
Ab wann darf mein Kind Getreidebrei essen? Das fragen sich viele verunsicherte Eltern, die ihr Baby vor Zöliakie schützen wollen. Die Ergebnisse einer neuen Meta-Analyse bestätigen das, was auch Experten wie etwa das Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) raten: Ab einem bestimmten Alter vertragen Babys glutenhaltige Nahrung offenbar ohne Probleme – selbst wenn sie erblich vorbelastet sind.
Hohes Zöliakie-Risiko durch erbliche Vorbelastung
Amerikanische Forscher haben für eine Meta-Analyse (veröffentlicht in der Fachzeitschrift Pediatrics) 15 Studien ausgewertet, in denen die Auswirkungen von glutenhaltiger Nahrung auf das Zöliakie-Risiko für Kinder untersucht wurden. Das Eiweiß Gluten kommt in Getreidesorten wie Weizen und Roggen vor. Etwa ein Prozent der Menschen in Deutschland entwickelt eine Unverträglichkeit gegenüber dem Protein und erkrankt an Zöliakie (mehr dazu auf unserer Themenseite Lebensmittelallergie: Gluten und Laktoseintoleranz). Genetisch vorbelastete Babys haben ein größeres Risiko, Zöliakie zu bekommen als Kinder, deren Eltern nicht darunter leiden.
Früher Kontakt mit Getreide sogar von Vorteil
Die Meta-Analyse der US-Wissenschaftler ergab unter anderem: Gluten kann ab Beginn des fünften Lebensmonats als Beikost eingeführt werden. Das gilt auch für Kinder mit einem erblich bedingten hohen Erkrankungsrisiko, wie vier der ausgewerteten Untersuchungen ergaben. Die zusammengefassten Ergebnisse von Beobachtungen von insgesamt rund 50 500 Kindern ergaben darüber hinaus: Babys, die mit Anfang des siebten Monats oder später den ersten Getreidebrei löffelten, hatten ein um 25 Prozent höheres Risiko an Zöliakie zu erkranken – im Vergleich zu Kindern, die schon früher Bekanntschaft mit Gluten gemacht hatten.
Meta-Studie zeigt: Stillen hat offenbar keinen Einfluss auf Zöliakie
Und was ist, wenn ein Kind, das Getreidebrei bekommt, zusätzlich noch von seiner Mutter gestillt wird? Hier konnten die amerikanischen Forscher in ihrer Meta-Analyse keinen Einfluss auf das Zöliakie-Risiko feststellen. Nach Ansicht der Nationalen Stillkommission sollten Säuglinge grundsätzlich mindestens vier Monate lang ausschließlich gestillt werden – unabhängig davon, wie groß ihr individuelles Risiko ist, Unverträglichkeiten und Allergien zu entwickeln. Weitere Information zur Ernährung im ersten Lebensjahr finden Sie in unserem Special Brei für Brei zum Familienessen.
Viele Faktoren spielen eine Rolle
Eine abschließende Empfehlung, wann genau der richtige Zeitpunkt für den Erst-Kontakt mit Gluten gekommen ist, wollen die US-Wissenschaftler aus den Ergebnissen ihrer Meta-Analyse aber nicht ziehen. Beobachtungsstudien würden von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst − dazu gehörten etwa Unterschiede in der Menge des zugeführten Glutens oder auch Ernährungsgewohnheiten. Hier sind nach Ansicht der Wissenschaftler weitere Untersuchungen notwendig.
Im Zweifel mit dem Arzt sprechen
Die Auswertungen der US-Forscher stützen jedoch Empfehlungen, wie sie zum Beispiel das Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) und die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) geben. Das heißt, nach derzeitigem Kenntnisstand können Eltern ihren Babys ab dem fünften Lebensmonat nach Belieben Getreidebrei zufüttern. Und: Sie sollten damit nicht länger als bis zum Anfang des siebten Monats warten. Diese Empfehlung gilt natürlich nicht für Babys, bei denen bereits eine Zöliakie diagnostiziert wurde. In diesem Fall sollten die Eltern mit dem Arzt besprechen, welche Kost geeignet ist.
Die Menge macht‘s
Welche Menge an Gluten bei Einführung der Beikost optimal ist, und wie diese Menge gesteigert werden sollte, müsse ebenfalls noch weiter erforscht werden, schreiben die amerikanischen Wissenschaftler in ihrer Meta-Studie. Es gibt jedoch Hinweise, dass eine Begrenzung der Gluten-Menge den Ausbruch der Krankheit bei Zöliakie-Risiko-Kindern möglicherweise etwas verzögert − was die Empfehlung des DGKJ stützen würde, Gluten zunächst nur in kleinen Dosen dem Brei beizugeben.
Auch rechtzeitig an Allergene gewöhnen
Übrigens kam eine britische Studie zum Thema Erdnuss-Allergie kürzlich zu einem ganz ähnlichen Schluss wie die US-Forscher: Kinder, die früh regelmäßig Erdnussprodukte verzehrten, entwickelten danach deutlich seltener eine Erdnussallergie als jene, die konsequent darauf verzichteten (siehe Meldung Regelmäßig Erdnussbutter hilft vorbeugen). Auch mit anderen früher als kritisch gesehenen Lebensmitteln zu geizen, ist längst überholt. So empfiehlt die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin Fischbrei als erste Beikostmahlzeit.