Hallen­spielplätze Fast alle haben Sicher­heits­mängel

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Hallen­spielplätze freischalten

  • Testergebnisse für 9 Hallenspielplätze (offene Inspektion) 11/2014 Anzeigen
  • Testergebnisse für 9 Hallenspielplätze (Verweigerer) 11/2014 Anzeigen
Hallen­spielplätze - Fast alle haben Sicher­heits­mängel

Kopf­fangs­telle. Mit Prüfkörpern wird ermittelt, ob es gefähr­liche Stellen gibt, wo sich Kinder strangulieren können.

Betreiber von Hallen­spielplätzen lieben schlechtes Wetter. Dann brummt der Laden. Wenn es draußen nass und kalt ist, steigt die Stimmung und der Lärmpegel in den Hallen. Kreischende Knirpse, die sich auf Rutschen, Tram­polinen oder Hüpfburgen austoben – ein Kinder­paradies.

Ein Paradies mit Schatten­seiten. Waren die Ergeb­nisse unseres ersten Tests verheerend Hallenspielplätze: Riskantes Spiel auf elf Anlagen, test 10/2006 – fast alle Hallen hatten Sicher­heits­mängel –, sieht es diesmal nicht viel besser aus. Fünf Hallen­spielplätze schneiden mangelhaft ab. Und das ist noch nicht die ganze Wahr­heit. Wir konnten die Sicherheit nur in 9 von 18 Anlagen testen. Die Betreiber der anderen haben uns nicht erlaubt, ihre Objekte zu inspizieren. Für eine fundierte Bewertung ist das aber unerläss­lich. Wie gefähr­lich etwa bestimmte Durch­rutsch- oder Engstellen für ein Kind sind, lässt sich nur ermitteln, wenn ein Gutachter sie genau vermessen oder mit Prüfkörpern unter­suchen kann.

Hallen­spielplätze - Fast alle haben Sicher­heits­mängel

Verletzungs­gefahr. Oft gibt es selbst für Laien erkenn­bare Sicher­heits­mängel wie zerschlissene Abpols­terungen.

Alle Betreiber der ausgewählten Hallen bekamen wenige Tage vor der geplanten Inspektion einen Brief, in dem wir unser Vorhaben ankündigten. Der Test sollte die Bedingungen ermitteln, die jeder normale Besucher vorfindet. Nur durch kurz­fristige Termine konnten wir sicher­gehen, dass die Spielplätze nicht aufwendig für den Test präpariert wurden.

Bei den neun Verweigerern blieb uns nichts anderes übrig, als verdeckt zu prüfen. Wie eine Familie, begleitet von Kindern, begut­achteten unsere Tester anonym die Hallen. Weil die verdeckte Inspektion keine fundierte Sicher­heits­prüfung ermöglichte, können wir kein Qualitäts­urteil vergeben – und keine dieser Hallen als Spiel­platz für Kinder empfehlen.

In den Anlagen sämtlicher Verweigerer bemerkten die Tester offensicht­liche Gefahren­stellen Tabelle: 9 Hallenspielplätze (Verweigerer). Einige sind schwerwiegend, etwa die fehlende Halte­stange am Einstieg der Freifall­rutsche in der Hamburger Halle Rabatzz und ungesicherte Kletterwände bei gleich drei der verdeckt untersuchten Hallen. In anderen Hallen, in denen Sicher­heits­gut­achter für uns tätig sein konnten, gaben sie für ähnliche Gefahren­stellen ein Mangelhaft.

Nicht wirk­lich erklärt

Auffällig viele Verweigerer sind Mitglied im Verband der Hallen- und Indoor­spielplätze (VDH). In einer Mail begründet die Erdinger Halle Erdino ihre Absage sogar mit einer entsprechenden Empfehlung des VDH. Über die Gründe der Ablehnungen können wir nur spekulieren. Wirk­lich erklärt haben sich die Verweigerer nicht.

Bemerkens­wert ist, dass der VDH erst im März ein Prüf­hand­buch mit rund 150 Sicher­heits­kriterien verabschiedet hat, die jedes Mitglied einhalten muss.

Über­forderte Hallen­betreiber

Hallen­spielplätze - Fast alle haben Sicher­heits­mängel

Stand­orte. Hier befinden sich die getesteten Hallen­spielplätze.

Mit jähr­lich etwa 25 Millionen Besuchern in 375 deutschen Indoor­spielplätzen, so die Zahlen des Verbands, spielt die Branche eine wichtige Rolle in der Frei­zeit­industrie. Wir haben für den Test große Hallen ausgewählt. Wo sie liegen, zeigt die Grafik. Die ersten wetter­festen Spiel­anlagen entstanden vor etwa 15 Jahren. Findige Unternehmer stellten Spielgeräte in leerstehende Tennis-, Squash- oder Lagerhallen, zimmerten einen Gastronomie­bereich und Räume für Kinder­geburts­tage – fertig war der Hallen­spiel­platz.

