Handel

Verwirr­potenzial: Auch die EU hilft bei Streitig­keiten

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Die neue Info-Pflicht zur Schlichtungs­bereitschaft ab Februar tritt neben eine ältere Informations­pflicht: die Pflicht der Unternehmen, online auf die Streitbeilegungs­platt­form der Europäischen Kommis­sion hinzuweisen („OS-Plattform“). Sinn und Zweck der OS-Platt­form ist es, Verbrauchern bei grenz­über­schreitenden Streitig­keiten zu helfen. Die Platt­form ist keine europäische Schlichtungs­stelle, sondern ein tech­nisches Hilfs­mittel zur Über­mitt­lung von ausländischen Kunden­beschwerden.

Hilfe bei grenz­über­schreitenden Streitig­keiten

Beispiel: Ein Deutscher kauft Wein bei einem Händler in Frank­reich. Anschließend will er sich über zu wenig gelieferte Flaschen beschweren. Die OS-Platt­form hilft ihm dabei. Dort kann er die Beschwerde in seiner Mutter­sprache formulieren. Der Händler bekommt sie dann in seiner Landes­sprache über­mittelt. Erledigen die beiden Parteien das Problem nicht schon auf dieser Ebene, wird die Sache an eine Schlichtungs­stelle weitergeleitet, wenn eine solche Stelle existiert und die Parteien zur Schlichtung bereit sind.

Auch Schlichtungs-Verweigerer müssen auf OS-Platt­form hinweisen

Die Information zur OS-Platt­form kann für Verbraucher leicht zur Verwirrung führen, denn sie steht neben der neuen Info-Pflicht zur Schlichtungs­bereitschaft. Im Impressum von Media Markt und Saturn heißt es etwa:

„Informationen zur Online-Streitbeilegung: Die EU-Kommis­sion hat eine Internetplatt­form zur Online-Beilegung von Streitig­keiten geschaffen. Die Platt­form dient als Anlauf­stelle zur außerge­richt­lichen Beilegung von Streitig­keiten betreffend vertragliche Verpflichtungen, die aus Online-Kauf­verträgen erwachsen. Der Kunde kann die Platt­form unter dem folgenden Link erreichen: http://ec.europa.eu/consumers/odr

Wir sind weder bereit noch verpflichtet, an Streitbeilegungs­verfahren vor Verbraucher­schlichtungs­stellen teil­zunehmen.“

Das klingt nach Hü und Hott. Aber verwirrender­weise sind die Händler zum Hinweis auf die OS-Platt­form auch dann gesetzlich verpflichtet, wenn sie zur Teil­nahme an der Verbraucher­schlichtung gar nicht bereit sind. Für Verbraucher bedeutet ein solches Impressum: Das Unternehmen macht bei der Schlichtung nicht mit.

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Profilbild Stiftung_Warentest am 20.04.2020 um 17:40 Uhr
Mangelfolgeschaden

@Franzi7382: Wir können an dieser Stelle nicht prüfen, mit welchen Eigenschaften die Ware beworben wurde. Hierzu wenden Sie sich am besten an Ihre Verbraucherberatungsstelle: www.verbraucherzentrale.de
Allgemein lässt sich sagen, dass Kunden gegenüber dem Verkäufer einer mangelbehafteten Ware auch ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn der Mangel kausal dafür verantwortlich ist, dass das Eigentum des Kunden beschädigt wurde. Das Nichtvorliegen einer beworbenen Eigenschaft stellt einen Mangel dar.
Doch auch bei einem solchen Mangelfolgeschaden stellt sich das Problem, dass die Kunden beweisen müssen, dass der Mangel zum Zeitpunkt des Kaufes vorlag. Nur innerhalb der ersten 6 Monate gilt eine Beweislastumkehr zugunsten der Käufer. Sind die 6 Monate vorbei, haben Verbraucher es schwer, ihre Rechte durchzusetzen. (maa)

