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„Grüne“ Themen sind in – auch im Finanzbereich. Seit 2007 gibt es „Green Bonds“, und aktuelle Zahlen zeigen: Der Green-Bond-Markt erlebt gerade einen Aufschwung. Aber: Was sind überhaupt „grüne Anleihen“? Worauf sollten Anleger achten? Hier ein paar Handreichungen unserer Finanztest-Experten.
Green-Bond-Markt im Aufschwung
Laut Angaben des französischen Vermögensverwalters Lyxor liegt der Gesamtmarkt aller Green Bonds bei mittlerweile 170 Milliarden US-Dollar. Das mit den grünen Anleihen eingenommene Geld soll ausschließlich in klimafreundliche Projekte fließen. Allein zwischen 2013 und 2016 stieg der Anteil neu herausgegebener Papiere von 11 auf 81 Milliarden US-Dollar. Die Non-Profit-Organisation Climate Bond Initiative rechnet in diesem Jahr mit frischen Green Bonds im Wert von mehr als 120 Milliarden Euro – die Ratinggesellschaft Moody‘s geht sogar von knapp 200 Milliarden US-Dollar aus. Der Markt wächst, auch wenn der Anteil grüner Bonds im abgelaufenen Jahr lediglich bei 1,4 Prozent aller neu emittierten Anleihen lag.
Auch Polen und Frankreich bringen grüne Anleihen auf den Markt
In Deutschland engagiert sich insbesondere die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beim Aufbau eines Green-Bond-Portfolios. Auch Staaten springen neuerdings auf den Zug der grünen Anleihen auf. Ende 2016 brachte Polen einen Green Bond auf den Markt; Anfang 2017 legte Frankreich mit einer Emission im Wert von 7 Milliarden Euro nach. Die starke Nachfrage führte zu einer raschen Überzeichnung der französischen Anleihe. Das Papier soll weiter aufgestockt werden.
Neues Segment für grüne Anleihen
[Update 4.12.2018]Die Frankfurter Börse hat ein Handelssegment für grüne Anleihen eingerichtet. Zum Start werden rund 150 Wertpapiere gelistet. Zielgruppe sind Anleger, die bei Zinsanlagen auf ethisch-ökologische Grundsätze achten. Sie finden unter den „Green Bonds“ neben Staats- und Unternehmensanleihen auch Papiere öffentlicher Träger wie der KfW Bankengruppe. Die Laufzeiten der Anleihen sind teilweise sehr kurz.
- Tipp:
- Über herkömmliche Anleihen informiert Sie unser wöchentlich aktualisierter Produktfinder Anleihen. [Ende Update]
Was unterscheidet Green Bonds von Nachhaltigkeitsanleihen?
Green Bonds. Wie bei normalen Staats- oder Unternehmensanleihen auch leihen sich die Herausgeber dieser Papiere (Emittenten) Kapital und zahlen für die Laufzeit einen festgelegten Zinssatz. Bei Green-Bonds gibt es die Besonderheit , dass das Geld in nachhaltige und klimafreundliche Projekte fließt – etwa in die Förderung von Windkraftanlagen, Photovoltaik oder in den Bau energieeffizienter Gebäude. Egal ob Förderbanken, Geschäftsbanken, Unternehmen oder Staaten: Emittenten von Green Bonds finden sich mittlerweile in allen Bereichen.
Nachhaltigkeitsanleihen. Während Green Bonds ausschließlich klimafreundliche Projekte unterstützen wollen, können nachhaltige Anleihen von Emittenten sein, deren Geschäftspraktiken auf ethischen oder ökologischen Grundlagen basieren. In diesem Fall kann eine Anleihe als nachhaltig gelten, weil das dahinterstehende Unternehmen beispielsweise darauf verzichtet, mit der Rüstungsindustrie oder anderen ethisch oder ökologisch zweifelhaften Branchen zusammenzuarbeiten. Die Anleihenerlöse müssen in diesem Fall aber nicht ausschließlich in umweltfreundliche Projekte fließen.
Wer legt fest, was „grün“ ist?
