
Ausgelöst durch die Schülerproteste ist der Klimawandel zum Mainstream-Thema geworden. Viele Menschen überlegen sich, was sie zum Schutz des Klimas beitragen können. Auch die Finanzen lassen sich klimafreundlich aufstellen.
Wer mag, kann sein Girokonto, sein Tagesgeld und sein Fondsdepot klimafreundlich ausrichten. Die Experten von Finanztest haben passende Angebote gefunden. Wer sein Geld mit gutem Gewissen anlegen will, muss auch nicht draufzahlen. Für nachhaltige Fonds etwa gilt, was für herkömmliche Fonds gilt: Es gibt gute und schlechte.
Klimawandel in den Schlagzeilen
Plötzlich mehrheitsfähig: Die Fridays-for-Future-Proteste der Schüler haben den Klimawandel in die Schlagzeilen gepusht. Die Grünen sind einigen Umfragen zufolge schon stärkste Partei. Viele Leute steigen neuerdings in die Bahn statt in den Flieger. Von Flugscham ist die Rede.
Auch vor der Finanzbranche macht der Trend nicht halt: Die Nachfrage nach grünen Geldanlagen wächst. Ökopionier Alfred Platow sagt: „Sparkassen und andere Banken verkaufen unsere Fonds mit deutlich steigender Tendenz.“ Platow ist Gründer der Fondsgesellschaft Ökoworld. Herkömmliche Anbieter ziehen mit und legen einen Nachhaltigkeitsfonds nach dem anderen auf. Und mit Tomorrow ist eine Smartphonebank am Start, die unter anderem verspricht, Provisionseinkünfte in Klimaschutz-Projekte zu leiten.
Von nachhaltigen Weltfonds bis zu Green Bonds
Doch geht das wirklich, seine gesamten Geldgeschäfte klimafreundlich auszurichten? Sind nachhaltige Angebote für diesen Zweck geeignet? Was sind die Risiken? Finanztest stellt klimafreundliche Girokonten und Geldanlagen vor: Aktienfonds Welt für die Basisanlage, Branchenfonds, die auf neue Energien und andere Umwelttechnologien setzen, dazu Zinsanlagen wie Klimasparbriefe, Tages- und Festgeld von nachhaltigen Banken sowie sogenannte Green-Bond-Fonds, die grüne Anleihen kaufen.
Das Wichtigste in Kürze
Klimafreundliche Finanzen. Sie finden für Ihre gesamte Geldanlage klimafreundliche Angebote. Achten Sie darauf, dass der Aufbau aus Rendite- und Sicherheitsbaustein weiter Ihrem Risikotyp entspricht. Als Basis eignen sich nachhaltige Aktienfonds Welt, kombiniert mit nachhaltigem Tages- oder Festgeld oder einem Klimasparbrief. Allenfalls als Beimischung kommen Neue-Energien-, Klima- und Umweltfonds infrage. Bei einer Nachhaltigkeitsbank können Sie auch Ihr Girokonto klimafreundlich aufstellen.
Nachhaltigkeit. Anbieter nachhaltiger Produkte legen unterschiedliche Maßstäbe an. Bevor Sie einen Fonds kaufen oder zu einer anderen Bank wechseln, sollten Sie prüfen, ob Ihnen die ethischen und ökologischen Kriterien genügen.
Risiken. Nachhaltige Anlagen sind nicht sicherer als herkömmliche. Einige bergen ein Totalverlustrisiko, wie Direktinvestments in Wald oder Beteiligungen an Wind- und Solaranlagen. Auch Anleihen können riskant sein, vor allem hoch verzinste.
Die Agenda 2030 der UN
Klimaschutz ist mehr als ein Modetrend. Die Politik ist schon seit Jahren am Ball. Vor vier Jahren haben sich die 193 Mitgliedsländer der Vereinten Nationen (UN) dazu verpflichtet, die dringendsten Probleme der Welt anzugehen. Mit der Agenda 2030 verabschiedeten sie 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, Sustainable Development Goals, kurz SDG. Eines der Ziele der UN ist der Klimaschutz, außerdem sollen Armut und Hunger bekämpft werden, der Zugang zu sauberem Wasser gesichert und für menschenwürdige Arbeit gesorgt werden.
Die 17 Ziele der Vereinten Nationen
Keine Armut, kein Hunger, Gesundheit und Wohlergehen, hochwertige Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen, bezahlbare und saubere Energie, menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum, Innovation und Infrastruktur (Industrie), weniger Ungleichheiten, nachhaltige Städte und Gemeinden, nachhaltige/r Konsum und Produktion, Maßnahmen zum Klimaschutz, Leben unter Wasser, Leben an Land, Frieden, Gerechtigkeit und stärkere Institutionen, Partnerschaften zu Erreichung der Ziele.
Der EU-Aktionsplan
Im Frühjahr 2018 hat die Kommission der Europäischen Union (EU) einen Aktionsplan für nachhaltige Finanzen aufgelegt – anknüpfend an die Agenda 2030 der UN und das Pariser Klima-Abkommen. Das Abkommen verpflichtet die Staaten, die globale Erwärmung auf maximal zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Wert zu begrenzen. Die Idee der EU ist, durch ein nachhaltiges Finanzwesen den Klimaschutz und eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen.
