
Frisches Hähnchenfleisch ist billig wie nie. Den Preis zahlen die Tiere: 99 Prozent leben in Massentierhaltung. Zehntausende Masthähnchen in einem Stall, ohne Tageslicht, nach 28 Tagen reif für die Schlachtbank. Nur Anbieter, die nach Ökokriterien produzieren, engagieren sich für das Wohl der Tiere. test hat 17 Anbieter untersucht.
Degradiert zum reinen Fleischlieferanten
Wer wissen will, wo sein Hähnchenbrustfilet herkommt, braucht starke Nerven. Viele Mast-, Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe sind Teil einer Industrie, die den Blick für die Würde des Tiers verloren hat. Degradiert zum reinen Fleischlieferanten, leiden viele Hühner. Sie zahlen den Preis für maximale Rendite und Billigkonsum: Nur rund 1 Euro kostet eine 200-Gramm-Portion Hähnchenbrust beim Discounter. Die Stiftung Warentest hat – zusätzlich zum Test Frische Hähnchenbrustfilets – untersucht, wie die Anbieter ihre Verantwortung für Tierschutz, Umweltschutz und die sozialen Belange ihrer Mitarbeiter wahrnehmen.
Maître CoQ verweigerte die Auskunft
17 Unternehmen, die für den deutschen Markt Hähnchenbrust erzeugen, beantworteten den ausführlichen Fragebogen der Tester. Nur Maître CoQ verweigerte die Auskunft. Außerdem gewährte der französische Anbieter weder Einlass in die Firmenzentrale noch in Mastbetrieb oder Schlachthof. Diese Besuche verweigerte auch Karstadt. In zwei weiteren Fällen war ebenfalls keine Überprüfung möglich: Die Anbieter arbeiten inzwischen mit anderen Mastbetrieben zusammen. Das betrifft die Biohähnchenbrust von Wiesenhof und das Filet von Netto Marken-Discount/Gut Ponholz. Alle anderen Anbieter öffneten die Türen zu ihren Produktionsstätten, die vor allem in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern liegen.
Schlachten nach 28 Tagen Turbomast
Artgerechte Zucht, Kükenproduktion und Mast – für konventionelle Anbieter spielt das kaum eine Rolle. Im Gegenteil: Sie reizen Gesetze oft bis ans Limit aus. In Ställen mit 20 000 bis 40 000 Tieren und ohne Tageslicht können die Hühner natürliche Verhaltensweisen nicht ausleben. Vieles spricht dafür, dass sie in der Massenhaltung permanenten Stress erleben: Etwa 5 Prozent der Hühner sterben in der Mast, meist an Herzkreislaufversagen. In 28 bis 40 Tagen reifen die gezüchtete Hochleistungstiere vom Küken zum Schlachtvieh – „frohwüchsig“ nennt das der Fachmann. Dabei erreichen sie etwa das 40-Fache ihres Anfangsgewichts und wiegen am Ende bis zu 2,5 Kilogramm. Die Entwicklung von Skelett, inneren Organen und Herzkreislaufsystem kann mit dem intensiven Muskelwachstum jedoch nicht Schritt halten. Die Folge: Beinschäden – gegen Ende der Mast fällt es den Tieren schwer, überhaupt zu stehen.
Bildstrecke: Vom Küken zum Filet
Biobetriebe zeigen mehr Engagement
Anders sieht es in Mastbetrieben aus, die nach Ökokriterien produzieren – etwa nach EG-Öko-Verordnung oder den strengeren Naturland- oder Bioland-Regeln. Vier Bio-Anbieter zeigen hier starkes Engagement: Chiemgauer Naturfleisch, Schröder’s Bioland, Kaiser’s Tengelmann mit seiner Biomarke Naturkind und Rewe mit seiner Biomarke Biofam. In der Bio-Produktion werden zwar auch Masthybride eingesetzt, aber langsamer wachsende. Bei ihnen treten wachstumsbedingte Erkrankungen daher wesentlich seltener auf. Die Ställe haben Tageslicht, die Hühner mehr Platz und Auslauf ins Freie. Auf die Experten der Stiftung Warentest wirkten die Tiere zufriedener und entspannter als in den konventionellen Betrieben.
Ohne Töten kein Fleisch
Am Ende werden aber auch Biohähnchen geschlachtet, zum Teil in denselben Schlachthöfen wie die konventionell erzeugten Tiere. Sie werden genauso lebendig kopfüber an einen Haken gehängt und zur Elektrobetäubung befördert. Dabei können ihnen die Beine brechen, bevor ihnen der Hals durchgeschnitten wird. Auch Biohähnchen bleiben an dieser Stelle Ängste und Schmerzen nicht erspart. Wer das ausschließen will, muss auf Fleisch verzichten.
Mehr zahlen für weniger Leid
Wer weiter Hähnchenbrust essen, aber Massentierhaltung nicht unterstützen möchte, kann nur zu Biofilets greifen. Sie kosten allerdings drei- bis fünfmal mehr als Discounter-Hähnchenbrust. Die Biomast ist für den Landwirt aufwendiger und kostspieliger: Biohähnchen leben länger, fressen mehr und teureres Biofutter. Letztlich muss jeder selbst entscheiden, ob er bereit ist, mehr zu zahlen, damit Tiere weniger leiden.