Es gibt kein einheitlich reglementiertes System. Prinzipiell kann jeder Anbieter einen Green Bond herausgeben. Einen groben Überblick über den Gesamtmarkt geben eigens für Green Bonds entwickelte Indizes − zum Beispiel der Bloomberg Barclays MSCI Global Green Bond Index oder auch der Solactive Green Bond EUR USD IG Index des Frankfurter Indexanbieters Solactive. Letzterer enthält 116 als grün klassifizierte Bonds. Im Index finden sich auffällig viele Anleihen, die von Konzernen herausgegeben werden, die nicht unbedingt ein grünes Image haben. So ist zum Beispiel die französische Elektrizitätsgesellschaft Électricité de France aufgeführt – obwohl das Unternehmen überwiegend auf Atomkraftwerke setzt. Auch die Agricultural Bank of China wird gelistet. Das Kreditinstitut gilt als eines der größten Kohlefinanzierer weltweit. Für viele Anleger, die grün investieren wollen, sind solche Unternehmen tabu. Die Anbieter verweisen zwar darauf, dass das Geld komplett in umweltfreundliche Projekte fließen soll. Doch letztlich muss der Anleger darauf vertrauen, dass sein Geld auch genau diesen Zwecken zugutekommt.
Green Bond Principles
Freiwilliger Standard. Um Vertrauen zu schaffen, wurden die Green Bond Principles (GBP) entwickelt. Dabei handelt es sich um einen Standard, nach denen sich die Herausgeber von grünen Anleihen freiwillig richten können. Die GBP geben Empfehlungen für die Verwendung von Erlösen vor, welche wiederum in Projektkategorien unterteilt werden. Investitionen sollen demnach in „erneuerbare Energien“, „energieeffiziente Gebäude“, in den „sauberen Transport“ oder auch in die „Anpassung an den Klimawandel“ erfolgen. Kritiker bemängeln hier vor allem, dass die Empfehlungen schwammig formuliert und wenig konkret sind.
Keine Offenlegungspflicht. Green-Bond-Emittenten, die sich der Einhaltung der Prinzipien verschrieben haben, sollen jährlich offenlegen, in welche Projekte die Anleiheerlöse geflossen sind. Verpflichtend ist das aber nicht. Einige GBP-Mitglieder halten sich darum bedeckt. Was die Richtlinien faktisch entwertet.
Climate Bond Initiative
Zertifizierung. Einen anderen, aber vergleichbaren Weg geht die gemeinnützige Organisation „Climate Bonds Initiative“ (CBI). Selbst gestecktes Ziel: den Anleihenmarkt umkrempeln und klimafreundlicher machen. Um dieses Ziel zu erreichen, nutzt die Organisation ein Zertifizierungsschema. Das ist mit den aus dem Supermarkt bekannten Fair-Trade-Siegeln vergleichbar. Mit der „Climate Bond Certification“ zertifiziert die Initiative grüne Anleihen, die dem sogenannten „Climate Bond Standard“ entsprechen. Die Kriterien ähneln denen der GBP, sind allerdings konkreter.
Kriterien. Grundsätzlich sollen die Erlöse der Green Bonds unter anderem in Bereiche wie „regenerative Energien“, „klimafreundlichen Transport“ oder auch „Projekte zur Anpassung an den Klimawandel“ fließen. Anders als die GBP hat die CBI in Zusammenarbeit mit Klimaexperten weitere technische Kriterien erarbeitet, um sicherzustellen, dass die Investitionen tatsächlich einen positiven Einfluss auf das Klima haben. Aber auch hier gibt es Kritik: Sowohl die CBI als auch die GBP berücksichtigen nicht die sozialen Auswirkungen bestimmter Investitionen. Außerdem werden die Anleihen nicht danach bewertet, in welchen Bereichen die Emittenten sonst noch tätig sind.
Second Party Opinions
Mehr Transparenz versuchen auch sogenannte Zweitmeinungen (Second Party Opinions - kurz SPO) zu bieten. Emittenten von Green Bonds veröffentlichen vor der Emission Einschätzungen beispielsweise von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Umweltinstituten oder auch Nachhaltigkeits-Ratingagenturen. Allerdings gibt es hier keine festgelegten Vorgaben. Jede SPO kann andere Projektkategorien als wichtiger erachten. Entsprechende Unterschiede liegen oftmals im Detail. Experten kritisieren, dass die bewertenden Gesellschaften häufig dieselben sind, die den Emittenten auch bei Fragen zum Rahmenwerk der Green Bonds beraten haben.
