
Unkrautvernichter Glyphosat. Im Einsatz in der Landwirtschaft und im Gartenbau. © picture alliance / Countrypixel
Kaum ein Pflanzenschutzmittel ist so in der Diskussion wie das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Grund: Es könnte Krebs erregen. Wir erläutern den Stand der Dinge.
Alle Fragen im Überblick
Das müssen Sie über Glyphosat wissen
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Stimmt es, dass Glyphosat Krebs erzeugt?
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Über den Unkrautvernichter Glyphosat wird heftig gestritten. Gegen Bayer, dessen Tochter Monsanto das Mittel entwickelte, gehen in den USA mehr als 9 000 Kläger vor. Der Verdacht: Glyphosat errege Krebs, schädige das Erbgut. Wissenschaftler, Behörden und Organisationen beurteilen das Risiko unterschiedlich. Ein aktuelles, von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) in Auftrag gegebenes Gutachten stützt den Verdacht nicht − so das Fazit der Bewertungsgruppe für Glyphosat (englisch) der EU-Kommission, die das Gutachten verfasst und der Efsa Mitte Juni übergeben hat. Die ihr vorgelegten Tierversuchsstudien, epidemiologische und statistische Daten zeigten: Glyphosat erfülle die Zulassungskriterien für die Gesundheit, es bestehe kein Verbraucherrisiko, schreibt die Gruppe in einem ersten Bericht (englisch) zu ihrem Gutachten. Damit kommen sie zu einem anderen Urteil als die Internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation. Sie stufte Glyphosat 2015 (englisch) als „wahrscheinlich krebserregend“ ein.
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Ist der Einsatz von Glyphosat überhaupt noch erlaubt?
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Glyphosat wird in Landwirtschaft und Gartenbau vor allem als Unkrautvernichter eingesetzt. In der Europäischen Union ist die Verwendung des chemischen Stoffes in Pflanzenschutzmitteln vorerst bis Ende 2022 erlaubt. Über eine Verlängerung der Zulassung darüber hinaus wird auch auf Grund des aktuellen Gutachtens entschieden – voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2022. Weitere Bewertungen sowie öffentliche Konsultationen werden ebenfalls einbezogen. Das Ergebnis ist offen. Das genaue Prozedere beschreibt die Efsa auf ihrer Webeite: Efsa zu Glyphosat. Deutschland geht einen anderen Weg. Hierzulande wird der Einsatz in der Landwirtschaft ab 2024 ganz verboten – ungeachtet einer europäischen Zulassung.
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Darf Glyphosat in Privatgärten verwendet werden?
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In Privat- und Kleingärten sowie auf öffentlichen Grünflächen ist in Deutschland die Verwendung von Glyphosat schon jetzt nicht mehr erlaubt. Direkt vor der Ernte gilt das auch für Landwirte und Landwirtinnen. Diese Änderungen der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung sollen laut Bundesregierung vor allem die Lebensbedingungen für Bienen und andere Insekten verbessern. Was Bienen noch schadet, berichten wir in unserem Special Bestäuber in Not.
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Nehmen wir Glyphosat über Lebensmittel auf?
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Dazu geben Überwachungsbehörden und auch unsere Tests Auskunft. So fanden Forschende des Chemischen Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Stuttgart in Obst und Gemüse nur sehr wenig Glyphosat: Untersuchung des CVUA. Die Behörde hat in den Jahren von 2010 bis 2019 mehr als 17 000 Obst- und Gemüseproben aus Baden-Württemberg auf die Substanz untersucht. Lediglich bei 78 Proben ließ sich Glyphosat oberhalb der Bestimmungsgrenze von 0,02 Milligramm pro Kilogramm nachweisen. 27 Proben – das sind 0,16 Prozent – überschritten die Höchstgehalte.
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Was zeigen unsere Tests in Bezug auf Glyphosat?
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Bienen bringen von ihren Bestäuber-Touren auch Glyphosat mit, der dann im Honigglas landen kann. In unserem Honig-Test wiesen wir in jedem dritten Honig geringe Gehalte nach. Auch im Test von alkoholfreien Bieren wurden wir fündig: Zwei waren vergleichsweise deutlich belastet. Da für die Stiftung Warentest in einer solchen Situation der vorsorgende Verbraucherschutz im Vordergrund steht, bekamen die beiden Biere in punkto „Kritische Stoffe“ nur die Note ausreichend.
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Sind sogar Tampons mit Glyphosat belastet?
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Seit Jahren kursiert die Meldung im Netz, viele Tampons seien mit Glyphosat belastet. Das Pestizid wird auch im Baumwollanbau eingesetzt. Doch der Saugkern herkömmlicher Tampons besteht nicht aus Baumwolle sondern aus Viskose, die aus Hölzern gewonnen wird. In unserem Test von Tampons und Menstruationstassen setzten nur sechs von 19 Anbietern nach eigenen Angaben auf Baumwolle – aus Bioanbau. Sie muss frei von Pestiziden sein. Wir prüften alle Produkte im Test unter anderem auch auf Glyphosat – ohne nennenswerte Funde. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht in einer Stellungnahme von 2019 „keine Hinweise auf gesundheitlich bedeutsame Rückstände in Tampons“. Bei Untersuchungen von verschiedenen Forschungseinrichtungen sei Glyphosat in Tampons nicht nachweisbar gewesen.
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