
„Ich brauche ordentliche Haare, sonst fühle ich mich unordentlich im Kopf.“ Florian Scheibe, Autor © Benjamin Pritzkuleit
„Mega starker Halt“ für „extreme Looks“ – Haargele werben meist mit Superkräften. Doch jedem zweiten fehlt es an Durchhaltekraft. Einige enthalten einen kritischen Duftstoff.
Testergebnisse für 15 Haargele 09/2018
Lässig verstrubbelt, frech zur Tolle getürmt oder streng im Wet Look nach hinten gekämmt – viele angesagte Frisuren sitzen erst dann goldrichtig, wenn Haargel ins Spiel kommt. „Ohne gestylte Haare gehe ich nicht aus dem Haus“, sagt etwa Florian Scheibe aus Berlin.
Mit vielen der von uns geprüften Haargelen dürfte der Schriftsteller allerdings nur kurz Freude haben: Zwar eignen sich alle gut zum Stylen, doch jedes zweite hält die Frisur nicht so lange in Form, wie es die Werbung verspricht. Am Ende verdienen nur 5 von 15 Gelen die Gesamtnote Gut, der Rest ist Mittelmaß. Vier werteten wir wegen eines kritischen Duftstoffs ab.
Unser Rat
Bestes Stylingergebnis und stärksten Halt erreicht ein Haargel vom Friseur: Schwarzkopf Osis+ Rock Hard. Mit 6,95 Euro pro 100 Milliliter ist es recht teuer. Ähnlich gut, mit 1,03 Euro aber viel günstiger: dm Balea Men Maximum Power Styling Gel. Das günstigste gute Gel ist Aldi Süd Kür (57 Cent). Gut und frei von synthetischen Polymeren sind die Naturkosmetika dm Alverde (1,30 Euro) und Rossmann Alterra (1,49 Euro).
Viele Helfer für modisches Styling

„Wenn ich mich beim Sport bewege, soll mein Haar verlässlich halten.“ Beatrice Maager, Sporttherapeutin © Andreas Labes
Deutschlandweit greifen rund vier Millionen Menschen mehrmals pro Woche zu Haargel, ergab eine Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Verbrauchs- und Medienanalyse. Meist sind es Männer. „Haargel ist heute wieder ein Thema, anders als noch vor wenigen Jahren“, sagt Steven Meth vom Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks. „Stylingprodukte dürfen im Haar wieder sichtbar sein.“ Auch Wachs, Pasten, Haarlack und Schaumfestiger sind beliebte Helfer für modische Frisuren (Gel, Schaum oder Wachs: Festiger für alle Fälle). Erlaubt ist, was gefällt: „Mir ist wichtig, dass die Haare matt sind und nicht glänzen“, sagt die Potsdamer Sporttherapeutin Beatrice Maager.
Protzige Werbeversprechen

„Ich will vor allem meine Locken bändigen. Auf der Bühne mag ich extreme Looks.“ Marc C. Behrens, Schauspieler © Benjamin Pritzkuleit
Haargel soll die Haare formen, aber nicht verkleben oder beschweren. Es soll Wind und Wetter trotzen, aber leicht auswaschbar sein. „Die Haare sollten natürlich bleiben und nicht wie Plastikhaare aussehen“, wünscht sich zum Beispiel der Berliner Schauspieler Marc C. Behrens, der privat wie beruflich auf Haarfestiger schwört. Die Gele im Test protzen vor allem mit Versprechen zur Haltbarkeit: 24 Stunden „Ultra Starker Halt“ heißt es etwa bei L‘Oréal, „ohne Rückstände, ohne Verkleben, ohne zu beschweren“ bei Rewe und Penny, „absolute Kontrolle für maximales Power-Styling“ bei Aldi Süd. Auf vielen Tuben steht ein Haltegrad, der zeigen soll, wie stark das Gel ist. Im Test reicht er von 4 bis 8. Nutzern hilft er nur begrenzt: Es gibt keine einheitliche Definition. Jeder Anbieter erfindet eigene Skalen.
Von 85 Cent bis 25 Euro pro Tube

