden, von der Website genommen (siehe Tabelle). Die maximal erlaubte Größe des Handgepäcks unterscheidet sich zwischen den Fluggesellschaften nur wenig. Die häufig angebotene Koffergröße für die Kabine misst 55 mal 40 mal 20 Zentimeter (Test Koffer: Packen die das?, test 10/2016). Sie passt oft, aber nicht immer. Mehrere Fluglinien erlauben nur 35 Zentimeter Breite. Der ungarische Billigflieger Wizzair, der viele Ziele in Osteuropa bedient, hat so restriktive Bestimmungen für Höhe und Breite, dass jedes übliche Bordcase kostenpflichtig ist.
Easyjet mit eigenwilliger Obergrenze
Das maximal erlaubte Gewicht für das Handgepäck liegt üblicherweise zwischen 6 und 12 Kilogramm. Bei British Airways sind es 23 Kilogramm. Easyjet gibt gar keine Obergrenze an: Der Passagier muss das Gepäck selbst ins Ablagefach heben können. Die meisten Fluggesellschaften erlauben noch ein zweites kleineres Handgepäckstück. Das kann eine Hand-, Umhänge-, Foto- oder Laptoptasche sein. Easyjet, Eurowings, Flybe und Wizzair gestatten ohne Zusatzbuchung nur ein Gepäckstück.*
Aufgabegepäck oft teuer
Teuer wird es, wenn das Personal das Handgepäck doch einmal kontrolliert und es sich als zu groß oder zu schwer erweist. Es muss dann aufgegeben werden. Das kostet oft zwischen 30 und 50 Euro – mehr als so mancher Flug.
Luftfahrtverband scheitert an Vereinheitlichung
Der Weltluftfahrtverband IATA, der rund 260 Fluggesellschaften repräsentiert, hat im Juni 2015 eine Initiative zur Vereinheitlichung des Handgepäcks gestartet. Als einheitliche Größe schlug der Verband 55 mal 35 mal 20 Zentimeter vor, rund 40 Prozent weniger als die bis dahin gültige IATA-Empfehlung. Nach massiver Kritik von Politikern, Airlines und Verbraucherverbänden zog der Verband seinen Vorschlag zurück.
Zu schweres Handgepäck kann zu ernsthaften Verletzungen führen
Viele Flugbegleiter dürften darüber nicht glücklich sein. Die Gewerkschaft Ufo, die ihre Interessen vertritt, hatte die vorgeschlagenen Einschränkungen beim Handgepäck begrüßt. Sie seien überfällig und ein wichtiger Schritt hin zu mehr Sicherheit von Passagieren und Besatzung. Zu großes und schweres Handgepäck verursache immer wieder „Sicherheitsprobleme und Gesundheitsgefährdungen“, beklagte die Gewerkschaft. Beim Öffnen der Gepäckfächer oder bei Turbulenzen sei es bereits zu ernsthaften Verletzungen gekommen, nachdem einzelne Gepäckstücke herausgefallen waren. Die Gewerkschaft beklagte auch Verzögerungen beim Einsteigen.
Weniger Leserbeschwerden
In der Vergangenheit hatten Leser gegenüber der Stiftung Warentest gelegentlich den Verdacht geäußert, dass einige Fluggesellschaften mit dem Gepäck Zusatzeinnahmen erzielen wollten: Sie würden am Flughafen penibel kontrollieren, ob das Handgepäck bezüglich Größe und Gewicht den Vorschriften entspricht. Schon bei geringsten Abweichungen, hieß es, musste der Fluggast sein Gepäck aufgeben und wurde dafür ordentlich zur Kasse gebeten. Zuletzt sind solche Klagen kaum noch bei uns angekommen. Die Airlines, so scheint es, sind deutlich großzügiger geworden und kontrollieren nur noch gelegentlich. Sie wollen wohl die für sie interessanten Gäste, die ohne aufgegebene Koffer reisen, nicht verprellen. Das gilt selbst für Fluggesellschaften, die uns mitteilten, sie würden Maße und Gewicht des Handgepäcks „fast immer“ überprüfen. Bei unserer Umfrage kreuzten rund 70 Prozent der Teilnehmer an, diese Fluggesellschaften hätten nicht kontrolliert, was sie in die Kabine getragen haben.
