Goldabbau ist ein schmutziges Geschäft. Wer saubere Barren oder Münzen kaufen will, kann sich auf gängige Zertifizierungen nicht verlassen. Das zeigt unsere Umfrage unter Kreditinstituten und Händlern.

© Stiftung Warentest

Filme über Goldförderung sind oft kaum zu ertragen: Schürfer rühren mit bloßen Händen in einer Brühe mit Quecksilber herum, um Goldteilchen zu lösen. In Deutschland rät das Umweltbundesamt schon zur Vorsicht, wenn eine Energiesparlampe mit dem flüssigen Metall zerbricht. In anderen Szenen wuchten Kinder Gestein durch die Gegend. Tote Fische treiben in Flüssen, nachdem giftiges Cyanid-Abwasser ausgetreten ist.
Wurde das Gold für die Barren und Münzen im eigenen Bankschließfach auch unter solch schrecklichen Umständen gefördert? Der Gedanke ist unangenehm. Bei künftigen Goldkäufen liegt es daher nahe, sich zu erkundigen, woher das Gold kommt.
Der World Gold Council, die Lobbyorganisation der Goldkonzerne, ist überzeugt davon, dass Verbraucher dazu beitragen können, die Praktiken in der Branche zu verbessern. Er regt sie an, bei den Händlern nachzufragen, welche Standards sie einhalten, und bei Unternehmen zu kaufen, die sich verantwortungsbewusst verhalten.
Verbraucher haben es schwer
Klingt sinnvoll. In der Praxis lässt sich der Vorschlag aber gar nicht so einfach umsetzen. Verbraucher kaufen ihr Gold in der Regel bei Banken und Sparkassen oder Goldhändlern. Finanztest hat bei 17 großen Kreditinstituten, die Gold anbieten, und 13 Händlern im deutschsprachigen Raum gefragt, welche Wege das Gold genommen hat. Nur zehn Kreditinstitute und sieben Goldhändler gaben überhaupt Auskunft.
Die Goldverkäufer beziehen ihre Ware in der Regel von Zwischenhändlern wie der BayernLB oder der Deutschen Bank. Alle verwiesen auf Zertifizierungen. Das ist kein Wunder: Bei raffiniertem Feingold ist es unmöglich, anhand von Analysen die Herkunft festzustellen. Sowohl die Händler, die Privatkunden Gold anbieten, als auch ihre Kunden haben somit gar keine andere Wahl, als auf Angaben ihrer Bezugsquellen zu vertrauen. Das ist leichter, wenn wenigstens Dritte die Angaben überprüfen und Zertifizierungen vergeben haben, als wenn nur Selbstverpflichtungen vorliegen.
Doch was hinter den Siegeln steht und wie „sauber“ das Gold tatsächlich ist, stellten viele Goldanbieter selbst auf Nachfragen nicht klar dar.
Privatkunden haben erst recht Mühe, herauszufinden, was im Detail hinter den einzelnen Siegeln und Zertifizierungen steckt, die ihnen auf der Suche nach Goldbarren und -münzen begegnen.
LBMA-Standard bei Barren verbreitet
Die Stadtsparkasse Oberhausen etwa führt auf ihrer Internetseite zum Thema Edelmetalle unter „Nachhaltigkeit“ aus, dass alle Barren dem Standard „London good delivery“ der Handelsorganisation London Bullion Market Association (LBMA) entsprächen (Gold - Die wichtigsten Begriffe erklärt): „Zum Handel sind nur Barren mit konfliktfreier Herkunft zugelassen.“ Ihr Vertriebspartner BayernLB halte die LBMA-Standards konzernweit ein. Das Gold dürfe nicht aus Quellen stammen, die mit Geldwäsche, Terrorismus-Finanzierung oder der Missachtung von Menschenrechten zu tun haben.
„Konfliktfrei“ erfasst nur Teilaspekt
Die Beschreibung zeigt, dass der Standard vor allem ökologische Fragen nicht umfasst. Die BayernLB teilte auf Nachfrage mit, sie gehe davon aus, dass in sämtlichen Goldprodukten, die sie verkaufe, kein mithilfe von Cyanid oder Quecksilber extrahiertes Gold enthalten sei.
