
Eine höhere Rente bekommen vor allem Frauen, die lange gearbeitet aber wenig verdient haben.
Die Grundrente ist da. Zum 1. Januar 2021 ist sie in Kraft getreten. Wer lange gearbeitet hat, aber unterdurchschnittlich verdient hat, bekommt einen Zuschlag auf die Rente. Das betrifft vor allem Frauen und Ostdeutsche – insgesamt sollen rund 1,3 Millionen Menschen Grundrente erhalten. Erste Auszahlungen können sich bis Ende 2022 hinziehen. Die Stiftung Warentest erklärt, wie die neue Rente funktioniert, hilft bei der Berechnung der Grundrente – und warnt vor Betrugsversuchen.
Vorsicht, Betrugsversuche!
Die Deutsche Rentenversicherung warnt aktuell vor Betrugsversuchen im Zusammenhang mit der Grundrente. So würden unter anderem gefälschte „Fragebögen zur Grundrente“ verschickt, auf denen die Empfänger sensible Daten wie die Bankverbindung angeben sollen, um den Grundrentenzuschlag zu erhalten. Die Deutsche Rentenversicherung betont, dass sie den Anspruch auf Grundrente automatisch prüft und kein Antrag gestellt werden muss.
Das Wichtigste in Kürze
Grundrente – Das sollten Sie wissen
Anspruch. Wer 35 Jahre „Grundrentenzeiten“ gesammelt hat und dabei unter 80 Prozent des Durchschnitts verdient hat, hat eventuell Anspruch auf die Grundrente.
Antrag. Für die Grundrente muss keinen Antrag gestellt werden. Die Rentenversicherung prüft den Anspruch automatisch.
Beratung. Derzeit kann die Deutsche Rentenversicherung noch nicht zur Grundrente beraten. Sie geht davon aus, dass ihre Software im Sommer 2021 soweit ist.
Einkommen. Eigenes Einkommen und das des Ehepartners wird ab einer bestimmten Höhe auf die Grundrente angerechnet. Vermögen jedoch nicht.
Wer die Grundrente bekommt
Die Grundrente ist für Rentnerinnen und Rentner gedacht, die lange gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, aber eher wenig verdient haben. Damit jahrzehntelange Arbeit mit niedrigem Verdienst bei der Rente besser berücksichtigt wird, gibt es für solche Menschen jetzt einen Zuschlag. Sie sollen mit der Grundrente im Alter besser dastehen als diejenigen, die gar nicht oder nur kurz in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Beantragen müssen Versicherte sie nicht. Sie wird auch denjenigen gezahlt, die bereits in Rente sind.
1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner sollen laut Bundesregierung von der Aufstockung profitieren.
Volle Grundrente bei 35 Jahren Beitragszeit

Um die volle Grundrente zu bekommen, müssen Versicherte mindestens 35 Jahre sogenannte Grundrentenzeiten vorweisen können. Dazu zählen:
- Pflichtbeiträge aus Berufstätigkeit oder Selbständigkeit,
- Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung und Pflege,
- Zeiten der Leistungen bei Krankheit oder Rehabilitation,
- Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und Pflege,
- Ersatzzeiten (das sind zum Beispiel Zeiten der politischen Haft in der DDR).
Für alle, die mindestens 33 aber nicht 35 Jahre mit Grundsicherungszeiten vorweisen können, gibt es eine geringere Aufstockung. Sie steigt mit jedem Monat, bis mit 35 Jahren die volle Grundrente erreicht ist.
Alles rund um die Rente auf test.de
Basiswissen zur gesetzlichen Rente: Gesetzliche Rentenversicherung
Wenn das Geld nicht reicht: Grundsicherung im Alter
Früher in Rente: Rente mit 63
Professionelle Hilfe: Rentenberatung im Praxistest
Vorbereitung auf den Ruhestand: Finanzplan für die Rente
Gehaltshöhe im Erwerbsleben relevant

Die Grundrente richtet sich zwar an Menschen mit niedrigen Löhnen. Zu wenig dürfen sie aber auch nicht verdient haben. Der Gesetzgeber will mit einer Untergrenze verhindern, dass Personen vom Zuschlag profitieren, deren Arbeitsentgelte nur die Bedeutung eines ergänzenden Einkommens hatten – wie das etwa bei „Minijobbern“ oft der Fall ist.
