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Die Stiftung Warentest hat 17 Grillholzkohlen analysieren lassen. In fünf Säcken versteckte sich Tropenholz. Insgesamt gibt sich die Branche wenig transparent.
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Testergebnisse für 17 Grillkohle 06/2019Wie viel Holz aus Raubbau steckt in unserer Grillkohle? In den vergangenen Jahren häuften sich Berichte von Umweltverbänden und verschiedenen Medien, dass Urwälder hierzulande auf dem Grill landen. Rund 233 000 Tonnen Holzkohle wurden laut Eurostat 2018 nach Deutschland importiert.
Um herauszufinden, woher die Holzkohle stammt, kauften wir 17 Säcke in Supermärkten, Baumärkten, im Getränkemarkt und an der Tankstelle und ließen den Inhalt mithilfe eines Spezialmikroskops analysieren. Zudem ermittelten wir, ob die Anbieter die Herkunft und Art des Holzesangeben und befragten sie, aus welchen Wäldern das Holz stammt.
Ergebnis: Nach wie vor verkaufen mehrere Händler Tropenholz, ohne dass Kunden es erfahren. Auf neun Säcken waren weder Holzarten noch Herkunft angegeben – in fünf davon steckte Kohle aus dem tropischen oder subtropischen Raum. Ein Produkt führt Verbraucher in die Irre: Max Grill & Barbecue trägt ein Siegel des Forest Stewardship Council (FSC), das die Kohle als nachhaltig und aus heimischen Wäldern ausweist. Tatsächlich besteht sie jedoch komplett aus Tropenholz. Aber auch Produkte aus europäischen Laubbäumen sind kein Garant für eine saubere Herkunft.
Unser Rat
Um Grillkohle aus Raubbau zu meiden, wählen Sie ein Produkt, auf dem Holzart und -herkunft angegeben sind, und das ein Siegel trägt (FSC, Naturland, PEFC). Im Test erfüllt die Flammenco Grill-Holzkohle (1,17 Euro pro Kilogramm) am ehesten diese Kriterien. Gering ist das Raubbau-Risiko auch bei der Favorit Buchen Grillkohle (2 Euro ) und der Buchen Grill-Holzkohle von ProFagus (2,60 Euro). Für beide wurde laut Anbieter Holz aus Deutschland verkohlt. Aber: Das zweite Favorit-Produkt, die Qualitäts-Grill Holzkohle, besteht aus Tropenholz.
Illegale Kohle durch Gesetzeslücke
Nur der Anbieter von Flammenco benennt das Land, aus dem das Holz stammt. Hersteller sind dazu gesetzlich nicht verpflichtet, aber Transparenz wäre dringend nötig. Sobald Grillkohle auf dem deutschen Markt landet, kann sie legal verkauft werden – selbst wenn das Holz illegal geschlagen wurde. Denn die europäische Holzhandelsverordnung, die sicherstellen soll, dass nur legales Holz in die EU gelangt, gilt bislang nicht für Grillkohle und Briketts. Für sie müssen Importeure keine Legalitätsnachweise erbringen. Auch behördliche Kontrollen entfallen. Umweltverbände wie der WWF und Robin Wood kritisieren das und fordern, die Verordnung zu erweitern.
Kahlschlag in Paraguay und Nigeria

Waldvernichtung. In Südamerika werden riesige Flächen für Getreide und Viehzucht gerodet. Das Holz landet unter anderem bei uns auf dem Grill. © Getty Images/ AFP/ JUAN MABROMATA
Wir wollten von den Anbietern wissen, woher sie ihre Kohle beziehen und was sie tun, um Raubbau zu vermeiden. Die Abfüller der Activa Jakob‘s Kohle und von Grillprofi reagierten gar nicht. Die Analyse der Grillprofi-Kohle ergab, dass die Bäume im tropischen Afrika oder Südamerika wuchsen. Dort sind Nigeria und Paraguay mit Abstand die größten Lieferanten für Kohle, die hierzulande Grills anheizt. In beiden Ländern begünstigen Korruption und Armut massenhafte Waldvernichtung.
Aus Paraguay bezieht Netto – anders als dessen Wettbewerber Netto Marken-Discount –* zumindest einen Teil der Kohle. In dem Land werden riesige Flächen für Viehzucht oder Ackerbau gerodet, vor allem im Gran Chaco, einem tropischen Trockenwald. „Diese Umwandlung ist ökologischer Wahnsinn“, sagt Johannes Zahnen, Holzexperte des WWF Deutschland. Der Verkauf der Kohle finanziert die Abholzung mit. Laut einem Bericht der britischen Umweltorganisation Earthsight wird kein anderes Waldgebiet so schnell zerstört wie der Chaco. „Es gibt in Paraguay einen hohen Grad an Korruption und Raubbau. Nachhaltige Forstwirtschaft hat hier das Nachsehen“, sagt Zahnen.
Raubbau in der Ukraine
Häufiger als aus tropischen Gefilden werden Bäume aus unseren gemäßigten Breiten zu Grillkohle verarbeitet, vor allem aus der Ukraine. Unproblematisch ist auch das nicht: „Was das Raubbau-Risiko angeht, sind die Verhältnisse in der Ukraine ähnlich wie in Paraguay“, sagt Zahnen. „Wir haben dort hochsensible Wälder – die letzten Urwälder Europas. Und wir haben sehr viel Korruption und illegalen Holzeinschlag.“
Knapp die Hälfte der Anbieter teilte uns mit, dass sie ihre Kohle zumindest teilweise aus der Ukraine beziehen. Auf den Verpackungen werben einige mit „Made in Europe“ oder „Aus europäischen Wäldern“.
