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Enttäuschung für Feinschmecker: Was als erlesen präsentiert wird, enthält oft schädliche Stoffe. 11 von 25 Gourmet-Ölen sind mangelhaft, auch das teuerste für 112 Euro je Liter.
Testergebnisse für 25 Gourmetöle 09/2015
Haben Sie schon das „unvergleichliche“, „köstliche“ Aroma und den „hervorragenden“, „einzigartig nussigen“, „zart-aromatischen“ Geschmack teurer Feinschmeckeröle für sich entdeckt? Oder greifen Sie zu den mit blumigen Worten bedruckten Flaschen und Dosen, um Gutes für Ihre Gesundheit zu tun?
Das Gegenteil könnte der Fall sein. Die hohen Erwartungen erfüllen nur wenige Gourmet-Öle. Viele sind ihr Geld nicht wert. Sie enttäuschen geschmacklich oder enthalten schädliche Stoffe, darunter gesundheitlich bedenkliche, sogar krebserregende (Welche Schadstoffe die Tester in den Ölen fanden).
Arganöl, Leinöl, Sesam-, Traubenkern- und Walnussöl aus Supermärkten und Bioläden haben wir geprüft. Insgesamt 11 der 25 Speiseöle schneiden mangelhaft ab, selbst das teuerste im Test: das Argand’Or aus gerösteten Arganmandeln für 112 Euro je Liter.
Gerade für das in Mode gekommene Arganöl legen Liebhaber viel Geld hin. Arganbäume wachsen nicht überall, die Herstellung ist mühsam. Berberfrauen gewinnen das Öl oft noch in Handarbeit. Das führt zu hohen Preisen. Auch Walnussöl kann teuer sein, im Test kostet ein Liter bis zu 68 Euro. Nur drei geprüfte Öle sind für weniger als 10 Euro pro Liter zu haben.
Traubenkernöle nicht zu empfehlen
Immerhin können wir mindestens ein gutes Öl pro Sorte empfehlen – außer bei Traubenkernöl. In zwei dieser drei geprüften Produkte wiesen wir potenziell krebserregende aromatische Mineralölbestandteile (MOAH) nach – bei Brändle Vita und Vitaquell. In Brändle Vita war der Gehalt so hoch wie in keinem bisher von uns getesteten Lebensmittel. Das dritte Öl kann kein reines Traubenkernöl sein, die Laborergebnisse lassen auf fremdes Speiseöl schließen. Raffiniertes Traubenkernöl ist ohnehin kulinarisch nichts Besonderes, da es neutral schmeckt.
Walnuss- und Leinöl empfehlenswert
Anders kaltgepresste Walnuss- und Leinöle: Walnussöl gibt Salatsoßen eine nussige, manchmal auch röstige Note. Leicht saatig, oft auch bitter schmeckendes Leinöl ist mit Pellkartoffeln und Quark ein gesundes Mittagessen. Beide Sorten enthalten viel Omega-3-Fettsäuren (Warum manche Öle gesünder sind als andere). Sesam- und Arganöl haben kein herausragendes Fettsäurespektrum, verfeinern aber asiatische und orientalische Gerichte.
Sieben gute, sechs mangelhafte Bioöle
Alle guten, empfehlenswerten Produkte im Test sind unraffiniert und tragen ein EU-Biosiegel. Alnatura und Rapunzel bieten jeweils zwei gute Öle. Weil der Anteil kaltgepresster Gourmet-Öle im Biobereich besonders hoch ist, sind auch im Test sehr viele Bioprodukte vertreten.
Eine Garantie für gute Qualität ist das Biosiegel aber nicht. Auch sechs mangelhafte Produkte tragen es. Zwei davon fielen wegen polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK) durch. Neben PAK waren Weichmacher Grund für schlechte Urteile von Bioölen. Diese Schadstoffe können biologisch und konventionell erzeugte Lebensmittel gleichermaßen belasten. Sie stammen aus der Umwelt, Herstellung oder Lagerung. Rückstände von chemisch-synthetischen Pestiziden waren dagegen in 15 Bioölen gar nicht nachweisbar, in einem nur in Spuren. Solche Pflanzenschutzmittel sind im Ökolandbau verboten.
