Inhaltlich machten die 16 Grundlagenkurse Buchführung im Test ihre Sache meist gut. Doch nur drei schafften es, den „trockenen“ Stoff spannend und anschaulich rüberzubringen. Zur Spitzengruppe gehören auch zwei Volkshochschulen.
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Testergebnisse für 16 Grundlagenkurse BuchführungMehr als lästige Pflicht
Vom Weinhändler an der Ecke bis zum weltweit agierenden Konzern – um die Buchführung kommt in Deutschland kein Unternehmen herum. Ob es um die Bezahlung von Lieferanten oder den Einkauf von Rohstoffen geht: Jeder Geschäftsvorgang ist samt Beleg aufzuzeichnen, so will es der Gesetzgeber. Nur Kleingewerbetreibende und Freiberufler bleiben außen vor. Sie können ihre Geschäfte mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung abrechnen.
Doch die Buchführung ist mehr als lästige Pflicht. Der Unternehmer behält damit den Überblick über Einnahmen und Ausgaben, Gewinne und Verluste, Vermögen und Schulden. Schließlich kann niemand alle Transaktionen im Kopf behalten.
Aufstieg zum Bilanzbuchhalter
In großen Firmen verbuchen Fachkräfte die Belege. Der Weg in die Buchhaltung führt in der Regel über eine kaufmännische Ausbildung, denn die Buchführung ist kein eigenständiger Ausbildungsberuf. Auf höhere Aufgaben wie die Erstellung von Bilanzen und Jahresabschlüssen bereitet die mehrmonatige Aufstiegsweiterbildung zum Geprüften Bilanzbuchhalter vor. Die Prüfungen nehmen die Industrie- und Handelskammern ab (siehe Weiterbildung zum Bilanzbuchhalter).
Kleine Betriebe oft überfordert
Kleinere Betriebe wie der Weinhändler, Tischler oder Friseur von nebenan sind mit der Buchführung oft überfordert. Sie legen sie in berufenere Hände und vertrauen sie zum Beispiel einem Steuerberater an. Doch ganz ohne Verständnis für Konten, Buchungssätze, „Soll“ und „Haben“ funktioniert selbst diese Zuarbeit nicht.
Von Arbeitsagenturen gefördert
Die Stiftung Warentest hat sich den Weiterbildungsmarkt angeschaut und mehr als 100 Grundlagenkurse für Einsteiger in die Buchführung entdeckt, darunter viele, die von den Arbeitsagenturen gefördert werden.
Kleinunternehmer, Existenzgründer oder auch Büroangestellte, die ihre Kenntnisse erweitern wollen, bekommen dort einen ersten Überblick über die komplexe Materie und lernen, wie sie Geschäftsvorgänge manuell verbuchen.
Im Büroalltag läuft heute zwar alles über Software-Programme wie Lexware oder Datev, doch um sich das Basiswissen zu erarbeiten, buchen der Tischler- und der Friseurmeister am besten erstmal auf dem „T-Konto“ auf Papier – so wird ein einfaches Soll- und Habenkonto in der Buchführung bezeichnet.
Großes Angebot, große Nachfrage
Grundlagenseminare haben private Bildungsinstitute, Volkshochschulen (VHS), Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammern im Programm. Lernwillige können sie berufsbegleitend im Abendkurs oder als Blockseminar über mehrere Tage am Stück absolvieren. Einige sind sogar für Bildungsurlaub zugelassen (siehe Tipps für die Kursauswahl).
Da das Angebot an Kursen recht stattlich ist, hat sich die Stiftung Warentest für ihren Test auf Abend- und Blockkurse mit maximal 52 Unterrichtseinheiten beschränkt (siehe Ausgewählt, geprüft, bewertet). Preis der Kurse: zwischen 60 und 550 Euro je nach Anbieter. Anonyme Testpersonen besuchten die Kurse je einmal.
Auffällig dabei: Nicht nur das Angebot, auch die Nachfrage nach den Kursen war groß. Von den 17 ausgewählten Weiterbildungen fanden alle bis auf eine statt.
Zwei Volkshochschulen in Spitzengruppe
Keine Frage – das beste Preis-Leistungs-Verhältnis gab es bei zwei Volkshochschulen. Die VHS Dreiländereck Löbau bot in ihrem sechswöchigen Abendkurs für 60 Euro als einziger Anbieter eine sehr hohe inhaltliche Qualität. Dafür war die Didaktik eher mittelmäßig. Das dreitägige Blockseminar der VHS Essen für 89 Euro überzeugte sowohl inhaltlich als auch didaktisch mit hoher Qualität.
Auch die Frauencomputerschule in Kassel und die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein in Kiel lieferten in den beiden wichtigsten Prüfpunkten Inhalt und Didaktik eine hohe Qualität. Die Kurse dort waren mit 320 und knapp 400 Euro zwar deutlich teurer als die Volkshochschulen, dafür aber auch mehr oder weniger doppelt so lang. Bei der Bewertung hat die Stiftung Warentest die unterschiedliche Kursdauer entsprechend berücksichtigt.
Unterricht erinnert an Schulzeit
Was die Inhalte betrifft, bekam die Mehrheit der Seminare gute Noten. Wichtige Themen wie Buchungssätze, Bestands- und Erfolgskonten und Prinzipien doppelter Buchführung standen auf den Stundenplänen (siehe Was ein guter Kurs bieten muss). In vielen Kursen gab es gut geeignetes Lehrmaterial: Bücher, Skripte und Kopien.