Obwohl wir nach unserem Test 2006 an die Behörden appellierten, Genehmigung und Kontrolle der Anlagen zu verbessern, hat sich kaum etwas getan. Nach wie vor ist für Sicherheit allein der Betreiber aufgrund seiner Verkehrs­sicherungs­pflicht verantwort­lich. Ist eine Halle abge­nommen und eröffnet, haben Behörden keine weitere Kontroll­pflicht. Die Verantwortung wird allein den Betreibern zugeschoben. Die sind aber, wie die vielen Sicher­heits­mängel zeigen, offensicht­lich über­fordert.

Bei unseren Inspektionen stellten wir Gefahren fest, die sogar Laien erkennen können, etwa heraus­stehende Schrauben oder unbe­aufsichtigte Kletterwände.

In Hallen­spielplätzen können Kinder toben und auch ihre Grenzen testen. Das sollte so sicher wie möglich geschehen. Natürlich gibt es auch mal einen Kratzer oder eine Beule. Kleinere Verletzungen wären tolerier­bar. Wenn aber mit Lang­zeitschäden zu rechnen ist oder Gefahr für Leib und Leben besteht, hört der Spaß auf.

Immerhin: Die im Test fest­gestellten Sicher­heits­mängel lassen sich relativ einfach beheben. Wir haben die Anbieter über Schwach­stellen in ihren Hallen informiert. Teil­weise haben die Betreiber bereits reagiert und uns mitgeteilt, sie hätten nachgebessert.

Raumschiff und Schloss

Wesentlich erfreulicher ist das Spiel­angebot. Die ausgewählten Hallen bieten meist eine attraktive Mischung aus Geräten zum Rutschen, Klettern, Hüpfen, Schaukeln oder Fahren. Deshalb lautet das Urteil dafür meist gut. Die Atmosphäre lässt aber manchmal zu wünschen übrig. Da werden die bunten Spielgeräte lieblos in kahle Hallen gestellt, die Böden sind verschlissen und fleckig, und die Gastronomie­bereiche verströmen nicht selten den Charme von impro­visierten Hinterhof­festen.

Hallen­spielplätze - Fast alle haben Sicher­heits­mängel

Hoch­seilklettern. Sensa­polis bietet einen Klettergarten in luftiger Höhe.

Es ist wohl kein Zufall, dass die beiden besten Hallen­spielplätze Neubauten sind und keine ehemaligen Sport- oder Fabrikhallen. Sensapolis in Sindelfingen bei Stutt­gart hebt sich deutlich von den anderen Hallen ab: Man wird nicht von Hüpfburgen, Tram­polins oder aufblas­baren Rutschen empfangen, sondern von einem riesigen Raumschiff und einem disneyhaften Märchen­schloss. Eine plüschige Eisbären-Band begrüßt die Besucher. Sensa­polis hat auch Jugend­lichen einiges zu bieten, etwa ein Wissencenter, einen Hoch­seilgarten und eine Kartbahn. Der Spaß ist mit einem Eintritts­preis von 18 Euro – für jeden ab vier Jahre – allerdings nicht billig.

Attraktiver Außen­bereich

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Power Paddler. Bötchen fahren im schönen Außen­bereich der Kinder­welt.

Die Kinderwelt in Reck­ling­hausen, ebenfalls insgesamt gut, entspricht eher der klassischen Vorstellung von einem Hallen­spiel­platz. Den großen, lichten Raum dominieren Rutschen, Wabbel­berg, Kletterlabyrinth und Tram­polins. Erwachsene sitzen entweder bei den Spielgeräten, auf einer Empore oder im Restaurant in der Mitte der Halle. Der Außen­bereich mit einem Bassin mit Hand­kurbelbooten, Tram­polin und Sand­spiel­platz ist attraktiv, wenn auch nicht besonders groß. Gute Noten für Service und Sicherheit vervoll­ständigen den positiven Gesamt­eindruck. Über­arbeiten sollte die Kinder­welt ihren Internet­auftritt. Die Website ist wenig benutzerfreundlich und bietet nur Basis­informationen.

Wie es geht, zeigt am besten die informative Website von Sensa­polis. Gut ist der Internet­auftritt von Arche Noah, Erdino, Fun Arena, Rabatzz und Tumultus. Trotzdem bleiben manchmal Fragen offen. Wir haben geprüft, wie die Anbieter auf Anfragen reagieren. Per Telefon wurden sie im Test oft besser beant­wortet als per E-Mail.

Mängel im Klein­gedruckten

Ärgerlich sind die allgemeinen Geschäfts­bedingungen der Hallen­spielplätze, die wir juristisch prüfen ließen. Zwölf Anbietern müssen wir deutliche Mängel bescheinigen. So schließen sie im Klein­gedruckten – neben anderen Verstößen – die Haftung bei Personenschäden aus. Das ist nach dem Bürgerlichen Gesetz­buch nicht erlaubt. Der Anbieter haftet danach für jedes noch so geringe eigene Verschulden – zum Beispiel wenn sich Kinder aufgrund von Sicher­heits­mängeln verletzen. Der Hallen­betreiber kann sich nicht pauschal mit dem Hinweis „Nutzung auf eigene Gefahr“ der Verantwortung entziehen.

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