Berechnet wird die Grundrente deshalb aus allen Grundrentenzeiten, in denen der Verdienst mindestens 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes in Deutschland betragen hat. Das sind im Jahr 2021 monatlich rund 1 039 Euro brutto und entspricht 0,025 monatlichen Entgeltpunkten auf dem Rentenkonto. Liegt der Verdienst darunter, zählt die Zeit nicht mit. Wenn ein Rentner also 40 Jahre gearbeitet hat aber davon 15 Jahre unterhalb der Schwelle verdient hat, wird die Grundrente nur aus den Entgeltpunkten der anderen 25 Jahre berechnet. Der Durchschnittsverdienst ändert sich jedes Jahr. Die Gehaltsgrenzen liegen deshalb für vergangene Jahre niedriger.
Obergrenze bei 80 Prozent des Durchschnitts
Der Verdienst während des Berufslebens darf aber für den Grundrentenanspruch auch eine bestimmte Obergrenze nicht überschritten haben. Im Durchschnitt dürfen Rentnerinnen und Rentner höchstens 80 Prozent des Durchschnitts verdient haben. Das sind im Jahr 2021 rund 2 770 Euro brutto im Monat und entspricht 0,8 jährlichen Entgeltpunkten auf dem Rentenkonto. Liegt das durchschnittliche Einkommen des gesamten Berufslebens darüber, gibt es keinen Zuschlag.
So erhöht sich die Rente durch den Zuschlag
Die Grundrente wird anhand der Entgeltpunkte auf dem Rentenkonto berechnet, die Versicherte im Laufe ihres Erwerbslebens gesammelt haben. Für ein Jahr Rentenbeiträge mit Durchschnittsverdienst (2020: 40 551 Euro) bekommen Versicherte in den alten Bundesländern einen Entgeltpunkt, in den neuen Bundesländern etwas mehr. Die erworbenen Entgeltpunkte werden verdoppelt, allerdings auf maximal 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr und für maximal 35 Jahre. Der ermittelte Wert wird danach um 12,5 Prozent gekürzt. Das soll dafür sorgen, dass Menschen, die einen höheren Beitrag gezahlt haben auch eine höhere Gesamtrente bekommen.
Wer zwischen 33 und 35 Jahren Grundrentenzeiten vorweisen kann, bekommt einen kleineren Zuschlag. Bei 33 Jahren werden die Entgeltpunkte auf maximal 0,4 Entgeltpunkte hochgewertet. Für jeden zusätzlichen Monat erhöht sich die Aufwertung – bis auf maximal 0,8 Entgeltpunkte bei 35 Jahren.
Allzu viel sollten Rentnerinnen und Rentner nicht erwarten. Im Durchschnitt wird der Zuschlag laut Rentenversicherung bei rund 75 Euro im Monat liegen. Im Optimalfall sind jedoch knapp 420 Euro möglich.
Einkommensanrechnung bei der Grundrente

Ist das Einkommen im Ruhestand trotz niedriger gesetzlicher Rente ordentlich, etwa durch einen Job oder Mieteinkünfte, zahlt die Rentenkasse den Zuschlag nicht. Die volle Grundrente wird nur an Rentnerinnen und Rentner gezahlt, deren Einkommen unter einem Freibetrag von 1 250 Euro für Alleinstehende und 1 950 Euro für verheiratete Paare liegt. Dieser Freibetrag soll jährlich angepasst werden.
Der Einkommensfreibetrag bezieht sich auf das zu versteuernde Einkommen (Gehalt, Renten, Betriebsrenten, Mieteinkünfte und ähnliches) inklusive zu versteuernder Kapitalerträge. Der steuerfreie Anteil der Rente wird hinzugerechnet. Das zu versteuernde Einkommen ist geringer als das Bruttoeinkommen. Das Finanzamt berücksichtigt dafür Abzüge wie zum Beispiel Werbungskosten und Sonderausgaben.
