Beinahe alle Kuren halten die Haare „gut“ im Zaum, bringen widerspenstigen Fransen Glanz und Geschmeidigkeit.
Kräuterhexen empfehlen, Haarwurzeln und Kopfhaut mit einem Zwiebelsud zu stärken. Eine große Knolle schneide man in feine Scheiben, lasse sie 14 Tage in Branntwein liegen, um sie dann nach kurzem Durchsieben mit Wasser verdünnt gleichmäßig auf dem Schopf zu verteilen und einzureiben. Wer es weniger mysteriös, weniger aufwendig und vor allem weniger geruchsintensiv mag, ist mit modernen Haarkuren aus Drogerie und Supermarkt weitaus besser beraten. Unser Test zeigt: Die Mehrheit macht aus störrischen Fransen zahme Strähnen und das auch schon für wenig Geld.
Expresskuren
Verband man vor einiger Zeit mit einer Haarkur noch eine Menge Aufwand und Zeit, geht heute alles viel schneller. Die Drei-Minuten-Express-Kur ist keine Seltenheit. Weil es sich weder bei „Kur“ noch bei „Spülung“ um einen geschützten Begriff handelt, sind die Grenzen zwischen den Produkten fließend. So gibt es nicht nur die klassischen Haarkuren, die man wie eine Spülung nach kurzer Einwirkzeit auswaschen muss, sondern auch solche Produkte, die einmassiert oder aufgesprüht und nicht wieder entfernt werden, sondern auf den Haaren bleiben.
Allen gemeinsam ist, dass mit ihrer Hilfe der Naturzustand des frisch nachgewachsenen Haares möglichst lange erhalten und eine Schädigung oberflächlich geglättet werden soll. Am Ende, so versprechen viele Hersteller, gewinne das Haar so an Glanz, Volumen, Geschmeidigkeit und Kämmbarkeit. Beliebte und werbewirksame Begriffe sind dabei „Revitalisierung“ und „Verjüngung“.
Verhornte Zellsubstanz
Doch von einer Wiederbelebung kann nicht wirklich die Rede sein, denn sobald das Haar aus der Kopfhaut herausgewachsen ist, ist es praktisch tot. Was bleibt, ist verhornte Eiweißsubstanz – das Keratin. Die Haarfaser besteht aus einem inneren Teil, dem so genannten Kortex, der die Haarpigmente enthält und somit über die Haarfarbe bestimmt. Er wird von einer schützenden Schuppenschicht, der transparenten Kutikula, ähnlich einem Tannenzapfen in mehreren Lagen umgeben. Sind Haar und Kopfhaut gesund, ist diese Schutzschicht geschlossen. Das Haar glänzt seidig, weil das Licht auf der glatten Oberfläche gleichmäßig reflektiert wird. Bei trockenem oder strapaziertem Haar liegt die Schuppenschicht nicht mehr glatt an, das Haar verfilzt, lässt sich deshalb nur widerspenstig kämmen und sieht strohig aus.
Rein äußerlich
Die Hauptwirkstoffe einer Haarkur, die so genannten Avivagemittel, überziehen nun das geschädigte Haar mit einem schützenden Film und überdecken so feine Risse und gleichen Unebenheiten aus. Das Ergebnis sollte ein leicht kämmbarer, geschmeidiger und glänzender Schopf sein.
Die 16 Haarkuren im Test, darunter 15 Lotionen und 1 Spray, sind allesamt für trockenes oder strapaziertes Haar ausgewiesen. Zehn Kuren müssen nach der Anwendung wieder ausgespült werden (Rinse-off-Produkte), weil sie sonst das Haar mit Rückständen beschweren würden. Die restlichen sechs Kuren können im Haar verbleiben (Leave-ins genannt), da ihre Wirkstoffe das Haar nicht übermäßig belasten. Am Ende der Prüfungen, die Pflegeeigenschaften, Anwendung und Umwelteigenschaften unter die Lupe nahmen, konnte bis auf zwei Ausnahmen allen Kuren ein „gutes“ test-Qualitätsurteil bescheinigt werden. Swiss-o-par Nerzöl Haar-Kur (zum Ausspülen) und Poly Kur Sofort Repair Kur Anti-Spliss Seealge & Collagen (ohne Ausspülen) erreichten nur „befriedigend“.
Die Pflegeeigenschaften aller 16 Kuren haben wir in einem Halbseitentest untersucht. Dazu scheitelten die Testfriseure das Haar der Probandinnen in der Mitte und trugen eine Kur rechts, eine andere links auf. Die Kombinationen wechselten mehrmals. Die Profis überprüften, wie die Kuren der Knötchenbildung im Haar vorbeugten, ob sie also beim ersten Entwirren des Schopfes nach dem Waschen halfen, ob sich die Kämmbarkeit verbesserte – sowohl in nassem als auch in trockenem Zustand, und eine statische Aufladung, also das Fliegen der Haare nach dem Kämmen, verhindert wurde. Das Ergebnis: Während 15 Kuren das geschädigte Haar der Testpersonen „gut“ pflegten, schaffte allein die Poly Kur Sofort Repair Kur Anti-Spliss das nur „befriedigend“.