Die Scheideanstalt Heraeus, die die Bank als eine Lieferantin nennt, führte dagegen aus: „Der Einsatz von Cyaniden beziehungsweise Quecksilber ist bei der Gewinnung von Gold nicht zu vermeiden.“
„Konfliktfrei“ bezieht sich zudem nur auf eine Region: Gemeint sind kriegerische Auseinandersetzungen und terroristische Aktivitäten in der Demokratischen Republik Kongo und ihren Nachbarstaaten in Afrika. Überspitzt formuliert: Hätte das Gold etwa dazu beigetragen, Guerillakriege in Südamerika zu finanzieren, könnte es als „konfliktfrei“ gelten.
Nicht nur die LBMA hat die „Konfliktfreiheit“ für sich entdeckt. Auch eine Initiative der Elektronikindustrie, die Conflict-Free Sourcing Initiative (cfsi) zertifiziert Goldaufbereiter als „konfliktfrei“, zum Beispiel die Pforzheimer Scheideanstalt Heimerle + Meule.
Branche reagiert auf US-Gesetz
Dass sich die Branche so intensiv mit dem Kongo befasst, liegt an dem Gesetz „Dodd-Frank-Act“, das im Jahr 2010 in den USA verabschiedet wurde. Es verpflichtet Unternehmen, die dort an einer Börse notiert sind, offenzulegen, ob Gold aus dem Kongo in ihrer Lieferkette auftaucht. Daher spielt „Konfliktfreiheit“ auch bei ihren Zulieferern weltweit eine Rolle.
In umkämpften Gebieten im Kongo wird aber weiter Gold gefördert und außer Landes geschmuggelt. Irgendwie muss dieses sogenannte Blutgold in den Markt eingeschleust werden. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) befürchtet, dass es zum Beispiel eingeschmolzen und als Recyclinggold deklariert wird.
Angesichts der Gräueltaten im Kongo ist es besser als nichts, wenn die Branche sich bemüht, schmutzigen Geschäften in der Region aus dem Weg zu gehen. Ein Nachweis für „sauberes Gold“ ist das Erfüllen der Konfliktfreiheit aber ganz offensichtlich nicht.
Viele Goldanbieter machten gegenüber Finanztest zwar Angaben, dass auch soziale und Umweltaspekte in der Goldförderung berücksichtigt werden. Zum Teil verwiesen sie auf Selbstverpflichtungen, zum Teil auf ihre Lieferanten. Entsprechende, von Dritten überprüfte Zertifizierungen nannten die meisten aber nicht, so dass eine Überprüfung schwer möglich ist.
Schmuckindustrie geht weiter
Der Goldhändler Philoro und die Deutsche Bank geben an, sogenanntes Green Gold von der Schweizer Scheideanstalt Valcambi zu vertreiben. Philoro listet Kriterien dafür auf: Neben dem umweltverträglichen Rückbau von Goldminen werde zum Beispiel das Eineinhalbfache des Mindestlohns gezahlt. Valcambi äußerte sich gegenüber Finanztest dazu nicht. Daher bleibt offen, wie sichergestellt wird, dass die Kriterien eingehalten werden.
Der Responsible Jewellery Council (Gold – Die wichtigsten Begriffe erklärt, RJC) hat aber die gesamte Lieferkette einer Produktionslinie von Valcambi zertifiziert. Diese Zertifizierung wird „Chain of Custody“ genannt und extern überprüft. Sie geht über Konfliktfreiheit hinaus; es werden auch Umwelt- und Sozialaspekte berücksichtigt. Die Schweizer Scheideanstalt Argor-Heraeus befolgt den RJC „Code of Practices“ zumindest für das eigene Unternehmen Goldmünze „Wiener Philharmoniker“.