Doch ausgewogenes Themenspektrum und hohes fachliches Niveau sind nicht alles. Die Buchführung wird von vielen als eher trockener Stoff empfunden. Gerade deshalb ist es wichtig, dass der Dozent die Teilnehmer einbindet, ihre Interessen berücksichtigt und viele Übungen in den Unterricht integriert. Schließlich sollen die Teilnehmer nach dem Kurs nicht nur mehr über Buchführung wissen, sondern auch einfache Buchungssätze selbst erledigen können. An guter Didaktik haperte es jedoch vielerorts. Hier müssen die Anbieter dringend nachbessern. Die Testpersonen, die inkognito im Einsatz waren, fühlten sich oft an ihre Schulzeit erinnert.
Wie in einer Vorlesung
In vielen Kursen ging es zu wie in einer Vorlesung. Frontalunterricht dominierte. Bei der VHS Berlin-Reinickendorf und den Industrie- und Handelskammern in Düsseldorf und Frankfurt am Main nahmen 25 und mehr Personen an den dreistündigen Abendkursen teil, die bis zu zweimal wöchentlich stattfanden. „Der Dozent zog seinen Stoff durch“, erzählte die Testperson bei der IHK zu Düsseldorf. „Nach einem anstrengenden Arbeitstag war das eine echte Herausforderung.“ Aber auch in Lerngruppen mit einer optimalen Größe von 12 bis 15 Personen lief es oft nicht besser. Lange Monologe des Dozenten hörten die Teilnehmer bei der VHS Hamburg. Frontal unterrichtete auch der Trainer der IHK Ulm.
Musterfirma als Beispiel
Praktische Übungen gab es zwar überall, aber nicht immer waren sie sinnvoll in den Unterricht eingebunden. Bei der IHK Frankfurt stellte der Dozent Aufgaben, die er dann sofort selbst am Overheadprojektor vorrechnete. Das verleitete zum Abschreiben. Besser ist es, wenn die Teilnehmer die Lösung selbstständig, in kleinen Gruppen oder mit dem Sitznachbarn erarbeiten müssen.
Besonders systematisch gelingen die Übungen, wenn es über den gesamten Kurs eine Musterfirma gibt, auf die sich alle Buchungssätze beziehen.
Meister, Selbstständige, Angestellte
Beim Bildungszentrum Kassel und bei der Frauencomputerschule gehörten vor allem Frauen zum Teilnehmerkreis, die von der Arbeitsagentur geschickt wurden. Anderswo trafen die Tester auf selbstständige Handwerksmeister, Kleinunternehmer aus Hotelerie und Gastronomie, Angestellte, die ihre Berufschancen im Büro verbessern wollten und sogar auf langjährige Mitarbeiter der Buchhaltung, die noch einmal nachvollziehen wollten, was sie tagtäglich am Computer verbuchen.
Leider spielten Vorwissen, Interessen und berufliche Hintergründe der Kursbesucher oft keine Rolle im Unterricht. Kaum eine Lehrkraft fragte die Teilnehmer nach dem, was sie schon können und was sie in ihrem beruflichen Alltag in Sachen Buchführung brauchen. Schade!
Teilnehmer im Mittelpunkt
Dass es anders gehen kann, bewiesen die VHS Essen, die Frauencomputerschule und die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein. Diskussionen, Partner- und Gruppenaufgaben und sinnvoll integrierte Übungen bestimmten den Unterricht. Im Mittelpunkt standen die Teilnehmer und nicht der Inhalt. „Erst wenn wirklich alle ein Thema verstanden hatten, ging die Dozentin zum nächsten über“, sagte die Testerin bei der Frauencomputerschule in Kassel. Die Testperson bei der VHS Essen resümierte: „Dem Dozenten gelang es, dem Thema Leben einzuhauchen.“
Wie weiter nach dem Kurs?
Eines sollte vor der Weiterbildung klar sein: Niemand wird in maximal 52 Unterrichtseinheiten zum Buchhalter. Einfache Buchungssätze durchzuführen, dürfte nach einem Grundlagenkurs aber kein Problem mehr sein. Und sicherlich können Selbstständige ihrem Steuerberater danach besser zuarbeiten. Wer aber erwartet, seine Buchführung ganz eigenständig erledigen zu können, liegt falsch.
Zum Glück gibt es Möglichkeiten, auf den Grundlagen aufzubauen. Die Anbieter der Kurse bis 36 Unterrichtseinheiten haben ohnehin oft Folgekurse im Angebot. Auch Einführungen in die gängige Buchhaltungssoftware finden sich auf dem Weiterbildungsmarkt. Für einige Kursteilnehmer war der Grundlagenkurs nur der erste kleine Schritt auf dem Weg zum Bilanzbuchhalter, berichteten die Testpersonen.
Zertifikat nur nach bestandener Prüfung
Viele Kurse im Test schlossen mit einer schriftlichen Prüfung ab. Vor allem bei den längeren Kursen der Industrie- und Handelskammern müssen die Teilnehmer diese bestehen, wenn sie ein Zertifikat haben möchten. Manchmal gilt zusätzlich eine mindestens 80-prozentige Anwesenheitspflicht für den Unterricht (Tipps für die Kursauswahl).
Dass sich damit bei Arbeitgebern punkten lässt, erlebte eine der Testpersonen noch während ihres Einsatzes für die Stiftung Warentest. Die arbeitsuchende Bürokauffrau stellte sich bei einem Handwerksbetrieb vor und bekam den Job. „Meinem Chef hat es sehr imponiert, dass ich mich in Sachen Buchhaltung selbstständig weiterbilde“, sagte sie.
Heute ist die 36-Jährige Assistentin der Geschäftsführung und managt das Büro – von Terminabsprachen über Angebotserstellungen bis hin zu vorbereitenden buchhalterischen Arbeiten für das Steuerbüro, das die Buchführung erledigt. „Diese Zuarbeiten fallen mir heute leicht, da ich nun das Wissen mitbringe“, erzählte die Testerin. „Dank des Kurses!“
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