Immerhin sind diese Produkte – bis auf die Netto-Grillholzkohle – FSC-zertifiziert. Wie man bei der Max-Kohle sieht, bietet das Siegel zwar keine völlige Garantie, dennoch ist FSC-Holz besser überwacht als anderes. Und: „Der FSC trägt in der Ukraine zu mehr Transparenz in der Holzwirtschaft bei – auch wenn in Zukunft noch vieles besser werden muss“, so Zahnen.
Kohle gegen Verbuschung
Dass Transparenz möglich ist, zeigt die Flammenco-Qualitäts-Grill-Holzkohle. Sie stammt, wie das Holz, aus Namibia. Das afrikanische Land kämpft seit Jahren gegen sich ausbreitende Büsche. „Die Verbuschung verursacht erhebliche ökologische Schäden“, sagt Volker Haag, Wissenschaftler am Hamburger Thünen-Institut für Holzforschung. Die wuchernden Büsche schränken beispielsweise die Biodiversität ein. „Deshalb halte ich eine Verarbeitung zu Holzkohle für sehr sinnvoll.“ Die in unserer Analyse gefundenen Hölzer und die Größe der Kohlestücke passen zum Astmaterial der namibischen Büsche. Konkrete Herkunftsangaben wie bei Flammenco würden in der ganzen Branche zu mehr Sicherheit führen.
Tipp: Grill-Alternative. Klimafreundlicher als Holzkohle ist Grillen mit Gas. Gute Gasgrills finden Sie in unserem Gasgrill-Test.
* Ergänzt am 27.5.2019.
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Die Kollegen von AK Oberösterreich haben da ausführlicher getestet. https://ooe.arbeiterkammer.at/service/testsundpreisvergleiche/tests/Grillkohle-_11_von_20_empfehlenswert.html
Eure Webseite ist eine echte Goldgrube. Ich hätte nicht gedacht, dass man selbst bei der Grillkohle darauf achten sollte, woher diese kommt. Ich muss echt besser aufpassen, welchen Kauf ich tätige.
@gates. Wir verweisen auf unsere Antwort vom 24. 5. 2019: In der aktueller Untersuchung zur Grillkohle konnten und mussten wir uns aus Zeit- und Kostengründen auf die Themen Deklaration, Art des Holzes und Herkunftsregion beschränken. (Se)
Da freut man sich als Abonnement mal wirklich auf einen längst überfällig Test zum Grillen u. dann dies - es wurde überhaupt nix grillrelevantes getestet, nur belangloses von der Zertifikateindustrie u. Grillkohle-Mafia. Über Qualitäten, Brennwerte, Wassergehalte, Rauchentwicklung, Glutbild, Anzündberhalten, Staub u. Müll inkl. Plastikstücke u. sehr starke Qualitätsschwankungen innerhalb der Chargen - hier wird seit Jahren mehr o. weniger Müll an die Verbraucher vk, mit Holzkohle, gar guter Grillkohle, hat das vielfach überhaupt nix mehr zu tun, was der deutsch Handel mit Bau- u. Gartenmärkten, LE, Discount, Tanken, etc. hier an den Mann u. die Frau zu bringen versuchen.
Soll das ein verspäteter Aprilscherz sein, was habt ihr euch dabei nur gedacht?
Zu diesen offenen Geheimnissen nix
https://www.presseportal.de/pm/7840/4277472
Positiv, die "echte Buchenholzkohle" vom Netto, gleich gekauft u. vollends überzeugt, aber Vorsicht, die vk auch die Billige mitunter von der gleichen Palle
@Niesy74: Es ist richtig, dass für eine umfassende Bewertung der Nachhaltigkeit der gesamte Herstellungsprozess eines Produkts betrachtet werden sollte.
In der aktueller Untersuchung zur Grillkohle konnten und mussten wir uns allerdings aus Zeit- und Kostengründen auf die Themen Deklaration, Art des Holzes und Herkunftsregion beschränken.
Die von uns erhobenen Fakten können daher nicht die völlige Unbedenklichkeit eines Holzkohleprodukts bestätigen, die oft lückenhafte Dokumentation oder die von uns gefundenen Widersprüche zwischen Holzart und Zertifikat auf der Packung sind unseres Erachtens aber aussagekräftige Indikatoren dafür, dass Verbraucher von bestimmten Produkten eher Abstand nehmen sollten.
Deutlich umfangreichere Untersuchungen zur unternehmerischen Verantwortung und Nachhaltigkeit von Produkten, inklusive Vorort-Besuchen bei Produzenten und Händlern, haben wir in der Vergangenheit immer wieder durchgeführt (etwa zu Milch, Kreuzfahrtreisen, Fisch, Laufschuhen …. ) und werden dies auch in der Zukunft immer wieder tun. Aufgrund das hohen zeitlichen, finanziellen und personellen Aufwands für solche Nachhaltigkeitsuntersuchungen können wir diese Tests leider nicht bei allen von uns untersuchten Produkten durchführen.
(AN/aci)