Liegt das berücksichtige Einkommen oberhalb des Freibetrags, wird das darüberliegende Einkommen zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet. Das soll durch einen automatischen Datenabgleich mit dem Finanzamt passieren.
Übersteigt das Einkommen bei Alleinstehenden 1 600 Euro und bei Ehepaaren 2 300 Euro, wird das Einkommen zu 100 Prozent angerechnet.
Einkommen zwei Jahre später angerechnet
Ein Aspekt der Einkommensanrechnung, der sicher für Verwirrung sorgen wird: Angerechnet wird immer das vom Finanzamt übermittelte Einkommen des vorvergangenen Jahres. Für 2021 wird also das Einkommen von 2019 angerechnet. Das liegt laut Rentenversicherung daran, dass der Abgleich mit dem Finanzamt automatisch geschehen soll und für Neurentner 2021 beim Finanzamt erst das steuerpflichtige Einkommen des Jahres 2019 vorliegt. Wer also 2021 eine kleine Rente bekommt, aber in den beiden Jahren davor noch ordentlich verdient hat, hat zwei Jahre lang keinen Anspruch auf die Grundrente.
Heirat kann Grundrente verhindern
Bei Paaren, die zwar zusammenleben, aber nicht verheiratet sind, wird das Einkommen einzeln betrachtet. Ein Partner könnte also hohe Einkommen haben, ohne dass die Grundrente des anderen Partners davon betroffen ist. Heiraten die beiden, würde der Grundrentenzuschlag entfallen, da nun das Einkommen des Paares betrachtet würde – unabhängig davon, ob sie sich steuerlich zusammen oder einzeln veranlagen lassen.
Beispielrechnung für die Grundrente alte Bundesländer
Das System der Grundrente ist kompliziert. Deshalb hier ein Beispiel zur Verdeutlichung:
Ein Rentner aus Köln hat 40 Jahre lang 0,5 Entgeltpunkte pro Jahr erarbeitet, er hat also halb so viel wie der Durchschnitt verdient. Das entspricht aktuell einem Jahresgehalt von 20 276 Euro. Seine gesetzliche Rente beträgt damit 684 Euro. Durch die Grundrente bekommt er für 35 Jahre 0,3 Entgeltpunkte zusätzlich (359 Euro). Damit kommt er insgesamt auf die Maximalerhöhung von 0,8 Entgeltpunkten. Dieser Wert wird um 12,5 Prozent gekürzt. Der Zuschlag des Rentners würde somit 314 Euro betragen. Als neue Rente bekäme er 998 Euro.
Angenommen, der alleinlebende Kölner Beispiel-Rentner arbeitet nebenbei und kommt so zusammen mit seiner Rente auf ein monatliches anrechenbares Einkommen von insgesamt 1 400 Euro. Nach Abzug des Freibetrags (1 250 Euro) bleiben 150 Euro. Davon werden 60 Prozent – 90 Euro – von seiner ursprünglichen Grundrente von 314 Euro abgezogen. Der Zuschlag durch die Grundrente würde dann nur noch 224 Euro betragen (314 Euro – 90 Euro).
Beispielrechnung: Grundrente für die neuen Bundesländer
Eine Rentnerin aus Chemnitz hat 40 Jahre lang 0,75 Entgeltpunkte pro Jahr erarbeitet. Ihre gesetzliche Rente beträgt damit 997 Euro. Durch die Grundrente bekäme sie für 35 Jahre 0,05 Entgeltpunkte zusätzlich. Nach der Kürzung um 12,5 Prozent wären das 51 Euro.
Angenommen, sie würde nebenbei arbeiten und wie der Rentner im Beispiel oben auf 1 400 Euro monatlich anrechenbares Einkommen kommen, würden ihr theoretisch ebenfalls 90 Euro abgezogen. Ihre Grundrente von 51 Euro entfällt damit.