Passagiere wünschen Kontrollen
Viele Fluggäste nehmen nicht nur zu viel mit an Bord, manche Hinterbänkler, die zuerst einsteigen, deponieren ihr Handgepäck auch noch im vorderen Bereich. Wer vorn sitzt, steht oft vor vollen Ablagefächern. Dann landet sein Koffer doch im Frachtraum. Das ist zwar gratis, aber trotzdem ärgerlich. Um solche Vorfälle zu vermeiden, wünschen sich etliche Teilnehmer unserer Umfrage, dass die Fluggesellschaften das Handgepäck immer kontrollieren.
Maximal 100 Milliliter
Strenger sind die Sicherheitskontrollen des Handgepäcks am Flughafen. Volle Mülleimer zeigen, dass viele Passagiere die geltenden Regeln (Was ins Handgepäck darf und was nicht) nicht kennen oder beachten. Das gilt besonders für Flüssigkeiten, zu denen auch Zahnpastas, Cremes und Gels zählen. Seit November 2006 müssen sie im Handgepäck in einem transparenten Plastikbeutel verpackt sein, der höchstens einen Liter fassen darf. Die Behälter dürfen jeweils maximal 100 Milliliter fassen. Ausnahmen gibt es für Medikamente und Babynahrung. Teure Cremes im 150-Milliliter-Tiegel lässt man also zu Hause – oder man gibt sie beim Einchecken auf.
Niemals nur mit Handgepäck
Nicht nur wegen der verbotenen Flüssigkeiten sind etliche Urlauber nicht davon begeistert, ohne aufgegebenen Koffer zu reisen. „Ich würde nie nur mit Handgepäck fliegen“, schreibt einer, „da selbst bei einem Wochenendtrip beim Rückflug mehr Gepäck durch Souvenirs und Einkäufe anfällt.“
*) Korrigiert am 17.10.2016.
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Mit Wizz Air habe ich auch schon meine Erfahrungen gemacht... Man darf bei einer Billigairline generell nicht zu viel verlangen, allerdings sind die Extrakosten schon enorm, wenn ich das so vergleiche: *
*Link vom Moderator gelöscht
Das ist ein wirkliches Ärgernis. Viele haben riesige Gepäckstücke oder mehrere Taschen und schmeißen diese schmutzigen Teile dann auf die Kleidungsstücke in den Ablageflächen. Manche verschieben dann die Inhalte in den Fächern, damit sie das Gepäck noch unterbringen. Wenn man später einsteigt bekommt man keinen Platz mehr für sein Handgepäck.
Wann da endlich mal was geändert?
Das Flugzeug wird nicht leichter durch weniger aufgegebene Koffer, die Fluggesellschaft nimmt dafür mehr Fracht mit, was Einnahmen mit sich bringt. Die Kontrolle des Handgepäcks ist sehr zeit- und personalintensiv und es ist schlicht nicht lohnend, durchgängig Größe und Gewicht zu prüfen, das Kassieren von Gebühren für zu große oder überzählige Handgepäckstücke würde zu sehr teuren Verspätungen und höherem Personalaufwand führen.
Genau hier könnte die EU einmal zeigen, daß sie den Menschen etwas bringt: Einheitliche Regeln für das Handgepäck. Es muß endlich einen Standard geben für Gepäck, daß auf jeden Fall bei jedem Flug erlaubt ist.Ansonsten wird doch auch alles möglich vorgeschrieben, aber wo es sinnvoll wäre, passiert nichts.