Es ist kein Zufall, dass der etwas umfassendere, wenn auch nicht vollends überzeugende RJC-Standard „Chain of Custody“ aus der Schmuckbranche stammt. Bei Ketten oder Ringen reagieren die Kunden viel sensibler, wenn es um problematische Produktionsbedingungen geht. Daher verwenden Juweliere und Goldschmiede beim Schmuck weitere Begriffe und Zertifizierungen wie „ökofaires Gold“, die bei Barren und Münzen zur Geldanlage bislang keine Rolle spielen Die Schmuckindustrie.
Beim Thema Geschäftspraktiken ist die Scheideanstalt Argor-Heraeus sensibilisiert, denn ihr wurde vorgeworfen, in den Jahren 2004 und 2005 Blutgold aus dem Kongo verwendet zu haben. Das Unternehmen wies das stets von sich. Die Bundesanwaltschaft in der Schweiz stellte 2015 ein Ermittlungsverfahren in dem Fall ein. Auch andere Scheideanstalten standen in den vergangenen Jahren in der Kritik, weil sie Edelmetall aus dubiosen Quellen im Haus gehabt haben sollen.
Recycling-Gold als Alternative
Bei altem Gold lässt sich nicht immer nachvollziehen, welchen Weg es genommen hat. Für Gold, das vor 2012 verarbeitet wurde, muss nach einem OECD-Leitfaden keine lückenlose Lieferkette nachgewiesen werden.
Beim Recyclinggold ist daher auch nicht ausgeschlossen, dass es dubiose Praktiken bei seiner Förderung oder dem Handel damit gab. Wer Barren und Münzen aus Recyclinggold kauft, hat zumindest mit den aktuellen Problemen im Bergbau nichts zu tun.
Der Händler Exchange AG Deutschland hat Barren aus der Produktion von C. Hafner im Sortiment. Diese Scheideanstalt verwendet nach eigenen Angaben ausschließlich recyceltes Material, „das vorher in Produkten wie Schmuck, Münzen und Medizinprodukten verarbeitet wurde“.
Zumindest bei Münzen ist es verhältnismäßig einfach, frisch geschürftes Gold zu umgehen: Sie sind jeweils mit dem Prägejahr versehen, einige Händler geben Kunden die Wahl, ob sie den neuesten Jahrgang oder einen älteren haben wollen.
Der Königsweg zu sauberem Gold ist nach wie vor nicht in Sicht. Bis dahin bleibt Verbrauchern nur der Weg, bei ihren Händlern hohe Standards einzufordern, damit die Bilder von unwürdigen Förderbedingungen und Umweltschäden irgendwann der Vergangenheit angehören.
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@re-ba-hu: Der Wert eines Goldbarrens, der nicht von einem LBMA zertifiziert Händler stammt, ist nicht weniger wert oder qualitativ schlechter als der Barren vom zertifizierten Händler. Beim Verkauf wird jeder Barren auf Echtheit geprüft. (maa)
Frage: Ich habe 2011 einen Gold-Barren bei einem renommierten Verkaufer gekauft, der nicht LBMA zertifiziert ist. Es wurde mir gesagt, dass vor 2010 es noch keine LBMA-Zertifizierung gab. Ist das richtig und mit welchen Nachteilen mus ich rechnen beim Verkauf?
Ein lesenswerter Bericht über eine von Finanztest bislang nicht angesprochene Fördermethode, dem Tauchen nach goldhaltigem Schlamm, ist jetzt im Internetauftritt der Süddeutschen Zeitung unter dem Titel "Tödliche Gier nach Gold" erschienen. Es handelt sich um einen Artikel aus der Zeitschrift natur. (rb)
Die Schweizer Initiative "Brot für alle" hat ein Dossier zum Thema herausgegeben. Sie finden es unter dem Titel "Gold glänzt nicht für alle gleich". (rb)
@moine Das Bundesfinanzministerium teilte uns dazu mit, dass der Abbau des Goldes nicht überwacht wird. Erst wenn der Bund das Gold von der Deutschen Bundesbank erwirbt, überwacht das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen den weiteren Weg des Goldes, das zur Herstellung der deutschen Euro-Sammlermünzen benötigt wird. Die ursprüngliche Herkunft bleibt also auch bei diesem Gold im Dunklen. (maa)