Keine Vermögensprüfung bei Grundrente
Anders als beim Einkommen, spielt die Höhe des Vermögens bei der Grundrente keine Rolle. Eine Vermögensprüfung findet nicht statt. Versicherte können also Grundrente erhalten, auch wenn sie Haus, Land, Goldbarren oder andere größere Vermögenswerte haben.
Freibetrag beim Wohngeld
Damit die Grundrente keine negative Auswirkung auf einen eventuellen Bezug von Wohngeld hat und damit wirkungslos würde, gibt es hier einen Freibetrag. Wohngeld ist ein Zuschuss zur Miete oder zu den Kosten selbst genutztem Wohneigentums für Menschen mit niedrigen Einkünften. Gerade in Großstädten sind viele Rentnerinnen und Rentner auf Wohngeld angewiesen. Durch den Freibetrag wird die Grundrente beim Wohngeld nicht voll als Einkommen angerechnet.
Der Freibetrag wird je nach Einkommen individuell berechnet und beträgt mindestens 100 Euro und maximal 216 Euro. Freibeträge soll es auch bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende, in der Hilfe zum Lebensunterhalt, in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung geben. Die Freibeträge gelten, wenn mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten vorhanden sind.
Rechner Grundrente
Mit diesem Rechner können Sie überschlägig berechnen, ob Sie eine Grundrente erhalten und wie hoch sie ausfallen könnte. Bitte beachten Sie, dass der Bezug und die Höhe der Grundrente von vielen individuellen Faktoren abhängt, siehe Wer die Grundrente bekommt. Das Ergebnis kann daher nur als nur als grobe Orientierung dienen.
{{data.error}}
{{col.comment.i}} |
---|
{{col.comment.i}} |
---|
- {{item.i}} {{item.text}}
Hinweis: In bestimmten Fällen liefert der Rechner keine verlässlichen Ergebnisse. Etwa, wenn viele der Grundrentenjahre nicht in die Bewertung mit einfließen, weil der Verdienst zum Beispiel während Kinderberücksichtigungszeiten unter 0,3 Entgeltpunkten im Jahr lag.
Auszahlung der Grundrente

Am 2. Juli 2020 hat der Bundestag die Grundrente verabschiedet. Einen gesetzliche Anspruch darauf haben Rentner seit dem 1. Januar 2021. Die Deutsche Rentenversicherung warnte allerdings schon in der Vergangenheit vor dem hohen Verwaltungsaufwand bei der Prüfung der Neu- und Bestandsrentner. Die Behörde rechnet deshalb damit, die Grundrentenbescheide für Neurentner erst im Sommer 2021 verschicken zu können – Bestandsrentner müssen vermutlich noch bis Ende 2022 auf ihren Bescheid warten. Seit Januar 2021 aufgelaufene Beträge werden nachgezahlt.
Hinterbliebene profitieren
Zuschläge, die vor dem Tod des Berechtigten noch nicht ausgezahlt wurden, bekommen der hinterbliebene Ehepartner. Auch die Hinterbliebenenrente erhöht sich durch den Grundrentenzuschlag.
Keine Belastung der Beitragszahler
Damit es durch die Grundrente nicht zu einer höheren Belastung der Rentenbeitragszahler kommt, sollen die Kosten vollständig durch eine Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung – also aus Steuermitteln – finanziert werden. Sie werden im Einführungsjahr rund 1,3 Milliarden Euro betragen.
Ja, ich möchte Informationen zu aktuellen Tests und Verbrauchertipps sowie interessante, unverbindliche Angebote der Stiftung Warentest (zu Heften, Büchern, Abonnements von Zeitschriften und digitalen Inhalten) per E-Mail erhalten. Mein Einverständnis hierzu kann ich jederzeit widerrufen. Informationen zum Datenschutz finden Sie hier.
Dieses Special wird regelmäßig aktualisiert. Jüngstes Update: 28. Januar 2021.
Dieser Artikel ist hilfreich. 220 Nutzer finden das hilfreich.