
Fertigpizza. Ohne Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe, aber mit viel Fett und Salz. © Fotolia / Jacek Chabraszewski

„Laktosefrei“, „glutenfrei“, „ohne Konservierungsstoffe“, „ohne Geschmacksverstärker“ – solche Aussagen stehen auf vielen Lebensmittelverpackungen. Die entsprechenden Lebensmittel sind freilich nicht per se gesünder als andere. Nach Recherchen der Stiftung Warentest nutzen manche Anbieter die Kennzeichnung, um für ihre Lebensmittel mit Selbstverständlichkeiten zu werben oder ungesunde Eigenschaften zu kaschieren. Doch es finden sich auch Produkte im Handel, deren „frei-von-“ und „ohne-“Kennzeichnung beim Einkauf durchaus hilfreich sein kann. test erklärt, für wen entsprechende Hinweise wichtig sind – und für wen nicht.
Schwungvoll gesetzte Häkchen markieren: Aufgabe erfüllt. Lebensmittelhersteller setzen sie vor allem auf Verpackungen von Fertiggerichten, Süßigkeiten und süßen Getränken. „Laktosefrei“, „glutenfrei“, „ohne Konservierungsstoffe“, „ohne Geschmacksverstärker“ – Häkchen davor, schon scheint alles prima zu sein.
Vielen Kunden vermitteln die Botschaften ein gutes Gefühl. Sie brauchen nicht mehr das Zutatenverzeichnis abzusuchen nach Stoffen, die sie – wie Gluten – nicht vertragen oder – wie Konservierungsstoffe – ablehnen. „Einige Anbieter nutzen die ,Ohne’- und ,Frei-von’-Kennzeichnung auch, um zu werben oder ungesunde Merkmale ihrer Produkte zu kaschieren“, sagt Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. Anders ausgedrückt: Manche Aussagen klären auf, manche stünden besser nicht drauf.
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Ein gutes Image verpassen
Die Methode hat einen englischen Namen: Clean Labelling. Wortwörtlich übersetzt heißt das „sauber etikettieren“, mitunter bedeutet es aber auch reinwaschen. Kurz: ein gutes Image verpassen. Spezielle Grenzwerte für diese Kennzeichnung gibt es nicht. Allein für die Aussage „glutenfrei“ gilt eine Rechtsvorschrift, für „laktosefrei“ die Empfehlung der Lebensmittelchemischen Gesellschaft. Mehr Informationen: Wer auf die Kennzeichnung glutenfrei und laktosefrei achten sollte.
Die Kennzeichnung darf aber nicht in die Irre führen. Der Anbieter darf etwa keine Eigenschaft auf dem Produkt hervorheben, die viele Konkurrenzprodukte auch haben. So ist es auf gewachsenem Schinken nicht erlaubt, „laktosefrei“ auszuloben. Denn selbstverständlich sind solche Produkte aus einem Stück immer laktosefrei.
Reine Alibi-Aussagen
Vor allem auf Süßigkeiten und zuckerhaltigen Limonaden ist oft zu lesen: „ohne Konservierungsstoffe“, „ohne künstliche Farb- und Aromastoffe“. Das mag Naschkatzen ein gutes Gewissen bereiten. Doch sie sollten nicht vergessen, dass die Produkte viel Zucker und teils auch Fett enthalten. Beides macht im Übermaß dick und krank.
Eine Clean-Labelling-Aussage stand bis vor kurzem stark in der Kritik: „ohne Kristallzucker“. Viele Anbieter nutzen sie inzwischen nicht mehr. Sie übertünchte, dass Produkte andere Zuckerarten mit ähnlich viel Energie enthielten, zum Beispiel Glukosesirup oder Fruchtzucker. Verbraucher brauchen Häkchen nicht vor Alibi-Aussagen, sondern vor echter Information.