Franzi7382 am 15.04.2020 um 14:28 Uhr
Fehlerhafte Ware

Wir haben bei einem bekannten Kaffeeverkäufer selbstklebende Spiegel erworben. In der Beschreibung würde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass man diese an Türen, Tapeten etc. Anbringen darf. Gesagt, getan...nun wollten wir diese von unserer Tür abmachen und haben uns damit das Türblatt kaputt gemacht. Das Dekor ist mit angefangen. Nachdem ich den Kaffeehersteller kontaktiert habe, bietet man mir einen Gutschein in Höhe von 75 euro aus Kulanzgründen an. Mit der kaputten Tür hätten sie nichts zu tun, da dies in der Gebrauchsanweisung steht, das dies passieren kann (steht allerdings nichts davon irgendwo). Nach Recherche habe ich herausgefunden, dass auch auf der Internetseite viele Verbraucher das gleiche Problem mit den spiegeln haben. Muss der Kaffeehersteller für den Schaden aufkommen, da sein Produkt falsch beworben wurde? Oder kann ich über die 75 euro glücklich sein?

AlfredoHolzminden am 08.03.2017 um 09:41 Uhr
Umzugsfirma movinga leider ohne Schlichtung

Ende August 2016 bin ich umgezogen. Von movinga beauftragter Spediteur ließ leider den großen Kleiderschrank da, beschädigte aber das Treppenhaus stark.
Unser Tischler holte den Schrank nach einer Woche ab, für EUR 1.650,--. Vermieter ließ das Treppenhaus renovieren und zog EUR 1.150,-- von Kaution ab. Ich fuhr zur nachträglichen Schrankabholung, Reinigung und verspäteter Rückgabe der Wohnung 14 Stunden und über 620 km. Movinga will von Reinigungsleistung profitieren, verweigert aber Entlohnung der Zeit. Verärgerter Nachmieter übernahm die Wohnung nicht vorzeitig und zahlte deshalb auch nicht eine Monatsmiete.
movinga lässt ihre Inkassofirma billpay regelmäßig die Zahlung anmahnen und "verlängert" die Zahlungsfrist der Umzugsrechnung erst nach Widerspruch. movinga verzögert eine Einigung wegen angeblicher Verzögerung von deren Versicherung.
Gerne würde ich das friedlich abschließen, selbst mit Konzessionen. Leider läuft das auf einen Rechtsstreit hinaus, da Schlichtungsverweigerung

Profilbild Stiftung_Warentest am 20.02.2017 um 15:04 Uhr
Wirkungslos

@rb2053: Ihre Erfahrung bestätigt unseren Eindruck, dass die Verbraucherschlichtung von Händlern weitgehend ignoriert und damit eine gute Idee des Gesetzgebers ausgebremst wird. Auf Ihren Kommentar hin haben wir uns die aktuelle Internetseite von real angeschaut. Der Hinweis auf die Nichtteilnahme an der Verbraucherschlichtung befindet sich nicht im Impressum, sondern in den AGB unter Punkt 13.7. Verwirrenderweise sind auch die Unternehmen, die NICHT an einer Verbraucherschlichtungsstelle (in Deutschland) teilnehmen, verpflichtet, auf die Europäische Online-Streitbeilegungs-Plattform hinzuweisen. Mit dem Link auf die Plattform entsteht zunächst der Eindruck, der Händler würde bei der Schlichtung mitmachen. Im nächsten Satz liest er dann, dass das Unternehmen doch nicht mitmacht. Das ist vom Gesetzgeber nicht gut gelöst.(PK)

rb2053 am 19.02.2017 um 17:18 Uhr
Wirkungslos

Selbst bei Händlern, die auf ihrer Webseite erklären, dass sie an der außergerichtlichen Schlichtung teilnehmen, heißt das noch lange nichts. Die Firma Hitmeister (jetzt von Real übernommen) hatte auf Ihrer Webseite den Verweis zur Europäische Online-Streitbeilegungs-Plattform. Dort hatte ich im November 2016 einen Fall eröffnet, der dann aber nach 30 Tagen ohne jegliche Reaktion von Hitmeister automatisch geschlossen wurde.
Interessanterweise steht im Impressum von Real aktuell nur, dass sich die Firma verpflichtet sieht auf die Europäische Online-Streitbeilegungs-Plattform hinzuweisen, ohne jedoch zu erklären, ob sie an dem Verfahren teilnimmt.