Haltbarkeitsprüfung. Wir belasteten gegelte Haarlocken, etwa durch Schütteln, und maßen danach ihre Länge. Am stärksten hielt Osis+ (links), am schwächsten 3 Wetter Taft, Marlies Möller und Wellaflex (rechts). © Bernd Roselieb
Auf den Prüfstand kamen Männer- und Unisexprodukte – teure vom Friseur wie Marlies Möller, Klassiker wie Wella, günstige aus dem Drogerie- oder Supermarkt. Die Preisspanne ist riesig: Sie reicht von 85 Cent bis rund 25 Euro pro Tube. Wir untersuchten die Gele in drei Schritten. Ein Friseur frisierte 22 Männer und Frauen mit den Gelen, mit einem weiteren Friseur beurteilte er dann ihr Stylingpotenzial – etwa in Bezug auf Festigkeit, Volumen und Glanz der Frisur. In dieser Prüfung unterschieden sich die Gele nur in Details (Testergebnisse). Im zweiten Schritt benutzten Testpersonen die Gele zu Hause und bewerteten, wie sie sich im Alltag anwenden lassen. Als Drittes prüften wir ihre Haltbarkeit im Labor. Dazu setzten wir gegelte Haarlocken einer Belastung aus, die eine Tragedauer von einem Tag simuliert.
Testverlierer heißt 3 Wetter Taft
Schnell wurde klar: Aussagen wie „ultra starker Halt“ sind übertrieben, Nutzer sollten realistische Erwartungen haben. Nur zwei Gele hielten die Locken super in Form: das günstige Maximum Power Styling Gel von dm und das teure Schwarzkopf Osis+ Rock Hard aus dem Friseurhandel. Als einziges erreichte Osis+ auch im Friseurtest ein Sehr gut. Das macht es zum Testsieger.
Schwarzkopf gehört zur Firma Henkel, dem Marktführer von Haarpflege- und Haarstylingprodukten. Ironie dieses Tests: Henkel stellt neben dem Testsieger auch den Testverlierer her. Sein Verkaufsschlager 3 Wetter Taft verspricht 48 Stunden „Power-Halt“, kam im Haltbarkeitstest aber am schlechtesten weg.
Vier Gele mit kritischem Duftstoff
Vier Haargele enthalten den Duftstoff Butylphenyl Methylpropional, der unter dem Namen Lilial gehandelt wird: 3 Wetter Taft, Edeka, L‘Oréal und Netto Marken-Discount. Der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU (SCCS) stuft Lilial als kritisch ein: Möglicherweise kann er das Erbgut verändern. Im Tierversuch zeigte sich, dass Lilial die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen kann. Solange es keine Entwarnung gibt, hat Lilial unserer Ansicht nach in Kosmetika nichts zu suchen. Alle vier Gele bekamen Punktabzug.
Ohne Polymere gäbe es kein Haargel
Immerhin: Kein Gel enthält Mikroplastik, versichern die Anbieter. Die winzigen festen Kunststoffpartikel stehen in der Kritik, da sie die Umwelt belasten. Ohne Kunststoffe geht es jedoch meist nicht: Lösliche Polymere sorgen für die gelartige Konsistenz der Produkte und dafür, dass das Haar fest wird. Sie werden mit Lösemitteln wie Wasser oder Alkohol kombiniert. Wenn die Lösemittel verdunsten, setzen sich die Polymere am Haar ab, überziehen es wie ein feines Netz und härten aus. Die ökologischen Auswirkungen der Polymere sind unzureichend erforscht. Klar ist, dass einige schwer abbaubar sind .
Naturkosmetika eine Alternative
Umweltbewusste Nutzer können zu den Naturkosmetik-Gelen dm Alverde und Rossmann Alterra greifen. Sie verwenden natürliche Polymere wie Schellack oder Xanthan Gummi, die durch Mikroorganismen vollständig abgebaut werden können. Beide erwiesen sich als echte Alternative zu konventionellen Haargelen: Die Styling-, Haltbarkeits- und Anwendungsprüfung bestanden sie mit gut. Konsistenz und Duft sind allerdings gewöhnungsbedürftig, wie unsere Prüfpersonen berichten.
„Nachstylen ist schwierig“

„Gel eignet sich für kurze Haare bis Kinnlänge. Auf dem Laufsteg sieht man es auch bei langem Haar.“ Steven Meth, Stellvertretender Art Director beim Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks © Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks
Alle Gele im Test können laut Anbietern ins feuchte oder trockene Haare eingearbeitet werden. Friseur Steven Meth empfiehlt, dazu die Hände anzufeuchten. „Das macht das Gel geschmeidiger und verzögert den Trocknungsprozess.“ Wer wenig Erfahrung hat, sollte ein Gel mit schwächerem Haltegrad ausprobieren. Denn: „Bei Haargel ist Nachstylen schwierig.“ Wichtig: Vor dem Schlafengehen sollte Haargel ausgewaschen werden. Sonst drohen am nächsten Morgen gebrochene Haare und unliebsame Rückstände.
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Grundsätzlich kann jede Substanz im Einzelfall - abhängig von der individuellen Empfindlichkeit - unerwünschte Hautreaktionen beim Anwender auslösen, was dann allerdings dem Produkt schwerlich anzulasten ist. Selbst gegenüber natürlichen Bestandteilen (z.B. Harze, ätherische Öle) können Allergien oder Überempfindlichkeiten entwickelt werden. Hautreaktionen sind nicht per se den Parabenen zur Last zu legen. Mit Hilfe eines Allergologen kann man klären, welche Substanz die Hautreizungen hervorruft, so dass diese künftig gemieden werden kann. Eine Stellungnahme zum Einsatz von Parabenen als Konservierungsstoff und zur BUND-Liste sind unter folgendem Link zu finden: www.test.de/Parabene-als-Konservierungsmittel-in-Kosmetika-Unnoetige-Verunsicherung-4590686-0/ (BP)
Ich benutzte das Wella-Gel seit lagem und war von den Stylingeigenschaften her sehr zufrieden ABER ich habe festgestellt, dass meine Kopfhaut sehr sehr drunder leidet. Ich dachte immer, ich hätte die offenen Stellen meiner Kopfhaut wegen Stress, irgendeiner Mangelerscheinung oder zu wenig Schlaf aber nein!
Nachdem ich das Gel mal für eine Woche abgesetzt habe, waren alle pickelähnlichen oder z.T. auch schorfigen Stellen und offenen Wunden weg.
Ich habe dann mal geschaut auf der Tox Fox Seite des BUND und siehe da... Wella hat hormonell wirksame Stoffe als Konservierungsmittel im Einsatz. Dafrage ich mich doch, wie so ein Produkt ein "Gut" von der Stiftung Warentest bekommen kann.
Ich finde das skandalös, das so gesundheitsschädliche Produkte sogar noch angepriesen werden.
Also: Finger weg von Wella!