EU-Label für nachhaltige Geldanlage in Planung
Die Kommission plant zum Beispiel ein EU-Label für nachhaltige Geldanlagen, damit Kunden diese einfacher erkennen können. Sie will darüber hinaus sicherstellen, dass Versicherungen und Wertpapierfirmen dazu in der Lage sind, private Anleger zu nachhaltigen Produkten zu beraten. Klimarisiken sollen außerdem in den Bilanzen der Finanzinstitute angemessen berücksichtigt werden. Auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin will bei der Beaufsichtigung der Institute künftig Klimarisiken mitberücksichtigen. Banken und Versicherungen sollen Nachhaltigkeitsaspekte in ihr Risikomanagement aufnehmen.
Klimafreundliche Fonds bekommt man bei jeder Bank
Politik braucht Zeit. Wenn Anleger und Bankkunden nicht warten wollen, bis all die Ideen umgesetzt sind, können sie selbst schon loslegen. Wer den radikalen Schnitt machen will, kann seine gesamten Bankgeschäfte zu einer klimafreundlichen Bank verlegen und dort auch sein Girokonto führen. Anleger, die sich langsam an das Thema Klima herantasten wollen, können dort erst einmal Tages- oder Festgeld abschließen oder einen Teil ihres Geldes in entsprechende Fonds stecken. Auch wenn vielleicht nicht jeder Berater sie kennt – nachhaltige börsengehandelte Indexfonds (ETF) und klimafreundliche Fonds bekommt man bei jeder Bank.
Gutes tun und trotzdem verdienen
Einer Studie der Finanzaufsicht Bafin zufolge wären viele Anleger bereit, für eine nachhaltige Geldanlage auf Rendite zu verzichten. Dass draufzahlen muss, wer sein Geld mit gutem Gewissen anlegen will, ist allerdings ein Vorurteil. Nachhaltige Fonds sind wie herkömmliche: Es gibt gute und schlechte. Vergleicht man die Sparzinsen nachhaltiger Banken mit denen von Sparkassen, Volks- und anderen Filialbanken, findet man auch hier keine großen Unterschiede. Nur die Superschnäppchen sucht man vergeblich.
Von sicher bis Totalverlust
Nicht nur Renditechancen, auch Risiken nachhaltiger und herkömmlicher Anlagen sind vergleichbar. Einzelaktien sind riskanter als Fonds. Branchenfonds sind riskanter als breit gestreute. Anlagen mit festen Zinsen sind umso riskanter, je höher der Zins.
Doch ähnlich hartnäckig, wie sich das Vorurteil über den Renditeverzicht hält, denkt auch so mancher, nachhaltige Geldanlagen seien per se seriös. Das ist falsch. „Nur weil eine Geldanlage nach ökologischen, sozialen oder ethischen Grundsätzen konzipiert wurde, ist sie noch nicht sicher“, sagt die Bafin. Die Aufsicht kommt zu dem Schluss, dass viele Befragte die Risiken unterschätzen und nennt als Beispiele eine mit 10 Prozent verzinste Wasserkraftanleihe, ein Direktinvestment in Wald und einen geschlossenen Solarfonds. Nur eine Minderheit wusste, dass bei allen dreien ein Totalverlustrisiko besteht.
Ein „Weiter so“ ist auch riskant
Risiken können aber auch erst dadurch entstehen, dass ein Unternehmen nicht nachhaltig wirtschaftet – Stichwort Carbon Bubble, Kohlenstoffblase. Dahinter steht die Annahme, dass Investitionen in fossile Energien sich nicht mehr rechnen, sollten die Länder ihre Klimaziele erst einmal ernsthaft angehen. Aktienkurse der Öl- und Kohlekonzerne würden dann fallen. Diesem Gedanken folgen auch die neuen Climate Change Indizes des Finanzdienstleisters MSCI: Anbieter kohlenstoffintensiver Produkte werden geringer gewichtet als solche, die den Klimawandel auf dem Schirm haben.
Geht auch: Spende an Klimaprojekte
Nicht alle Anlagen und Bankgeschäfte lassen sich von heute auf morgen auf klimafreundlich umstellen. Wer langfristige Verträge abgeschlossen hat, wäre nicht gut beraten, diese einfach zu kündigen – Lebens- und Rentenversicherungen zum Beispiel.
Wer sein Geld nicht umschichten kann, nicht zu einer anderen Bank gehen oder keinen Aktienfonds kaufen will, kann seinen CO2-Ausstoß auch kompensieren – ähnlich wie bei Flugreisen. Das Geld geht als Spende an einen Anbieter von CO2-Kompensation, zum Beispiel Atmosfair, und fließt in Klimaprojekte wie effiziente Öfen, Solaranlagen oder Wiederaufforstung. So kommt es an anderer Stelle dem Klima zugute (Test CO2-Kompensation).