Die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein haben die HSH Nordbank mit Milliarden am Leben erhalten. Jetzt ist sie an Finanzinvestoren verkauft worden. Doch damit ist die Sache für die Steuerzahler im Norden noch nicht ausgestanden. Schleswig-Holsteins ehemaliger Wirtschaftsminister Marnette spricht im Interview mit test.de gar von einem „Betrug am Bürger“.
Bundesländer verkaufen Bank an US-Finanzinvestoren
Aufatmen bei den Landesregierungen in Hamburg und Schleswig Holstein: Sie haben die marode HSH Nordbank, die bisher im Besitz der beiden Bundesländer war, an insgesamt fünf internationale Finanzinvestoren verkauft, darunter die amerikanischen Investmentfirmen Cerberus und J.C. Flowers. Mit dem Verkauf folgten Hamburg und Schleswig-Holstein einer Auflage der EU-Kommission. Andernfalls hätte die marode Bank, die 2003 aus der Fusion der Landesbanken Hamburg und Schleswig-Holstein entstanden ist, abgewickelt werden müssen. Der Kaufpreis beträgt „rund 1 Milliarde Euro“, so der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).
Milliarden-Schäden für die Steuerzahler bleiben
Hamburg und Schleswig-Holstein müssen jedoch weiterhin für „faule Kredite“ und andere Risiken der Bank gerade stehen. Die Gesamtkosten für die Steuerzahler können bis zu 20 Milliarden Euro betragen, meint der ehemalige schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU) und spricht von „Betrug am Bürger“ (siehe Interview). Dagegen beziffern die beiden Landesregierungen den Schaden auf insgesamt maximal 14 Milliarden Euro. „Das Gespenst ist noch da“, sagte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Die beiden Bundesländer würden jedoch nach dem Verkauf jetzt nicht mehr finanziell „in die Knie gehen“.
Das Schicksal der Bank ist ungewiss
Bis zum letzten Tag haben Hamburg und Schleswig-Holstein die von der EU-Kommission gesetzte Frist genutzt: Bis zum 28. Februar musste ein Käufer gefunden werden. Wenn die Landesparlamente und die EU-Kommission dem Handel zustimmen, gehört die Bank nun internationalen Finanzinvestoren. Was sie mit der Bank vorhaben, ist unklar. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) wird ihr Geschäftsmodell prüfen, bevor sie den Kauf genehmigt.
Einlagen sind geschützt
Die Einlagen der Privatkunden bei der HSH Nordbank sind bis Februar 2020 durch das Einlagensicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe geschützt. Künftig soll die Einlagensicherung der Privatbanken greifen. Sie umfasst mindestens die gesetzlich vorgeschriebenen 100 000 Euro pro Kunde.
HSH-Anleihen verkaufen?
Der Verkauf der ehemals landeseigenen HSH Nordbank an zumeist ausländische Investoren ist fast perfekt. Nur die Zustimmung der Landesparlamente von Hamburg und Schleswig-Holstein steht noch aus. Viele Sparkassenkunden, die HSH-Anleihen wie die Winter-Anleihe 2017 oder die Nordic Horizon Anleihe im Depot haben, stellen sich nun die Frage nach der Sicherheit dieser Geldanlagen. Die gesetzliche Einlagensicherung ist hier, anders als für Tages- oder Festgeld, nicht zuständig, wohl aber das gemeinschaftliche Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe. Nach dem Verkauf der HSH Nordbank wirkt dieser Schutz noch zwei Jahre nach.
Anleihebesitzer, denen die Situation nicht geheuer ist, können die Papiere in der Regel über eine Wertpapierbörse verkaufen. Dafür zahlen sie Transaktionskosten, die von Bank zu Bank unterschiedlich hoch sind. Bei Sparkassen und Filialbanken betragen sie meist 0,5 Prozent der Anlagesumme. Außerdem sollten sich Anleger vorher nach dem Unterschied zwischen Kauf- und Verkaufskurs erkundigen. Je größer er ist, desto weniger attraktiv ist der Börsenverkauf.
Fatale Schiffsfinanzierungen und andere Risiken
Die Pleite der US-Bank Lehman Brothers hatte im September 2008 eine Bankenkrise ausgelöst. Doch die HSH Nordbank war schon lange vorher in Schieflage geraten. Sie hatte in großem Stil in Schiffsfinanzierungen und andere risikoreiche Kreditgeschäfte investiert. Die Landesregierungen erkannten die enormen Risiken nicht und subventionierten die Geschäfte der HSH Nordbank sogar noch mit der sogenannten Gewährträgerhaftung. „Mit dem billigen Geld wollte die HSH Nordbank dann ein ‚Global Player‘ werden, investierte in Geschäfte, bei denen die hohen Risiken in keinem Verhältnis zu den zu erwartenden Erträgen standen“, sagt der Kieler Finanzwirtschafts-Professor Peter Nippel. Mit dem Verkauf wollen die Länder nun einen Schlussstrich ziehen.
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Dieser Artikel ist erstmals am 28. Februar 2018 auf test.de erschienen. Er wurde am 16. April 2018 um den Kasten zum Thema Anleihen ergänzt.
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@HermannBleher. Uns liegt keine offizielle Stellungnahme des Sparkassenverbandes zu dieser Frage vor. Wir werden versuchen, eine Stellungnahme zu bekommen. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich mit Ihrer Frage ebenfalls an Ihre örtliche Sparkasse wenden würden und uns deren Stellungnahme zukommen lassen könnten. Wir werden versuchen, das Thema für eines der nächsten Hefte aufzubereiten. (maa)
Wie sind die Aussichten über die Rückzahlung von Anleihen (Inhaberschuldverschreibungen) der HSH Nordbank. Es handelt sich um eine "Herbstanleihe" fällig im Oktober 2018. Die WKN ist DE000HSH4L33.
@juergenfeuerhake: Auch nach der Privatisierung ist das Geld der Anleger für den Fall einer Insolvenz längerfristig geschützt. Denn die Bank bleibt mindestens bis Ende Februar 2020 Mitglied im Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe. Danach soll sie zur Einlagensicherung der privaten Banken wechseln, wo Kundengelder – entsprechend der gesetzlichen Vorgabe – bis 100 000 Euro pro Kopf geschützt sind. (maa)
Derzeit bitet die HSH noch attraktive Tagesgeldkonditionen. Kann man denn jetzt noch bei der HSH Geld anlegen, oder ist das mit hohem Risiko verbunden?