Der Verkauf boomt
Das Verneinen von Negativem: Dieser Trend beim Kennzeichnen hat seit 2010 zugenommen. Seither gilt die Verordnung für gesundheitsbezogene Angaben. Danach dürfen Hersteller Produkte nur noch mit Gesundheitsaussagen bewerben, die wissenschaftlich belegt sind und für die die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit spezielle Formulierungen genehmigt hat. Die Auslobungen „glutenfrei“ und „laktosefrei“ zählen zwar nicht dazu, lassen aber ein Hintertürchen offen: Sie sprechen Menschen mit ernährungsbedingten Krankheiten an. 40 Prozent der Bundesbürger glauben laut Umfragen, bestimmte Lebensmittel nicht zu vertragen. Doch der Kreis der wirklich Betroffenen ist viel kleiner: So leidet zum Beispiel nur 1 Prozent der Bundesbürger an der Darmkrankheit Zöliakie. Sie müssen Lebensmittel mit glutenhaltigem Getreide wie Weizen und Roggen bis aufs kleinste Krümelchen meiden. Die Auslobung „glutenfrei“ hilft dabei. Bei glutenfreien Produkten wird Weizenmehl etwa durch Mais- oder Lupinenmehl ersetzt. Ihr Umsatz kletterte von 39 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 54 Millionen Euro im Jahr 2013.
Die geschätzten 20 Prozent der Deutschen mit Laktoseunverträglichkeit können es gelassener angehen als ein Zöliakie-Kranker. Die meisten von ihnen vertragen kleine Mengen an Laktose, die zum Beispiel in gesäuerten Milchprodukten oder verarbeiteten Lebensmitteln vorkommen. Betroffene müssen meist nur laktosereiche Produkte ersetzen, zum Beispiel herkömmliche Milch durch laktosefreie. Die kostet oft ein Drittel mehr. Der Verkauf laktosefreier Milchprodukte boomt. 20 Prozent der deutschen Haushalte kaufen sie laut Gesellschaft für Konsumforschung aktuell, 2010 waren es nur halb so viele.
Seltsam: „Glutenfrei“ auf Rapsöl
Unsere Tester stoßen bei Lebensmittelprüfungen immer wieder auf Produkte, die es mit den „Frei-von“-Versprechen übertreiben. So stand 2009 auf einem Rapsöl und auf einem Frischkäse „glutenfrei“, obwohl Gluten aus Getreide aufgrund der Produktionsvorschriften per se nicht enthalten sein konnte. Wegen Werbung mit Selbstverständlichkeiten gab es daher Punktabzüge bei der Bewertung der Deklaration.
Das betraf 2012 auch ein tiefgefrorenes Nudelgericht. Der Hinweis „ohne Konservierungsstoffe“ ist bei Gefrostetem überflüssig. Die Minustemperaturen konservieren die Gerichte genug. 2013, beim Test von Gouda, fiel die Auslobung „laktosefrei“ auf. Sie erweckt den Eindruck, nur bestimmte Goudas verfügten über diese Eigenschaft. Dabei ist jeder praktisch frei von Laktose. Sie zersetzt sich beim Reifen. Sinnvoll für alle gereiften Käse, von Mozzarella bis Parmesan, wäre eine Aufklärung wie „durch natürliche Reifung laktosefrei“. Sonst hat die Konkurrenz das Nachsehen. Und der Verbraucher zahlt womöglich drauf.
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Ich finde es wirklich eine Frechheit dass laktose oder glutenfreie oder auch andere Lebensmittel ,die so verarbeitet ,dass sie den für die Intoleranz problematischen Stoff nicht mehr enthalten , bis zu ein Drittel teurer sind als die "normalen".natürlich ist es mehr aufwand aber ich sehe nicht ein warum Menschen mit einer Intoleranz mehr für eine für sie Gesunde Ernährung bezahlen sollten als diejenigen ohne . Ich selber bin glücklicherweise nicht betroffen haben aber bekannte die betroffen sind und so wird mir dies zum ersten Mal wirklich bewusst .Ich meine sie haben auch mehr Aufwand um die ihnen "erlaubten " Lebensmittel zu finden und dann müssen sie auch noch mehr bezahlen ?! Ist das überhaupt noch menschlich ? Ich denke wie bereits gesagt , dass es eine Frechheit ist was denkt ihr?