Außerdem gaben neun Produkte dem Haar nur ein „befriedigendes“ Volumen, da sie es im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten mehr mit Pflegestoffen beschwerten. Doch eine gute Kur glättet das Haar nicht nur, sondern schafft auf dem Kopf ein Gleichgewicht zwischen einer guten Kämmbarkeit und einer gewissen Haftung zwischen den Haaren, um das Frisieren überhaupt zu ermöglichen. Das bringt dem Haar letztendlich auch das gewünschte Volumen.
Kationische Pflegestoffe und Silikone, die schnell aufs Haar aufziehen, sind heutzutage besonders beliebte Avivagemittel. Sie beschweren das Haar kaum – im Unterschied zu Fetten und Ölen, die auch verwendet werden und eine ähnliche Wirkung haben. Gespaltene Haarspitzen können allerdings auch mit all diesen Wirkstoffen nicht wieder zusammengefügt werden. Hier helfen im Endeffekt nur Friseur und Schere.
Preisfrage
Der Test zeigt auch: Gute Haarkuren müssen nicht teuer sein. Schon für weniger als einen Euro pro 100 Milliliter gibt es rundum „gute“ Produkte (Londa Londial harmony Intensiv Haarkur für 0,78 Euro und die Yung Haarkur von Rossmann beziehungsweise Müller für 0,83 Euro pro 100 Milliliter). Die Testsieger Garnier Ultra Beauty Intensiv-Kur Olivenöl und Zitrone und Pantene Pro-V 2-Minuten Intensiv-Kur kosten allerdings das Drei- bis Fünffache: 3,80 Euro beziehungsweise 2,63 Euro.
Wind und Wetter
Wie gut auch immer der Reparatureffekt einer Haarkur ist, sie kann den bereits angerichteten Schaden nur begrenzen. Besser ist, man lässt es erst gar nicht so weit kommen und bewahrt das Haar vor Stress.
Verschiedenste Einflüsse können zu Schäden in der Haarstruktur führen. An erster Stelle steht hier die chemische Belastung der Haare durch Colorationen und Dauerwellen. Damit Locken und Farben von Dauer sind, müssen sie tief in die Haarfaser eindringen. Um dem Haar wenigstens eine kleine Pause zu gönnen, sollte deshalb zwischen einer Haarfärbung und der neuen Dauerwelle mindestens eine zweiwöchige Pause liegen. Wird die Frisur regelmäßig gefönt, kommt mit der Heißluft eine weitere Strapaze hinzu. Doch auch die mechanischen Belastungen sind nicht zu unterschätzen. Bei einem durchschnittlichen Wachstum von etwa einem Zentimeter pro Monat ist mittellanges Haar an den Spitzen zwei bis zweieinhalb Jahre alt. In dieser Zeit wurde es mindestens 250 Mal gewaschen und mehr als 800 Mal gekämmt. Tägliches Kämmen und Bürsten, Trockenrubbeln nach dem Waschen, Lockenwickler und Lockenstab machen dem Haar schwer zu schaffen. In der Urlaubszeit strapazieren außerdem die UV-Strahlung der Sonne und das Meer- oder Chlorwasser.
Nicht wiederverschließbar
In der Anwendung erzielten die Kuren fast durchweg „sehr gute“ oder „gute“ Urteile. Doch nicht immer ließen sich die Verpackungen problemlos benutzen: Sowohl Garnier Ultra Beauty Intensiv-Kur als auch die Penny/Sanft Intensiv Haarkur kommen in unpraktischen Aufreißverpackungen daher, die mit nassen Händen nur schlecht zu handhaben sind. Einmal geöffnet, sind sie kaum wiederverschließbar. Weil jedes Päckchen mit 25 Millilitern mehr als eine Portion Haarkur enthält, können sie auch nicht auf einmal aufgebraucht werden. Deshalb gab es hier nur „befriedigende“ Urteile. Zweimal „ausreichend“ im Prüfpunkt Anwendung bekam die Swiss-o-par Nerzöl Haar-Kur in der unhandlichen Kissenverpackung. Sie lässt sich nur mit einer Schere öffnen, gar nicht wiederverschließen und enthält nur dürftige Anwendungshinweise.
In Sachen Umwelt
Genau wie ein Shampoo landet die klassische Haarkur zum Ausspülen am Ende im Abwasser. Täglich sind das insgesamt rund 4,8 Tonnen in Deutschland. Auch ein Teil der Produkte, die im Haar verbleiben, wird spätestens bei der nächsten Haarwäsche ausgespült. Der Rest verdunstet. Dennoch stellen Haarkuren aufgrund der geringen Einsatzmengen und der Inhaltsstoffe derzeit für Kläranlagen keinen Belastungsfaktor dar, der ins Gewicht fällt. Das zeigte sich auch im Test: Nur Schauma Easy Kraft Kur Lecithin erzielte in Sachen Wasserbelastung ein „befriedigendes“ Ergebnis. Alle anderen Haarkuren waren im Rahmen unserer Testbedingungen nicht zu beanstanden.
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