Grüne ETF bislang Mangelware
Wer sich für Green Bonds interessiert, investiert am besten in Fonds. Für bequeme Anleger eignen sich ETF (Exchange Traded Fund). Dabei handelt es sich um börsengehandelte Indexfonds, die ausschließlich einen zugrunde liegenden Index abbilden. Der Markt dafür ist bislang jedoch klein – er entwickelt sich aber. Der französischen Vermögensverwalter Lyxor hat kürzlich den nach eigenen Angaben ersten Green-Bond-ETF auf den Markt gebracht und bildet mit dem Fonds den Solactive Green Bond EUR USD IG Index ab. Das Produkt ist zwar in Deutschland zugelassen, kann aktuell aber nur an den Börsen Euronext und London Stock Exchange gehandelt werden. Finanztest rät davon ab, ETF zu kaufen, die nicht an heimischen Börsen handelbar sind. Lyxor stellt aber in Aussicht, den ETF bei entsprechender Nachfrage auch in Deutschland an die Börse zu bringen. Auch der weltweit größte Vermögensverwalter Blackrock will mit einem grünen Anleihefonds nachlegen. Als Referenzindex soll der Bloomberg Barclays MSCI Global Green Bond Index dienen.
Klassische Fonds als Alternative
Alternativen gibt es bisher nur im Bereich der klassischen aktiv gemanagten Fonds. Die österreichische Kapitalanlagegesellschaft Erste Asset Management bietet seit knapp zwei Jahren den Erste Responsible Global Impact an. Das Fondsmanagement investiert ausschließlich und global in Green Bonds und Social Bonds. So nennt man Anleihen, mit denen Projekte unterstützt werden, die bessere Lebensbedingungen fördern sollen. Ins Portfolio kommen Staats- und Unternehmensanleihen, Emissionen von staatsnahen und supranationalen Emittenten und auch Anleihen von Finanzdienstleistern. Fremdwährungsrisiken sind auf 50% des Fondsvermögens begrenzt. Der Fonds hat seit Start im Juli 2015 absolut rund 4 Prozent Rendite eingefahren.
Einen weiteren grünen Fonds können Anleger mit dem SEB Green Bond Fund erwerben. 1989 wurde der Fonds erstmals als SEB ÖkoRent Fonds aufgelegt. 2015 haben die Manager die Strategie auf Green Bonds geändert. Der Fonds setzt auf Staats- und Unternehmensanleihen internationaler Emittenten sowie supranationaler Institutionen. Das Management kontrolliert die Emittenten hinsichtlich ihrer Umwelt- und Sozialverträglichkeit. Bestimmte Unternehmen und Staaten sind grundsätzlich ausgeschlossen. Seit der Neuausrichtung hat der Fonds jedoch kaum Rendite eingefahren.
Tipp: Infos zu über 18 000 Fonds aus 192 Fondsgruppen finden Sie in unserem Produktfinder Investmentfonds.
Unser Rat
Wer grün anlegen will, hat mittlerweile einige Möglichkeiten. Doch was für den einen Anleger grün ist, kann für den anderen ein Ausschlusskriterium sein. Darum sollten Sie sich als Sparer selbstständig damit auseinandersetzen, in welche Projekte Ihr Kapital fließt. Sie sollten dem Anbieter vertrauen und ihm glauben, dass er ihr Geld dem vereinbarten Zweck zuführt und nicht fremdinvestiert. Die vorgestellten Richtlinien und Initiativen können zwar einen ersten Orientierungspunkt bieten, stellen aber keine Handlungsempfehlung dar.
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@Purban: Wenn Sie "grüne" Rentenfonds suchen, gehen Sie wie folgt vor: Auf der Startseite der Fondsdatenbank wählen Sie im Popup-Menü rechts zunächst "Staats- und Unternehmensanleihen Euro". Dann das Ergebnis weiter filtern: "Weitere Filter" / Finanztest-Nachhaltigkeitsbewertung". Dort werden Sie feststellen, dass wir mangels Daten noch keine Bewertungen für Rentenfonds abgeben konnten. Sie müssen sich dann also auf die Fonds beschränken, die nach eigener Aussage nachhaltig sind. Das sind derzeit 32 Rentenfonds. Wir werden die Datenbank natürlich erweitern, sobald wir weitere Informationen bekommen können. (PH)
Guten Morgen!
Ich halte diesen Artikel für sehr gut u auch in dem zeitl Abstand noch für erstaunl informativ.
Allerdings würde man sich doch noch die eine oder and. kl. Aktualisierung / Ergänzung wünschen. Das könnte man viell. auch sehr leicht über den Produkt-Finder Fonds erreichen.
Meine Frage:
Soweit ich sehe, kann man in der gr Liste "Fonds u ETF" nicht nach Rentenfonds filtern!? > Sie haben "nur" die Teilgruppen (Staats- u Unternehmensanleihen) drin.
Aber ich würde dann sogar gerne weiter filtern: n. nachhaltigen oder Green Bonds!
Haben Sie diese Möglichkeit viell in Planung?
Vielen Dank !