Kaltgepresst mit Geschmacksfehlern
Nicht alle Produkte im Test sind eine kulinarische Offenbarung: Vier der mangelhaften Bioöle hatten Fehler in Geruch und Geschmack und schnitten deshalb schlecht ab. Die Bio-Leinöle von Aldi (Nord) und Rewe rochen und schmeckten fehlerhaft nach ätherischen Ölen und Tanne, das Rewe-Öl war zudem stichig-modrig. Die teuren Bio-Arganöle von Argand’Or und Vitaquell rochen und schmeckten deutlich käsig. Solche sensorischen Fehler können durch Schäden an den Rohstoffen bei Ernte, Lagerung oder Produktion entstehen. Bei Arganöl zum Beispiel konnten Wissenschaftler käsige Noten auf die traditionelle Herstellung in Handarbeit zurückführen. Aber auch Öle aus Arganfrüchten, die von Ziegen gefressen, wieder ausgeschieden und vom Boden aufgesammelt wurden, können käsig schmecken.
Bei kaltgepresstem Öl lassen sich Fehler in Geruch und Geschmack kaum korrigieren. Es wird nur mit mechanischen Verfahren wie Pressen oder Zentrifugieren gewonnen, erlaubt ist höchstens eine Wäsche mit Wasserdampf. Wenn auf kaltgepressten Ölen zudem „nativ“ steht, darf die Ölsaat nicht geröstet und auch nicht nachbehandelt werden. Kurz gesagt: „Nativ“ bedeutet naturbelassen, unverändert.
Alles andere als naturbelassen sind raffinierte Öle. Sie werden oft mit chemischen Lösemitteln aus der Saat extrahiert. Die Ausbeute ist höher als beim Kaltpressen. Solche Öle müssen dann aber in mehreren Raffinationsschritten bearbeitet werden. Vitamine, Aroma- und sekundäre Pflanzenstoffe gehen dabei teilweise verloren.
Raffiniertes Öl nicht immer erkennbar
Raffinierte Öle sind meist klar und fast farblos, sie schmecken neutral. Im Test trifft das auf alle Traubenkernöle und das Kunella-Walnussöl zu. Doch nur beim Vitaquell-Traubenkernöl verrät das Etikett die Raffination und den neutralen Geschmack.
Manche Hersteller, etwa die der Walnussöle La Tourangelle und International Collection, mischen kaltgepresstes und raffiniertes Öl. Für Verbraucher ist das kaum zu erkennen, weder am Etikett noch an Farbe, Geruch oder Geschmack. Wer intensiven Geschmack wünscht, sollte zu kaltgepressten oder nativen greifen. Fehlen die Worte auf der Flasche, enthält sie meist raffiniertes oder zumindest teilraffiniertes Öl.
Transfettsäuren in raffinierten Ölen
Beim Raffinieren können ungesunde Transfettsäuren entstehen. Vermehrt aufgenommen erhöhen sie das Risiko für Fettstoffwechselstörungen und damit auch für koronare Herzkrankheit. Im Walnussöl International Collection wiesen wir rund 3 Prozent Transfettsäuren nach, in dem von Kunella sogar rund 13 Prozent. EU-weit gibt es nur für Säuglingsnahrung Grenzwerte. Die Schweiz, Österreich, Dänemark und Island tolerieren in Ölen und Fetten höchstens 2 Prozent. Daran haben wir uns orientiert.
Dass vermeintlich gesunde und oft teure Öle bedenkliche Stoffe enthalten, ist für Verbraucher mehr als enttäuschend. Die meisten Schadstoffe wären vermeidbar. Offenbar genügen die Qualitätskontrollen vieler Hersteller noch nicht.
Oliven- und Rapsöl für jeden Tag
Der Gehalt an Vitamin E ist übrigens bei keiner getesteten Ölsorte hoch. Mit zwei Esslöffeln von einem der Öle nimmt ein Erwachsener im Schnitt nur etwa 20 Prozent des Tagesbedarfs auf. Die gleiche Menge Sonnenblumenöl kann ihn komplett decken.
Als Standardöl für warme und kalte Speisen empfehlen sich vor allem Oliven- und Rapsöl (Warum manche Öle gesünder sind als andere). Beide sind für eine gesunde Ernährung vorteilhaft und zum Braten geeignet. Gute Gourmet-Öle aus dem Test können aber mit nussigen, saatigen oder röstigen Noten für kulinarische Abwechslung sorgen.
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@gconrad: Wir melden uns zur Klärung Ihres Anliegens per E-Mail bei Ihnen. (PF)
Hallo liebes Test Team,
ich hatte diesen Test schon als PDF, wusste das aber nicht mehr. Kann man nicht im jeweiligen Benutzerkonto so etwas vermerken. Ich habe den Test heute nochmal gekauft. Eine Warnung wäre schön.
Vielen Dank!
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